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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Medien
"Unsere" Medien und ihre Artikel zum Besuch von Benedikt XVI. in Cuba
Kübelweise aggressive Vorurteile
Von Heinz W. Hammer und Fidel Castro Ruz

Was deutsche Medien aus dem Besuch von Benedikt XVI. in Cuba gemacht haben, lässt sich zwei Kommentaren von Heinz Hammer, Vorsitzender der Freundschaftsgesellschaft BRD-Cuba, Regionalgruppe Essen, zu Artikeln von NRZ-Autoren aus der WAZ-Gruppe entnehmen, die wir im folgenden Beitrag veröffentlichen. Darunter finden unsere LeserInnen den Begrüßungstext für den Papst von Fidel Castro, den dieser am 27. März in seinen REFLEXIONES geschrieben hat. – Die Redaktion  

Karikatur: Kostas Koufogiorgos
Benedikt XVI. empfängt für einige Minuten Fidel Castro
Quelle: Granma

Zum NRZ-Beitrag von Klaus Ehringfeld vom 28.3.
 
So so, Herr Ratzinger fordert also eine »offene Gesellschaft in Kuba« und dekretiert »die Realität zeigt, dass der Marxismus nicht taugt«. Es mutet geradezu kafkaesk an, wenn dies ausgerechnet von dem feudalistischen Alleinherrscher eines Kleinstaats und einer religiösen Organisation mit, freundlich ausgedrückt, höchst zweifelhaftem Ruf kommt. Ausdrücklich, so schreibt die NRZ, habe er diejenigen erwähnt, »die ihrer Freiheit beraubt sind, von ihren Angehörigen getrennt oder schwierige Momente durchleben.«
 
Wohl wahr, dass die auf widerrechtlich besetztem cubanischen Territorium im US-Folterlager von Guantánamo Eingepferchten und Gedemütigten seit 10 Jahren »schwierige Momente durchleben«. Wohl wahr auch, dass die seit 1998 ungerechtfertigt in US-Hochsicherheitsgefängnissen inhaftierten fünf Cubaner René González, Ramón Labañino, Antonio Guerrero, Fernando González und Gerardo Hernández, deren einziges »Vergehen« im (unbewaffneten!) Schutz ihrer Heimat vor Terroranschlägen bestand, willkürlich »ihrer Freiheit beraubt, von ihren Angehörigen getrennt sind«. Doch zu diesem himmelschreienden Unrecht von Ratzinger kein Wort des Mitgefühls geschweige denn Kritik an den Verursachern.
 
In dem Drittweltland Cuba dagegen werden, trotz über 50jähriger umfassender Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade durch das mächtigste Land der Erde, die sozialen Menschenrechte wie in keinem anderen Land der Hemisphäre durchgesetzt. Damit ist das sozialistische Cuba lange nicht ein Paradies, aber eben auch nicht die Hölle, als die es seine Gegner immer wieder darzustellen versuchen. Es gibt also für den Papst hier nichts zu exorzieren.
 
Nebenbei: Wenn man eine freundliche Einladung erhält, dann beschimpft man nicht den Lebensstil seines Gastgebers. Dies gebietet schon die gute Erziehung. Aber diese spielt wohl bei einem langjährigen Chef-Inquisitor sowieso keine Rolle mehr.
 
Zum NRZ-Beitrag von Rüdiger Oppers vom 29.3.
 
Herr Oppers hat also nun auch erkannt, dass die seit über 50 Jahren angewandte umfassende Wirtschafts-, Finanz- und Handelsblockade der USA gegen Cuba, die er euphemistisch »Handelsembargo« nennt und an der sich die Bundesrepublik aktiv beteiligt, »Unsinn« und »der Kalte Krieg vorbei« sei. Zwar kritisiert er nicht das von ihm selbst benannte Ziel der Blockade, nämlich die cubanische Bevölkerung »wirtschaftlich auszuhungern«, aber man kann ja nicht alles auf einmal erwarten. Vielleicht gelangt er zu dieser Erkenntnis schon in den nächsten 50 Jahren.


 
Doch viel Hoffnung hege ich da kaum, geriert sich der NRZ-Chefredakteur in seinem Beitrag doch ansonsten wie ein religiöser Eiferer aus dem Mittelalter, der kübelweise aggressive Vorurteile über das sozialistische Cuba ausgießt. Da glänzt selbst der »L’Osservatore Romano« als amtliches Vatikan-Blatt mit mehr Sachlichkeit und journalistischer Distanz.
 
Den Tiefpunkt seiner Suade erreicht Herr O. bereits im zweiten Satz. Zum Treffen des von ihm bewunderten Papstes mit dem verhassten cubanischen Revolutionsführer Fidel Castro schreibt er: »Der Pontifex Maximus trifft mit der Resterampe des klassischen Kommunismus zusammen.«
 
Man braucht Herrn Castro nicht zu mögen, ja man kann ihm, wie Herr Oppers, auch feindlich gesinnt sein. Ihn jedoch als »Resterampe« zu titulieren, ist obszön. Als Mann des Wortes sollte der NRZ-Chefredakteur wissen, in welch gefährliche geistige Nähe er sich mit dieser widerlichen Metapher begibt. Literaturtipp: Victor Klemperer, »LTI - Lingua Tertii Imperii - Sprache des Dritten Reiches«
Karikatur: Kostas Koufogiorgos
Cartoon: Kostas Koufogiorgos

Fidel Castro: "Die schwierigen Zeiten für die Menschheit"
 
Die Welt ist in immer höherem Grade falsch informiert in dem Chaos von Ereignissen, die in einem auch nur jemals vermuteten Rhythmus aufeinander folgen.
Diejenigen, die wir schon ein paar Jahre länger leben und eine gewisse Begierde nach Information verspüren, können das Ausmaß an Unwissenheit bezeugen, mit dem wir den Ereignissen begegneten.
Während es einer zunehmenden Anzahl von Menschen auf dem Planeten an Wohnung, Brot, Wasser, Gesundheit, Bildung und Beschäftigung mangelt, werden die Reichtümer der Erde für Waffen und endlose brüdermörderische Kriege verschwendet und vergeudet, was immer mehr zu einer zunehmenden und abscheulichen Praxis auf der Welt geworden ist – und sich immer mehr abspielt.
Unser ruhmreiches und heldenhaftes Volk hat trotz einer unmenschlichen Blockade, die schon mehr als ein halbes Jahrhundert andauert, niemals aufgegeben; hat gegen das unheilvolle Imperium gekämpft und wird weiter kämpfen. Das ist ein geringfügiger Verdienst von uns und unser bescheidener Beitrag.
Auf der Gegenseite unseres Planeten, wo Seoul, die Hauptstadt von Südkorea, gelegen ist, nimmt Barack Obama an einem Gipfeltreffen für nukleare Sicherheit teil, um Politikrichtlinien bezüglich der Verfügung über und Verwendung von Atomwaffen aufzuerlegen.
Es handelt sich ohne Zweifel um außergewöhnliche Ereignisse.
Mir persönlich wurden diese Realitäten nicht einfach nur zufällig bewusst. Sondern es war aufgrund der über mehr als 15 Jahre seit dem kubanischen Revolutionssieg erlebten Erfahrungen – nach der Schlacht an der Schweinebucht, der kriminellen US-Blockade, um uns mittels Hunger zum Aufgeben zu zwingen; den Piratenangriffen, den schmutzigen Machenschaften und der Atomraketenkrise im Oktober 1962, die die Welt an den Rand einer grausamen Hekatombe brachte –, dass ich zu der Überzeugung gekommen bin, dass die aufrichtigen Marxisten und Christen, von denen ich viele kennen gelernt habe, unabhängig von ihrem jeweiligen politischen und religiösen Glauben um die Gerechtigkeit und den Frieden unter den Menschen kämpfen sollten und könnten.
So habe ich es verkündet und so verfechte ich es, ohne im Geringsten zu zögern, weiter. Die Gründe, die ich heute anführen kann, sind absolut gültig und jetzt noch wichtiger. Denn alle seit knapp 40 Jahren geschehenen Ereignisse bestätigen dies - heute mehr denn je. Denn Marxisten und Christen, sowohl Katholiken als andere; Muslims, Schiiten oder Sunniten; Freidenker, dialektische Materialisten und denkende Menschen, niemand von ihnen würde Befürworter dafür sein, unsere unwiederholbare denkende Gattung vorzeitig absterben zu sehen, in Erwartung dessen, dass die komplexen Evolutionsgesetze zur Entstehung einer anderen führen, die ihr ähnelt und zum Denken fähig wäre.
Sehr gern werde ich am morgigen Mittwoch Seine Exzellenz, Papst Benedikt XVI. grüßen, wie ich es mit Johannes Paul II. getan habe, einem Mann, bei dem der Kontakt zu Kindern und den einfachen Menschen der Bevölkerung unveränderlich Zuneigung hervorrief.
Deshalb habe ich ihn um einige Minuten seiner sehr mit Aktivitäten ausgefüllten Zeit gebeten, nachdem mir durch unseren Außenminister Bruno Rodríguez bekannt wurde, dass ihm dieser bescheidene und einfache Kontakt behagen würde. (PK)
 
Den NRZ-Beitrag von Herrn Oppers finden Sie unter http://www.derwesten.de/incoming/nicht-paepstlicher-als-der-papst-id6506660.html
 


Online-Flyer Nr. 347  vom 29.03.2012

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