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Kommentar
Ukraine-Wahlkampf
Westen macht Kriegs-Reklame
Von Ulrich Gellermann

Noch kein Krieg mit internationaler Beteiligung in der Ukraine. Noch keine NATO-Waffenhilfe für den Wahlkämpfer Poroschenko, den Noch-Präsidenten der Ukraine. Aber es steht schlecht um den Kiewer Oligarchen. Wenn Wahlen wären, sagen die Umfragen, wäre der Mann nicht mehr Präsident. Und pünktlich zu Beginn des Wahlkampfes sendet Poroschenko seine Marine zur Kampftour durch die Meerenge von Kertsch, und die russische Marine reagiert prompt: Denn die Kriegsmarine der Ukraine hatte nicht die Güte, ihre Flotille so anzumelden, wie es im 2003 abgeschlossenen Vertrag zwischen der Ukraine und Russland zur Nutzung des Asowschen Meeres und der Straße von Kertsch vorgesehen ist. Ein schöner Krieg könnte Stimmen gewinnen. Und da der militärische Zwerg Poroschenko nur geringe Chancen gegen den militärischen Riesen Russland hat, versucht der Ukrainer auf die Schultern der NATO zu klettern und aus dieser scheinbar sicheren Position in den Kampf zu ziehen. Dass es da eine Weltkriegsschwelle gibt, bei ihrer Überschreitung gar ein atomares Risiko? Kümmert doch den Gefährder aus Kiew nicht.

Leider ist der größenwahnsinnige Präsident nicht allein. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat der Ukraine schon mal die Unterstützung der Militärallianz im jüngsten Konflikt mit Russland zugesagt. Der deutsche Draussen-Minister, Heiko Maas, twittert lauthals: "Eine russische Blockade der Durchfahrt ins Asowsche Meer ist nicht akzeptabel". Von der deutschen Verantwortung für den wildgewordenen Zwerg aus dem Oblast Odessa kein Wort. Denn nur mit deutscher Hilfe wurde der installiert und nur mit deutscher Hilfe hält er sich im Amt. Auf seinen Zehenspitzen steht auch Omid Nouripour, Außenpolitiker der Grünen – aus dieser kühnen Höhe kann er weit gucken und erkennt, dass es sich im vorliegenden Fall um einen „eindeutigen Rechtsbruch Russlands“ handelt. Über so viel Fernsicht verfügt auch die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, die "illegale Handlungen" Russlands behauptet. Und wenn die USA was behaupten, dann behaupten deutsche Medien tapfer mit. Zwar gibt es noch keinen Krieg mit Russland, aber sicherheitshalber bereiten die vorauseilenden deutschen Redakteure ihn schon mal vor.

Eilfertig meldet sich die "Tagesschau" mit ihrem Redakteur Kai Küstner zur Stelle und schreibt mit einer "Chronik der Krimkrise - Die Wurzel des Schwarzmeer-Konflikts" schnell mal die Geschichte neu. Begonnen habe alles, als "Präsident Viktor Janukowitsch es im November 2013 auf russischen Druck hin ablehnte, seine Unterschrift unter ein Partnerschaftsabkommen mit der EU zu setzen". Vergessen, verschwiegen, weggelogen: Die Ausdehnung der NATO-Grenzen bis kurz vor Moskau. Verschwunden der Versuch, die Ukraine auch militärisch in die EU einzugliedern. Als Ersatz für die historische Wahrheit eine Tagesschau-Weisheit: Russland habe die Krim-Halbinsel unter seine Kontrolle gebracht und verleibte sie sich schließlich endgültig ein. Kein Wort dazu, dass die Krim nur in einer Wodka-Laune von Nikita Chruschtschow zur Ukraine verschoben wurde. Kein Satz über die Unterdrückung der russischen Sprache, die immerhin von einer erheblichen Minderheit in der Ukraine gesprochen wurde. Keine Erinnerung an die Wiederbelebung des faschistischen Bandera-Kultes in der altem sowjetischen Teilrepublik. Statt dessen ein Satz wie aus dem Handbuch des Schreibtisch-Kriegers kopiert: Die Nato sei "weg von der Konzentration auf überschaubar erfolgreiche Auslandseinsätze wie dem in Afghanistan und hin zur Verteidigung des eigenen Bündnisgebiets“. Hin zu einer sogenannten "superschnellen Eingreiftruppe " für den Ukraine-Ernstfall. Klar, der Afghanistan-Krieg war und ist total erfolgreich, schöne Grüße von den Taliban. Und dieser "Erfolg" soll jetzt wohl den nächsten "Erfolg" in der Ukraine vorbereiten.

Sie laufen frei rum, Redakteure wie Kai Küstner vom NDR. Und weil sie noch nicht sitzen – Artikel 26 Grundgesetz hält Handlungen, die einen Angriffskrieg vorbereiten immer noch für strafbar – bereiten sie schon mal propagandistisch einen Kriegsausbruch vor. Die WELT zitiert ohne Hemmungen und Relativierung den gefährlichen Poroschenko : „Entsendung der deutschen Marine vor die Krim könnte Russlands Brutalität stoppen“. Die SÜDDEUTSCHE schreibt im Chor der deutschen Medien von einer "Annexion" der Krim und der Ostukraine, ein prima Kriegsgrund. Dass die Mehrheit der Krim-Bevölkerung zurück nach Russland wollte, wird vorsätzlich ignoriert. Und das halbamtliche DEUTSCHLANDRADIO zitiert ohne Vorbehalt den ukrainischen Botschafter in Berlin, der tatsächlich behauptet, eine Entsendung deutscher Marineschiffe ins Schwarze Meer könne „zu einer Deeskalation beitragen“. Bei solchen Sätzen fragt man sich, wer verrückter ist: Der Botschafter oder der Redakteur, der diese tolle Idee unkommentiert weitergibt.

Über das Minsker Abkommen, das den Krieg in der Ukraine beenden sollte und zu dessen Signatarmächten auch Deutschland gehört, wird nur noch als Restposten geredet. Schreibt oder sendet mal einer der oberschlauen deutschen Medien-Macher darüber, dass damals in Minsk, am 14. Februar 2015, zum Beispiel gefordert wurde "Innerhalb von 30 Tagen soll das ukrainische Parlament in Kiew eine Autonomie bestimmter Regionen der Gebiete Lugansk und Donezk beschließen“. Verdrängt auch, dass eine "Verfassungsreform zur Dezentralisierung der Ukraine verwirklicht" werden sollte. Hat einer der Propaganda-Journalisten mal im Kanzleramt oder dem Außenministerium nachgefragt, warum Poroschenko nicht nachdrücklich an seine Versäumnisse erinnert wird? – Nein, noch gibt es keinen Krieg. Aber der Vor-Krieg schwelt. Und statt den Brand auszutreten, wird medial nachgelegt: "Krim-Konflikt ist Putins Droge“, kotzt der FOCUS auf den Tisch seiner Leser und verwarnt Berliner Stimmen, die zur Mäßigung aufrufen: "De facto ruft Berlin damit das Opfer einer Aggression zur Entspannung auf – eine zynische Politik des Wegsehens." So richtet die Droge des Schreibtisch-Krieges im Gehirn des deutschen Mehrheitsjournalisten schwere Schäden an. Er hält sich für bedeutend, wenn er, scheinbar sicher hinter seinem PC, der Poroschenko-Aggression Beifall spendet. Wenn derselbe Schreiber, der Putin-Hasser Boris Reitschuster, in seinem Text richtig erkennt "Es ist schwer, sich der Stimmungsmache in den Propaganda-Sendern zu entziehen“, fällt dem Opfer der Auto-Agitation schon nicht mehr auf, dass dieser Satz, den er auf die russische Öffentlichkeit formuliert, nur ihn und seinesgleichen trifft.


Erstveröffentlichung am 29. November 2018 bei rationalgalerie.de – Eine Plattform für Nachdenker und Vorläufer

Top-Foto:
Ulrich Gellermann (aus Video-Interview: deutsch.rt.com)


Online-Flyer Nr. 685  vom 05.12.2018

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