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Literatur
Dieter Höss/Klaus Hansen „Ein Haiku kommt selten allein“
Hai- und ganz andere Kühe
Von Karl Feldkamp

Bis auf einen asiatischen Wasserbüffel findet sich auf den Fotos dieses Lyrik-Bild-Bandes im ungewöhnlichen DIN C 6-Format nicht ein Rindvieh. Und den Haikus von Dieter Höss fehlt das „h“, das die Rechtschreibung einem deutschen Rindvieh abverlangt. Allerdings kann er sich „Die Kühe im Stall“ nicht gänzlich verkneifen. Und während die im Stall bleiben müssen, wird „Das Weidengrün, überdüngt/für die Touristen.“

Titelseite
Foto: Klaus Hansen
 
Der satirisch-humorvolle Verseschmied Höss aus Köln – eher durch satirische Gedichte im Simplicissimus und durch Limericks bekannt - und der weltreisende Bergisch Gladbacher Fotograf Klaus Hansen haben dem japanischen Kurzgedicht einen überaus lustvollen Dienst erwiesen. Fernab jener gelegentlich in Deutschland absichtsvoll kontemplativ romantischen Art Haikus zu schreiben, stehen beim Autor wie beim Fotografen gekonnter Wort- und Bildwitz im Vordergrund – gelegentlich fast albern, aber nie ohne Hintersinn.
 
In der japanischen Lyrik schildern Haikus zeitlos – ausgehend von einer bestimmten Jahreszeit – das Verhältnis zwischen Mensch und Natur. Und das jeweils immer ganz streng in drei Zeilen, in der ersten Zeile mit 5, in der zweiten mit 7 und in der dritten wiederum mit 5 Silben.
 
In „Ein Haiku kommt selten allein“ geht es um Vieles, um Dichter und Denker, Komponisten, Urschrei, Kuppelei, Stammtischwitze sowie Menschliches, allzu Menschliches. Alphabetisch beginnt es bei Abteiku und endet bei Zauberei- und Zeyku. Und das alles stets in jener unvermeidlichen Abfolge von Zeilen und Silben. Zwischendrin beim „Meutereiku“ - auch streng der Form gehorchend - erschallt dramatisch „Der Ruf: In den Mast!/Geschlossen meldet die Crew/sind nicht schwindelfrei.“
 
Selbstverständlich darf bei so vielen, der eigentlichen Art des Haikus entfremdeten Inhalten ein Kuckuckseiku keinesfalls fehlen. Es wirft die in der Weltgeschichte noch unbeantwortete Frage auf „Wer hat Kolumbus/den wildfremden Kontinent/untergeschoben?“ Und immer gehört ein Foto dazu. Hier auf der Seite 18 neben dem Text nutzte eine junge Frau mit lebendigster Mimik den Schlaf eines Straßenhändlers, sich lachend unter leblose Steropur-Schaufensterpuppen zu mischen.

"Ein Haiku kommt selten allein" Seite 18
Foto: Klaus Hansen
 
Selbst das Ruhrgebiet wird in dem Lyrik-Bildband nicht vernachlässigt. Im Wanne-Eiku wird es sogar romantisch wie in einem ähnlich lautenden Hit vergangener Schlagermusik: „Nichts ist so hässlich, /dass es nicht heimelig wird, /wenn der Mond aufgeht.“ Und das Foto des mit Kratern übersäten Vollmondes hat der Fotograf selbstverständlich dazu geliefert.
 
Falls es dem zukünftigen Leser nicht aufgegangen sein sollte, warum das letzte Gedicht des Bandes Zeyku heißt, findet er unter mancherlei Erläuterungen den Hinweis. „René Zey, deutscher Kinder- und Sachbuchautor“. Und wer jetzt noch den Zaubereiku entzaubern möchte, wird lesen können: „Sein teurer Schlitten/hat mehr Zylinder als er/Karnickel im Hut.“
 
Ein kleiner, aber feiner Lyrik-Bild-Band, der sich bestens in gemütlicher Runde vorlesen lässt und garantiert, dass frau/man die Lacher auf ihrer Seite haben. Und die in aller Welt geschossenen Fotos lassen sich dazu bestens vorzeigen. (PK)
 
Dieter Höss (Verse), Klaus Hansen (Fotos), "Ein Haiku kommt selten allein", Köln/Bergisch Gladbach, 2014, 60 Seiten, € 6,80
Der Band kann bestellt werden bei: Dieter Höss, Marsdorfer Str. 58 – 60, 50858 Köln


Online-Flyer Nr. 455  vom 23.04.2014



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