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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Wirtschaft und Umwelt
USA erpresst Rwanda, Uganda und Tanzania - Uganda und Tanzania knicken ein, Rwanda widersteht
"Get cash for clothes" für SMART
Von Georges Hallermayer

Was der Europäischen Union gefrorene Hühnerteile sind, die sie nach West- und Südafrika profitabel entsorgt, sind den USA ihre gebrauchten Klamotten, die sie nach Ostafrika exportieren. 2016 hatte die Ostafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Restriktionen beschlossen, um ihre lokale Textilindustrie aufzubauen und zu schützen. So ist die Einfuhr nach Ruanda von 420.000 Dollar 2015 auf 130.000 Dollar im Jahr 2017 gesunken. Peanuts? Nicht für die 1932 gegründete "Non-Profit-Organisation" Secondary Materials and Recycled Textiles Association (SMART Reycling US LCC). Sie und die hinter ihr stehenden Organisationen mit Draht nach Washington machen Druck in Washington. Die 2011 gegründete Schweizer Smart-Recycling AG mit Sitz in Nods macht Reklame, mit "Get cash for clothes" schon 50 Mio. Schweizer Franken Umsatz gemacht zu haben. Vom Sitz in North Yorkshire betreibt sie das Recycling-Geschäft über ganz Großbritannien.

Die US-Zentrale von SMART mit Sitz in Apex North Carolina verwies darauf, dass im Rahmen des Africa Growth Opportunity Act (AGOA stellt 6.000 Produkte zollfrei) der zollfreie Export Ruandas in die USA von 435.000 auf 2,16 Mio. Dollar angestiegen ist. Und Harry Sullivan, kommissarischer Direktor im Außenministerium für wirtschaftliche und regionale Angelegenheiten, nahm sich der Angelegenheit auf dem Presse-Briefing am 13 Februar in Washington an. (1)

Er verkündete handverlesenen afrikanischen Journalisten auf „listening parties“ in amerikanischen Botschaften, was Sache ist. Die Frage des Journalisten von Ghana Business News, dass Afrika Textilien nur im Wert von etwa 1 Mrd. Dollar exportiert, während Vietnam allein auf 20 Mrd. Dollar kommt, wurde erstmal ausweichend mit dem Wettbewerb abgetan.

Ein Journalist aus Kenya packte das heiße Eisen an: Constance Hamilton von der US-Handelsvertretung hätte letzten August gesagt, bis Ende 2017 erwarte sie eine Entscheidung, dass die ostafrikanischen Länder wegen Verstoßes gegen AGOA bestraft würden. Harry Sullivan stellte klar: Die USA erwarten zwei Dinge, nämlich die Zolltarife generell auf den Stand vor 2016 zu senken und die Second-Hand-Kleidung von ihrer „schwarzen Liste“ zu streichen. Der Journalist der New Times Daily aus Kigali brachte es auf einen Punkt :“Amerika zuerst“ Aber Harry Sullivan sorgte sich in neokolonialistischer Manier um die angeblich 300.000 Arbeitsplätze, die in Ostafrika auf dem Spiel stünden und um die “ärmsten Verbraucher in Ostafrika“, denen die „consumer choice“ vorenthalten würde. Die effektivste Wachstumsstrategie für die afrikanische Mode sei, für den Mittelstand eigene Marken zu entwickeln.

Harry Sullivan erklärte, die Staatschefs der betreffenden drei Länder seien „sehr wirksam“ auf die Risiken ihrer Entscheidung hingewiesen worden. Anfang Februar hätte bereits ein Treffen stattgefunden, ein zweites Treffen sei Ende des Monats vorgesehen. „Das Ergebnis dieses Treffen wird bestimmen, welche Maßnahmen wir ergreifen“, ließ Harry Sullivan bedrohlich im Raume stehen. Wir dürfen gespannt sein….

Nigeria hätte, so Sullivan, mit 6 Mrd. Dollar Export, Südafrika mit 2,9 Mrd. Dollar und Angola mit 2,27 Mrd. Dollar den größten Nutzen gezogen (v.a. durch den Ölexport). Der Nicht-Öl-Export unter AGOA sei von 1,3 Mrd. im Jahr 2001 auf 4,2 Mrd. Dollar 2016 gestiegen. Ghana habe den Export verdoppelt, Äthiopien um 35 Prozent erhöht. Insgesamt sei der Handel mit dem subsaharischen Afrika von 2016 auf 2017 um 16,8 Prozent auf 38,5 Mrd. Dollar gestiegen, der Export nach Afrika um 4 Prozent, der Import aus Afrika um 24 Prozent.

Als vorbildliches Beispiel führte Harry Sullivan die 2003 von einem Amerikaner gegründete ONG Alafia in Togo an, die von örtlichen Kooperativen Karite-Butter aufkauft und an „Whole Foods Market Inc.“ zur Verarbeitung in Seife, Shampoo, Handwaschmittel exportiert – perfekt als Rohstofflieferant in die Wertschöpfungskette eingepasst. (Amazon hat im letzten Jahr die Bio-Naturkost-Kette für 13,7 Mrd. Dollar aufgekauft.) Der amerikanische Botschafter in Togo ließ es sich letzten Dezember nicht nehmen, den neuen Regional-Sitz im noblen Vorort von Lome, Baguida, einzuweihen (Togo-Presse vom 19.12.2017).

Eigentlich war das Pressebriefing gedacht, die Vorteile von AGOA und der US Wirtschaftspolitik in Afrika herauszustreichen. Aber die kritischen Fragen der Journalisten hatten den amerikanischen Diplomaten etwas aus dem Konzept gebracht. Unausgesprochen saß die VR China mit am Tisch und die Tatsache, dass sie seit 2005 schrittweise zollfreien Import aus den ärmsten Staaten / LCD-States) ohne politische Bedingungen gewährt. Er musste mehrmals Bedenken zerstreuen, AGOA sei bis 2025 vom Parlament beschlossen und die Regierung sei daran gebunden - auch wenn er den Bericht der Obama-Administration „Beyond-AGOA“ sehr interessant finde. Jedenfalls würden in diesem Jahr würden Gambia und Swaziland in den Kreis aufgenommen und Zimbabwe als Kandidat behandelt.

Nachspiel: „Die Regierungen von Tansania und Uganda haben Maßnahmen ergriffen, um prohibitive Zölle auf Einführung von gebrauchter Kleidung und Schuhen abzuschaffen“ kommentierte USTR, die US-Handelsvertretung die Botmäßigkeit. Donald Trump habe die Leistungen für aus Tansania und Uganda importierte Produkte nicht suspendiert, „da jeder von ihnen Maßnahmen ergriffen hat, um prohibitive Zölle auf Einfuhren von gebrauchter Kleidung und Schuhen abzuschaffen.“

Im Gegensatz wehrt sich Ruanda weiterhin gegen die gebrauchten Klamotten, setzt auf die Entwicklung seiner eigenen mittelständischen Textilindustrie und hat die beschlossenen Maßnahmen der Ostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft nicht zurückgenommen. Jetzt hat Präsident Trump entschieden, selbst kleine Länder mit Strafzöllen zu belegen, und nahm Textilien aus Rwanda von der zollfreien Einfuhr in die USA aus. Dies sei eher geeignet (als ein Ausschluss aus AGOA, wie angedroht), die Diskussion mit Rwanda weiterzuführen, so USTR (jeune afrique, 2.4.2018). Die Erpressung geht also weiter.


Fussnote;

1 nachzulesen unter: https://www.state.gov/r/pa/ime/africamediahub/rls/278316.htm

Online-Flyer Nr. 654  vom 11.04.2018



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