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Inland
Merkel sagt Rumäniens künftigem Präsidenten ihre Unterstützung zu
"Etwas deutscher regiert werden"
Von Hans Georg

Deutschland wird seine Einflussnahme auf Rumänien unter dessen designiertem Staatspräsidenten Klaus Johannis deutlich intensivieren. Dies bestätigen Aussagen eines Regierungssprechers. Demnach hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch vergangener Woche Johannis explizit "ihre Unterstützung" bei der "Stärkung der europäischen Ausrichtung Rumäniens" zugesagt und mit ihm vereinbart, sich "zukünftig zu zentralen außenpolitischen Fragen abzustimmen". Dies betrifft insbesondere die Politik gegenüber Russland.
 

Zum Staatspräsidenten gewählt:
Klaus Johannis im Interview
Quelle: Wikipedia/Video,
Hot News Romania
Hatten der scheidende Staatsprä-sident Traian Băsescu als US-nah, der Verlierer der Präsidentenwahl vom vergangenen Sonntag, Victor Ponta, hingegen als eher russlandorientiert gegolten, so wird Klaus Johannis, ein langjähriger Funktionär der "Rumänien-deutschen", als klar prodeutsch eingestuft. Er ist mit guten Kontakten in die Berliner Regierungsbürokratien sowie zur deutschen Wirtschaft ausgestattet und rühmt sich, schon seit längerem Beziehungen zu Kanzlerin Merkel persönlich zu unterhalten. Die neue Konstellation erlaubt es Berlin, den nationalen Zugriff auf Südosteuropa spürbar zu stärken.
 
Deutsche Tugenden
 
Bereits zu Beginn vergangener Woche hatten Politik und Medien in Deutschland die Wahl von Klaus Johannis zum neuen Staatspräsidenten Rumäniens euphorisch begrüßt. Sein überraschender Wahlsieg sei auf sein Image als "Saubermann" jenseits korrupter Polit-Seilschaften zurückzuführen, hieß es weithin; dabei sei dieses Image ein direkter Ausfluss angeblicher deutscher Sekundärtugenden. So ließ sich etwa der in Rumänien geborene CSU-Bundestagsabgeordnete Bernd Fabritius mit den Worten zitieren: "Wir Siebenbürger Sachsen können mit Recht stolz sein, dass sich unser Landsmann Klaus Johannis mit den uns auszeichnenden Tugenden Zuverlässigkeit, Nicht-Korrumpierbarkeit, Leistungsbereitschaft und Zielstrebigkeit durchgesetzt hat".[1] Führende deutsche Tageszeitungen schrieben, "den Deutschen" eile "in Rumänien der Ruf voraus, besonders arbeitsam, ehrlich und kompetent zu sein" [2]; Johannis stehe "für deutsche 'Korrektheit'" [3]. "Die Wähler" in Rumänien schätzten "'deutsche Tugenden' wie Fleiß und Rechtschaffenheit" [4], hieß es exemplarisch in einer größeren Regionalzeitung. Der CSU-Mann Fabritius sagte voraus: "Die deutschen Tugenden, für die Klaus Johannis steht, werden Rumänien verändern."[5]
 
Eine eingeschworene Gemeinschaft
 
Berlin beginnt nun umgehend, Johannis' überaus enge Bindungen an Deutschland zur politischen Einflussnahme zu nutzen. Johannis, der in der Bundesrepublik umstandslos als "Deutscher" [6] bezeichnet wird, hielt während seiner Amtszeit als Vorsitzender des "Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien" (2002 bis 2013) - einem Zusammenschluss der deutschsprachigen Minderheit - Kontakt zum Bundesinnenministerium, teils vermittelt über die "Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten" in der "Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen" (FUEV) (german-foreign-policy.com berichtete [7]). Solide Beziehungen hat er zudem in den "Bund der Vertriebenen" (BdV), dem unter anderem der "Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland" angehört; dessen seit 2007 amtierender Vorsitzender Bernd Fabritius wurde vor einigen Tagen zum BdV-Präsidenten gewählt. Fabritius äußert über seine Beziehungen zu Johannis: "Wir kennen uns sehr, sehr gut, und das seit Jahrzehnten. Wir waren zusammen auf derselben Schule, dem Brukenthal-Gymnasium in Hermannstadt. Wir Brukenthaler sind eine eingeschworene Gemeinschaft."[8] Johannis, der im Jahr 2010 die BdV-"Ehrenplakette" erhalten hat - für seine "Verdienste um die Völkerverständigung als Brückenbauer in einem zusammenwachsenden Europa" -, hat während seiner Amtszeit als Bürgermeister von Sibiu ("Hermannstadt") auch gute Verbindungen zu deutschen Firmen aufgebaut, die Produktionsstätten in oder bei Sibiu unterhalten.
 
Eine besondere Beziehung
 
Darüber hinaus erklärt Johannis, er verfüge bereits seit geraumer Zeit über Kontakte sogar zu Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Wir kennen uns persönlich", gab er kürzlich zu Protokoll und rühmte eine "besondere Note unserer Beziehung".[9] Er wird mit der Aussage zitiert, Rumänien profitiere "in besonderem Maße von deutschen Investitionen"; es sei "wichtig, die bilateralen Beziehungen zu Deutschland, der größten Wirtschaftsmacht Europas, auch künftig zu pflegen". Entsprechend hat die deutsche Kanzlerin Johannis ganz offen unterstützt. "Ich wünsche Ihnen viel Entschlossenheit und Energie und hoffe auf Ihren ... Erfolg", heißt es in einem auf den 28. Oktober datierten Schreiben, das - lediglich wenige Tage vor der ersten Runde der Präsidentenwahl - "mit freundlichen Grüßen, Dr. Angela Merkel" unterzeichnet ist.[10] Es wurde unmittelbar vor der Stichwahl am Sonntag vergangener Woche publiziert. Am Mittwoch danach hat die Bundeskanzlerin Johannis telefonisch gratuliert und die ersten deutschen Ansprüche angemeldet. Merkel habe "die Auffassung" geäußert, "dass das klare Wählervotum für Johannis Ausdruck des Wunsches nach einer Stärkung der europäischen Ausrichtung Rumäniens" sei - dies "insbesondere im Bereich Rechtsstaatlichkeit und Transparenz" -, und sie habe dem künftigen rumänischen Staatspräsidenten diesbezüglich "ihre Unterstützung" zugesichert, teilte ein Regierungssprecher mit.
 
Weder Moskau noch Washington
 
Wie der Sprecher weiter berichtet, haben Merkel und Johannis sich bereits "über die aktuelle Lage in der Ukraine und der Republik Moldau" ausgetauscht - beide Länder sind vom Konflikt zwischen dem Westen und Russland unmittelbar betroffen - und vereinbart, "sich auch zukünftig zu zentralen außenpolitischen Fragen abzustimmen". Damit sichert sich Berlin Bukarests unbedingte Loyalität im Machtkampf mit Moskau. Johannis' Gegenkandidat Victor Ponta hingegen hatte für die Zukunft eine engere Kooperation mit Russland in Betracht gezogen und galt in Berlin als nicht zuverlässig. Dem scheidenden Staatspräsidenten Traian Băsescu wiederum wurden enge Bindungen an die Vereinigten Staaten nachgesagt. Mit Johannis' Amtsantritt werde "das Verhältnis zu Deutschland und zur EU" nun "viel besser werden", kündigt BdV-Präsident Fabritius an.[11]
 
Deutschland nachahmen
 
Darüber hinaus nutzt Berlin Johannis' Sieg, um das insbesondere in Südeuropa durch die deutschen Spardiktate ramponierte Ansehen der Bundesrepublik aufzupolieren. Unter Bezug auf Johannis' vielzitiertes Image, er gehöre nicht den korrupten Polit-Seilschaften der rumänischen Hauptstadt an, hatte Bundeskanzlerin Merkel bereits in ihrem Brief vom 28. Oktober erklärt: "Die rumänischen Bürger finden in Ihrer Kandidatur eine Summe von Tugenden, die in Europa besonders geschätzt werden".[12] Dies wird nun medial aufgenommen. "Deutschland genießt einen guten Ruf" bei den Rumänen, "anders als in Griechenland oder Italien ist Kanzlerin Merkel bei ihnen populär. Sie verteufeln Deutschland nicht, sie möchten es lieber nachahmen", heißt es etwa.[13] Dass "Angela Merkel Johannis' Kandidatur unterstützte, so wie andere deutsche CDU-Politiker, das schien den rumänischen Wahlbürgern ganz entschieden zu gefallen", heißt es andernorts: "Auch wenn man in Griechenland öfter mal gegen Merkels 'Spardiktate' demonstriert, in Rumänien hätten die Bürger nichts dagegen, etwas deutscher regiert zu werden."[14] Die mit angeblichen deutschen Tugenden operierende PR-Kampagne überdeckt den immer unmittelbareren machtpolitischen Zugriff Berlins. (PK)
 
 
[1] Verband gratuliert Klaus Johannis zum Wahlsieg. www.siebenbuerger.de 19.11.2014.
[2] Karl-Peter Schwarz: Bürgerpräsident. Frankfurter Allgemeine Zeitung 18.11.2014.
[3] Boris Kálnoky: Rumäniendeutscher Johannis wird neuer Staatschef. www.welt.de 17.11.2014.
[4] Rudolf Gruber: Klaus Johannis... wird Präsident von Rumänien. www.rp-online.de 18.11.2014.
[5] Karsten Kammholz: "Deutsche Tugenden werden Rumänien verändern". www.welt.de 17.11.2014.
[6] Thomas Schmid: Der Quereinsteiger. www.berliner-zeitung.de 22.10.2014.
[7] S. dazu Beziehungen pflegen und Das "Deutschtum" als Brücke.
[8] Karsten Kammholz: "Deutsche Tugenden werden Rumänien verändern". www.welt.de 17.11.2014.
[9], [10] Deutsche Bundeskanzlerin unterstützt Klaus Johannis. www.siebenbuerger.de 14.11.2014.
[11] Karsten Kammholz: "Deutsche Tugenden werden Rumänien verändern". www.welt.de 17.11.2014.
[12] Deutsche Bundeskanzlerin unterstützt Klaus Johannis. www.siebenbuerger.de 14.11.2014.
[13] Karl-Peter Schwarz: Präsident Johannis. Frankfurter Allgemeine Zeitung 18.11.2014.
[14] Boris Kálnoky: Rumäniendeutscher Johannis wird neuer Staatschef. www.welt.de 17.11.2014.
 
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58999
 


Online-Flyer Nr. 486  vom 26.11.2014



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