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Lokales
Setzt Berlins Finanzsenator Nussbaum seine Wasserbetriebe-Geheimpolitik fort?
Vertrag mit Veolia weiter im Dunkeln
Von Peter Kleinert

Bis zum Erscheinen dieses Artikels ist der Vertrag, den Berlins Finanzsenator Ulrich Nussbaum mit dem Konzern Veolia abgeschlossen hat, nur einigen auserwählten Abgeordneten zugänglich. Nussbaum wurde am 19. Februar 2009 vom Regierenden Bürgermeister Wowereit (SPD) als Nachfolger von Thilo Sarrazin vorgestellt, gegen den seit August 2009 die Staatsanwaltschaft wegen Untreue ermittelt. Die in der jüngsten Plenardebatte geäußerte Vermutung, Nussbaum wolle nach dem Muster der Teilprivatisierung von 1999 verfahren, ist nur durch eine schnelle Veröffentlichung des Vertrags zu widerlegen.

Finanzsenator Ulrich Nussbaum
Quelle: Radio Bremen
 
Wie bekannt, wurde 1999 der Konsortialvertrag geheim gehalten, das Abgeordnetenhaus beriet nur über ein Gesetz zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe, das die Gewinngarantie für die privaten Anteilseigner nicht enthielt. Dieses Spiel wiederholte sich in der vergangenen Woche: am Montag wurde den Mitgliedern des Unterausschusses Vermögensverwaltung der Vertrag zugestellt, am Mittwoch fand die erste Beratung statt – unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wie für diesen Ausschuss typisch. Statt  über den Vertrag zu reden, mussten sich die Mitglieder des Abgeordnetenhauses am Donnerstag mit einem Gesetzentwurf („zur Sicherstellung der Finanzierung der vollständigen
Rekommunalisierung der Berlinwasser-Gruppe“) beschäftigen, der die Konditionen des Rückkaufs im Dunkeln lässt. Auch am heutigen Tag ist der Vertrag mit Veolia weiter geheim.

Durch einen Whistleblower hat die Initiative "Berliner Wassertisch" erfahren: Die Absicht des Finanzsenators, den Vertrag erst dann zu veröffentlichen, wenn ihn die lokale Regierungskoalition abgenickt hat, blieb im Vermögensausschuss unwidersprochen. Der Berliner Wassertisch fordert nun alle Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin auf, sich für eine umgehende Veröffentlichung des Vertrags mit Veolia einzusetzen.

Wassertisch-Sprecher Gerhard Seyfarth meint dazu: "Paragraph 1 des im Volksentscheid angenommenen Offenlegungsgesetzes verlangt, 'auch künftige Verträge' zwischen dem Land Berlin und den privaten Anteilseignern zu veröffentlichen. Es darf nicht sein, dass der Finanzsenator mit vertraulichen Informationen, die in die Öffentlichkeit gehören, Abgeordnete korrumpiert."

Im Übrigen ist festzustellen: Der geplante Rückkaufpreis für den 24,95 Prozent-Anteil von Veolia soll aus den Wasserbetrieben und nicht aus dem Landeshaushalt finanziert werden. Wirtschaft-Expertin Gerlinde Schermer übt scharfe Kritik an den Modalitäten der Rekommunalisierung: "Der Berliner Wassertisch hat in zahlreichen Stellungnahmen darauf verwiesen, dass der Rückkauf, wie damals der Verkauf, haushaltswirksam zu realisieren ist, da es sich beim Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe um eine nachhaltige Investition eines Betriebes der Daseinsvorsorge handelt, für den die sogenannte Schuldenbremse keine Gültigkeit hat".

Wassertisch-Sprecherin Ulrike von Wiesenau konstatiert: "Anders als beim Rückkauf der RWE-Anteile wurde der Vertrag zum Rückkauf der Veolia-Anteile bislang nicht veröffentlicht. Daher ist nicht auszuschliessen, dass die gesellschaftsrechtliche Vertragsstruktur, die damals bei Vertragsabschluss eigens zu Gunsten der Interessen der privaten Konzerne installiert wurde, bestehen bleibt".

Nach dem Senatsbeschluss vom 17. September zum vollständigen Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe war im Plenum des Abgeordnetenhauses am 27. September der nächste Schritt zum Rückkauf der Veolia-Anteile an den Berliner Wasserbetrieben vollzogen worden: die erste Lesung des Gesetzes „zur Sicherstellung der Finanzierung der vollständigen Rekommunalisierung der Berlinwasser-Gruppe“.

Zwei Anträge der Fraktion DIE LINKE bezüglich einer Senkung der Wasserpreise wurden dabei mit den Stimmen der CDU und der SPD abgelehnt. Gleichzeitig wurde ein Gesetz eingebracht, das die Voraussetzung für eine 100%ige Kreditfinanzierung des Rückkaufs der Veolia-Anteile an den Berliner Wasserbetrieben ist und damit einen Schattenhaushalt von 1.290 Mio. EUR schaffen soll. Ein weiterer Anstieg der Berliner Wasserpreise ist damit abzusehen. (PK)

Weitere Informationen über das Berliner Wasser im aktuellen Artikel
Richter: BWB-Argumentation "Rosinenpickerei"


Online-Flyer Nr. 426  vom 02.10.2013



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