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Inland
Ist es Ziel der Bundesregierung, dass die US-Truppen aus der BRD abziehen?
Es gibt ein solches Ziel nicht
Von LUFTPOST

"Der Journalist Tilo Jung hat der deutschen Friedensbewegung einen großen Dienst erwiesen", schreibt LUFTPOST. Mit seinen Fragen ist klar geworden: "Derzeit ist auch keine wie immer geartete Koalitionsregierung vorstellbar, die nach der Bundestagswahl im September 2017 die völkerrechts- und verfassungswidrigen Aktivitäten der US-Streitkräfte, die auf deutschem Territorium stattfinden oder davon ausgehen, unterbinden würde – zum Beispiel durch Kündigung des Vertrages über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland." "Ist es das mittel- oder langfristige Ziel der Bundesregierung, dass die US-Truppen aus der Bundesrepublik abziehen?" Diese und andere Fragen stellte der Journalist Tilo Jung, der den YouTube-Account "Jung und naiv" betreibt, auf der Bundespressekonferenz am 20. März 2017. Die Antwort lautet: "Es gibt ein solches Ziel nicht." LUFTPOST dokumentiert und kommentiert.


Dr. Martin Schäfer, Sprecher des Auswärtigen Amtes, reagiert auf die Frage "Ist es das mittel- oder langfristige Ziel der Bundesregierung, dass die US-Truppen aus der Bundesrepublik abziehen?"


Es folgt die Niederschrift des Frage- und Antwortspiels, das sich auf dieser Pressekonferenz entwickelt hat:


Tilo Jung:

Zum Besuch der Kanzlerin in Washington, eventuell an Herrn Florsdorff und Herrn Schäfer. Können Sie bestätigen, dass die US-Streitkräfte die Stationierung von rund 4.000 Soldaten in Bergen im Landkreis Celle prüfen, und Herr Florsdorff, wissen sie welche weiteren Standorte von den Amis, also den Amerikanern gerade geprüft werden in Deutschland, und Herr Schäfer, die Amerikaner planen auch den Stützpunkt Ramstein auszubauen und mehr Soldaten dort zu stationieren, bis 2019 sollen fast 1.000 weitere Soldaten dort hinkommen, 15 neue Tankflugzeuge und ein neuer Hangar gebaut werden, braucht es dafür eigentlich die Zustimmung bzw. Erlaubnis der Bundesregierung, und Frau Demmer, hat die Kanzlerin die US-Drohnenangriffe via Ramstein thematisiert, und wenn ja, was hat sie Herrn Trump dazu gesagt?

Frau Ulrike Demmer, stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung:

Vielleicht kann ich als erstes antworten, weil das relativ schnell geht. Die Kanzlerin hat sich in ihrer Pressekonferenz zu den Gesprächen in den USA geäußert, darüber hinaus habe ich hier nichts mitzuteilen.

Jens Florsdorff, Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums:

Die Frage möglicher Stationierung amerikanischer Truppen in Deutschland, das, es gibt sicherlich Überlegungen im amerikanischen, in einer ganz frühen Phase in den amerikanischen Streitkräften, die beziehen sich aber auch, über die kann ich ihnen hier nicht berichten, weil ich ja nicht für die amerikanischen Streitkräfte sprechen kann; soweit uns das betrifft, ist da nichts Konkretes dabei, deshalb kann ich Ihnen auch keinen Überblick zu irgendwelchen Standorten oder Truppenstärken oder was auch immer liefern. Das hat sicher auch eine sehr enge Konnexität, so weit ich das immer verstanden habe, ich hab da intern mal davon gehört, mit amerikanischer Haushaltsaufstellung, und da wissen wir alle, dass sich das noch sehr, sehr lange hinziehen wird.

Dr. Martin Schäfer, Sprecher des Auswärtigen Amtes:

Und ansonsten gilt, ich vermute ich müsste es ansonsten noch mal nachreichen, Herr Jung, ich vermute, dass alle Fragen in Zusammenhang mit dem Ausbau oder Umbau von amerikanischen Kasernen und Standorten in Deutschland nach den Regeln des NATO-Truppenstatuts zu besprechen sind; natürlich hat dabei die Bundesregierung dann ein Wort mitzureden, grundsätzlich gilt aber natürlich, dass unsere Bündnispartner, die auf deutschem Boden mit unserer Zustimmung tätig sind, sicher gute Gründe haben, wenn sie Umbaumaßnahmen und Veränderungen logistischer, technischer, personeller oder sonstiger Natur vornehmen, und ich sehe da jetzt eigentlich überhaupt keine Schwierigkeit mit so etwas. Das hat's in den letzten Jahren und Jahrzehnten ganz häufig gegeben, das wird’s auch in der Zukunft geben, weil sich die politischen Vorgaben und Bedürfnisse eben ändern.

Tilo Jung:

Kurze Nachfrage noch: Ist das mittel- oder langfristige Ziel der Bundesregierung, dass die US-Truppen aus der Bundesrepublik abziehen? Wenn ja, wann? Wann müssen die gehen?

Dr. Schäfer:

Ich wüsste nicht, weshalb das ein Ziel der Bundesregierung sein sollte, Herr Jung, es gibt ein solches Ziel nicht. Ganz im Gegenteil, wir sind eine Werte- und Bündnisgemeinschaft, eine Bündnis-, eine Werte- und Interessengemeinschaft im Bündnis, in der NATO, und es gab lange Jahrzehnte, in denen wir zu Recht ganz großes Interesse daran hatten, dass der militärische Schutz der Vereinigten Staaten von Amerika nicht nur über die Worte des Artikel 5 des NATO-Vertrages, sondern auch über Taten, nämlich über die amerikanische Truppenpräsenz im Bündnisgebiet, auch in Deutschland, glaubhaft war, und das gilt auch für die Zukunft.


Videomitschnitt der Bundespressekonferenz am 20. März 2017 (youtube-Kanal von Tilo Jung):




LUFTPOST-Kommentar

Der Journalist Tilo Jung hat der deutschen Friedensbewegung einen großen Dienst erwiesen. Die Regierung des vereinten Deutschland, das mit dem so genannten Zwei-plus-Vier-Vertrag "die volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten" wiedererlangte, hat offensichtlich überhaupt kein Interesse daran, endlich Gebrauch davon zu machen. Derzeit ist auch keine wie immer geartete Koalitionsregierung vorstellbar, die nach der Bundestagswahl im September 2017 die völkerrechts- und verfassungswidrigen Aktivitäten der US-Streitkräfte, die auf deutschem Territorium stattfinden oder davon ausgehen, unterbinden würde – zum Beispiel durch Kündigung des Vertrages über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb sind alle an diese oder die nächste Bundesregierung oder einzelne Ministerien gerichteten diesbezüglichen Appelle völlig nutzlos. Wir sollten aber wenigstens versuchen, nur noch Bundestagskandidaten zu wählen, die bei eindringlichen Befragungen in Wahlversammlungen öffentlich versichern, sich nach ihrer Wahl für Frieden und Abrüstung und gegen jede Form der Kriegstreiberei einsetzen zu wollen.

Die Bundesregierung hat gerade wieder gezeigt, wie nibelungentreu sie wirklich zu jeder, jeder US-Regierung steht. Bisher hat man versichert, mit dem neuen US-Präsidenten Trump nur auf der Basis "gemeinsamer Werte" zusammenarbeiten zu wollen, aber schon seinen ersten eindeutig völkerrechtswidrigen Angriff auf Syrien finden sowohl die CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel (1) als auch der SPD-Außenminister Sigmar Gabriel (2) durchaus "nachvollziehbar".


Fussnoten:

1 http://www.rp-online.de/politik/merkel-us-angriff-nachvollziehbar-aid-1.6743273
2 http://www.focus.de/politik/ausland/us-luftschlag-gegen-assas-militaer-aussenminister-sigmargabriel-verteidigt-trumps-angriff-in-syrien_id_6910975.html


Erstveröffentlichung bei "LUFTPOST - Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein" am 10.04.2017:
http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_16/LP05517_100417.pdf



Siehe auch:


http://www.arbeiterfotografie.com/galerie/kein-krieg/hintergrund/index-2016-02-25-NATO-raus-raus-aus-der-NATO.html

Online-Flyer Nr. 608  vom 12.04.2017



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