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Krieg und Frieden
XV. Deutsch-Russische Städtepartnerschaftskonferenz vom 25.-27. Juni 2019 in Aachen/Düren
Leidenschaftlicher Wille zur Kooperation
Persönliche Eindrücke von Ansgar Klein

Der wichtigste Eindruck vorweg: während der gesamten Konferenz spürte man den von Herzen kommenden Wunsch der russischen Teilnehmer, immerhin 250 von insgesamt ca. 700, nach Zusammenarbeit und Freundschaft mit uns Deutschen! Das sprechendste Beispiel dafür waren für mich die Worte des Sonderbotschafters des Präsidenten der Russischen Föderation Dr. Michael Schwydkoj zu Beginn seines Auftritts auf der Eröffnungsveranstaltung der Konferenz im Krönungssaal des Aachener Rathauses bevor er eine Grußbotschaft von Wladimir Putin vortrug, die ebenfalls vom Wunsch nach guter Partnerschaft mit Deutschland geprägt war. Dr. Schwydkoj fand nach der Rede von Michelle-Jasmin Müntefering, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, die die „Annexion der Krim“ erwähnte - ein Affront(!) - nur nette Worte für seine Vorrednerin, ohne auf den Affront einzugehen. Im Gegensatz zu Putins Grußbotschaft war das Grußwort Merkels, das Matthias Platzeck, Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums und engagierter Kooperator verlas, gekennzeichnet durch rein formale Sätze, die eine deutsch-russische Annäherung nicht einmal ahnen ließen.


Friedensfeier, Kriegsgräberstätte Hürtgenwald/Vossenack (Foto: Ansgar Klein)

Insgesamt war diese Eröffnungsveranstaltung, wie der gesamte äußere Rahmen der Konferenz vom Gastgeber, dem Kreis Düren und seinem Landrat Spelthahn, hervorragend gestaltet, was musikalisch dadurch zum Ausdruck kam, dass zwei Spitzen-Pianisten auftraten, der Deutsche Lars Vogt und der Russe Rom Urasin. Erstaunt war ich, dass ein CDU-Politiker wie der NRW-Ministerpräsident Armin Laschet in seiner Festansprache nur Positives zum Verhältnis Deutschland-Russland zum Ausdruck brachte.

Vor der Eröffnungsveranstaltung hatte auf dem Aachener Westfriedhof an der Gedenkstätte für sowjetische Zwangsarbeiter eine Kranzniederlegung stattgefunden. Für jeden Teilnehmer standen rote Nelken bereit, die nach der Gedenkstunde alle 148 Gräber schmückten.

An den beiden folgenden Tagen fanden die Plenum-Veranstaltungen, immer mit Simultan-Übersetzung der Reden, in der sehr angenehmen Atmosphäre des Dürener Dorint-Hotels statt. Zu Beginn eine Podiumsdiskussion zum Thema „ Quo vadis deutsch-russische Beziehungen?“ u.a. mit Dirk Wiese, MdB (SPD) vom Auswärtigen Amt, dem man seine Amtsbezeichnung ‚Koordinator für die zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit mit Russland, Zentralasien und den Ländern der Östlichen Partnerschaft‘ kaum anmerken konnte, während man bei allen russischen Teilnehmern der Diskussion deren leidenschaftlichen Willen zur Kooperation immer spüren konnte. 

Nach der Mittagspause tagten sieben Arbeitsgruppen im Gebäude der Kreisverwaltung. Meine Frau Helene und ich, die als Vertreter der von uns initiierten Aachener Bürgerinitiative ‚Gute Nachbarschaft mit Russland‘ an der Konferenz teilnahmen, hatten uns für die AG ‚Wege der Verständigung – Wege zum Frieden‘ entschieden. Hier wurde sehr engagiert von Aktionen und Partnerschaften berichtet, die Beispielhaftes auf dem Gebiet der Kooperation aufzeigten, so eine Pferde-Planwagenreise  ‚2300 km vom Brandenburgischen Brück nach Welikij Nowgorod‘, die Friedensstiftung der Stadt Wolgograd, Städtebotschafter der Friedensstadt Osnabrück, 75 Jahre Städtepartnerschaft Coventry - Wolgograd und ‚Cologne Alliance‘, das Dach der Kölner Städtepartnerschaften. Am Abend lud der Kreis Düren zum Emfpang auf Schloss Burgau mit musikalischem Rahmenprogramm aus Russland und Deutschland.

Am dritten Tag der Städtepartnerkonferenz tagte am Vormittag noch einmal das Plenum: Präsentation und Diskussion der Ergebnisse der Arbeitsgruppen und Vorstellung des 3. Jugendforums der Deutsch-Russischen Städtepartnerschaften. 60 Jugendliche aus Deutschland und Russland hatten unter dem Motto „Stadt in Bewegung: Dein Projekt zählt“ Austauschprojekte entwickelt. Während dieser Abschlussveranstaltung konnten wir unsere Petition „Sanktionen gegen Russland beenden“ (1) vorstellen und Unterschriften dafür sammeln.

Am Nachmittag standen Exkursionen der Arbeitsgruppen auf dem Programm. Unsere AG erlebte in Hürtgenwald/Vossenack etwas ganz besonderes: Die gesamte Schülerschaft des dortigen katholischen Gymnasiums gestaltete mit dem Lehrerkollegium auf der benachbarten großen Kriegsgräberstätte eine bewegende Friedensfeier, in deren Verlauf jede(r) SchülerIn zum Grab eines Kriegstoten ging (siehe Foto). Zum Abschluss ließen alle bunte Luftballons mit Friedenswünschen in den Himmel steigen.


Fußnote:

1 https://www.openpetition.de/petition/online/sanktionen-gegen-russland-beenden

Online-Flyer Nr. 713  vom 17.07.2019



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