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Aktueller Online-Flyer vom 18. April 2024  

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Wirtschaft und Umwelt
„Dekarbonisierung der Weltwirtschaft“ ist jetzt offizielles Politikziel
G7-Gipfel: Eine Chance fürs Klima!
Von Franz Alt

Der Weltenergiemarkt hat sich dramatisch verändert. Schon drei Tage nach dem Elmau-Gipfel sprach BP-Chef Bob Dudley von einem „Sturm der Veränderung“. Der Jahrzehnte lange Anstieg von Kohle, Gas und Öl flacht sich erstmals ab.
 

Tagungsort des G7-Gipfels - Schloss Elmau
NRhZ-Archiv
2014 stagnierte er nahezu deshalb, weil China seinen Kohleverbrauch um acht Prozent senken konnte - bei sieben Prozent Wirtschafts-wachstum! Der Energiever-brauch in der EU rutschte gar auf den Stand von 1985. Hinzu kommt der weltweite Anstieg der Erneuerbaren Energieträger.
 
Auch in den Schwellenlän- dern ging der Energiehunger im letzten Jahr deutlich zurück. BP geht davon aus, dass der Rückgang im Verbrauch fossiler Rohstoffe kein einmaliger Effekt sein wird. Das ist die erfreulichste Meldung fürs Weltklima seit Jahren.
 
Diese Entwicklung passt natürlich ganz gut zu den Beschlüssen von Elmau. Dort wurde erstmals auf Weltebene das Ende des fossilen Zeitalters beschlossen. Welch ein Fortschritt, wenn jetzt der Abschied von Kohle, Gas und Öl nicht nur von Umweltverbänden gefordert, sondern auch politisch ganz offiziell von den wichtigsten Politikern der Welt proklamiert wird. Angela Merkel hat dabei vor allem die Regierungen von Japan und Kanada intensiv bearbeiten müssen. Sie hat es erfolgreich getan.
 
Die „Dekarbonisierung der Weltwirtschaft“ ist jetzt offizielles Politikziel. Freilich soll die weltweite Abkehr von Kohle, Gas und Öl erst in 85 Jahren, also 2.100, beendet sein. Das ist fürs Klima eindeutig zu spät. Wenn das Zwei-Grad-Ziel noch erreicht werden soll, dann muss der hundertprozentige Umstieg auf erneuerbare Energieträger weltweit spätestens im Jahr 2050 organisiert sein, in der EU 2040.
 
Wahrscheinlich geht der Abschied von Kohle, Gas und Öl ohnehin schneller als wir uns das heute vorstellen können.
 
Drei Entwicklungen sprechen für diese These:
 
    Die Katastrophen durch den Klimawandel nehmen dramatisch zu und Katastrophen sind unsere besten Lernhelfer.
    Dadurch steigt der Druck von unten auf die Regierungen, rascher zu handeln – siehe China, hier gab es 2014 über 90.000 Aufstände aus Umweltgründen.
    Die Erneuerbaren Energien werden viel schneller preiswerter als die alten fossil-atomaren Energieträger – vor allem dieser ökonomische Vorteil wird den Durchbruch der ökologischen Energiewende in wenigen Jahrzehnten ermöglichen.
 
Die Staatschefs der G7 haben sich in ihrer am Montag vor einer Woche verabschiedeten Gipfel-Abschlusserklärung für das Zwei-Grad-Klimaziel, für eine Dekarbonisierung der Wirtschaft sowie für die Klimafinanzierung ausgesprochen.
"Die Klimaformulierungen waren das Ergebnis harter Verhandlungen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Nachmittag im bayerischen Elmau gegenüber den Medien. Aber die "Sherpas" hätten gute Arbeit geleistet.
Im geplanten Klimavertrag von Paris seien allerdings verbindliche Regeln erforderlich, sagte Merkel weiter. Auch seien, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, tiefe Einschnitte notwendig. "Deshalb haben sich die G7 für eine Dekarbonisierung ausgesprochen", so Merkel. Die G7-Staaten wollten den Empfehlungen des Weltklimarats IPCC folgen, demzufolge müssten die Emissionen bis 2050 um 40 bis 70 Prozent gegenüber 2010 sinken. "Wir sind uns einig, dass 40 Prozent eindeutig zu wenig sind", sagte die Kanzlerin. Stattdessen müsse die Verringerung der Emissionen eher im oberen Bereich der IPCC-Empfehlung angesiedelt sein.
Zudem verpflichten sich die G7-Staaten, zur Finanzierung von Klimaschutz und Klimaanpassung in armen Ländern ab 2020 jedes Jahr 100 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen – wie es bereits 2009 in Kopenhagen beschlossen worden war. Merkel zufolge werden die Vertreter vieler Entwicklungsländer allein deshalb zu den Verhandlungen nach Paris kommen, um über die Finanzierung zu sprechen.
Als "starkes Signal für ein erfolgreiches Klimaabkommen Ende des Jahres in Paris" wertete Christoph Bals von Germanwatch die Abschlusserklärung, da sich die Staaten zur Energiewende und zum Ausbau der Erneuerbaren in Entwicklungsländern verpflichtet hätten. Man erwarte nun von den G7, dass "zügig ein entsprechender Plan vorgelegt wird", wie die 100 Milliarden Dollar aufgebracht werden sollen.
Als "butterweich" bezeichnete dagegen Eva Bulling-Schröter von der Linksfraktion die Vereinbarungen der G7. Deren Bekenntnis zum Zwei-Grad-Limit sei alter Wein in neuen Schläuchen, die es schon in Vorgängergipfeln wie in Brüssel 2014 gegeben habe. Zwar unterstütze sie die angestrebte Dekarbonisierung, doch dafür wären klare, ordnungspolitische Ausstiegszenarien aus Kohle, Öl und Gas, ein Verzicht auf fossile Investitionen und der massive Ausbau der Erneuerbaren vonnöten.
Dem BUND-Vorsitzenden Hubert Weiger zufolge widerspricht die wiederholte Ankündigung, die Erderwärmung unter zwei Grad Celsius zu halten, dem tatsächlichen Handeln der G7. So werde in den USA mehr Öl und Gas als je zuvor gefördert und Deutschland setze nach wie vor auf die Verstromung von Braunkohle. "Kommt von den G7 in nächster Zeit nicht mehr als die unverbindliche Elmauer Absichtserklärung, ist das Klimaabkommen von Paris in Gefahr", warnte Weiger. Hier einige seiner skeptischen Hinweise des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland:
BUND: G-7 bleiben bei Klimaschutz und Antibiotika-Reduzierung unverbindlich. Deutschland in beiden Bereichen kein Vorbild. Pro-TTIP-Kurs der G-7 verschärft Umweltkrisen und gefährdet Standards    (PK)
 
Diesen Artikel und seine Links haben wir mit Dank von der "Sonnenseite" von Franz Alt übernommen. http://www.sonnenseite.com/de/franz-alt/
 


Online-Flyer Nr. 515  vom 17.06.2015



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