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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Inland
Richter und Staatsanwältin vor dem Amtsgericht Cuxhaven
Prozess gegen einen Richter im Ruhestand
Von Walter Rademacher

Am 25. März wurde die Verhandlung gegen den angeschuldigten Richter im Ruhestand Günter Plath geführt, allen absoluten und nicht heilbaren Verfahrenshindernissen zum Trotz und unter äußerst dubiosen Umständen. (*) Das Verfahren gegen Ingmar Vetter, der gemeinsam angeklagt war, wurde eingangs abgetrennt, weil dieser nicht erschienen war. Es wurde aber nicht an ein anderes Gericht verwiesen, weil das Verfahren offenbar unbedingt genau hier vom Richter am Amtsgericht (RiAG) Redlin durchgezogen werden soll und nirgends anders. Zuvor hatte RiAG Redlin gegen beide Angeschuldigte am 9. März einen Haft- und Vorführbefehl erlassen, was jedoch wegen absoluter Verfahrenshindernisse gar nicht hätte geschehen dürfen. Der Umgang mit diesen Verfahrenshindernissen in der Verhandlung bestätigt den Eindruck, dass der Haft- und Vorführbefehl tatsächlich nichtig war – mit allen sich daraus ergebenden Folgen und Konsequenzen.


Beratungsgeheimnis
(C) für alle Karikaturen: Grundrechtepartei
 
Die Verhandlung wurde nur von einem Zuhörer als Öffentlichkeit beobachtet. Daneben waren zwei Justizbeamte mit Handschellen und anfangs noch zwei Polizeibeamte anwesend. Der angeschuldigte Richter i.R. Plath war am 24.3.2015 in den Abendstunden von der Polizei Cuxhaven aufgegriffen, festgenommen und in die JVA Bremervörde gebracht worden. Von dort wurde er am 25.3.2015 zum Termin 9.15 h in das Amtsgericht Cuxhaven geholt. Die Polizeibeamten versagten Plath nach dessen Angabe, bei der Verhaftung seine Akte zu holen, mit der Begründung, dafür wäre „keine Zeit“, denn sie hätten es eilig. Die Vereitelung des Rechts auf angemessene Verteidigung hätten die Beamten als unzulässig und damit als schwerwiegenden Mangel erkennen müssen, doch sie missachteten die Rechte des Angeklagten – ob aus eigenem Willen, blieb unklar.


Richter und Grundgesetz
 
Der Verhandlungsbeginn wurde von 9.15 Uhr auf 9.30 Uhr verschoben, weil der Zeuge Hettwer noch nicht eingetroffen war. Die Zeit vor Verhandlungsbeginn vertrieben sich Richter Redlin und die Staatsanwältin Dr. Reitemeyer mit einer Unterhaltung über einen laufenden Drogenprozess gegen vier vor dem Landgericht Stade Angeklagte, wobei sie sich näher über die Taktik unterhielten, die Angeklagten auseinander zu dividieren. Es wurden also in der Öffentlichkeit Interna über ein Verfahren „getratscht“, die jedem Leser der Lokalpresse die Zuordnung ermöglichten.
 
In der Verhandlung fiel als Erstes auf, dass als Wohnort des Angeklagten Altenbruch im Amtsgerichtsbezirk Cuxhaven genannt wurde, Plath jedoch schon länger in Otterndorf im Amtsgerichtsbezirk Otterndorf wohnt. Damit war auch kein Tatort im Amtsgerichtsbezirk Cuxhaven vorhanden und die Zuständigkeit des AG Cuxhaven grundsätzlich fraglich. Die Zuständigkeit hätte nun umgehend vorweg geklärt werden müssen, bevor überhaupt weiter verhandelt wurde. Richter Redlin überging die Frage seiner Zuständigkeit eilfertig und zielstrebig.
 
Die Verlesung der Anklageschrift offenbarte, dass darin Tatbestände behauptet wurden, die nicht zutreffend sind. Konstruierte Tatbestände also? So wurde z. B. verlesen, „er (der Angeklagte Plath) hat (in seiner Strafanzeige) behauptet, dass“ bestimmte Taten begangen worden sind. Tatsächlich aber waren die Texte der Anzeigen völlig normal und korrekt abgefasst, indem stets nur ein Verdacht geäußert worden war. Die Äußerung eines Verdachts ist aber elementarer Bestandteil einer korrekten Strafanzeige, denn sie muss den Verstoß gegen eine bestimmte gesetzliche Vorschrift in Verdachtsform konkretisieren. Doch die Diskrepanz zwischen dem Text der Strafanzeige in Verdachtsform und dem der Anklageschrift, der die Behauptung von Taten unterstellte, wurde in der gesamten zweistündigen Verhandlung nicht thematisiert. Auf genau diese Feinheiten kommt es aber bei in Frage stehenden Verleumdungen oder Beleidigungen exakt an: Wurde etwas behauptet oder nur ein begründeter Verdacht geäußert?
 
In der Sitzung machte Plath von Anfang an und durchgängig den Eindruck, dass er seine Rechte nicht konsequent in Anspruch nahm, seine Fähigkeiten nicht einsetzte und seine Möglichkeiten nicht nutzte. Das Sprechen fiel ihm schon nach kurzer Zeit sichtbar schwer und er bat um ein Glas Wasser, das der Richter Redlin persönlich holte und ihm servierte ohne die Verhandlung förmlich zu unterbrechen.
 
Der Dreh- und Angelpunkt in diesem Verfahren ist und bleibt die Frage, ob gegen Plaths Mandanten Lenniger bereits ein rechtkräftiges Urteil vorlag. Hintergrund sind die Anzeigen von Plath als Prozessbevollmächtigtem u.a. wegen Vollstreckung gegen Unschuldige. Solange also gegen seinen Mandanten Lenniger kein rechtskräftiges Urteil vorliegt, darf es auch nicht gegen diesen vollstreckt werden. Doch diese Vollstreckung hat stattgefunden, obwohl niemand ein rechtskräftiges Urteil vorgelegt hat, und eben aus diesem Grunde hatte Plath die Strafanzeige erstattet, aus der ihm hier nun der Strick gedreht werden sollte.
 
Richter Redlin kam bei dieser Frage nach dem rechtskräftigen Urteil merklich ins Schwimmen. Er flüchtete sich beim Blättern in seinen Akten dahin, dass er es so sehen würde, dass ein rechtskräftiges Urteil vorliegen würde, auch wenn er nur eine verschwommene Kopie hätte. Unklarheit bestand auch darüber, ob das von Richter und Staatsanwaltschaft behauptete rechtskräftige Urteil das des AG Otterndorf oder das des LG Stade wäre. Allein diese Unklarheit spricht dafür, dass es tatsächlich kein rechtskräftiges Urteil gibt, denn es kann in dieser Sache nur ein Urteil geben und dieses muss rechtskräftig sein. Trotz aller Ermittlungen im Vorfeld konnten weder Staatsanwaltschaft noch Richter Redlin ein zweifelsfrei rechtskräftiges Urteil vorlegen und waren erkennbar bemüht, irgendetwas zu finden, was man als solches verkaufen konnte. Richter Redlin hätte der Staatsanwaltschaft und dem Angeklagten unmittelbar am Richtertisch das rechtskräftige Urteil von sich aus zeigen müssen, um diese zentrale Frage zweifelsfrei zu klären und überhaupt weiter verhandeln zu können. Er tat es nicht und ein entsprechender Beweisantrag wurde auch nicht gestellt.
 
Die Verhandlung war hier erneut an einem Punkt angekommen, an dem mit einem Fakt alles steht oder fällt, je nach tatsächlicher Sachlage. Die Vollstreckung eines nicht rechtskräftigen Strafurteils ist als Vollstreckung gegen Unschuldige strafbar und eine entsprechende Strafanzeige daher sehr wohl begründet. Anstelle eines klaren Beweises wurde ein Verwirrspiel inszeniert, hinter dem sich die Fakten völlig verflüchtigten. Der klare Beweis, ob die Strafanzeige wegen Vollstreckung gegen Unschuldige gerechtfertigt war oder nicht, wurde nicht erbracht – doch es wurde trotzdem weiter verhandelt.
 
Plath beantragte nach der Verlesung der Anklageschrift aus zwei Gründen die sofortige Einstellung des Verfahrens, weil
1.     die Anklage von einem „Staatsanwalt“ unterzeichnet worden sei, der keinen Beamteneid abgelegt hat. Kein Staatsanwalt, keine Anklage, kein Verfahren, fasste er zusammen.
2.     ihm kein rechtliches Gehör gewährt worden sei. Er hätte trotz Antrag die Gerichtsakte bisher nicht einsehen können. Auch dies sei ein schwerer nicht heilbarer Verfahrensmangel.
Auf den ersten Antrag ging der Richter zunächst inhaltlich nicht ein, auf den zweiten entgegnete er, dass es nach StPO § 147 nicht vorgesehen sei, Angeklagte die gesamten Prozessakten einsehen zu lassen, sondern nur deren Prozessbevollmächtigten. Angeklagten bräuchte man hingegen lediglich Auszüge zukommen lassen. Plath berief sich auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), doch der Richter behauptete, dass hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden sei. Unbestrittene und zweifelsfreie Tatsache ist jedenfalls, dass Plath keinerlei Akteneinsicht gewährt worden war und auch keine Teile der Akte zur Verfügung gestellt worden waren. Auch wurde er nur telefonisch mit dem Tatvorwurf konfrontiert. Das alles dürfte weder den Vorschriften der StPO noch der EMRK genügen.(siehe Erläuterung **)


Staatsanwaltze
 
Plath führte weiter aus, dass er keine weiteren Einlassungen machen würde, allein schon deshalb, weil er die Akten nicht hätte einsehen können. Doch ließ er sich in der Begründung von der als „Staatsanwältin“ ohne geleisteten Beamteneid erschienenen Frau Dr. Reitemeyer in ein Frage-Antwort-Spiel verwickeln. Als er dies bemerkte und feststellte, dass dies nur die Begründung seines Antrags gewesen wäre, aber keine Einlassung darstellen würde, wurde er von RiAG Redlin scharf zurechtgewiesen, der dann sogar drohte, „ich kann Ihnen das Wasser auch wieder wegnehmen, dann ist Ruhe“.
 
Unter diesem Druck wurde die Verhandlung fortgeführt. Ohne formal über die vorab gestellten grundsätzlichen verfahrensrechtlichen Anträge zu entscheiden und ohne formalen Übergang war man in die Beweisaufnahme eingetreten. Erst in der Urteilsbegründung ging Richter Redlin auf diese vorab gestellten und vorab entschieden werden müssenden Anträge ein.
 
Das Akteneinsichtsrecht wurde Plath auch im Gerichtsaal ausdrücklich verwehrt. Damit wurden ihm als Angeklagten selbst die Minimalverteidigungsrechte gemäß Art. 6 EMRK vorenthalten. Er hatte zudem in der Verhandlung nicht einmal seine eigene Handakte (Verteidigerakte) zur Verfügung und bis zur Verurteilung keinen Einblick in die Gerichtsakte oder Teile davon gehabt.


Schandgericht
 
Der Zeuge Hettwer, der Plaths Anzeigen gegen seine Polizeikollegen disziplinarisch zu prüfen hatte, gab von sich aus an, diese Anzeigen und die zugehörigen Anlagen nur teilweise gelesen zu haben. Den Rest hätte er zwar gescannt, aber ungelesen zurück geschickt. Es wäre zu umfangreich gewesen und die Texte wären zudem schwer lesbar gewesen. So blieb offen, was er tatsächlich gelesen und verstanden hatte, und ob er überhaupt die wesentlichen Vorwürfe kannte und geprüft hat. Dennoch kam er zu dem Schluss, die Kollegen hätten korrekt gehandelt und sich nicht schuldig gemacht.
 
Dass z. B. die an der Vollstreckung beteiligten  und angezeigten Beamten sowie deren Vorgesetzter konkrete Beweise dafür erhalten hatten, dass sie sich mit der Vollstreckung strafbar machen würden, wurde in Abrede gestellt. Man könne über die Rechtmäßigkeit streiten, aber die Beamten hätten ihre Befehle auszuführen, sagte Richter Redlin. Auf die Pflichten des Beamten aus dem Beamtenrecht ging er nicht ein. Die dort u.a. verankerte Pflicht des Beamten zur Prüfung der Rechtmäßigkeit seines Handelns sowie seine Remonstrationspflicht ließ Richter Redlin unerwähnt. Anstelle dessen hieß es: Befehl und Gehorsam!
 
Gemeinsam wirken alle Umstände so konstruiert und manipuliert, dass die Anklage in eine Verurteilung münden musste. Richter i.R. Günter Plath wurde nach zweistündiger Verhandlung zu 70 Tagessätzen á 90,- Euro verurteilt, womit der Richter noch über die geforderten 70 Tagessätze á 50,- Euro hinausging. Zuvor hatte Staatsanwältin Frau Dr. Reitemeyer noch betont, dass immer mehr Menschen in die seit über 20 Jahre währenden Streitigkeiten im Fall Lenniger hineingezogen werden würden und daher nun endlich ein Schlussstrich gezogen werden müsse. Damit deutete sich ein Strafmaß mit Abschreckungswirkung an.
 
In der Urteilsbegründung ging Richter Redlin auf die eingangs von Plath gestellten verfahrensrechtlichen beiden Anträge ein. Dass die Staatsanwälte nicht den Beamteneid (Exekutive) geleistet haben, sondern den Richtereid (Judikative) „Ich schwöre, das Richteramt … auszuüben und … zu urteilen“, hielt er für unerheblich. Seiner „Meinung nach“, so wörtlich, wäre kein erneuter Eid erforderlich. Das würde bedeuten, dass es völlig egal ist, welchen Eid jemand im öffentlichen Dienst leistet. Rechtsquellen nannte er nicht. Wie denn auch, es gibt für diese „Meinung“ keine Rechtsquellen. Mit gleicher Arroganz wurden das versäumte rechtliche Gehör und das Akteneinsichtsrecht vor Anklageerhebung vom Tisch gewischt, ohne dass er dies näher begründete.
 
Die vollstreckenden Beamten an der Haustür von Plaths Mandanten Lenniger hätten einen Befehl gehabt. Plath hätte sofort erkennen müssen, dass „da nichts dran ist“. Die Strafanzeigen gegen die vollstreckenden Beamten bezeichnete er als „schwer lesbare“ Eingaben. „Diese Eingaben sind Quatsch“, so Richter Redlin wörtlich.
 
Verhältnisse also, die man in Deutschland nach 1945 nicht erwartet hätte. Zusammengefasst heißt das hier: Ein räumlich nicht zuständiges Gericht in einer unzulässigen Besetzung von kraft Gesetzes ausgeschlossenen Personen verhandelt und urteilt pro domo ohne das zuvor im Ermittlungsverfahren zu gewährende rechtliche Gehör aufgrund unklarer Ermittlungen auf der Basis von Straftaten, denen es an der Erfüllung ihrer Tatbestandsmerkmale mangelt, ohne Akteneinsicht gegen einen Angeklagten, dem man zu guter Letzt sogar die eigenen Prozessunterlagen vorenthalten hat auf der Basis einer Anklageschrift, die null und nichtig ist. Dass daran „Staatsanwälte“ beteiligt waren, die nicht den erforderlichen den Beamteneid geleistet hatten, kommt obendrein noch hinzu.
 
Hier sollen die Verfassungsbrüche und schweren Straftaten von Amtsträgern verschleiert werden, damit „der Laden“ zum eigenen Vorteil weiter läuft. Mit der Verhaftung und dem Umgang mit ihm wurde der Richter i.R. Plath durch Androhung und Anwendung psychischer und physischer Gewalt quasi zum willenlosen Objekt gemacht. Der Richter i.R. Günter Plath ist immerhin 75 Jahre alt und weiß als Richter i.R., was verfassungsrechtlich und gesetzlich geht und was nicht. Das soll hier alles eliminiert werden, um den Status quo versus Grundgesetz und EMRK weiter aufrecht zu erhalten im Geiste der braunen Brut und ihres längst untergegangenen kodifizierten Rechts.
 
Diese Verhandlung vermittelte insgesamt den Eindruck, als wenn ihr Ausgang vorher feststand. Richter Redlin und Frau Dr. Reitemeyer von der Staatsanwaltschaft spielten sich die Bälle gegenseitig zu und verfolgten offenkundig ein gemeinsames Ziel, genau wie in den vorangegangenen Verhandlungen gegen Lenniger. Alle formalen Verfahrenshindernisse sowie entlastende Umstände wurden negiert. Der rote Faden war die gemeinsame Erschaffung eines nach außen plausibel erscheinenden Konstrukts als Grundlage für eine Verurteilung.
 
Hier wurde das durchgezogen, was Wolfhard Meindl von der zuständigen Staatsanwaltschaft im parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Fall Mollath ausgeführt hat: "Ein guter Jurist kann alles in jede Richtung schreiben", sagte Meindl vor dem Ausschuss. "Sie können Unschuldige hinter Gitter bringen, einen Schuldigen freisprechen." (Nachzulesen im Spiegel 27/2014 27.06.2014)
 
Mit dem Vorwurf der Verleumdung und Beleidigung kann man sich also als verdächtiger Richter, Staatsanwalt, Gerichtsvollzieher oder Polizeibeamter seine Opfer vom Leibe halten, und genau das wurde hier der Gerichtsöffentlichkeit vorgeführt. Diese Art, ein Verfahren zu führen, kann jeden unweigerlich zum Opfer machen, wenn sich Richter nicht an das Gesetz gebunden sehen, wie es ihr Eid und das Grundgesetz eigentlich bindend vorschreiben. Hier ging es nicht um die Klärung der tatsächlichen Schuldfrage, sondern allein um Selbstschutz von Amtsträgern – zu Lasten anderer. Wer sagt und schreibt, was diese Leute tun, den werden sie kraft der Macht ihrer Ämter verfolgen, auch bis zur Vernichtung.
 
Da sich nun in diesem Fall einige Opfer dieser Machenschaften in der Grundrechtepartei organisiert haben und in ihren Parteiämtern tätig sind, bedeutet diese Art von Strafverfolgung zugleich die politische Verfolgung der Grundrechtepartei. Wer sich in Deutschland gegen die Repressionen gegen Blogger, Journalisten und Bürgerrechtler in anderen Ländern wendet, sollte spätestens jetzt die Augen öffnen für das, was im eigenen Land abläuft.(PK)

(*) Siehe NRhZ 503 vom 29.3. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21444 Politische Geheimjustiz wie zu Roland Freislers Zeiten gegen einen Richter i.R. - Hauptverhandlung in Cuxhaven am 25. März
(**) So hätte das rechtliche Gehör gemäß § 147 StPO gewährt werden müssen, denn: Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) hat bereits 1998 entschieden:
“It is necessary in the present case to ascertain whether the fact that Mr Foucher was denied access to his criminal file … it constituted a violation of Article 6 para. 1 of the Convention taken together with Article 6 para. 3 (art. 6-3+6-1)”.
Die Übersetzung lautet:
„Der Gerichtshof entschied 1997 einstimmig, dass es eine Verletzung der Rechte des Beschuldigten auf faires Verfahren und Verteidigung durch sich selbst gem. Art. 6 I, III EMRK darstellt, wenn der Beschuldigte keinen Zugang zu den Verfahrensakten hat, um sich gegen die Anklage zu verteidigen.“
(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.
(2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile sowie die Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisgegenständen versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Liegen die Voraussetzungen von Satz 1 vor und befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen; in der Regel ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren.
(3) Die Einsicht in die Niederschriften über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.
(4) Auf Antrag sollen dem Verteidiger, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, die Akten mit Ausnahme der Beweisstücke zur Einsichtnahme in seine Geschäftsräume oder in seine Wohnung mitgegeben werden. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, nachdem sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat, versagt sie die Einsicht nach Absatz 3 oder befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, so kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.
(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung spätestens mit dem Abschluss der Ermittlungen auf. Dem Verteidiger ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.
(7) Dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, sind auf seinen Antrag Auskünfte und Abschriften aus den Akten zu erteilen, soweit dies zu einer angemessenen Verteidigung erforderlich ist, der Untersuchungszweck, auch in einem anderen Strafverfahren, nicht gefährdet werden kann und nicht überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen. Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz, Absatz 5 und § 477 Abs. 5 gelten entsprechend.
 


Online-Flyer Nr. 504  vom 01.04.2015



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