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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Wirtschaft und Umwelt
Teure Werbekampagnen auch für Medikamente deren Risiken bekannt sind
Wie BAYER aus Pillen Geld macht
Von Philipp Mimkes

Der Leverkusener Bayer-Konzern überschreitet mit ihren Marketingaktionen regelmäßig die Grenzen des Erlaubten. Strafen für unlautere Werbung werden von vornherein mit einkalkuliert und aus der Portokasse beglichen.
Der Markt für Medikamente ist hart umkämpft. In lukrativen Bereichen wie Schmerzmittel, Cholesterin­senker oder Blutdruckmittel mischen fast alle großen Hersteller mit, meist mit ähnlichen Präparaten. Um sich von der Konkurrenz abzuheben, stecken die Firmen daher bis zu 40 Prozent ihres Umsatzes in die Werbung – drei bis viermal soviel wie in die Entwicklung neuer Wirkstoffe. Die hohen Medikamentenpreise sind also keinesfalls mit den hohen Forschungskosten zu rechtfertigen, wie Pfizer, Bayer und Co. stets behaupten.
 
Um das in der EU geltende Werbeverbot für verschreibungspflichtige Medika- mente zu umgehen, haben sich die Pillenproduzenten zahlreiche Tricks einfallen lassen: So überschwemmen sie die Medien mit Informations- material, vorgefertigten Beiträgen, Gewinnspielen und „Gesundheitsaktionen“, so dass diese ständig über neue Krankheitsbilder und deren Behandlungs- methoden berichten. Durch Medikamentenspenden an Praxen und Kranken- häuser wird Ärzten und Patienten der Umstieg auf neue Präparate erleichtert. Üppige Spenden an Selbsthilfegruppen bewirken, dass die Betroffenen über „medizinische Neuerungen“ stets auf dem Laufenden sind und diese von ihren Ärzten einfordern.
 
Mehr als 14.000 Pharmareferenten klappern derweil die Praxen und Kranken- häuser ab – für viele niedergelassene Ärzte die einzige Form von „Weiter- bildung“. Da auch Fortbildungsveranstaltungen fast ausnahmslos von Phar- mafirmen mitorganisiert werden, tragen die Medikamentenhersteller einen großen Teil der Weiterbildung von Medizinern.
 
Sündenfall Lipobay
 
Nicht Pharmakologen und Ärzte entscheiden über die Einführung neuer Pharmazeutika, sondern Marktforscher – unabhängig davon, ob die Präparate einen medizinischen Fortschritt gegenüber bereits zugelassenen Medika- menten darstellen oder nicht. So auch beim Cholesterinsenker Lipobay, den der Bayer-Konzern 1997 einführte, obwohl bereits mehrere ähnlich wirkende Mittel auf dem Markt waren. Innerhalb kurzer Zeit wollte Bayer mit Lipobay mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr einnehmen.
 

Macht aus Pillen Euros und
Dollars – BAYER-Chef
Werner Wenning
Foto: NRhZ-Archiv
Der markige Slogan, Lipobay könne „im Ver- gleich zu anderen Präparaten um das 25fache niedriger dosiert werden“, wurde direkt nach der Markteinführung vom Landgericht Köln unter- sagt. Im Jahr 2001 folgte dann für Bayer der GAU: Wegen schwerster Nebenwirkungen musste der Konzern das von weltweit sechs Millionen Menschen eingenommene Mittel vom Markt nehmen. Mit einem Schlag verlor das Unternehmen sein umsatzstärkstes Präparat, der Aktienkurs rutschte um mehr als die Hälfte ab. Dabei waren die Risiken lange bekannt: Bereits in der ersten Testphase hatte die Lipobay-Version mit der 0,8-Milligramm-Dosis zu Muskelzerfall und Nierenversagen geführt – etwa zehnmal häufiger als bei den Produkten der Konkurrenz. In Japan klagten Probanden über so starke Nebenwirkungen, dass der leitende Arzt die Studie einstellen wollte. Selbst ein Bayer-Mit- arbeiter riet angesichts des erhöhten Risikos dazu, „den Marketingenthusias- mus zu dämpfen“.
 
Die Manager zeigten sich davon unbeeindruckt und brachten Lipobay in den USA unter dem Slogan „Wir gehen hart gegen Cholesterin vor“ mit der 0,8-Milligramm-Dosis heraus. Im Rest der Welt blieb es bei der ungefähr- licheren Dosis von 0,3 oder 0,4 Milligramm pro Tablette. Die Vereinigten Staaten, wo rund 90 Millionen Menschen unter erhöhten Blutfettwerten leiden, sind für Cholesterinsenker der lukrativste und darum am heißesten um- kämpfte Markt. Die Fälle von tödlichem Nierenversagen durch Lipobay traten denn auch fast ausnahmslos in Nordamerika auf. Mindestens 100 Patienten bezahlten mit ihrem Leben, Vergleiche und Entschädigungs- zahlungen kosteten Bayer mehr als eine Milliarde Euro.

      Installation des Künstlers Klaus Klinger zur Begrüßung der Aktionäre
      Installation des Künstlers Klaus Klinger zur Begrüßung der Aktionäre      Foto: CBG
Viagra und Levitra
 
Immer mehr drängt Bayer auf den Markt der „Lifestyle-Medikamente“, zu deren lukrativsten Vertretern Potenzmittel zählen. 2003 brachte der Lever- kusener Konzern das Präparat Levitra auf den Markt, das wie alle Potenz- mittel schwere Nebenwirkungen haben kann – von Kopfschmerzen, Nasen- schleimhautentzündungen und Verdauungsbeschwerden bis hin zu Hör- schäden, Blindheit und erhöhtem Blutdruck.
 
Von Anfang an hatte Levitra es schwer, dem etablierten Konkurrenten Viagra von der Firma Pfizer Marktanteile abzunehmen. Der erhoffte jährliche Umsatz von einer Milliarde Euro wurde weit verfehlt, im vergangenen Jahr lagen die Verkaufserlöse bei lediglich 314 Millionen Euro. Der Leverkusener Multi be- gegnete den Absatzproblemen mit aggressiven und häufig illegalen Werbe- aktionen: In Brasilien ließ Bayer während der Weltmeisterschaft 2006 Potenzpillen an Fußballfans verteilen – Warnungen vor Nebenwirkungen: Fehlanzeige. In den USA wurde eine TV-Werbung für Levitra wegen irre- führender Angaben und fehlender Warnhinweise verboten. In England mussten Werbematerialien mit übertriebenen Versprechungen eingestampft werden. Und in Australien wurde Bayer gar von Medicines Australia, dem Verband der Pharmaindustrie, verpflichtet, eine Kampagne für Levitra zu stoppen.

                            
               “We are sponsored by  LEVITRA” – Homepage
               von David Feldman | Quell www.davidfeldmancomedy.com

Zudem streut Bayer beinahe täglich Ergebnisse ominöser Studien zu Fragen rund um Sex und Fortpflanzung („Holländer haben im Durchschnitt 5,7 Sexualpartner im Leben“, „Während für die Italiener Sex in einem öffentlichen Gebäude zu den geheimen Favoriten gehört, ist es für die deutschen Umfra- geteilnehmer der Aufzug“). Die von den Medien gern aufgegriffenen Meldungen enden meist mit dem Hinweis auf „medikamentöse Behandlungsmöglich- keiten von Potenzproblemen“.
 
Vitamine und Diätmittel
 
Weitere „Lifestyle“-Produkte, mit denen Bayer besonders auf dem US-ameri- kanischen Markt präsent ist, sind Nahrungsergänzungsmittel. Unter dem Markennamen „One-a-Day“ hat der Konzern ein Sammelsurium von Pillen im Angebot, die Vitamine, Mineralien, Folsäure, Ginseng, Guarana, Kupfer, Eisen und sogar das Schwermetall Chrom als Wirkstoffe enthalten. Die Präparate werden in unterschiedlichen Zusammensetzungen für Frauen, Männer, Senioren, Kinder, „Aktive“, Übergewichtige und für Personen mit erhöhtem Cholesterinspiegel angeboten.
 
Ernährungswissenschaftler bemängeln, dass bei ausgewogener Ernährung keine Nahrungsergänzungsmittel notwendig sind. Trotzdem wird die One-a- Day-Produktserie mit Versprechungen wie „für ein gesundes Immunsystem“, „verarbeitet Nahrung zu Energie“, „für geistige Wachsamkeit“ oder „unterstützt die Gesundheit des Herzens“ beworben. Die US-amerikanische Aufsichts- behörde Food and Drug Administration (FDA) verbot dem Konzern eine Reihe solcher Werbeaussagen, da diese wissenschaftlich nicht erwiesene Behaupt- ungen aufstellten.

Im Frühjahr verhängte die US-Wettbewerbsbehörde Federal Trade Commis- sion (FTC) gar eine Buße von 3,2 Millionen Dollar wegen „irreführender Ver- sprechungen“ – die höchste jemals von der Behörde verhängte Zivilstrafe. Als „unerhört“ bezeichnete eine Sprecherin der FTC einen Werbespot von Bayer für die Diätpille One-a-Day-Weightsmart, in dem eine Gymnastikgruppe die Übung „heben, drehen, beugen“ vorführt. Zu sehen sind zehn Frauen in Sportkleidung, die im Chor sprechen: „einfach die Flasche heben, den Ver- schluss drehen und das Handgelenk beugen“, um dann eine Pille heraus- zunehmen. Der Spot enthalte die unbewiesene Behauptung, wonach das Mittel den Stoffwechsel anrege. Allein in den USA setzte Bayer im vergang- enen Jahr 32 Millionen Dollar mit Weightsmart um.
 
Weltmarktführer für die „Pille“
 
Durch die Übernahme von Schering ist Bayer zum weltweit größten Anbieter von Verhütungsmitteln und Hormonen geworden. Auch die ehemalige Doping- schmiede Jenapharm, mittlerweile Marktführer für orale Kontrazeptiva in Deutschland, gehört nun zum Konzern.
 
Ähnlich wie im Bereich Potenzmittel initiiert Bayer zur Bewerbung von Verhüt- ungsmitteln (Markenname Yasmin und Yaz) ständig neue Aktionen zu den Themen „Familienplanung“ und „Sexualität“. So sponsert der Konzern Inter- netforen, finanziert internationale Kampagnen wie den „Weltverhütungstag“, gibt Umfragen in Auftrag und startet Initiativen wie „Family Planning Inter- national“. Zudem fördert das Unternehmen Kongresse wie die Konferenz „Bevölkerung und nachhaltige Entwicklung“, die sich Anfang Oktober speziell mit dem Thema Familienplanung beschäftigte.
 
Die Gründe für dieses Engagement klingen auf der Bayer-Homepage wie bei den Globalisierungsgegnern von ATTAC abgeschrieben („weltweit Armut bekämpfen, die Umwelt schützen, die Globalisierung gerechter gestalten“). Tatsächlich geht es wohl eher darum, Hormonpräparate weltweit als Stand- ardverhütungsmittel zu etablieren – denn die Gewinne sind gigantisch: Die „Pille“ belegt mit einem jährlichen Umsatz von fast 800 Millionen Euro mittler- weile den zweiten Platz unter Bayers Pharmatopsellern. Durch das Marke- tingfeuerwerk sollen zudem die mitunter schweren Nebenwirkungen (Throm- bosen, Embolien, Depressionen, Brust- und Gebärmutterhalskrebs) in den Hintergrund gedrängt werden. Millionen Frauen sind – meist unwissentlich – gefährdet, besonders solche, die rauchen oder die Pille über Jahre hinweg nehmen.
 
Lukrative Schmerzmittel
 

Seit 110 Jahren auf
dem Markt - Aspirin
Quelle:
www.cbgnetwork.org
Besondere Werbeanstrengungen unternimmt Bayer auch im Bereich freiverkäuflicher Schmerzmittel, die im Gegensatz zu verschreibungspflichtigen Medika- menten offen beworben werden dürfen. Großer Aufwand ist zum Beispiel für den Klassiker Aspirin notwendig, da Generikahersteller denselben Wirkstoff für einen Bruchteil des Preises anbieten. Trotz der Billig-Konkurrenz gelingt es dem Konzern durch seine Reklame-Aktivitäten, jährlich 450 Millionen Euro mit Aspirin zu erlösen.
 
Ziel der Aspirin-Werbung ist es, das Präparat als Allheilmittel zu positionieren, das man lieber einmal zu viel als einmal zu wenig nimmt. In einer aktuellen Kampagne bezeichnet Bayer das Schmerzmittel beispielsweise als „Wundermittel“ und schaltete die Website wonderdrug. com. Unter den Tisch gekehrt werden dabei die mitunter schweren, oftmals gar tödlichen Nebenwirkungen des Präparats. Das New England Journal of Medicine kritisiert das mangelnde Risikobewusstsein von Ärzten und Patienten und spricht von einer „geräuschlosen Epidemie“, da 75 Prozent aller Patienten, die regelmäßig Aspirin einnehmen, die Gefahren des Schmerzmittelgebrauchs nicht kennen. Für die meisten Anwendungen stünden zudem risikoärmere Behandlungsmethoden zur Verfügung.
 
Im Jahr 2000 beanstandete die US-amerikanische Behörde FTC eine Anzeigenserie für Aspirin, die den Eindruck erweckt hatte, dass gesunde Menschen durch eine regelmäßige Einnahme von Aspirin das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall senken können. Ein solcher Effekt ist jedoch nur bei Patienten mit Gefäßkrankheiten nachzuweisen. Zudem sollte Aspirin wegen möglicher Nebenwirkungen (insbesondere Magenblutungen) nur auf ärztlichen Rat hin regelmäßig eingenommen werden. Bayer musste eine Million US-Dollar in eine Aufklärungskampagne investieren, die auf die Risiken des Schmerzmittels hinwies.
 
In Deutschland warb Bayer nicht nur für die Behandlung von Erkältungen mit Aspirin, sondern fälschlicherweise auch für deren Prophylaxe – so auf Plakat- wänden und kostenlos verteilten Postkarten, auf denen sich ein junges Paar nackt im Schnee wälzt. Schlimmer noch ist die anhaltende Vermarktung von Aspirin junior in Lateinamerika. Aspirin kann bei Kindern mit Fiebererkrank- ungen das häufig tödlich verlaufende Reye-Syndrom auslösen. In Deutschland verschwand Aspirin junior daher schon in den achtziger Jahren vom Markt. In Lateinamerika hingegen werden Millionen Kinder gravierenden Gesundheits- risiken ausgesetzt, denn dort ist Aspirin dank der PR-Maßnahmen ein Umsatzrenner mit Allheilmittelimage. Von den gefährlichen Nebenwirkungen erfahren die Verbraucher in der Regel nichts. Und das, obwohl es unbedenklichere Alternativen gibt.

Alka Seltzer für Fresswettbewerbe

Vor allem in den USA verkauft Bayer das Erkältungs- und Schmerzmittel Alka Seltzer und setzt damit jährlich rund 100 Millionen Euro um. Im Sommer initiierte der Konzern das Gewinnspiel „Mit Alka Seltzer nach Las Vegas“, bei dem Gruppenreisen für Männer in ein Casino in Las Vegas zu gewinnen sind. Augenzwinkernd heißt es in der Presseinformation des Konzerns, dass die meisten Männer bei einem gemeinsamen Ausflug zuviel essen und zuviel Alkohol trinken – Alka Seltzer aber für Schadensbegrenzung sorgen würde. Das Präparat enthält u. a. den Aspirin-Wirkstoff Acetylsalicylsäure, der bei unsachgemäßem Gebrauch zu Magenblutungen und sogar Todesfällen führen kann.
 
Im vergangenen Jahr hatte der Leverkusener Multi zur Promotion des Schmerzmittels gar „Wettfressen“ unterstützt. Bei den amerikanischen Meisterschaften für „Competitive Eating“, bei denen schon mal 53 Hotdogs oder fünfeinhalb Kilo Käsekuchen verdrückt werden, diente Alka Seltzer als Titelsponsor. „Alka Seltzer ist ein ständiger Begleiter für die Wettesser, wenn sie im Weltzirkus unterwegs sind. Für die Athleten wird ein Traum wahr, wenn sie an einem von Alka Seltzer gesponserten Event teilnehmen können“, dichtete die Werbeabteilung des Konzerns. „Diese Wettbewerbe wider- sprechen allem, was wir über gesunde Ernährung wissen“, urteilt hingegen Bonnie Taub-Dix, Sprecherin der Amerikanischen Diätetischen Gesellschaft. Erst nach einem Protest der Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) stoppte Bayer die zweifelhafte Kooperation.
 
Die CBG kritisiert auch das Marketing von Bayer für das Schmerzmittel Aleve. Studien zeigen, dass die Einnahme von Aleve das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, um 50 Prozent steigert. Die US-amerikanische Medika- menten-Aufsicht FDA beschwor daraufhin Schmerzpatienten eindringlich, das Präparat nicht länger als zehn Tage einzunehmen und sich streng an die empfohlene Dosierung zu halten. Das deutsche „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ zwang den Pillenhersteller derweil, im Beipackzettel auf die Nebenwirkung „Herzinfarkt“ hinzuweisen. (...)
 
Schlussfolgerungen
 
Pharmakologen schätzen, dass rund fünf Prozent aller Aufnahmen in die inneren Abteilungen von Krankenhäusern auf Nebenwirkungen von Pharma- zeutika zurückgehen – bis zu 300 000 Fälle im Jahr. Nach der Einschätzung des Bremer Gesundheitsforschers Gerd Glaeske werden jährlich 16.000 bis 25.000 Todesfälle durch Nebenwirkungen verursacht.
 
Ein Grund für diese Entwicklung ist das überzogene und häufig irreführende Marketing. Die Coordination gegen Bayer-Gefahren fordert, Werbung für Pharmazeutika in Medien und im Internet zu verbieten, da Laien häufig nicht in der Lage sind, haltlose Versprechungen von Pharmaproduzenten zu durch- schauen. Die Information über Medikamente gehört in die Hände von Ärzten und unabhängigen Prüfern.
 
In die entgegengesetzte Richtung gehen allerdings die Bemühungen von Industrie und Teilen der Politik. Wie in den Vereinigten Staaten möchten die Hersteller auch in Europa eine Erlaubnis zur Bewerbung von rezeptpflichtigen Arzneimitteln erhalten. Bislang ist das nur in medizinischen Fachzeitschriften gestattet. Der europäische Verband der Pharmaindustrie „European Federa- tion of Pharmaceutical Industries“, deren Präsident der Vorstandsvorsitzende von Bayer Schering Pharma, Arthur Higgins, ist, fordert unumwunden eine Aufhebung des entsprechenden Verbots. Angeblich um die Verbraucher „besser zu informieren“. Wohin die Reise gehen würde, zeigt jedoch das Beispiel USA: Seit der Freigabe von Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel vor zehn Jahren verdreifachten sich die Werbeausgaben der US-Pharmaindustrie, besonders im Fernsehen und im Internet.
 
Ein erster Versuch der Pillenproduzenten, das Werbeverbot für rezeptpflicht- ige Arzneimittel zu kippen, war 2002 auf EU-Ebene gescheitert. Der Ausgang der aktuellen Initiative ist zwar noch offen – klar aber ist, dass eine schärfere Regulierung von Pharmawerbung zur Zeit genauso wenig auf der politischen Tagesordnung steht wie die öffentliche Unterstützung industrieunabhängiger Informationsquellen. Die Deutungshoheit von Novartis, Bayer und Co. über Krankheiten und deren Behandlung scheint auf absehbare Zeit nicht in Gefahr zu sein. (PK)

Philipp Mimkes ist Mitarbeiter der „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ (cbgnetwork.org). In dem in diesem Monat erscheinenden Magazin Stichwort Bayer (Heft 4/2007) legt er offen, wie der Pharmariese mit Medikamenten wie Aspirin und Lipobay wirbt und hohe Gewinne einfährt. Die NRhZ hat seinen Beitrag gekürzt nachgedruckt. Ein kostenloses Probeexemplar des Heftes kann unter cbgnetwork@aol.com bestellt werden.

Quelle des Bildes im Anreißer: cdl.niedersachsen.de

Online-Flyer Nr. 124  vom 05.12.2007

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