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Lokales
Wie städtische Mittel so langsam in die freie Wirtschaft wechseln
Endlich Akteneinsicht in Mülheim
Von Lothar Reinhard

Eine der größten Enttäuschungen des letzten Jahres war die lapidare Antwort des Mülheimer Kämmerers Uwe Bonan auf den MBI-Antrag, die Fonds-Anteile der Hannover-Leasing an der nagelneuen Feuerwehr selbst aufzukaufen. Er behauptete, der Regierungspräsident würde das nicht zulassen. Ob jemals dort nachgefragt wurde, weiß niemand, ist aber auch anzuzweifeln. Doch egal oder auch nicht.
 

Stadtkämmerer
Uwe Bonan
NRhZ-Archiv
Hätte die Stadt die von der Fondsgesellschaft mit Renditegarantie von 5,6% bis 10,3% auf die nächsten 20 Jahre selbst gekauft, hätte sie genau diese Rendite gespart, die sie ja eben- falls unabänderlich mit bezahlen muss. Und bei den niedrigen Kommunalzinsen vom letzten Jahr (zwischen 1 bis 1,5%) wäre das über die Jahre sehr viel Geld gewesen, das die Stadt gespart hätte, von der wiederer-langten Kon- trolle ganz abgesehen. So aber hat nicht nur die SMW (Mülheimer Wohnungsbau, Sparkas- se, Hoffmeister) dicken Reibach gemacht, sondern auch noch alle, die letztes Jahr die Anteile von der Fondsgesellschaft kauften. Hohe Rendite dauerhaft garantiert, weil die Stadt Mülheim ein „äußerst solventer“ Mieter in der eigenen Feuerwehr ist, so jedenfalls die Werbung von Hannover-Leasing. 
 
Der Husarenstreich mit der völlig überdimensionierten Mülheimer Feuerwehr - aus erst 29 Mio. Baukosten wurden plötzlich knapp 44 Mio. € - und entsprechend erhöhten sich die garantierten Mietkosten der Stadt und damit auch die Verkaufserlöse für die SMW, bei der im übrigen klammheimlich kurz vorher die Sparkasse 25% an den Mülheimer Immobilienhai Hoffmeister abgegeben hatte.
 
Nun beschweren sich alle, dass die Jahresmieten so enorm gestiegen sind - entgegen der ursprünglichen Beschlusslage. Ursprünglich sollten es einmal 2,8 Mio. sein, doch es wurden im 1. Jahr bereits 3,8 Mio., Tendenz steigend wegen der geheimen Preisanpassungsklauseln.
 
„Ich wundere mich schon, wie da städtische Mittel so langsam in die freie Wirtschaft wechseln“, so im Finanzausschuss Eckart Capitain (CDU). Ob auch er das nicht vorher hatte wissen müssen?
 
Doch egal: Das Geschäft mit der Feuerwehr ist nur eines von etlichen Mülheimer Beispielen der Umwegfinanzierung durch PPP- oder PPP-ähnliche Projekte (u.a. Medienhaus, 3 große Schulen im Paket, Rathaus, 2. Feuerwehr in Heißen, Haus der Stadtgeschichte, Haus der Wirtschaft usw.), bei denen fast immer die gleichen systemimmanenten Folgegeschichten auftreten (müssen) und immer zum Nachteil der Stadt, die völlig hilflos ist, weil sie z.B. die Feuerwehr nie schließen darf oder sich per “Forfaitierung mit Einredeverzicht“ noch weiter selbst kastriert hat. „Natürlich“ werden auch die 3 Schulen, die der Baukonzern Strabag gerade saniert und auch noch 25 Jahre betreibt, teurer und damit auch die jahrzehntelange Miete für die eigenen Gebäude. Weitere zukünftige „Überraschungen“ zuungunsten der Stadt sind fast schon als selbstverständlich zu erahnen.
 
Und die Begründung - besser Ausreden - des Kämmerers ob der hochgradig unseriösen Geschäfte auf Kosten auch der Kinder und Enkel ist/sind immer die gleichen: Hätten wir das in Eigenregie gemacht, hätten wir das und das oder jenes nicht machen können. Es weise bitte niemand mit Fingern auf Griechen oder andere Süd-Euro-Länder. Bei uns ist die Situation nicht viel anders, nur (noch) vorläufig etwas günstiger im Gesamtgefüge! Mit PPP oder PPP-ähnlichen Umwegfinanzierungen ist die Zukunft aber bereits mit verpfändet. Es ist zwar lobenswert, dass die Mülheimer CDU und Grünen nun (erst!!) Akteneinsicht haben wollen. Es wäre viel sinnvoller gewesen, wenn beide nicht immer fast allem zugestimmt hätten! (PK)
 
Lothar Reinhard ist Fraktionsvorsitzender der Mülheimer BürgerInitiativen (MBI) im Stadtrat


Online-Flyer Nr. 344  vom 07.03.2012



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