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Aktueller Online-Flyer vom 20. April 2024  

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Medien
Erste Voraussetzung für Sicherheit: Gute Beziehungen mit allen Staaten
Russophobie ausschalten und abrüsten
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Eine peinliche überflüssige ZDF-Produktion von keiner politischen Bedeutung zeigte das ZDF am 1.8.2019 um 21.45 Uhr unter dem Titel „Alte Bündnisse, neue Bedrohungen“. Für den normalen Zuschauer völlig belanglos widmete sich der Dokumentarfilm technischen Details von Panzerbewegungen und Raketen, die für Hobby-Militärfreunde vielleicht interessant sein konnten, nicht aber für die normale deutsche Bevölkerung als Zuschauer. Worauf wollte diese NATO-Sendung des ZDF hinaus, was war ihr Anliegen? Tendenziös versuchte sie, uns Russland als Feind darzustellen, um mit diesem künstlichen Feindbild den unermesslichen Militärapparat der NATO zu rechtfertigen. Eine US-Sicherheitsberaterin von Obama musste dazu vor die Kamera, um das gewollte konstruierte Schreckensbild von Russland zu unterstreichen. Dafür fand sich sonst kein deutscher Politiker, auffälligerweise auch kein Mitglied der amtierenden US-Regierung, sondern die Wahl des öffentlich-rechtlichen Fernsehens fiel auf diese, schon lange nicht mehr im Amt befindliche amerikanische Sicherheitsberaterin von Obama. Eine Außenpolitik, die auf guten Beziehungen mit allen Staaten beruht, ist die erste Voraussetzung für internationale Sicherheit. Diese elementare Überlegung fehlt offensichtlich bei den ZDF-Verantwortlichen für den am 1.8.2019 gesendeten Dokumentarfilm „Alte Bündnisse, neue Bedrohungen“, mit dem stattdessen ein konstruiertes Feindbild verbreitet werden sollte.

Nukleare Abrüstung und Abzug aller US-Atomwaffen von deutschem Territorium kein Thema in ZDF-Sendung zur NATO

Die dringenden Herausforderungen für die Sicherheit Deutschlands und Europas, nämlich die nukleare Abrüstung und der Abzug aller US-Atomwaffen von deutschem Territorium, verdienten keine Aufmerksamkeit in der tendenziösen NATO-ZDF-Sendung. Die Kündigung des INF-Vertrags war auch völlig verkehrt geschildert. Deeskalation ist jetzt oberste Pflicht. Aber genau diese Priorität veranlasste keinen Gedanken im militaristischen ZDF-NATO-Doku-Film am 1.8. – eine auffällig gravierende Lücke. Was Deutschland und seine Sicherheit betrifft, ist es wichtig, dass die Bundeskanzlerin die militärische Infrastruktur der USA hierzulande und den deutschen Luftraum für einen Krieg nicht zur Disposition der USA stellt.

Auflösung des Vertrages über Mittelstreckenraketen besonders bedrohlich für Europa


Der INF-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces Treaty INF) kann unter besonderen, darzulegenden Gefährdungsbedingungen innerhalb von 6 Monaten gekündigt werden. Die USA unternahmen diesen Schritt Anfang vergangenen Februar mit der Beschuldigung, Russland würde Raketen gebaut haben, die gegen den Vertrag verstießen, was Moskau sofort dementierte. Da die USA auf Gesprächsangebote Russlands und sogar der angebotenen Besichtigung der umstrittenen russischen Raketen nicht eingingen und bei der Kündigung blieben, endete die Gültigkeit des Vertrages am 2. August 2019. Die negative US-Haltung gegenüber dem Angebot Russlands belegt den US-Vorsatz, den Vertrag aus ganz anderen Gründen kündigen zu wollen. Die US-Regierung zeigte damit ihre Unaufrichtigkeit. Sie versteckt unlautere Absichten hinter angeblich russischem Fehlverhalten, aber eigentlich steht der INF-Vertrag den USA jetzt im Weg, um eigene nukleare Entwicklungen, die der Vertrag verbietet, in die vollständige Produktion zu geben und zu testen. Auch will die US-Regierung China daran hindern, für seine Verteidigungsfähigkeit gegenüber den USA zu sorgen und einen entsprechenden Vertrag mit China und Russland abschließen, der von den USA als Neuauflage des INF-Vertrages verkauft wird. Nur spricht vieles dafür, dass sich die USA dieses Mal völlig überschätzen.

Beim INF handelt sich um einen bilateralen Vertrag, der von Ronald Reagan und Michail Gorbatschow 1987 unterzeichnet wurde. Dieser Vertrag war ein wichtiger Beitrag zum Begrenzen des Wettrüstens. Er verbietet den Besitz und die Produktion aller ballistischen Raketen mittlerer Reichweite sowie Versuche mit ihnen, Raketen mit einer Tragweite von 500 bis 5.500 km, die mit Kernwaffen bestückt werden könnten. Der INF-Vertrag beendete einen der gefährlichsten Kapitel des Kalten Kriegs. Dass Washington diesen Vertrag für untauglich hält und ihn auflöste, ist besonders bedrohlich für Europa, denn Europas Boden droht jetzt die Rückkehr nuklearer Mittelstrecken-Raketen.

Wie schon während des Kalten Krieges pokert Washington wieder mit Russland und der Poker-Einsatz ist die Existenz Europas – wie gewohnt ohne jede Rücksicht auf die Europäer. Man darf nicht vergessen, dass das Pentagon während des Kalten Krieges nicht zögerte das Risiko einzugehen, dass Zentraleuropa für immer ausgelöscht und kontaminiert würde, ein Plan, der sicherlich bis heute in größenwahnsinnigen Geistern nordamerikanischer Militärs herumspukt. Dieser Plan aus dem Kalten Krieg ist jederzeit griffbereit im Pentagon aufbewahrt – mit allen Einzelheiten des Angriffs auf die damalige Sowjetunion, dem heutigen Russland und angrenzende Staaten, die vorher zur Sowjetunion gehörten.

Vorschläge des Kreml im Dezember 2018 gleich nach angekündigtem US-Rücktritt vom INF-Vertrag

Die Vorschläge des Kreml, schon gleich nach dem angekündigten US-Rücktritt vom INF-Vertrag einen Dialog zu führen und im Gespräch mit der US-Regierung zu bleiben, blieben von Washington unbeantwortet. Die russische Delegation vor den Vereinten Nationen (UN) legte am Freitag, 14.12.2018, einen Resolutionsentwurf vor, der angesichts der damaligen Drohung der USA, aus dem Vertrag über nukleare Mittelstreckenraketen auszusteigen, um die Unterstützung der Weltstaatengemeinschaft bittet. Das Auflösen des INF-Vertrages könnte die Kontrolle über Kernwaffen in der ganzen Welt unterminieren, mahnte die russische UN-Botschaft. Aber die Trump-Administration erscheint völlig kopflos und unter unermesslichen und grenzenlosen Einfluss des Pentagon und widerlichen Falken, wie John Bolton und Mike Pompeo, zu stehen. Diese bekannten Fakten belegen den Denkfehler von Georg Mascolo, der Russland und die USA gleichermaßen beschuldigt, über den INF-Vertrag nicht verhandeln zu wollen. Dieselbe Falschheit wird in der Berichterstattung deutscher Medien über das Ende des INF-Vertrages wiederholt. Deutsche Nachrichtensendungen des ARD und ZDF reproduzieren die hinterhältige Washingtoner Version und beschuldigen Russland, den Vertrag gelöst zu haben. Dass Washington auf das russische Angebot, im Gespräch zu bleiben, nicht reagierte, wird total verschwiegen. Genauso ignoriert bleibt der Resolutionsentwurf, den Russland angesichts der Drohung der USA, aus dem Vertrag über nukleare Mittelstreckenraketen auszusteigen, am Freitag 14.12.18 den Vereinten Nationen vorlegte.

Abrüstung als zentrales Thema neben den Schutz der Umwelt stellen

Die Verirrung der Medien, ihre Desinformation, womöglich nur aus eigener Faulheit und Bequemlichkeit, richtig zu recherchieren, oder aber aufgrund von Bestechung seitens  interessierter Kreise, die die Nachrüstung anstreben, ist ein gravierendes Attentat gegen die Sicherheit des Landes und Europas. Die Grünen sind aufgerufen die Abrüstung als zentrales Thema neben den Schutz der Umwelt zu stellen. Das Bewusstsein, in existentieller Gefahr zu sein angesichts nuklearer Waffen und atomarer Aufrüstung, trieb die deutsche Bevölkerung in der achtziger Jahren auf die Straßen. "Hunderttausende... Die Bilder der Massendemonstrationen im Bonner Hofgarten finden sich in jedem Geschichtsbuch" wie Georg Mascolo darauf aufmerksam macht in seinem Leitartikel „Atomwaffen – Zwei vor Zwölf“, SZ, 3.8.2019.

Heute gibt es keinen Protest, was allgemeine Sorge bereitet. Georg Mascolo mahnt: "Keine der inzwischen so vielen schlechten Nachrichten aus der Welt der nuklearen Unvernunft dringt noch wirklich durch: Nicht die überall stattfindende Modernisierung der Arsenale, nicht die Entwicklung neuer Hyperschall-Waffen, nicht der wachsende Zorn jener Länder, die den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet haben – und damals im Gegenzug ein Abrüstungsversprechen der Nuklearmächte erhielten", die aber anstatt sie zu erfüllen mit ihrer weiteren Aufrüstung grob brechen.

Fertiger Abrüstungsvertrag seit 7. Juli 2017 bei den Vereinten Nationen

Alle Länder müssen abrüsten, an erster Stelle der US-Hegemon und seine Verbündeten. Unterzeichnet von einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Weltstaatengemeinschaft liegt seit dem 7. Juli 2017 ein fertiger Abrüstungsvertrag bei den Vereinten Nationen, aber die nuklearen US/EU-Mächte und auch Deutschland weigern sich, ihn zu unterzeichnen. Wie können es diese Regierungen dann wagen, von Nordkorea oder anderen Ländern eine „Denukleanisierung“ zu verlangen? Der deutsche Außenminister Heiko Maas sollte unweigerlich diesen Vertrag unterzeichnen und somit die richtige Linie für die nukleare Abrüstung signalisieren.

Weltweite Ächtung der Atomwaffen durch 122 Staaten ohne Deutschland


Der SZ-Journalist Stefan Ulrich berichtet über das aktuelle Problem der Atomwaffen: "Die Nuklearmächte sind verpflichtet, „in redlicher Absicht“ einen Vertrag auszuhandeln, der ihr vollständige nukleare Abrüstung festschreibt. So steht es im Atomwaffensperrvertrag (von 1970)... Seitdem sind neue Atommächte wie Nordkorea hinzugekommen; und die alten... denken gar nicht daran, ihre Sprengköpfe komplett zu vernichten. Im Gegenteil. Sie investieren Hunderte Milliarden Dollar darin, ihr Massenvernichtungsarsenal zu modernisieren und noch zerstörerischer zu machen... 122 Staaten haben am Freitag, 7.7.2017, einen Vertrag geschlossen, der alle Atomwaffen ächtet. Dabei machen jedoch die neun Nuklearstaaten sowie Länder wie Deutschland nicht mit... Heute ist die Ächtung dieser Waffen weit vorangekommen... bauen die ... Staaten Druck auf, damit die Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag endlich ernst genommen werden." („Atomwaffen – Gespaltene UN“ von Stefan Ulrich, SZ, 8.7.2017) Es ist darauf aufmerksam zu machen, dass zirka zwei Drittel der Weltstaatengemeinschaft zur Abrüstung aufrufen und die Atomwaffen ächten.

Einstimmige Resolution dieses internationalen Gerichtshofes 1998: Produktion von Nuklearwaffen untersagt, NATO-Strategie unrechtmäßig

Der internationale Gerichtshof in Den Haag ist eine weltweit, von allen Mitgliedern der Vereinten Nationen anerkanntes Gericht, die USA und EU-Staaten eingeschlossen. Daraus folgt, dass die USA/EU die UN-Gerichtsresolutionen und -Beschlüsse respektieren und sich an sie halten müssen. Seit dem 8. Juli 1998 besteht eine explizite und einstimmige Resolution dieses internationalen Gerichtshofes, die die Produktion von Nuklearwaffen untersagt und die NATO-Strategie als unrechtmäßig verurteilt. Trotzdem gab es und gibt es immer noch keine Initiative auf europäischer Ebene oder in den USA, diese gerichtlich erklärte unrechtmäßige Organisation NATO aufzulösen. Im Gegenteil dulden die europäischen Regierungen immer noch auf ihrem Territorium das mörderische Kernwaffen-Arsenal ohne konsequente Schritte gegenüber ihrem Hauptpartner USA zu unternehmen, die rücksichtslos grob das internationale Gesetz missachten.

Stattdessen wagen sich die europäischen Regierungen mit dem Finger auf den Iran zu zeigen, ein Land, das das internationale Gesetz völlig achtet und danach handelt. Dieser Widerspruch ist für alle Welt sichtbar. Die US-Regierung versucht immer wieder die Herrschaft des Gesetz des Stärkeren durchzusetzen, was die Demontage des Rechts bedeutet. In Serbien, in Afghanistan, in Libyen, im Irak und Syrien setzten die USA einen Krieg der Auslöschung in Gang. Seit dem 11.9.2001 hören wir von einem aus Washington importierten linguistischen Terrorismus, heute eine widerwärtige Russophobie.

Von diesem propagierten Fanatismus muss sich Deutschland nicht nur distanzieren und befreien, sondern auch dezidiert die Russophobie ausschalten, die Europas Medien, Regierungen und Institutionen infiltriert. Eine solche Unterwanderung existiert auch im ZDF, wie die unsinnige militaristische NATO-Sendung am 1.8.2019 im ZDF gegen Russland bloßstellte.

Es ist höchste Zeit, dass sich Deutschland souverän und als selbstbewusster Akteur für das Wohl Europas manifestiert.


Verfasst am 04.08.2019 unter Bezugnahme auf Süddeutscher Zeitung (SZ) vom 8.7.2017: „Atomwaffen – Gespaltene UN“ von Stefan Ulrich, ZDF-Dokumentarfilm „Alte Bündnisse, neue Bedrohungen“ am 1.8.2019, Leitartikel in junge Welt vom 2.8.2019: „US-Kündigung des INF-Vertrags wirksam – Trümmerfeld“ von Arnold Schölzel und Leitartikel in SZ vom 3.8.2019: „Atomwaffen – Zwei vor Zwölf“ von Georg Mascolo

Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 715  vom 14.08.2019



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