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Lokales
Protest des "Kölner Runder Tisch für Integration" gegen Stadtratspolitik
Einsparungen im Bereich Interkulturelle Arbeit
Von Bernd Geiß und Konrad Gilges

Der Kölner Runde Tisch für Integration protestiert gegen die geplanten drastischen Einsparungen im Bereich Interkulturelle Arbeit im Haushaltsplan 2013/14 und fordert den Rat und den Oberbürgermeister der Stadt Köln auf, die vorgeschlagenen Haushaltskürzungen abzulehnen bzw. zurückzunehmen.               
 

Der Kölner Runde Tisch besucht Flüchtlinge
NRhZ-Archiv                                 
Der Rat der Stadt Köln hat vor zwei Jahren ein „Konzept zur Stärkung der integrativen Stadtgesellschaft“ (Integrationskonzept) beschlossen, an dem dreihundert Expertinnen und Experten zwei Jahre lang gearbeitet haben. Das Konzept soll die Zukunft und den sozialen Frieden der Stadt sichern, in der 30% der Bevölkerung einen Migrationshintergrund haben. Seit nunmehr zwei Jahren wird die Umsetzung des Konzepts durch konkrete Maßnahmen, die selbstverständ- lich auch Geld kosten und zusätzliches Personal erfordern, erwartet. 
 
Das Gegenteil ist aber der Fall. Die Stadtverwaltung schlägt im Haushaltsjahr 2013/2014 die Kürzung der Mittel des Interkulturellen Referats von 1,3 Millionen auf 450.000 Euro vor. Damit würden gewachsene Strukturen der Integrationsarbeit unwiderruflich zerstört. Auch könnten freie Träger ohne städtische Zuwendungen keine Refinanzierungsmittel mehr von dritter Seite rekrutieren.
 
Die zur Umsetzung des Integrationskonzepts eingesetzten Expertengruppen, die auch aus ehrenamtlich tätigen Expertinnen und Experten bestehen, haben ihren Arbeitsauftrag an die Stadt zurückgegeben, weil sie keine Ernsthaftigkeit und keinen politischen Willen mehr für eine Integrationsarbeit in Köln erkennen können. Angesichts der Sparvorschläge und der zu befürchtenden Konsequenzen habe die Weiterarbeit keinen Sinn mehr.
 
Das Land Nordrhein-Westfalen hat seit vergangenem Jahr ein Integrationsgesetz, welches kommunale Integrationszentren fördert. Die Stadt Köln war bisher leider nicht in der Lage, alle Voraussetzungen für die volle Förderung durch das Land zu erfüllen. Ihr sind deshalb Fördergelder entgangen.
 
Die Stadt Köln hat im Jahr 2007 die „Charta der Vielfalt der Unternehmen in Deutschland“ unterzeichnet, die dazu beitragen soll, Vielfalt anzuerkennen und wertzuschätzen sowie Vorurteile abzubauen.
 
Das Konzept der Charta der Vielfalt beruht auf einer amerikanischen Managementlehre, die besser unter dem Namen „Diversity“-Management bekannt ist. Sie wird vor allem in Wirtschaftsunternehmen angewendet, um die unterschiedlichen Potentiale der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (z.B. Migranten) zu nutzen und dadurch die Erfüllung der Unternehmensziele zu maximieren. Dieses Managementkonzept, welches vor allem auf Gewinn ausgerichtet ist, soll Beispiel für eine Querschnitts-Dienststelle in Köln werden (so Stadtdirektor Guido Kahlen), der auch die Aufgaben der Integrationspolitik zugeordnet werden sollen. Eine Kommune ist aber kein Wirtschaftsunternehmen und hat andere Ziele als Gewinnmaximierung.
 
Der Runde Tisch für Integration hält diese modern klingenden Überlegungen für eine Aktion, bei der die tatsächliche Auszehrung der Integrationsarbeit in Köln vernebelt werden soll.
 
Erfolgreiche Integrationspolitik erfordert Fachkenntnisse, Erfahrungen und Engagement des Personals, geeignete Verwaltungsstrukturen sowie ausreichende finanzielle Mittel zu Erreichung der Ziele. Diese sind im „Konzept zur Stärkung der integrativen Stadtgesellschaft“ genannt.
 
Der Runde Tisch fordert Rat und Verwaltung der Stadt Köln auf, die vorgeschlagenen Haushaltskürzungen abzulehnen bzw. zurückzunehmen, die Umsetzung des Integrationskonzepts zügig in Angriff zu nehmen und die angebotenen Fördermittel des Landes nicht weiterhin verfallen zu lassen. Danach besteht auch hoffentlich wieder eine Chance, dass die Expertengruppen ihre Arbeit wieder aufnehmen. (PK)
 
 
Konrad Gilges (* 13. Februar 1941 in Köln) machte nach dem Besuch der katholischen Volksschule bis 1959 eine Lehre zum Fliesenleger. Als anerkannter Kriegsdienstverweigerer musste er keinen Wehrdienst ableisten und arbeitete bis 1970 als Fliesenlegergeselle. Bereits 1960 war er der SPD beigetreten und arbeitete von 1970 bis 1973 als Jugendsekretär, anschließend bis 1979 als Bundesvorsitzender der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken. Von 1977 bis 1979 war er zudem Vorsitzender des Deutschen Bundesjugendringes. 1980 wurde Gilges in den Bundestag gewählt, dem er bis 2002 angehörte. Er wurde stets im Wahlkreis Köln III direkt gewählt. Als Mitglied der IG Bauen-Agrar-Umwelt wurde er im Jahr 1988 Vorsitzender des DGB-Kreises Köln, Leverkusen, Erft.
 
Bernd Geiß war über viele Jahre Referatsleiter im Arbeitsstab der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Er engagiert sich sehr für den Runden Tisch für Integration und fungiert als Vorstand des Fördervereins und hat sich insbesondere für das Integrationskonzept für die Stadt Köln stark gemacht. 2012 hatte er für den Runden Tisch die Auszeichnung des "Bündnis Demokratie und Toleranz" entgegengenommen.

Beide haben diesen Offenen Brief zusammen mit anderen Aktiven unterschrieben. 
 


Online-Flyer Nr. 400  vom 03.04.2013



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