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Medien
Referat im Rahmen der Mitgliederversammlung der IPPNW am 4. Mai 2019
Medien und Krieg
Von Manfred Lotze

Medien und Krieg ist unser Thema. Vielleicht auch Medien-Krieg? Können Medien Kriegspartei sein? Werden Feindbilder erzeugt, um Kriegswiderstände in der Bevölkerung zu schwächen? Wie steht es um die Pressefreiheit? Ich beginne mit folgender These: Medienkrieg ist in unserem Kontext der Kampf der Leitmedien (= Konzernmedien, Frontmedien, Mainstream Medien) gegen radikale Aufklärung über Hintergründe und Schäden der NATO-Politik. Mir verschaffte besonders ein Referent aus den USA vor einigen Jahren darüber Klarheit, was Medienkrieg bedeutet. Prof. Simon Harak, katholischer Priester und Professor für theologische Ethik, ist eine der bekanntesten Persönlichkeiten der Friedensbewegung in den USA. Er ist Mitbegründer der US-Organisation Voices of Wilderness, die mehrfach für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen wurde.


Montage: NRhZ

In seinem fulminanten Referat 2006 in Hamburg beschrieb er fünf Strukturen als Ursachen für die permanenten Kriege, die in der Propagandasprache als Antiterror-Kriege bezeichnet werden. Nebenbei: der Begriff Propaganda ist identisch mit dem modernen PR Public Relations. An 2. Stelle der Kriegsursachen stehen die Medien: PR-Firmen, v.a. das Amt für weltweite Kommunikation, koordinieren und beherrschen die Nachrichten. Ein „globaler Bote“ leitet täglich Propaganda in die weltweit führenden Agenturen. Beliebt ist die Wiedergabe der in Europa auf diesem Wege veröffentlichen Nachrichten zurück in den USA mit Angabe der so an Glaubwürdigkeit erhöhten „europäischen“ Quellen. John Rendon, der die größte private PR-Firma, die Rendon-Group, leitet und wesentlich vom CIA finanziert wird (der CIA vergibt die Hälfte seines Budgets an Privatfirmen) hat sich 1998 selbst charakterisiert: „Ich bin Informationskrieger und Wahrnehmungsmanager“.

In der Diskussion war u.a. die Pressefreiheit angesprochen worden. Es sei doch gelegentlich auch Aufklärendes in der New York Times zu lesen. „Also press is a corporation“ (also eine Kapitalgesellschaft mit Aktionären) antwortete Simon Harak. Die NYT habe über eine kürzliche Antikriegsdemonstration von 350 000 Menschen auf dem Broadway, die von Harak mit organisiert war, lediglich auf Seite 15 einen kleinen Absatz gebracht.

Es geht also bei der globalen Desinformation nicht um eine zentrale Steuerung, sondern um ein neoliberales Netzwerk, das um die globale Meinungshoheit kämpft – mit allen Mitteln. Logischer Teil des Neoliberalismus ist der Warencharakter aller Dienstleistungen, also auch der Informationen. Ohne Gewinnaussichten werden sie vom „freien Markt“ verdrängt.

Fragen wir weiter nach den ursächlichen Drahtziehern und Interessenten am neoliberalen Gesellschaftssystem, stoßen wir u.a. auf den Bilderberg-Club und seine jährlichen Konferenzen. Es handelt sich um geheime Begegnungen der Reichen und Mächtigen und Alpha-Journalisten. Am Beispiel der Bilderberger lässt sich aufzuzeigen, wie Macht funktioniert und welche engen Beziehungen zwischen Politik, Wirtschaft und den Medien bestehen. Die jeweiligen Chefredakteure der ZEIT gehören zu den ständigen Teilnehmern. Das Werk von Uwe Krüger „Meinungsmacht. Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalisten“ ist die wissenschaftliche Quelle. Die Auflistung des „Who is who“ ist eindeutig. (1)(2)
 
Als Ergänzung dieser kurz gefassten Aspekte der inoffiziellen Strukturen unserer Medienlandschaft füge ich noch einige Zitate aus dem Sonderdruck der Zeitschrift OSSIETZKY „Keine Demokratie ohne Demokratisierung der Medien“ (3) an:

„Wir führen Krieg, bei dem es um das Überleben unserer Lebensweise geht. Und der Schwerpunkt dieses Kampfes liegt nicht allein auf dem Schlachtfeld. Es ist ein Test des Willens, und er wird auf dem Feld der weltweiten öffentlichen Meinung gewonnen oder verloren.“ (Donald Rumsfeld)

„Gerade demokratische Öffentlichkeiten, die Krieg normalerweise als illegitimes Mittel der Politik betrachten, lassen sich nur durch geschickte und überzeugende Propaganda von dessen Notwendigkeit überzeugen. Dieser Grundsatz galt bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts, wie der ehemalige Journalist George Creel wusste, der während des Ersten Weltkrieges im Auftrag der US-Regierung die Propaganda- und Zensurbehörde „Committee on Public Information“ leitete.“ (Jürgen Rose in „Die Medienkrieger“)

Noch etwas zum Tendenzschutz-Paragraphen. Wer hat davon schon mal gehört? Zitat aus OSSIETZKY: „Tendenzschutz ist eine Ausnahmebestimmung in der deutschen Betriebsverfassung. Sie bedeutet für Medienunternehmen, dass deren Eigentümer bestimmen können, was und wie etwas in ihren Medien publiziert wird. Die Verleger können ihre Journalisten dazu verpflichten, in einer bestimmten weltanschaulichen Sichtweise und in einem bestimmten Stil Texte, Bilder und Filme zu produzieren. Dies schließt die Unterdrückung zutreffender Texte ein.

Rechtsgrundlage ist der Paragraph 118 des Betriebsverfassungsgesetzes. Er verbietet das Recht auf betriebliche Mitbestimmung in wichtigen personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten für Unternehmen, die in der Medienbranche produzieren. Der Tendenzschutz mache aus der „Pressefreiheit in Wahrheit die Verlegerfreiheit“, hatte namentlich die IG Druck und Papier seit 1968 immer wieder kritisiert. So bestimmt eine Handvoll Medienunternehmer, ähnlich wie früher Könige und Kaiser erlaubt und zensiert haben, was veröffentlicht wird oder eben auch nicht. Redakteure und Pressefreiheit liegen immer noch an der Tendenzschutz-Kette.“ (Rainer Butenschön in „An der Kette“)

„Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten. Journalisten, die diese Meinung teilen, finden sie immer…..“ (Paul Sethe, Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in einem Leserbrief an den SPIEGEL vom 5. Mai 1965) Inzwischen sind aus den 200 Medienbesitzern weniger als 20 übrig geblieben, die aber reicher.

Zitat Daniela Dahn: „Eine andere Welt wird nur möglich sein, wenn wir andere Medien haben. Die derzeitigen Massenmedien, insbesondere die großen privaten Fernsehsender, sind eine Propagandamaschine des Neoliberalismus, sie entpolitisieren durch billige Unterhaltung, kolonialisieren die Vernunft.

„Es ist der älteste Trick der Bourgeoisie, den Wähler frei seine Unfreiheit wählen zu lassen, indem man ihm das Wissen um seine Lage vorenthält. Das, was jemand braucht, um seinen Weg wählen zu können, ist Wissen. Was kommt dabei heraus, wenn man einem Mann, der weder Notenlesen noch Klavierspielen lernen durfte, vor ein Klavier stellt und ihm die frei Wahl über die Tasten lässt?“, fragte Bertolt Brecht.

In der Schlacht um das öffentliche Weltbild hat Television mehr Macht als das Militär. Sechs große Medienkonzerne beherrschen den Weltmarkt der bewegten Bilder. Der größte von ihnen ist Time Warner. Verbreitet wird die nordamerikanische Sicht auf die Welt. Wer der kulturellen Hegemonie des Kapitals nichts entgegensetzen kann, wird auch die ökonomische und politische nicht brechen.

Eins ist klar: Sendelizenzen und Fernsehtechnik sind teuer. Ein linker Weltsender – wer soll den bezahlen?, wird man achselzuckend gefragt. Das heißt aber im Umkehrschluss: Da die massenhafte Verbreitung alternativer Ideen nicht finanzierbar ist, muss auf deren Sieg verzichtet werden.

Sollte die Linke nicht etwas phantasievoller über langfristige Strategien nachdenken, wie sie sich am Kampf um Medienhoheit beteiligen kann? Zunächst müssten die Debatten um das Menschenrecht auf Meinungsfreiheit zugespitzt werden: Darf ein Dutzend Milliardäre, die globale Medienkonzerne besitzen, den Mainstream der Weltbevölkerung bestimmen?“ fragte Daniela Dahn 2011 in „Fernsehfreiheit oder die freie Wahl über die Tasten“.

Seither hat sich durch das Internet die Medienwelt verändert und dem Kampf um Meinungsfreiheit neue Chancen eröffnet. Der m. E. wichtigste Aufklärer über Manipulation, Demokratie-Management durch Soft-Power-Techniken und Tiefenindoktrination ist Prof. Rainer Mausfeld. Seine Vorträge sind durch das Internet 100tausenden bekannt geworden. Eine Zusammenfassung bringt sein Buch „Warum schweigen die Lämmer“, Titel auch seines ersten Vortrags 2016 in Kiel. Weiter empfehle ich die NachDenkSeiten, Rubikon, Weltnetz TV, German Foreign Policy und IMI (Informationsstelle Militarisierung), die hohe Bedeutung für wissenschaftlich basierte Aussagen der Friedensbewegung hat.

Daniele Ganser empfiehlt den Medien-Navigator (4) als große Hilfe in dem Medien-Dschungel:


Medien-Navigator von "Swiss Propaganda Research" (vergrößern)

Abschließend nenne ich nur noch eine imperiale Institution, die 1921 in New York von dem einflussreichsten Journalisten Walter Lippmann zusammen mit Geschäftsleuten, Bankiers und hochrangigen Politikern gegründet worden war und noch heute für die Politik der USA bestimmend ist. Warum und wie würde den Rahmen hier sprengen ist aber in Mausfelds Buch zu lesen und bei wikipedia. Diese führende Denkfabrik heißt Council on Foreign Relations


Fußnoten:


1 http://ecosia.org/search.php?q=bilderberg-Kreis&source=forestle
2 http://de.wikipedia.org/wiki/Bilderberg-Konferenz
3 http://www.ossietzky.net/sonderdrucke&textfile=92 (März 2008)
4 https://swprs.org/medien-navigator/
5 https://de.wikipedia.org/wiki/Council_on_Foreign_Relations

Online-Flyer Nr. 704  vom 08.05.2019



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