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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Medien
Eingabe zur Venezuela-Berichterstattung im Deutschlandfunk
Informationsauftrag ernstnehmen!
Von Günter Seibold

Sehr geehrte Damen und Herren in der Nachrichtenredaktion, es wäre wunderbar, wenn Sie in Ihren Nachrichten zu Venezuela dem geneigten Hörer erklären würden, was es denn mit der so bekämpften und dauernd als "umstritten" bezeichneten Verfassungsreform denn überhaupt auf sich hat. In Ihren Nachrichten erfährt man nur, dass die venezulanische Opposition darin den Versuch des Präsidenten Maduros sieht, seine Macht zu zementieren und sich mit diktatorischen Kompetenzen auszustatten. Mir war bislang nicht klar, dass der Deutschlandfunk eine Pressestelle der venezulanischen Opposition ist. Was sagen Maduro und seine Regierung selbst? Was bezwecken sie mit der Verfassungsreform? Welche objektiv erkennbaren Ziele hat die angestrebte Novellierung? Diese Information enthält der DLF seinem Publikum leider vor. Selbst in Reportagen aus Venezuela kommen zu 99% die Protestierer zu Wort (z.B. hier).

Es wäre schön, wenn Sie Ihre auf die schiefe Bahn geratene Berichterstattung wieder auf Spur bringen könnten und das journalistische Grundprinzip des "audiatur et altera pars" beherzigen würden! Mit Ihrer stark "oppositionell gefärbten" Nachrichtengestaltung setzt sich nämlich im Hörer der Eindruck fest, dass die Verfassungsreform ein Anschlag auf die Demokratie darstelle. Da dies mitnichten der Fall ist (was sich in der venezulanischen Verfassung schnell nachlesen lässt: laut Artikel 347 hält das Volk die verfassungsgebende Macht in den Händen; die Initiative zu einer verfassungsgebenden Versammlung kann laut Art. 348 vom Präsidenten und seinem Kabinett ausgehen), kann es nicht im Interesse des öffentlich-rechtlichen Deutschlandfunks sein, derartige irreführende Nachrichten zu verbreiten.

Des Weiteren steht dem Hörer zu, zu erfahren, dass nicht die Regierung hautverantwortlich ist für den Großteil der Todesopfer: Mit Blick auf die seit April anhaltenden Proteste in Venezuela spricht Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz - sie steht inzwischen in Opposition zur Regierung! - von insgesamt 121 Todesopfern. Für lediglich 25 Prozent davon machte sie bei einer Pressekonferenz am Montag in Caracas die Sicherheitskräfte verantwortlich. Auf das Konto der "Oppositionellen" gehen außerdem etliche Anschläge auf öffentliche Gebäude. Das Bild, das hierzulande auch mithilfe des Deutschlandfunks gepflegt wird, ist dagegen das einer friedlich demonstrierenden Opposition, die von der militanten Staatsmacht niedergeknüppelt wird.

Zur Einordnung der Geschehnisse in Venezuela wäre es für hiesige Hörer außerdem wichtig zu erfahren, welche geopolitische Bedeutung Venezuela hat und weshalb sich die USA so vehement in venezulanische Angelegenheiten einmischen. Wie kommt die Abteilung des US-Finanzbüros zur Kontrolle ausländischer Vermögen (Treasury Office of Foreign Assets Control OFAC) dazu, venezulanische Staatsbedienstete mit Sanktionen zu belegen, mit welchem Recht sanktioniert die US-Regierung Staatschef Maduro selbst und bezeichnet ihn als Diktator?

Wenn Sie Ihren Informationsauftrag als öffentlich-rechtliche Sendeanstalt ernstnehmen, müssen Sie diese Informationen Ihrem Publikum schleunigst zur Verfügung stellen.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr wissbegieriger Hörer Günter Seibold

Siehe auch:

Venezuela: ein Putsch gegen die gewählte Regierung droht
Zur Verleumdungskampagne gegen Venezuela
Aufruf von ALBASUIZA
NRhZ 624 vom 2.8.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24030

Was ist in Venezuela los?
Behauptungen und Wahrheit
Von Volker Wirth und Gerhard Mertschenk
NRhZ 624 vom 2.8.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24043

Nach den Wahlen für die verfassungsgebende Versammlung
Venezuela und Chile
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait
NRhZ 624 vom 2.8.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24044

Film von Elke Zwinge-Makamizile
Venezuela in guter Verfassung
Angriffsziel der westlichen Hegemonialmächte
NRhZ 624 vom 02.08.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24046

Online-Flyer Nr. 624  vom 02.08.2017



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