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Lokales
Pro-Mosel fordert Offenlegung aller Vorgänge um den Bau der Hochmoselbrücke
Gericht weist Klage auf Informationszugang ab
Von Peter Kleinert

Das Trierer Verwaltungsgericht hat eine Klage der Bürgerinitiative Pro-Mosel auf Einsicht in die Prüfunterlagen zur Statik der seit 2011 im Bau befindlichen 160 Meter hohen Hochmoselbrücke in erster Instanz abgewiesen. Prinzipiell bestehe zwar ein Anspruch auf Einsicht in derartige Unterlagen, da sie amtlicher Natur seien, jedoch sei es nicht auszuschließen, dass diese schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der beteiligten Baufirmen enthielten. Pro-Mosel prüft nun den Gang in die Berufung.


Alle Bilder: http://www.pro-mosel.de/index.html
 
"Bei jedem demokratisch denkenden Menschen sollten hier die Alarmglocken läuten", so Georg Laska, Vorsitzender der Initiative Pro-Mosel. "Durch den Verweis auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse wurde das Recht auf Informationszugang komplett ausgehebelt. Was wir jetzt brauchen, ist eine wirksame Offenlegung der Vorgänge um den Bau des umstrittenen Hochmoselübergangs. Ansonsten kann in Deutschland zukünftig jedes größere Bauwerk ohne öffentliche Kontrollfunktion in die Landschaft gesetzt werden, um anschließend in den Schwarzbüchern der Rechnunghöfe bemängelt zu werden."
 
Wachsende Zahl offener Fragen
 
Die Zahl der offenen Fragen und Ungereimtheiten rund um das Bauprojekt wächst nach Darstellung der Bürgerinitiative stetig. Außer der Geheimhaltungstaktik in Bezug auf die Statik stehe auch hinter dem Verkehrsbedarf ein großes Fragezeichen. Die Verkehrsprognosen seien bereits vor 3 Jahren deutlich nach unten korrigiert worden. Mit dem "Sinkflug" des Flughafens Hahn sei eine weitere Korrektur längst überfällig, sodass die Bauwürdigkeit des Projekts spätestens jetzt in Frage gestellt sei.


 
Zu Verärgerung führt laut Mitteilung von Pro Mosel auch "die immer wieder vorgebrachte und längst widerlegte Behauptung, es werde eine europäische Verkehrsachse geschaffen, die von den Nordseehäfen ins Rhein-Main-Gebiet führe". Betrachte man die Entfernungen und die mit Hilfe von Routenplanern abgeschätzten Fahrtzeiten, stelle man mit Erstaunen fest, dass es sich durchweg um Umwegstrecken von einigen Minuten bis zu einer Dreiviertelstunde handele.
 
Ursprünglich für NATO-Stützpunkte geplant
 
Bei der seit Jahren von der Bürgerinitiative bekämpften Brücke handelt es sich um ein Projekt aus den 1960er Jahren, das ursprünglich der Verbindung von NATO-Stützpunkten dienen sollte. Aber auch die offizielle Begründung "Fernverbindung von den Nordseehäfen ins Rhein-Main-Gebiet" hat sich längst als unhaltbar erwiesen. Mit Hilfe heutiger Routenplaner lässt sich zeigen, dass die B50 neu mit Hochmoselübergang ein unattraktiver Umweg würde - mit einer Fahrtzeitverlängerung von bis zu 50 Minuten. Auch der Flughafen Hahn hat bei weitem nicht die Bedeutung, die im ursprünglich zugesprochen wurde. Er liegt weitab von jeder Großstadt.


 
Für die direkten Anwohner bringt die versprochene "Anbindung" tatsächlich eine Wertminderung ihrer Immobilien von ca. 20 bis 30 Prozent durch die zusätzliche Lärm- und Abgasbelastung seit dem Baubeginn im Jahr 2011, und anstatt der versprochenen "Entlastung des Moseltals vom Durchgangsverkehr" droht beispielsweise den Bewohnern des Urlaubsortes Lösnich im Landkreis Bernkastel-Wittlich nun statt der Entlastung eine zusätzliche Belastung um 4300 Fahrzeuge täglich. Die Kosten von Straßenverlegungen und Brückenbau werden inzwischen auf 375 Millionen Euro beziffert. Experten sprechen hinter vorgehaltener Hand jedoch bereits von einem Betrag oberhalb einer Milliarde Euro. Insbesondere die Tatsache, dass die 160 Meter hohen Pfeiler an einer geologischen Bruchkante gebaut werden sollen, hat bereits zu erheblichen Bauverzögerungen geführt und lässt weitere Kostensteigerungen erwarten.
 
Folgen für Tourismus und Weinanbau
 
Durch die überdimensionale Betonbrücke und die Durchschneidung der gesamten Moselschleife zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach wird sich das beliebte Naherholungsgebiet "Moselsporn", so befürchtet die Bürgerinitiative, "in eine Mondlandschaft" verwandeln. Massive Abgrabungen bis zu 15 Metern Tiefe gefährden den Wasserhaushalt der weltbekannten (viele sagen weltbesten) Riesling-Lagen zwischen Zeltingen und Bernkastel.
 
Offener Brief an Kanzlerin Angela Merkel
 
"Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
Die Moselregion, eine der berühmtesten Wein-Kulturlandschaften Deutschlands, steht zur Disposition: Soll eine riesenhafte Betonbrücke im 60er-Jahre-Stil ausgerechnet dort errichtet werden, wo die begehrtesten Moselweine wachsen? Es geht um das Mittelmoseltal zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach, dort befinden sich die Weinlagen "Ürziger Würzgarten", "Graacher Himmelreich", "Wehlener Sonnenuhr" und weitere. Sie als Bundeskanzlerin haben die Verantwortung für Deutschland; wie wichtig ist Ihnen der Erhalt einer Kulturlandschaft, die auf der ganzen Welt einzigartig ist? Die Menschen hier vor Ort, aber auch Weinkenner und Moselreisende aus der ganzen Welt appellieren an Sie, dies nicht zuzulassen. Straßenbau ist wichtig - doch er sollte zeitgemäß und weitsichtig sein. Ergreifen Sie Partei - helfen Sie der Moselregion! Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und möchten Sie an dieser Stelle ganz herzlich zu einem Besuch an der Mosel einladen!
Heide Weidemann, BUND."
 
Hinweis der Redaktion: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist mit über 460.000 Mitgliedern und Unterstützern der größte Umweltverband Deutschlands. Heide Weidemann ist BUND-Landesvorsitzende in Rheinland-Pfalz (PK)
 
Weitere Informationen: http://www.pro-mosel.de/index.html


Online-Flyer Nr. 434  vom 27.11.2013



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