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Kultur und Wissen
Der Liedermacher aus den USA bringt die Dinge auf den Punkt - auch im Interview
David Rovics am 10. April in Köln
Von Regina Freitag

“Now it’s all out on the table and everybody knows: The emperor is naked, he’s not wearing any clothes!”(Jetzt liegt alles auf dem Tisch und jeder weiß: Der Kaiser ist nackt und trägt keine Kleider!) So lautet der Refrain von “Song for Bradley Manning” von David Rovics. Das Lied handelt von einem der wichtigsten Informanten von Wikileaks, dessen Gewissen ihn dazu brachte, schreckliche Verbrechen nicht länger im Dunkeln zu lassen, sondern die Welt zu informieren. Bradley Manning, Angehöriger der US-Streitkräfte, wurde im Mai 2010 unter dem Verdacht verhaftet, Videos und Doku- mente kopiert und als Whistle-blower der Website WikiLeaks zugespielt zu haben. Daraufhin nahmen die US-Behörden Manning am 26. Mai fest. Die Menschenrechts-organisation Amnesty International kritisierte die Haftbedingungen, unter de- nen Manning gefangen gehalten wird, wie etwa Schlafentzug und das Ausziehen seiner Kleidung.

Auch dieses Thema hat David Rovics, wie alle seine Songs, gründlich recherchiert und in Reime und Musik verwandelt – unverfälscht, bewegend und ohne Kompromisse.

Der Liedermacher aus Portland, Oregon in den USA, beschönigt nicht und bringt die Dinge auf den Punkt. Ob "Operation Iraqi Liberation OIL“ gegen den Irakkrieg, "Who will tell the People“ über den Einfluss der Politik auf die Medien oder der satirische Song "Globalisation is good for you“ über die schleichende Ausbeutung durch Globalisierung – seine Lieder erzählen die Geschichte aus der Sicht der Betroffenen, nicht der Mächtigen.

Cindy Sheehan (Mutter des gefallenen Soldaten Casey Sheehan und heute Friedensaktivistin)nennt ihn "the peace poet and troubadour of our time“, und für Amy Goodman, Herausgeberin von Democracy Now! ist er die “voice of Democray Now!” Für viele ist er der neue Bob Dylan, für andere die Stimme des Volkes und für manche ein unpatriotischer Störer. Auf jeden Fall ist David Rovics einzigartig, und er polarisiert – entweder man lehnt ihn ab oder man liebt ihn, seine Musik und sein Engagement.

Der politische Aktivist begann seine musikalische Karriere in den frühen 90er Jahren als Straßensänger in Boston und verdient seit Mitte der 90er Jahre seinen Lebensunterhalt mit seiner Musik. Obwohl er bei keiner großen Plattenfirma unter Vertrag ist, hat er seinen Weg gemacht – durch Mundpropaganda, Konzerte, Youtube, Twitter uvm. Heute geht er regelmäßig in Nord- und Südamerika, Europa, Asien und Australien auf Tour. Seine über 250 Songs stellt er zum kostenlosen Download auf www.soundclick.com zur Verfügung und sein riesiges Repertoire reicht von politisch engagierten Liedern über satirische Chansons bis zu romantischen Balladen. Er spielt vor kleinem und großem Publikum, in Hallen, Wohnzimmern, Universitäten, Kirchen und auf Demos. Manchmal allein, manchmal gemeinsam mit anderen bekannten Musikerinnen und Musikern der linken Szene wie Attila the Stockbroker, Allie Rosenblatt oder Anne Feeney.

David veranstaltet einen eigenen Radioblog, in dem er regelmäßig Menschen aus der Musikszene, AktivistInnen, AutorInnen usw. interviewt und deren Lieder spielt, z.B. den bekannten Sänger und Liedermacher Jim Page.

In seinem Buch „Sing for your Supper“ (AK Press) gibt David Tipps, wie engagierte Musiker ihren Weg auch ohne Plattenfirma machen können und kritisiert die Einstellung, kostenloser Download schade den Künstlern. Seiner Meinung nach profitieren die Sängerinnen und Sänger eher durch diese Art der Verbreitung ihrer Musik. David ist Mitglied der "Industrial Workers of the World“, engagiert sich auch über seine Musik hinaus aktiv politisch, und die Annaja-Universität verlieh ihm eine Auszeichnung für seinen Einsatz für die Menschen in den Palästinensergebieten.

Dennoch ist er immer noch ein Geheimtipp, da er vielen Fernseh- und Radiosendern zu direkt und deutlich ist. Aber wie viele Kompromisse kann man eingehen, ohne sein Gesicht und seine Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn es um Menschenrechte und Menschenwürde geht?

David fängt damit gar nicht erst an, und dafür liebt ihn sein Publikum, dafür vertrauen ihm die Menschen, und dafür organisieren seine Fans für ihn Konzerte. Am 10. April spielt er in Köln im Alten Wartesaal - laut, kompromisslos und engagiert. Ein musikalisches Event, das man nicht verpassen sollte.

Weitere Termine in Deutschland: am 2. April im "Land-Art“, Nordscheide 4, Havetoftloit, am 5. April in der Werner Bock-Schule in Beverungen und am 9. April im Prisma, Richard Wagner-Str. 6, in Heidelberg. (PK)

Regina Freitag freut sich sehr über die Gelegenheit, das Konzert in Köln zu veranstalten. Seit ca. 4 Jahren ist sie Fan von David Rovics und findet es wichtig, seine Musik zu verbreiten, weil es davon leider viel zu wenig gibt und Musik viel bewegen kann. Sie hat dreieinhalb Jahre in England gelebt und hat David in London live spielen sehen, was für sie ein tolles Erlebnis war. Seit Januar 2011 lebt sie in Köln, wo sie als Übersetzerin arbeitet.

Interview mit David Rovics

Regina Freitag: "Hi David, thank you for doing this interview! We would like to ask you some questions about you and your music and publish this interview alongside with an article in "NeueRheinischeZeitung."
Regina Freitag: Hallo David, vielen Dank für das Interview! Wir würden dir gern ein paar Fragen über dich und deine Musik stellen und dieses Interview neben einem Artikel in der „Neuen Rheinischen Zeitung“ veröffentlichen.

David: Sounds great!
David: Das hört sich toll an!

"What was your motivation to write a song about Bradley Manning, what do you hope the effects may be, and what do you think is the effect his actions had on his comrades and the public?
Was war deine Motivation, einen Song über Bradley Manning zu schreiben, welche Wirkung versprichst du dir davon, und was sind deiner Meinung nach die Auswirkungen auf seine Kameraden und die Öffentlichkeit?


David: Well, evidently thousands of US military personnel had access to these records that were leaked, but if Bradley Manning is the one who did it, as the government says, then he's my hero. I think his actions, combined with the brilliant way the folks at Wikileaks gradually disclose pertinent and damning information, has had an overwhelmingly positive impact on humanity. Information in this massive trove of cables, among other leaks, has confirmed suspicions of activists and critics of the powers-that-be around the world and provided lots of very useful stuff for us to work with in our efforts to expose hypocrisy and criminal behavior on the part of various governments and corporations. In terms of the effects of Manning's actions on his comrades, meaning other soldiers, I think Wikileaks and the various newspapers involved with redacting have been very careful and no one has any evidence of any soldier or other military asset's life being lost as a result. Have they been inconvenienced? I sure fucking hope so!

David: Also offensichtlich hatten ja tausende von Mitarbeitern des US-Militärs Zugang zu diesen Berichten, die jetzt veröffentlicht wurden, aber da Bradley Manning derjenige war, der – wie die Regierung sagt – damit an die Öffentlichkeit gegangen ist, ist er für mich ein Held. Ich bin der Meinung, dass sein Handeln, gemeinsam mit der beeindruckenden Arbeit der Leute bei Wikileaks, die die einschlägigen und belastenden Informationen nach und nach ans Licht bringen, eine überwältigend positive Wirkung auf die Menschen und die Menschlichkeit hatte. Die Informationen aus dieser riesigen Menge an Berichten haben, neben anderem, was an die Öffentlichkeit gelangt ist, die Verdachtsmomente von Aktivisten und Kritikern der Mächtigen auf der ganzen Welt bestätigt und uns allen wertvolles Material in die Hand gegeben. Das hilft uns, die Scheinheiligkeit und das kriminelle Verhalten von Teilen der Regierungen und Großunternehmen aufzudecken. Was die Auswirkungen von Mannings Entscheidung auf seine Kameraden, also andere Soldaten angeht, bin ich der Meinung, dass Wikileaks und die verschiedenen am Editieren beteiligten Zeitungen sehr vorsichtig waren und es gibt keine Anzeichen dafür, dass ein einziger Soldat oder anderer Militärangehöriger als Folge sein Leben verloren hat. Waren die Enthüllungen unbequem für sie? Das will ich doch schwer hoffen!

“Does the audience in different countries react differently to your music?”
Nimmt das Publikum in verschiedenen Ländern deine Musik unterschiedlich auf?


David: Overall, I attract a leftwing audience wherever I play. So people who pay to hear me do a concert are usually either fans of my music or they know the organizer of the show, who is almost always a leftwinger of some kind. Depending on who's organizing the show, an audience might consist of more older people or more younger people, more labor folks or more environmental folks, etc. But overall these audiences like my music.
There are various differences depending on the place, of course. Audiences in Belfast never get tired of songs about armed uprisings, whereas folk music fans in South Carolina will become uncomfortable after too many of those.
David: Im Allgemeinen ist mein Publikum durchweg links, egal wo ich spiele. Die Menschen, die zu einem meiner Konzerte kommen, sind meistens entweder Fans meiner Musik oder sie kennen die Person, die die Show veranstaltet, und auch diese Leute sind fast immer links orientiert. Je nachdem, wer das Konzert organisiert, ist das Publikum mal älter und mal jünger, kommt aus der Arbeiter oder der Umweltschutzbewegung usw. Aber meistens mag dieses Publikum meine Musik.
Natürlich gibt es schon Unterschiede zwischen verschiedenen Orten oder Ländern. Das Publikum in Belfast kann von Liedern über bewaffneten Aufstand nicht genug bekommen, während Folkmusikfans in South Carolina schon schwer schlucken, wenn sie davon zu viele hören.

“Why do you think it’s rather the left and less the mainstream audience listening to your songs?”
Warum kommen deiner Meinung nach deine Songs eher beim linksorientierten als beim Mainstream-Publikum an?


David: I think in most societies most people would be sympathetic with my politics, and perhaps would like my music, if they speak English fluently and like the kind of music I do. But especially in the US I don't get media attention from the corporate press or the “public” radio or TV. I don't think this is because my music doesn't have potential appeal to a larger audience – it's partially for political reasons that I don't get covered, and probably mostly for staffing reasons. That is, most of the US media barely has any staff for covering anything local, so that's another reason they don't review my concerts, etc.
In other countries, in Europe and elsewhere, it's a bit better, and I do get some attention from more mainstream press, but only a little. But certainly the core of my fans, both real and potential fans, are people with a sensible, leftwing view on reality, because that's the vantage point from which I'm singing.

David: Ich glaube, dass die Menschen in den meisten Ländern meinen Ansichten zugeneigt wären und ihnen vielleicht meine Musik gefallen würde, wenn sie die englische Sprache beherrschen und meine Art von Musik mögen. Aber gerade in den USA tauche ich weniger in der von Konzernen beherrschten Presse oder den „öffentlichen“ Radio- und Fernsehsendern auf. Das liegt meiner Meinung nach nicht daran, dass meine Musik nicht das Potenzial hätte, ein größeres Publikum anzusprechen – es liegt teilweise an politischen Beweggründen, aber hauptsächlich an den fehlenden Mitarbeitern. Das heißt, die meisten Medien in den USA haben kaum Mitarbeiter, um über lokale Ereignisse zu berichten, was ein weiterer Grund ist, warum kein Bericht über meine Konzerte veröffentlicht wird, usw.
In anderen Ländern, in Europa und anderen Teilen der Welt, ist das etwas besser und die Mainstream-Presse berichtet durchaus über mich, aber in bescheidenem Rahmen. Aber mit Sicherheit sind die meisten meiner Fans, sowohl die realen als auch die potenziellen, Menschen mit einem ernsthaften, linksorientierten Blick auf die Wirklichkeit, und das ist ja auch die Perspektive, aus der ich meine Lieder singe.

“Do you see a chance that the protest movement in the left will reach the mainstream public and what kind of event(s) could provoke such a shift?”
Siehst du eine Chance, dass die Protestbewegung in der Linken die allgemeine Öffentlichkeit erreicht und welche Art von Ereignis(sen) kann/könnte eine solche Verschiebung verursachen?


David: Certainly the left is now mainstream in many countries, especially in Latin America, especially in the past decade or so. Bona fide left movements have actually taken power in several countries, most notably Venezuela, Ecuador and Bolivia. Revolutions have just overthrown two dictators in Tunisia and Egypt. What kind of shape those governments will take is still unknown, because of the very active citizenry in those countries, things are almost sure to be a vast improvement on what they've had before.
In Europe as well as in North America it's a bit different these days. In the US the country is fairly overtly run by the rich, for the rich, even if they have a nice, eloquent, Black figurehead at the moment. In Europe the xenophobes are increasingly in the ascendancy, and it seems the left is constantly being beaten back more and more. There are reasons why this is happening, which I think have a lot to do with some of the negative, more corporate-friendly aspects of the increasingly centralized European Union, Europe's overall economic decline combined with increased immigration, and the polarized view of the world that many European political parties are forcing on European Muslims and Muslims around the world, by supporting the wars in Afghanistan and elsewhere. So I don't know what's going to happen with the European or North American left, but I know from history and from looking at what's happening in Latin America and North Africa that another world is indeed possible.

David: Die Linke ist sicherlich in vielen Ländern schon Mainstream, was sich besonders in Lateinamerika in den letzten 10 Jahren gezeigt hat. In zahlreichen Ländern haben echte linke Bewegungen tatsächlich schon die Macht übernommen, wie in Venuezuela, Ecuador und Bolivien. Gerade wurden zwei Diktatoren in Tunesien und Ägyptien durch Revolutionen besiegt. Auch wenn sich noch nicht sagen lässt, wie die neuen Regierungen aussehen werden, durch die engagierte Bürgerbewegung in diesen Ländern wird es höchstwahrscheinlich eine große Verbesserung gegenüber der Situation vor den Revolutionen sein.
In Europa und Nordamerika sieht es heute ein bisschen anders aus. Die USA werden ganz unverhohlen von Reichen regiert, die für Reiche Politik machen, auch wenn sie jetzt ein sympathisches, redegewandtes Aushängeschild mit schwarzer Hautfarbe haben.

In Europa ist die Fremdenfeindlichkeit wieder im Vormarsch und es sieht so aus, als würde die Linke immer mehr zurückgedrängt. Dafür gibt es natürlich Gründe. Meiner Meinung nach spielen dabei einige der negativen, konzernfreundlichen Aspekte der Europäischen Union eine Rolle, die immer zentralisierter wird, ebenso der wirtschaftliche Abschwung in ganz Europa, kombiniert mit vermehrter Zuwanderung. Auch die polarisierte Weltsicht, mit der viele europäische Parteien die Moslems in Europa und weltweit konfrontieren, etwa durch die Unterstützung des Kriegs in Afghanistan und in anderen Ländern. Ich weiß nicht, wie sich die Linke in Europa oder Nordamerika entwickeln wird, aber angesichts der Geschichte und der Geschehnisse in Lateinamerika und Nordafrika bin ich überzeugt, dass eine andere Welt wirklich möglich ist.

“What topics or political events are you planning to write songs about next?”
Über welche Themen oder politischen Ereignisse planst du als nächsten einen Song zu schreiben?


David: Most recently I wrote a song about the uprising in Tunisia, and I'm currently thinking a lot about writing one about Egypt. Otherwise I'm always following current events and thinking about writing about them, such as the ongoing terrible events in Japan, and other horrors that are not so much in the news, such as the disaster in Pennsylvania and other states in the US around the widespread mining practice known as fracking that is ruining the air, ground, and water wherever these fracking operations are happening.

David: Mein neuester Song handelt von dem Aufstand in Tunesien und ich denke im Moment über einen Song zu Ägypten nach. Sonst beschäftige ich mich mit den aktuellen Ereignissen und überlege, ich ich einen Song darüber schreiben will, wie z.B. die schrecklichen Ereignisse in Japan und andere Horrormeldungen, über die in den Nachrichten kaum berichtet wird, wie die Katastrophe in Pennsylvania und anderen Bundesstaaten der USA, wo die Bergbauindustrie mit der Tiefbohrtechnik „Hydraulic Fracturing“ die Luft, der Boden und das Wasser vergiftet, wo immer diese Technik eingesetzt wird.

“Did you ever get positive or negative feedback from a group you didn’t expect that kind of feedback from?”
Hast du schon mal positives oder negatives Feedback von einer Gruppe bekommen, von der du dieses Feedback nicht erwartet hättest?


David: There is a bizarre pseudo-left German sect known as the Anti-Deutsche, your readers are probably familiar with them, though it seems most Germans, thankfully, are not. I've had some problems with them. Seven or eight years ago they picketed at a show I did in Marburg. On this tour coming up next month, they convinced the owners of Club Voltaire in Frankfurt to cancel my show there because they threatened to picket it. The reason, in a nutshell, is because they're fucking lunatics. But it's not terribly surprising that a country with a guilt complex as big as Germany's would produce lunatics like the Anti-Deutsche. Every sensible person around the world is against fascism, and recognizes that Hitler's version of fascism was certainly among the most genocidal dictatorships in the history of civilization. Every sensible person thinks the Nazi Holocaust was among the most terrible things humans have ever done to other humans – maybe it was the most terrible thing ever done in the history of humanity, and I think most sensible people who have studied history would say so. However, this does not mean that criticizing Israeli apartheid is anti-Semitic or fascist. I am neither an anti-Semite nor a fascist, as members of this group have alleged. I am an anti-fascist and I am of Jewish lineage, and I don't hate myself or my people. I hate injustice and oppression, and therefore I am critical of Israel's treatment of the Palestinian people. So anyway, I have had problems with certain groups, negative feedback you could say, and they are primarily in Germany, and they are primarily members of the Anti-Deutsche.
Otherwise I rarely get negative feedback. If I got more mainstream media coverage I'm sure I'd get more negative feedback, but as it is, the people who discover my music online or who come to a show are usually already leftwing and already share my perspective on most things, or at least are not terribly offended by it. I get lots of positive feedback from people that I find very humbling, but I'm not sure if it's unexpected. It's always somehow a little surprising, though, when I write a song about the experience of a refugee in a camp – something I've never experienced myself – and then people who have been refugees living in camps come up to me and tearfully tell me how moving the song was, how much it describes their situations, etc. This tells me I'm on the right track, though these responses are no longer unexpected.

David: Es gibt eine seltsame, pseudolinke Sekte in Deutschland, die sich Anti-Deutsche nennt, vielleicht kennen eure Leser die Gruppe, die meisten Deutschen scheinen sie glücklicherweise nicht zu kennen. Mit denen hatte ich ein paar Probleme. Vor sieben oder acht Jahren haben sie eines meiner Konzerte in Marburg gestört. Auch auf meiner diesjährigen Tour, bei der ich nächsten Monat [im April] nach Deutschland komme, haben sie die Besitzer des Club Voltaire in Frankfurt solange bedrängt und mit Protesten gedroht, bis das Konzert abgesagt wurde. Der Grund ist schnell erklärt, sie sind einfach komplett irre. Andererseits ist es auch keine Überraschung, dass in einem Land mit solch einem großen Schuldkomplex wie Deutschland solche Wirrköpfe wie die Anti-Deutschen gedeihen können. Jeder vernünftige Mensch auf der Welt ist gegen Faschismus und weiß, dass Hitlers Version des Faschismus sicherlich eine der völkermörderischsten Diktaturen in der Geschichte der menschlichen Kultur hervorgebracht hat. Jeder vernünftige Mensch ist der Meinung, dass der Holocaust der Nazis eines der schrecklichsten Verbrechen war, die Menschen jemals anderen Menschen angetan haben – vielleicht das schrecklichste in der Geschichte der Menschheit. Da würde mir niemand, der sich mit der Geschichte befasst hat, widersprechen. Das heißt aber nicht, dass jede Kritik der israelischen Apartheid antisemitisch oder faschistisch ist. Ich bin weder Antisemit noch Faschist, auch wenn mich Mitglieder dieser Gruppe so genannt haben. Ich bin Antifaschist und von jüdischer Herkunft und hasse weder mich noch mein Volk. Ich hasse Ungerechtigkeit und Unterdrückung und deshalb kritisiere ich, wie Israel die palästinensischen Menschen behandelt. Also wie gesagt, ich hatte Probleme mit bestimmten Gruppen, was man als negatives Feedback bezeichnen könnte und diese sind hauptsächlich in Deutschland und in erster Linie Mitglieder der Anti-Deutschen.
Davon abgesehen bekomme ich selten negatives Feedback. Wenn die Mainstream-Medien mehr über mich berichten würden, wäre das mit Sicherheit anders, aber so sind die Leute, die meine Musik online entdecken oder zu einem Konzert kommen, meist sowieso schon linksorientiert und teilen meine Meinung zu vielen Themen, oder sind zumindest nicht schrecklich beleidigt. Ich bekomme viel positives Feedback von den Menschen, was mich sehr freut und sehr bescheiden werden lässt, aber es kommt in dem Sinn nicht von einer unerwarteten Gruppe. Es ist aber immer überraschend, wenn ich einen Song über die Erfahrung eines Flüchtlings in einem Lager mache – was ich selbst nie erleben musste – und dann Menschen auf mich zukommen, die in Flüchtlingslagern gelebt hatten und mir unter Tränen erzählen, wie sie mein Lied bewegt hat und wie sehr es ihre Lage beschreibt usw. Dann merke ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin, auch wenn diese Reaktionen jetzt nicht mehr ganz so unerwartet sind.

“When you write a song, how do you usually start? Do you write the lyrics or the music first or does it depend on the topic?”
Wenn du einen Song schreibst, wie fängst du normalerweise an? Schreibst du den Text oder die Musik zuerst oder hängt das vom Thema ab?

David: It almost always starts with a topic I want to write about. Then, if I'm lucky, I come up with a good chorus, or hook line, or something that really boils down the essence of the subject at hand, whatever it may be, whether a historical event, a current event, love lost or found, or whatever. Then once I've got the chorus, the verses tend to fall into place fairly easily. As I'm working on the lyric, I have a vague idea of the melody, or at least the meter, the feel of the song. But really working on fleshing out the melody and chord structure and such comes later, and is often the hardest part. A lot of songs never get finished because I stumble at one of these stages, but sometimes it all comes together.

David: Fast immer steht am Anfang das Thema, über das ich schreiben will. Dann fällt mir, wenn ich Glück habe, ein guter Refrain oder eine treffende Liedzeile ein oder etwas, das das ganze Thema genau auf den Punkt bringt, ob es sich um ein Thema aus der Vergangenheit oder Gegenwart, ob um verlorene oder gefundene Liebe oder etwas anderes handelt. Habe ich einmal den Refrain, kommen die Strophen oft wie von selbst. Beim Ausarbeiten des Textes habe ich eine vage Idee der Melodie im Kopf, oder zumindest des Takts oder des Musikgefühls. Das Komponieren der Melodie und Akkordstruktur und ähnliches kommt danach und ist oft der schwerste Teil. Viele Songs werden niemals fertig, weil ich an dieser Stelle ins Straucheln komme, aber manchmal passt eben alles.

“Have you ever been to Cologne and did you like it?”
Warst du schon mal in Köln und hat es dir gefallen?


David: Eleven years ago I used to go out with a woman who lived in Bonn, so back then I visited Cologne occasionally, and liked the city very much, though I can't say I'm all that familiar with it. In Germany I spent the most time in Hamburg (because I used to go out with a woman from Hamburg), and I became a big fan of that thriving metropolis. That's the only city in Germany I've really spent enough time in, where I feel like I can tell you about why I like it so much, but you didn't ask about Hamburg...

David: Vor elf Jahren war ich mit einer Frau aus Bonn zusammen, da habe ich Köln ab und zu besucht und die Stadt gefiel mir sehr gut, wenn ich mich dort auch nicht so gut auskenne. In Deutschland habe ich die meiste Zeit in Hamburg verbracht (weil ich mit einer Frau aus Hamburg zusammen war) und wurde ein großer Fan dieser lebendigen Metropole. Das ist die einzige Stadt in Deutschland, in der ich genug Zeit verbracht habe, um euch zu sagen, warum ich sie so sehr mag, aber nach Hamburg habt ihr ja nicht gefragt…

"Could you say something about your other gigs in Germany this spring?
Könntest du etwas über deine anderen Auftritte in Deutschland in diesem Frühjahr erzählen?


David: Well, the aforementioned gig in Frankfurt was canceled, but the rest are still intact, and I'm looking forward to all of them. I haven't been to Germany since the G8 protests in Rostock in 2007, which were a fucking blast. I don't know why all these gigs came together in Germany now as opposed to last year or the year before, but I'm glad they did! Every spring for the past twelve years or so I've been doing tours of Europe, which always include Britain and Scandinavia, and often Ireland and the Netherlands. I think this is mostly because these are the only countries in Europe in which almost everybody is completely fluent in English, but there are probably other reasons. In any case, I'm hoping to be playing in Germany more often on my spring tours of Europe, we'll see!

David: Der Auftritt in Frankfurt wurde zwar abgesagt, aber alle anderen stehen noch und ich freue mich auf alle. Ich war zuletzt zu den G8-Protesten in Rostock in Deutschland, und hatte eine tolle Zeit. Ich kann nicht sagen, warum auf einmal alle diese Auftritte in Deutschland zustande kommen. Das war im letzten Jahr und dem Jahr davor anders, aber ich freue mich darüber! In den letzten zwölf Jahren oder so bin ich durch Europa getourt, immer durch Großbritannien und Skandinavien und oft auch Irland und die Niederlande. Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass diese Länder die einzigen in Europa sind, in denen fast jeder absolut flüssig Englisch spricht. Aber wahrscheinlich gibt es auch noch andere Gründe. Auf jeden Fall hoffe ich, öfter auf meinen Frühjahrstouren durch Europa auch in Deutschland zu spielen, mal sehen, was die Zukunft bringt!

"Thank you very much for this interview and welcome to Cologne!"
Vielen Dank für dieses Interview und willkommen in Köln!


David: Thanks a lot for doing it!
David: Ich bedanke mich auch für das Interview!

Davids Website www.davidrovics.com und sein Kölner Auftrittsort www.wartesaal.de
Reginas Adresse für nähere Infos und Karten: regina.freitag@lycos.com

Online-Flyer Nr. 294  vom 24.03.2011

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