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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Kommentar
Kommentar vom Hochblauen
Vor der Israel-Lobby ist man nur noch auf dem Mond sicher
Von Evelyn Hecht-Galinski

Wie lange darf das "besondere" Verhältnis zum "Jüdischen Staat" noch dazu führen, dass Israel-Kritik und Pro-Palästina-Aktivisten in Deutschland diskriminiert und ausgegrenzt werden? Der Holocaust, der Zivilisationsbruch, darf nicht weiter dazu missbraucht werden, die heutigen Verbrechen eines ehemaligen Opfervolks blind hinzunehmen, und der Philosemitismus, der im erschreckenden Maß den Antisemitismus abgelöst hat, darf nicht zu einer neuen drängenden Kraft werden. Tatsächlich macht sich die heuchlerische Staatengemeinschaft – und hier ganz besonders Deutschland – erneut schuldig an der Entmenschlichung eines anderen Volkes. Ein "Jüdischer Staat", der seit seiner Staatsgründung 1948 konsequent die zionistische Staatsräson, also die Vertreibung, Enteignung und ethnische Säuberung Palästinas betreibt, alles unter dem Schutz und mit finanzieller Hilfe von den USA und Europa, insbesondere Deutschland, hat sich von allen moralischen Werten verabschiedet. Längst ist der Begriff „Werte“ zu einer Phrase der Werteheuchler verkommen.

Zionistischen Raub-Staat als "Jüdischen Staat" anerkennen?

Wenn sich der "Jüdische Staat" selbst als "einzige Demokratie im Nahen Osten“ bezeichnet, muss man sich dem widersetzen. Wie kann der Staat Israel, der weder jüdisch noch demokratisch ist, sich so bezeichnen? Die Leser werden sich sicher fragen, warum ich immer "Jüdischer Staat" anstatt "Israel" schreibe: Weil sich dieser zionistische Raub-Staat als "Jüdischer Staat", anstelle eines Staates für ALLE seine – auch der palästinensischen Bürger – anerkennen lassen möchte. Ein völlig undemokratisches Ansinnen! 

Zudem wird jede Kritik an seinen Völker- und Menschenrechtsverbrechen als Antisemitismus und Judenhass verunglimpft, und Aktivisten der BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) für ein freies Palästina sollen zum Schweigen gebracht werden. Gerade deshalb ist die BDS-Bewegung dem "Jüdischen Besatzerstaat" und der Israel-Lobby ein Dorn im Auge. Allerdings hat Federica Mogherini, die Beauftragte der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, die BDS-Bewegung verteidigt. Sie verurteilte im Oktober 2016 Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger und bekräftigte das Recht von europäischen Bürgern auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Leider halten sich viele EU-Staaten nicht daran. (1)

Mittlerweile werden im "Jüdischen Staat" nicht nur NGO`s und regierungskritische Medien mit Repressalien und undemokratischen Gesetzen in Schwierigkeiten gebracht. Rücksichtslos werden auch palästinensische Bürger und jüdische Aktivisten verfolgt, die sich für BDS einsetzen. Einreiseverbote machen auch vor prominenten jüdischen Intellektuellen, von Chomsky bis Finkelstein, nicht halt. Auf Kritik dagegen wartet man hier vergebens! Das Geschrei wäre nur dann groß, würde es sich um die Türkei oder Russland handeln. Aber so geht es doch nur um den "Jüdischen Staat"...

Wie ist es möglich, dass Deutschland und andere EU-Staaten auf Druck des "Jüdischen Staates" und der Israel-Lobby dieses Recht negiert und in den Schmutz zieht? Schließlich hat BDS nur ein Ziel: Dass Israel seiner Verpflichtung nachkommt, den Palästinensern das unveräußerliche Recht auf Selbstbestimmung zugesteht, sowie die illegale Besatzung und Kolonisation Palästinas beendet, die Apartheidmauer, die sich quer durch palästinensisches geraubtes Land zieht, abreißt, das Grundrecht der palästinensisch-israelischen Bürger auf völlige Gleichheit anerkennt und die legalen Rechte der vertriebenen palästinensischen Flüchtlinge in ihre Heimat Palästina und zu ihrem Eigentum zurückzukehren, wie es in der UN Resolution 194 vereinbart wurde, respektiert, schützt und fordert. Wann also wird der "Jüdische Staat" diese Resolution 194 anerkennen und umsetzen? Schließlich war sie Bedingung für die Aufnahme Israels in die Vereinten Nationen! (2)

Das sind alles Forderungen und Ziele, die in unzähligen UN-Resolutionen bestätigt wurden. Allerdings wird das Gutachten des Internationalen Gerichtshofes, das den Bau der Apartheidmauer auf besetztem palästinensischen Gebiet für illegal erklärt, vom "jüdischen Staat" ebenso missachtet wie die zahlreichen UN-Resolutionen gegen die illegalen Siedlungen, Völker und Menschenrechtsverbrechen. Nur eine Resolution wurde vom "Jüdischen Staat" anerkannt: die UN-Resolution 181, besser bekannt als UN-Teilungsplan vom 29.November 1947.

Vorenthalten des Rückkehrrechts: zutiefst rassistisch!

Wie kann es sein, dass es jedem jüdischen Bürger gestattet ist in das angebliche "Heimatland" zurückzukehren, mit allen Staatsbürgerrechten, während dieses Recht den vertriebenen Palästinensern vorenthalten wird? Ist das demokratisch? Nein es ist ethnokratisch und zutiefst rassistisch!

Alle Welt spricht nur vom "islamistischen Terror", während zu den jüdischen Terroristen und politischen Staatsterroristen, die diesen noch fördern, geschwiegen wird. Wo gibt es einen Staat in der Welt, der sich noch dazu auf das Judentum beruft, der ganz offen dazu aufruft "Araber zu töten", wo Steine werfende Kinder zu höheren Strafen verurteilt werden als mordende "jüdische Verteidigungssoldaten", diese noch als Held feiert und zum "Mann des Jahres" kürt, und wo eine große Mehrheit der jüdischen Bevölkerung hinter diesen Mördern steht?

Und warum pocht der von der internationalen Völkergemeinschaft anerkannte "Jüdische Staat", der sich allerdings bis heute weigert, seine Grenzen festzulegen, immer wieder auf die Anerkennung seines „Existenzrechts“? Und noch schlimmer, wie ist es möglich dass eine deutsche Bundesregierung dieses ominöse „Existenzrecht“ zur Staatsräson macht und dazu noch als unfassbare Steigerung Flüchtlingen dieses „Existenzrecht“ als Voraussetzung für eine Integration, die "Werte braucht“, als „identitätsstiftende Leitkultur" verordnen will?

Ist es nicht ein Hohn, wenn der Zentralrat der Juden in Deutschland von hauptsächlich muslimischen Flüchtlingen fordert, das Existenzrecht eines Staates anzuerkennen, der sich seit Jahrzehnten weigert, das Existenzrecht eines unabhängigen palästinensischen Staates anzuerkennen, und der sich nicht von den Völker- und Menschenrechtsverbrechen und von der illegalen jüdischen Besatzung distanziert? Aus Sorge, dass mit den Flüchtlingen die Ablehnung Israels und Judenfeindlichkeit nach Deutschland importiert werden könnte, doch damit nur ein kollektives Vorurteil gegen Flüchtlinge fördert. Gehört das zu den Aufgaben des Zentralrats der Juden?

Während aktuell soviel über türkischer Minister auf Wahlveranstaltungen in Deutschland debattiert wird, gab es entsprechende Diskussionen nie, als israelische Politiker deutsche bzw. französische Bürger jüdischen Glaubens „zur Heimkehr in ihre Heimat Israel“ aufforderten. Moment einmal, heimkehren als deutsche, oder französische Bürger einer Religionsgemeinschaft, in ein besetztes Land? Bevorzugt werden diese "Heimkehrer" dann noch in illegalen Siedlungen untergebracht. Warum regt sich in Deutschland dagegen kein Widerstand? Von politischer und intellektueller Seite? Warum wird alles was von jüdischer oder israelischer Seite so anders behandelt?

Wehret den Anfängen!

Warum sind wir heute wieder soweit, dass auf Druck der Israel-Lobby jüdischen BDS-Aktivisten Bankkonten gekündigt werden, jüdischen Friedensaktivisten und Wissenschaftlern sowie Dozenten zugesagte Räume verweigert werden, nicht genehme Veranstaltungen, Diskussionen gestrichen werden und Universitäten Lehraufträge entziehen und so die Freiheit der Lehre in Frage stellen. Wehret den Anfängen!

Schon wieder werden in Deutschland "gute" und "schlechte" Juden selektiert. Allerdings diesmal im Zusammenspiel der Politik mit der Israel-Lobby, gewissen Medien und christlichen Zionisten. Ja, die "christlich-jüdische Wertegemeinschaft", wird sich immer ähnlicher im Aufgeben aller moralischen Werte, und die sich gefunden hat im Kampf gegen den "islamistischen Terror" als neues Feindbild. Die schleichende "Israelisierung" Deutschlands ist in vollem Gange. Wie kann man einen Besatzerstaat als Vorbild nehmen und dieses Jahr noch groß über die fünfzigjährige illegale Besatzung Palästinas hinwegsehen?

Anstatt Regierungskonsultationen mit einem jüdischen Besatzerregime zu zelebrieren, sollte Deutschland Druck auf den "Jüdischen Staat" ausüben und mit Sanktionen drohen. Bei Russland stand Merkel doch auch an vorderster Front!

Entspricht das alles "unseren" Werten und denen unseres Grundgesetzes? Wie kann man als "Order per Mutti" die deutsche Staatsräson für die Sicherheit des "Jüdischen Staates" einführen? Eines Staates, der Völkermord im letzten Gaza-Angriff verübte, zu dem es aber keine Bundestagssitzung geben wird. Nein, ganz im Gegenteil, Merkel telefonierte noch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu und solidarisierte sich mit ihm und der "Sicherheit" für sein Land. Eine fragwürdige Sicherheit, die von westlichen Staaten, angeführt von den USA und Deutschland, mit massiven Rüstungsgaben und Steuergeschenken finanziert wird, die die illegale Besatzung und die Angriffe erst ermöglichen.

Israel als hoch aufgerüstete Atommacht stellt eine Gefahr für den Weltfrieden dar, und wartet nur darauf, wieder Libanon oder Iran anzugreifen. Als Günter Grass, einer der wenigen aufrechten Intellektuellen, das aussprach, wurde er verdammt und diffamiert. Ich selbst kann persönlich bestätigen, wie tief den Literaturnobelpreisträger und aufrechten SPDler diese Angriffe getroffen haben. Bis heute vermisse ich die Parteinahme der Elite, der Intellektuellen, der Funktionsträger und der "Partei-Aufrechten", wenn es um die Freiheit für Palästina geht. Sie alle schweigen feige, wenn es um die jahrzehntelangen und gut dokumentierten Völker- und Menschenrechtsverbrechen im "Jüdischen Staat" geht, zu groß ist die Angst, in die "antisemitische" Ecke gerückt zu werden.

Diese Scheinheiligkeit macht mich betroffen. An vielen Kriegen und Interventionen, an den wir inzwischen beteiligt sind, inklusive „Frieden“snobelpreisträger EU und dem ehemaligen US-Präsidenten Obama, zeigt sich doch wie unsere "demokratischen Werte" längst zu einer lächerlichen Phrase verkommen sind. Und durch den neu gewählten US-Präsidenten Trump fühlt sich der "Jüdische Staat" noch mehr bestätigt in seiner räuberischen Siedlungspolitik.

Das Recht auf Menschenwürde muss für alle gelten


Es ist die Pflicht Deutschlands und seiner Regierung, gerade auf Grund des angeblich „besonderen" Verhältnisses, die "Freunde" im "Jüdischen Staat" dazu zu bringen, endlich internationales Recht und UN-Resolutionen anzuerkennen, sowie den Palästinensern das unveräußerliche Selbstbestimmungsrecht zuzugestehen, eigentlich eine demokratische Selbstverständlichkeit, für einen deutschen Staat, der auf dem Artikel 1 des Grundgesetzes basiert, dass die Menschenwürde für alle gilt und unteilbar ist, also auch für die Palästinenser gelten sollte. Das sollte gerade auch ein "Jüdischer Staat", der ja angeblich die "einzige Demokratie im Nahen Osten“ ist, den Beweis dafür aber seit Jahrzehnten schuldig bleibt.

Die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Lehre muss auch für die Kritiker der israelischen Politik gelten und muss verteidigt werden. Das erwarte ich auch gerade von der deutschen Elite, die sich so feige schweigend zurückzieht, wenn es um Israel geht. Wo bleibt die Solidarität mit den Universitäten, wo durch die Israel-Lobby in die Freiheit der Lehre so massiv eingegriffen wird?

Wollen wir, dass auch hier in Deutschland Professoren, die sich für die Freiheit für Palästina einsetzen, auswandern müssen, wie so viele israelische Intellektuelle? Angefangen bei Ilan Pappe, der heute im Exil in Exeter lehrt. Auch ihm als Nachfahre von Holocaustüberlebenden sollte in Deutschland auf Druck der Israel-Lobby ein Redeverbot erteilt werden.

Dem Titel meines Buches „Das elfte Gebot: Israel darf alles“ sollten wir alle gemeinsam laut widersprechen. Und auf die Frage der FAZ anlässlich einer Kontroverse vor Gericht mit dem jüdischen Spiegel-Welt-Journalisten und islamophoben Pornoverfasser, H.M. Broder: "Was darf eine Jüdin in Deutschland gegen Israel sagen?“ antworte ich: „Natürlich alles, vor allem die Wahrheit"! Mal mehr und mal weniger polemisch, aber von Herzen kommend, und ich möchte nicht daran gehindert werden! Oder müssen wir erst auf den Mond fliegen, um vor der Israel-Lobby sicher zu sein?


Anmerkung:

Zu diesem Kommentar, den ich speziell für das Online-Magazin Globkult von Peter Brandt geschrieben habe, ist anzumerken, dass mich seine Kollegen zensieren wollten und es ablehnten, diesen Kommentar - den sie "Propaganda-Kommentar" nannten - zu veröffentlichen. Sie wollten darunter schreiben, dass sie sich von diesem Kommentar distanzieren würden. Peter Brandt meinte außerdem, dass diese Distanzierung uns beide dann beschädigen würde. Da bin ich allerdings ganz anderer Meinung. Beschädigt ist nur Globkult, nicht ich! Sogar die FAZ gestattete mir, unzensiert Artikel zu schreiben, aber die so genannte "Intellektuelle Elite" kann Wahrheit und Fakten nicht vertragen! Günter Grass hatte doch recht mit seinen Aussagen zu Israel. Er war der Einzige, der das Schweigen der Intellektuellen zu den Verbrechen des "Jüdischen Staates" und der Gefahr für den Weltfrieden, die von Israel ausgeht, nicht mehr verschweigen wollte. Im Gegensatz zu türkischen Politikern werden israelische Politiker in Europa hofiert und dürfen trotz Völkerrechtsverbrechen, Kriegsverbrechen, Völkermord und Einreiseverboten durch Europa reisen und ihre Propaganda verbreiten! Kurt Tucholsky: "Der geschickte Journalist hat eine Waffe: das Totschweigen – und von dieser Waffe macht er oft genug Gebrauch."


Fussnoten:

1 http://bds-kampagne.de/2016/10/28/hohe-vertreterin-der-eu-frederica-mogherini-bestaetigt-das-recht-auf-bds/
2 http://bds-kampagne.de/aufruf/aufruf-der-palstinensischen-zivilgesellschaft/


Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom "Hochblauen", dem 1165 m hohen "Hausberg" im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt. (http://sicht-vom-hochblauen.de/) 2012 kam ihr Buch "Das elfte Gebot: Israel darf alles" heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro. Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten "Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik" ausgezeichnet.

Top-Foto:
Evelyn Hecht-Galinski (sicht-vom-hochblauen.de)


Online-Flyer Nr. 604  vom 15.03.2017

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