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Globales
Nach Parteifunktionären jetzt Finanz-Manager
Neue Antikorruptions-Kampagne in China
Von Georges Hallermayer

Zwei nationale Kampagnen verursachen in diesem Sommer Turbulenzen in Chinas Finanzsektor. Parallel zu den wirtschaftlichen Anstrengungen, in den Provinzen „hidden debts“, versteckte Kredite bei Banken, aber auch Regierungsbehörden aufzuspüren und zu regeln, wird nach korruptiven Elementen gesucht. Und die Zentralkommission für Disziplinarkontrolle wie die Anti-Korruptions-Behörde CCDI übersetzt heißt, greift durch – im deutlichen Kontrast zu Berichten analoger westlicher Einrichtungen. Mit Erfolg: Im letzten halben Jahr wurde gegen mindestens zwanzig leitende Bank-Manager Ermittlungen aufgenommen. Zwei Beispiele:

Zhong Xialong, Provinz-Chef in Shandong (Ostküste) der Chinesischen Entwicklungsbank CDB, einer der drei großen staatseigenen Kreditbanken, beging während der Ermittlungen Selbstmord, wie Caixing am 20. Juli meldete. Die Untersuchungskommission deckte in der Zweigstelle der CDB in der nordwestchinesischen Provinz Jilin Verluste in Höhe von mehr als 435 Mio. US-Dollar auf, die mit illegalen Darlehensgarantien verbunden waren.

Die Angestellten der Shanghaier Zweigstelle der weltgrößten Bank (nach der Bilanzsumme gemessen), die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC), waren nicht schlecht überrascht, als am 7. Juni ihr Chef Gu Guoming an seinem Schreibtisch verhaftet wurde. CCDI Beamten und nicht der Bank-Chef Chen Siqing haben ihm die Suspendierung und die „vorübergehende Vertretung“ durch den Leiter der Shandong Niederlassung von ICBC mitgeteilt.

Auch in anderen Branchen wird die Antikorruptionsbehörde CCDI fündig. So wurde der Direktor für Strategische Planung der staatseigenen „China Nonferrous Metal Mining Group“ (CNMC) anfanag Juni beschuldigt, „ernste Disziplin- und Gesetzesverletzungen“ begangen zu haben, wie euphemistisch die Korruption umschrieben wird.

Xi Jinping hatte 2012, nachdem er zum CPC-Parteichef gewählt wurde, die Kampagne gegen Korruption ins Leben gerufen: „Korruption ist die größte Bedrohung, die unserer Partei gegenübersteht…. Deshalb entschieden wir uns, beide zu verfolgen: Tiger und Fliegen, Missetäter ungeachtet ihres Standes“ (CGTN 25.12.2017), selbst zu sämtlichen Teiles des chinesischen Militärs wurden Inspektionsteams entsendet, wie german.china am 7. Mai 2016 berichtete.

Begleitet war diese Maßnahme durch die Änderung des Parteistatus, das strengere Aufnahmebedingungen regelte, acht Punkte um „Bürokratie, Verschwendung und Extravaganz auszurotten“. So sanken die öffentlichen Ausgaben der Zentralregierung um 35 Prozent, Dienstwagen und Auslandsreisen wurden aufs absolut notwendige beschränkt, Luxusgeschenke von Hermes, Gucci und anderen gestrichen, ebenso gastronomische Menüs in Luxusrestaurants.

Bis 2017 stagnierte die Zahl der Parteimitglieder, erst 2017, nach der erfolgreichen Bilanz der Antikorruptions-Kampagne wurden zwei Millionen neue Mitglieder aufgenommen, über 80 Prozent unter 35 Jahren, 50 Prozent in der Produktion tätig. Die CPC zählte damit 89,5 Millionen Mitglieder in 4,57 Millionen Basisgruppen.

Wie CGTN berichtete, kehrte die Antikorruptions-Besen der Partei gründlich: „Caging tigers, netting flies“. (Die Tiger in den Käfig, Fliegen verscheuchen“) 1.537.000 Parteifunktionäre wurden bestraft, 3.453 ins Ausland Geflüchtete wurden verhaftet, 51 von 100 der meistgesuchten Wirtschaftsflüchtlinge auf der Roten Liste von Interpol wurden gefasst (dessen chinesischer Präsident Meng Hongwei im Oktober letzten Jahres selbst der Korruption angeklagt wurde).

So wurde Yang Xiuzhou 2016 von den USA ausgeliefert. Sie war Bau-Abteilungsleiterin der Provinzregierung Zhejiang und Vize-Bürgermeisterin in Wenzhou. 1996 hatte sie sich in New York ein 6stöckiges Haus gekauft, aber war seit 2003 auf der Flucht. Ein anderes, aktuelles Beispiel: Wang Tianpu, Big Boss des Ölindustriegiganten Sinopec, wurde vom Gericht in Nanchang zu 3,2 Mio. Yuan (umgerechnet 435.000 Euro) Strafe verurteilt, seine illegalen Erwerbungen eingezogen, wie chinafrique.info am 24. Januar 2017 meldete.

Selbst nach sechs Jahre im Ruhestand wurden gegen Xu Tie in Juni diesen Jahres Korruptionsermittlungen aufgenommen. Xu Tie war zwischen 2008 und 2013 in der Provinz Shandong Parteichef und Direktor der China Security Regulatory Commission CSRC, der Zentralen Aufsichtsbehörde der Wertpapierbranche. CSRC-Chef Liu Shiyu (von Februar 2016 bis Januar 2019), auch Vize-Sekretär von China Co-Op, hatte sich einen Monat vorher selbst gestellt.



Unter den 1,537 Millionen waren 440 Spitzen-Funktionäre, davon 43 Mitglieder des Zentralkomitees. Auf Provinzebene wurden 56 Funktionäre bestraft, zum Beispiel Sun Zhengcai, Chongqing-Provinzchef oder Wang Sanyun, Parteichef der Gansu Provinz oder Xiang Junbo, Chef der Zentralen Versicherungs-Regulierungsbehörde.

In 80 Prozent der Korruptionsfälle seien auch Familienangehörige der Beschuldigten involviert gewesen. So dürfen der Parteizeitung zufolge People’s Daily Angehörige von Amtsträgern keine Unternehmen mehr führen. Die Kritik machte auch vor den Mitgliedern der Kontrollbehörde nicht Halt: Wie german.China am 12. Oktober 2015 berichtete, waren von Ende 2012 bis Oktober 2015 mehr als 3.400 Disziplin-Inspektoren bestraft worden, darunter 14 von der Zentralen Kontrollbehörde CCDI.

Folgten 2013 auf 52,2 Prozent der Ermittlungen auch Bestrafungen, ging diese Quote 2017 auf 3,77 Prozent der Fälle zurück, ein Beweis für die Effizienz der Untersuchungen, aber auch für die Dringlichkeit und die Notwendigkeit permanenter großer Wachsamkeit. Schließlich werden damit die Auswüchse bourgeoisen Verhaltens verfolgt und die systemischen Folgen der kapitalistischen Öffnung, der Herausbildung einer bourgeoisen, nach Profit strebenden Klasse, der politischen Führung der CPC unterworfen.


Verfasst am 25. Juli 2019


Online-Flyer Nr. 714  vom 31.07.2019

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