NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

Fenster schließen

Kommentar
Kommentar vom Hochblauen
Der Gipfel der Verlogenheit
Von Evelyn Hecht-Galinski

Tatsächlich ist es zu hinterfragen, warum deutsche Steuergelder für die illegal besetzten Palästinensergebiete fließen ebenso wie europäische, wo doch der "Jüdische Staat" als Besatzer verpflichtet ist, diese Kosten zu tragen. Die "einzige" Demokratie im Nahen Osten bestreitet zwar, eine Besatzungsmacht zu sein, was allerdings nur ein dreister Ablenkungsversuch ist für einen jüdischen Anspruch auf ganz Palästina.

Es ist der Gipfel, wenn ausgerechnet der grüne "Ehe für alle"-Kämpfer sich wieder einmal als "philosemitischer Antisemit" für die Israel-Lobby und als medialer Brandstifter gegen Palästina betätigt. Volker Beck sucht ständig nach neuer Aufmerksamkeit und kann sich dieser als Israel-Lobbyist sicher sein. Glücklicherweise wird dieser unerträgliche theatralische Selbstdarsteller im nächsten Bundestag nicht mehr vertreten sein. Wenn er jetzt also der Bundesregierung "Prinzipienlosigkeit" bei der Unterstützung der Palästinenserbehörde vorwirft, weil die Hilfsgelder angeblich "palästinensische Attentäter" finanzieren und indirekt an überführte Terroristen und Hinterbliebene von Selbstmordattentätern gehen würden, dann frage ich mich schon, welche Prinzipien dieser grüne Israel-Lobbyist vertritt. Die des deutschen Grundgesetzes und des internationalen Völkerrechts jedenfalls nicht! (1)

Dieser prinzipienlose Beck schweigt auch lieber feige zu den mit Atom bestückbaren U-Boot-Lieferungen. Dieser unmoralische Deal ist so von Korruption und Bestechung belastet, dass er auf keinen Fall erfolgen darf. Für 2017 plante die Bundesregierung 30 Millionen Euro ein, aber insgesamt werden es von 2018-2027 540 Millionen an Steuergeldern sein, die dafür bereitgestellt werden und die Besatzung belohnen. (2)(3)(4)

Konzertierte Verleumdungskampagne der Israel-Lobby täglich massiver


Tatsächlich wird die konzertierte Verleumdungskampagne der Israel-Lobby täglich massiver und bauscht das Thema Antisemitismus auf, um von den Besatzungs- und Menschenrechtsverbrechen des "Jüdischen Staates" abzulenken. Dazu ist ihnen jedes Mittel recht. Vor allem die Einschränkung der Meinungsfreiheit.

In ganz Europa werden nach Interventionen der Israel-Lobby Veranstaltungen, die sich kritisch mit der Besatzung Palästinas befassen, und Ausstellungen, beispielsweise der Nakba-Ausstellung, abgesagt. Aktuell wurde letztes Wochenende nach Intervention der Israel-Lobby und von oberster Stelle in Wien, zuerst ein Konzert und dann eine politische Veranstaltung des berühmten Jazzmusikers und Kritiker Israels, Gilad Atzmon, abgesagt. Glücklicherweise war Fritz Edlinger sofort bereit, die Veranstaltung meines Freundes Gilad Atzmon in den Räumen des Österreichisch-Arabischen Begegnungszentrums stattfinden zu lassen, um die Meinungs- und Diskussionsfreiheit zu gewährleisten, auch in Österreich.

In diesem Zusammenhang habe ich eine Frage an deutsche Künstler und Entertainer: Können wir absehbar auch mit einer Solidaritätsveranstaltung für palästinensische politische Gefangene und Journalisten in israelischen Gefängnissen rechnen? Hierzu zitiere ich Thomas Gottschalks Satz, mit dem er sich für den in der Türkei inhaftierten Yücel, der pikanterweise den Deutschen das Recht auf Israelkritik abspricht, so ins Zeug legte, der gleichwohl sowohl für Gilad Atzmon als auch für all die anderen Kritiker der israelischen Politik zutrifft, denen dass „freie Wort“ verwehrt wird: "wir müssen aushalten, dass Menschen ihre Meinung sagen" ... Es gehe auch "um den Kampf für das freie Wort"..."ich glaube, die Zeiten sind vorbei, in denen man sich feige zur Seite dreht und sagt: Damit habe ich nichts zu tun". „Wetten das“ Gottschalk, wenn es um Israel geht lieber schweigt! (5)(6)

Auch wenn der "Jüdische Staat" die Anwendbarkeit der Genfer Konvention auf die besetzen Gebiete bestreitet und die Zusatzprotokolle zu den Genfer Konventionen nicht ratifiziert wurde, ist das völlig belanglos, denn zweifellos ist der "Jüdische Staat" verpflichtet, für den Schutz und die Versorgung der besetzten Gesellschaft/Bevölkerung zu sorgen. Das "Jüdische Besatzer-Regime" kommt weder den Verpflichtungen nach der Versorgung mit den lebensnotwendigen Nahrungsmitteln, noch den medizinischen Gütern nach, ebenso wenig dem Schutz der Menschenrechte oder dem Grundrecht auf Religionsausübung. Regelmäßig wird dieses Recht den muslimischen Bürgern in ihren Moscheen und heiligen Stätten verwehrt. Im Augenblick laufen schon wieder Bestrebungen, das Verbot für Juden auf das Betreten des Haram-al-Sharif aufzuheben. Der rechtsextreme Knesset-Abgeordnete, der schon mehrfach auf dem Haram al-Sharif provozierte, und als neuer "Tempel"-Erbauer bekannt wurde, versucht regelmäßig unter den tatenlos, ja geradezu wohlwollend zusehenden Augen der "jüdischen Verteidigungssoldaten" und Polizisten das Recht zu brechen. (7)

Allerdings ist es unbestritten und nach internationalem Völkerrecht anerkannt, dass der "Jüdische Staat" als Besatzungsmacht, seit 1967 das Westjordanland und Ost-Jerusalem beherrscht und die Zivilbevölkerung in illegaler Besatzung hält und drangsaliert. Ebenso hält der "Jüdische Staat" den Gazastreifen seit 2007 wieder fest in Knebelhaft. Das Argument: "wir" haben den Gazastreifen verlassen läuft ins Leere, denn in Wirklichkeit befinden sich die heute etwa 2 Millionen Eingesperrten im Konzentrationslager Gaza in jüdischer Geiselhaft. Ja, "wehret den Anfängen", die leider keine Anfänge mehr sind und die es sich zum Ziel gesetzt haben fundamentale Freiheitsrechte einzuschränken! (8)

Alle palästinensischen Kulturstätten vernichten

Schauen wir auf das illegal besetzte Hebron, das jetzt endlich die Würdigung bekam, die ihm zusteht, als dritte UNESCO-Weltkulturerbstätte in Palästina anerkannt zu werden, nach der Anerkennung 2012 von der Geburtskirche in Bethlehem und 2014 die Gegend von Battir als gefährdetes Weltkulturerbe. Sofort ging das zionistische Gekreische los von Netanjahu der diese Entscheidung als wahnhaft bezeichnete und Kriegsminister Lieberman, der die UNESCO als "irrelevante antisemitische Organisation" bezeichnete. Also immer das gleiche Spiel nach Entscheidungen, die den jüdischen Besatzern oder der Israel-Lobby missfallen, dann wird sofort die Antisemitismus-Keule geschwenkt. Willkommen im Club! Hier geht es doch keinesfalls um einen Angriff auf Israel, sondern um eine Bestätigung der Anerkennung der völkerrechtswidrigen Besatzung Palästinas, die alle palästinensischen Kulturstätten vernichten will. (9)(10)

Das schlimmste an diesem traurigen Zustand ist das Zusammenspiel von Politik und vielen Medien, die sich voll in die Hand dieser Lobby gegeben haben, z.T. aus Philosemitismus, aus anerzogenen Schuldgefühlen heraus und jetzt immer stärker werden, wegen der islamfeindlichen Hetze gegen angeblichen "muslimischen Antisemitismus", der uns aus allen Rohren entgegen schießt. Dieses Phänomen ist eine bedenkliche "jüdisch-christliche" Aktion, die durch Angsterzeugung gegen vor allen Dingen dem Islam und Muslimen genau das Klima schafft, das Politiker und Medien brauchen, um ihr Feindbild zu pflegen, das ablenkt vom Fehlen von richtungweisenden und problemlösenden politischen Programmen, und die in Wirklichkeit nichts als hohle Phrasen beinhalten.

Allerdings haben wir es seit dem G20 Hamburg Gipfel Desaster mit einem unglaublichen neuen Wahlkampthema zu tun, dem hervorgezauberten Linksextremismus, der Verteufelung linksextremistischer Gewalt, nach den Bildern marodierender schwarz vermummter Horden, die das Schanzenviertel verwüsten, Autos anzünden, Pflastersteine und Molotowcocktails werfen und so also genau die gewünschten Bilder erzeugten, die von Rechten förmlich herbeigesehnt wurden. War das nicht in Teilen voraussehbar, als die Gipfel-Queen, Kanzlerin Merkel, diese "Perle der Uckermark", ihre Geburtsstadt(!) Hamburg als Gipfelstadt erkor. Hamburgs Messegelände, der Tagungsort, der direkt an das berühmte Schanzenviertel grenzt und die rote Flora beheimatet, war das keine Provokation? Vollmundig hatte Bürgermeister Scholz die Sicherheit Hamburgs garantiert, und diesen Gipfel doch tatsächlich mit dem Hamburger Hafenfest verglichen! Was für ein untauglicher Vergleich. Natürlich ist es verabscheuungswürdig, was an Verwüstungen und Gewalt geschah, jeder verletzte Polizist ist einer zu viel. Aber wurde nicht von Beginn an versucht, die Demonstranten in die Gewaltecke zu drängen, die nur auf Randale aus wären und mit aller Polizeigewalt zu rechnen hätten, würden sie nicht nach der Gipfelpfeife tanzen? Nein, Bürgermeister Scholz irrt sich gewaltig, die Polizei hat nicht alles richtig gemacht und einen heldenhaften Einsatz geleistet. Sie sind von vornherein von Eskalation ausgegangen, als nur Schlaflager entstehen sollten, als vor Gericht erst Rechte erstritten werden mussten und der Fußballclub St. Pauli Schlafplätze auf seinem Gelände einrichtete und Kirchen und Privatleute Demonstranten aufnahmen.

Dieser Gipfel für etwa 200 Millionen Euro auf Kosten des Steuerzahlers war eine Schande der Demokratie. Schon scheint ein Ziel erreicht, nämlich alle Linken in einen Topf zu werfen und das Grundrecht auf Demonstrationsrecht in Frage zu stellen. Dieses Recht ist aber eines der letzten Rechte, das den Bürgern gestattet, ihren persönlichen Einsatz für die Demokratie zu leisten, diese Ausübung des Rechts auf Versammlungsfreiheit gehört zu den Grundrechten unserer Demokratie. Sollte dieses Recht noch mehr eingeschränkt werden, was unterscheidet uns dann noch von einer Diktatur?

Eine Minderheit von Brandstiftern und Plünderern, von zerstörungswütigen Chaoten, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass mehr als hunderttausend Demonstranten friedlich für ihre Ziele demonstriert haben, um auf die Verlogenheit dieser Gipfel-Politik hinzuweisen. Alle in einen Tropf zu werfen, wie es jetzt von Teilen scharfmachender Politiker von CDU Strobl, Bosbach oder Schuster und Spahn und der BLÖD-Zeitung geschieht, grenzt an einer neuen Form der Volksverhetzung. Wieder einmal sind die Linken die Bösen, und mit der hochgekochten Giftsuppe stilisiert man den Linksextremismus zu einem mehr als fragwürdigen Wahlkampfthema und kann getrost sein blindes rechtes Auge wie gehabt vernachlässigen. Haben nicht gewisse Rechte und AfD Politiker nur darauf gewartet, endlich gegen vermeintlich linke Politik eindreschen zu können, dann kommt in die Suppe noch ein bisschen Islamhass und fertig ist die Giftbrühe, die unser friedliches Zusammenleben immer schwieriger werden lässt. Hatten wir nicht gerade in Deutschland immer das Phänomen des Linken-Hasses, der schon den Nationalsozialisten die Machtübernahme erleichterte? Damals wurde auf die Juden rassistisch eingedroschen, und wie das endete wissen wir! Sollen jetzt also Muslime drankommen? Wehret den Anfängen! Lassen Sie es mich klarstellen, dass ich nur auf beginnende Parallelen hinweisen möchte, die mir große Sorge bereiten, keinesfalls eine Gleichsetzung, nichts liegt mir ferner.

Die Linke als Hassobjekt auserkoren


Aber wenn ich als Demokratin, die sich in keine Schublade pressen lässt, feststelle, wie gewisse Politiker und Vertreter der Israel-Lobby die Linke als Hassobjekt auserkoren haben, um endlich gemeinsam ihre mehr als fragwürdigen Ziele zu erreichen, nämlich die Israelisierung Deutschlands und das Ende der Meinungsfreiheit, wenn es um Israel-Kritik geht. Alles wird entweder in die antisemitische oder in die linksextreme oder als Steigerung in die muslimische antisemitische Ecke gedrängt. Mit dieser Art der Diffamierung schlägt man drei Dinge auf einen Schlag und meint so, alle vermeintlichen Feinde zum Schweigen zu bringen oder medial auszuschalten, während im "Jüdischen Staat" ungehemmt die Judaisierung Palästinas ihren ungebremsten und so gut wie ungestörten Lauf nimmt. Weiß man doch, dass weder vom wohlgesonnenen Trump und seiner "Kosher Nostra"-Entourage, noch von diesem Schau-Gipfel irgendeine Gefahr ausgeht, die das zionistische Besatzer Regime stören würde. Ist man doch eng verbunden mit der Globalisierung der Rüstungskäufe und Kriegseinsätze, getarnt als Anti-Terror Allianz. Auf dem Gipfel-"Familienfoto", mit Merkel in rotem Blazer als ein Wink mit dem Zaunpfahl in Hinblick auf eine kommende neue Große Koalition, fehlte nur noch das uns Steuerzahler Millionen kostende Panda-Bärenpaar, das Merkel die Fotos brachte, die doch bis jetzt alle Führer für ihr Volk benutzten! (11)(12) Diesen Gipfel der Verlogenheit wird man noch lange aufarbeiten müssen, jenseits vom Wahlkampf.


Fussnoten:

1 https://www.dailysabah.com/deutsch/politik/2017/07/10/gruenen-politiker-beck-deutsche-zahlungen-an-palaestinenser-prinzipienlos
2 http://www.focus.de/politik/ausland/u-boote-fuer-israel-berlin-will-umstrittenen-u-boot-deal-bezuschussen_id_6717455.html
3 http://www.rp-online.de/politik/ausland/israel-korruptionsverdacht-beim-kauf-deutscher-u-boote-aid-1.6643842
4 http://www.haaretz.com/israel-news/1.800487
5 https://www.aargauerzeitung.ch/panorama/people/thomas-gottschalk-yuecel-proteste-sind-kampf-fuer-das-freie-wort-131498347
6 http://www.taz.de/!5036516/
7 http://www.timesofisrael.com/pm-to-allow-lawmakers-to-resume-temple-mount-visits/
8 https://www.amnesty.de/jahresbericht/2017/israel-und-besetzte-palaestinensische-gebiete
9 http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/unesco-erklaert-hebron-zum-weltkulturerbe-auf-roter-liste-15095778.html
10 https://www.tagesschau.de/ausland/unesco-hebron-101.html
11 https://www.rbb-online.de/fernsehen/beitrag/panda--merkel---co.html
12 https://www.tagesschau.de/inland/gzwanzig-ergebnisse-103.html


Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom "Hochblauen", dem 1165 m hohen "Hausberg" im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt. (http://sicht-vom-hochblauen.de/) 2012 kam ihr Buch "Das elfte Gebot: Israel darf alles" heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro. Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten "Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik" ausgezeichnet.

Top-Foto:
Evelyn Hecht-Galinski (sicht-vom-hochblauen.de)


Online-Flyer Nr. 621  vom 12.07.2017



Startseite           nach oben