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Wirtschaft und Umwelt
Experten befürchten eine regelrechte Epidemie
Noroviren fordern viele Opfer
Von Gisela Segieth

Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und nach achtundvierzig Stunden beschwerdefrei? Wenn Ihnen das passiert, dann könnten Sie sich mit dem Norovirus infiziert haben. Allein in NRW wurden in diesem Herbst schon 5.200 Erkrankungsfälle gemeldet, das waren 1.500 mehr als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr. Dabei geht es ab Januar und im Spätwinter erst richtig los. Das Robert-Koch-Institut in Berlin warnt vor dem Virus, der allein im vergangenen Jahr 48, meist sehr alte Menschen, das Leben kostete.[1] Experten befürchten eine regelrechte Epidemie!
Hohe Dunkelziffer vermutet


Allein in der Zeit zwischen dem 29. Oktober und dem 4. November 2007 wurden den Behörden 2.796 durch Noroviren erkrankte Menschen gemeldet. Das sind bereits jetzt mehr Erkrankte, als im vergangenen Winter. Insgesamt wurden in der Zeit von Mitte Oktober 2006 bis Mitte Juni 2007 deutschlandweit 137.480 Erkrankte gemeldet. Und schon da wurde von einer „Rekordwelle“ an Noroviruskranken gesprochen. Doch die Dunkelziffer dieser seit 2001 meldepflichtigen Erkrankung ist viel höher, aber nicht jeder, den der Virus erwischt, geht zum Arzt. Richtig aufmerksam wurde man in Deutschland auf den Norovirurs erst im vergangenen Jahr. Damals erkrankten auffällig viele Menschen an ihm. Doch die Gefahr durch Noroviren ist nicht neu.

Norovirus bekannt seit 1968

Schon 1968 wurde in Norwalk, in Ohio, der Prototyp der Gattung Norovirus, das Norwalk-Virus, in Stuhlproben eines viralen Gastroenteritis-Ausbruchs erstmals charakterisiert. [2] Damals nahmen Freiwillige gereinigtes Stuhl-Ultrafiltrat oral zu sich, das man aus dem Kot erkrankter Patienten gewann. Sie erkrankten im Anschluss daran ebenfalls an dem Virus. Damit war der Zusammenhang zwischen dem Norovirus und der dadurch verursachten Magen-Darm-Grippe (griechisch Gastroenteritis) gesichert. Heute weiß man: die Viren sind weltweit verbreitet und für einen Großteil der nicht bakteriell bedingten ansteckenden Magen-Darm-Entzündungen bei Kindern und Erwachsenen verantwortlich.


Händewaschen nicht vergessen!

Häufig sind sie Ursache von Ausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen, so dass zeitweise ganze Kindergärten oder Schulen geschlossen werden müssen. Die wichtigste Quelle der Ansteckung sind neben verunreinigten Lebensmitteln aber Menschen, die die Viren mit dem Stuhl ausscheiden.Auch auf dem Luftweg, beispielsweise durch Erbrechen, können Novoviren übertragen werden.

Hygiene, das A und O gegen diese Infektion

"Wer eine Ansteckung vermeiden will, sollte besonders auf Hygiene achten", rät Dr. Karin Wagemann vom AOK-Bundesverband. Denn die Übertragung des Virus erfolgt von Mensch zu Mensch. „Da das Virus am häufigsten durch direkten Kontakt zu Erkrankten oder indirekt über Kontakt in beschmutzten Toiletten oder auch durch Anfassen beschmutzter Gegenstände wie Waschbecken und Türgriffe übertragen wird, sollte man auf sorgfältiges Händewaschen achten und den Kontakt zu Erkrankten möglichst meiden", erläutert die Ärztin.[3]


Nahrungsmittel immer sauber aufbewahren!

Mit dem Virus infizierte Nahrungsmittel sind zusätzliche Infektionsquellen, wie etwa verunreinigtes Wasser, aber auch Salate, Krabben, Muscheln und Sandwiches. Mit dieser Nahrung gelangt das Virus in den Magendarmtrakt, dort treibt es sein Unwesen und zwingt die Darmwand viele neue Viren herzustellen. Die zerstören Darmzellen, damit sie der aufgenommenen Nahrung keine Flüssigkeit mehr entziehen. Um die Viren wieder loszuwerden, produziert der menschliche Körper etwa drei Tage nach der Infektion sehr starken Durchfall, der begleitet wird von starkem Erbrechen.

"Die Gefährlichkeit dieser Viruserkrankung ergibt sich aus dem Flüssigkeitsverlust, der bei Infektionen mit dem Norovirus - je nach Konstitution des Infizierten - lebensbedrohlich werden kann. Mildere Verläufe sind entsprechend weniger gefährlich. Wichtig sind für den Kranken Bettruhe und ausreichendes Trinken von Tee sowie Mineralwasser oder Apfelschorle, um den teilweise zu starken Flüssigkeitsverlust aufzufangen. Bei Übelkeit können lindernde Tropfen eingesetzt werden. Eine Brühe oder Bouillon hilft, den Salzverlust auszugleichen. Bei erheblichem Erbrechen und Durchfällen sollte auf jeden Fall ärztliche Hilfe geholt werden", erklärt Dr. Karin Wagemann. (3)

Ein enormes Gefährdungspotential stellen Einrichtungen wie Kliniken, Altenheime, Kindergärten und Schulen dar.


Kleine Kinder sind besonders gefährdet!

Etwa ein Drittel der durch den Norovirus verursachten Magen-Darm-Erkrankungen treten bei Kindern auf. Bei Erwachsenen sind die Viren sogar für rund die Hälfte dieser akuten Gesundheitsprobleme verantwortlich. Besonders gefährdet sind vor allem Kinder unter fünf Jahren, Senioren über 70 und kranke Menschen. Denn gerade sie leiden häufig unter einem schwachen Immunsystem.

Setzen Bauchkrämpfe, starkes Erbrechen und Durchfall ein, muss der Arzt konsultiert werden. Doch auch Kopf-, Glieder- und Halsschmerzen können zu den Symptomen bei einer Infektion durch Noroviren gehören. Kam es zu einer Infektion mit dem Virus, so ist unbedingt darauf zu achten, dass eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr gewährleistet ist. Denn ein zu starker Flüssigkeitsverlust muss im Krankenhaus durch Infusionen, vor allem mit Elektrolyten, ausgeglichen werden. Sonst kann die Infektion zum Tod führen.

Vorsicht Ansteckungsgefahr!

Meistens steckt man sich mit dem Norovirus bei anderen Menschen an. Zu den häufigsten Ansteckungsquellen gehören Stuhl und Erbrochenes. Vor allem der Handkontakt an nicht gründlich gereinigten oder verschmutzten Flächen wie Waschbecken, Toiletten, Türklinken und ähnlichem birgt die Gefahr einer Ansteckung mit diesem Virus in sich. 


Beim Besuch öffentlicher Orte auf Sauberkeit achten!
Fotos: Gisela Segieth


Gute und schlechte Nachrichten

Die gute Nachricht ist, dass die Erkrankung in aller Regel zum Glück meist nur zwei bis drei Tage andauert. Doch bis zu zwei Tagen nach den letzten Symptomen gelten Erkrankte noch als ansteckend. Ausgeschieden wird der Erreger allerdings noch sieben bis vierzehn Tage nach dem Abklingen der Symptome. Deshalb sollte man frühestens zwei Tage nach dem Abklingen der Symptome Kinder wieder in den Kindergarten oder die Schule schicken sowie selbst zur Arbeit gehen. Sonst ist die Ansteckungsgefahr für andere immer noch gegeben.

Eine schlechte Nachricht gibt es allerdings auch. Bislang gibt es keinen zuverlässigen Schutz vor einer Ansteckung mit Noroviren. Denn der Mensch bildet keine Antikörper gegen das Virus. Und das bedeutet, dass man immer wieder am Norovirus erkranken kann, solange es weder eine Impfung noch Medikamente zum Schutz vor dem Erreger gibt.

Fazit: Der einzig mögliche Schutz vor einer Infektion mit dem Norovirus ist intensive Hygiene. Das bedeutet: Nach jedem Toilettengang sollte man sich die Hände gründlich mit Seife waschen und ebenso nach der Nutzung von Bus und Bahn sowie nach jedem Einkauf. Hat Sie der Norovirus erwischt, dann hilft nur eins: Viel trinken und völlige Ruhe! (PK)

[1] Robert-Koch-Institut
[2] Wikipedia
[3] AOK Bundesverband


Online-Flyer Nr. 126  vom 19.12.2007



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