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Aktueller Online-Flyer vom 23. April 2024  

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Literatur
Auszug aus dem soeben erschienenen Buch "Der neue West-Ost-Konflikt – Inszenierung einer Krise" (3)
Tendenzjournalismus und offene Russophobie
Von Wolfgang Bittner

Dass die Bemühungen Putins um Verständigung und Frieden in den USA und den westeuropäischen Staaten nicht thematisiert worden sind, zeugt nicht allein von Ignoranz, vielmehr wird alles verschwiegen oder ins Gegenteil verkehrt, was nicht in den Feindbildaufbau der westlichen Allianz unter Führung der USA passt. Dabei wird auf die Atomkriegsgefahr, auf die der russische Präsident mehrmals dezidiert hingewiesen hat, gar nicht erst eingegangen. (1)

Ein markantes Beispiel für den Tendenzjournalismus in den deutschen Medien, eines von unzähligen, ist immer wieder das ZDF-heute-journal. Der Blick in eine Sendung vom 12. Februar 2019, diesmal nicht moderiert von dem russlandfeindlichen Atlantiker Claus Kleber, sondern von der ebenso russophoben Marietta Slomka(2), steht für viele dieser die öffentliche Meinung vergiftenden Indoktrinationen. Im Ton einer allwissenden Märchenerzählerin bringt Slomka dem Fernsehpublikum als Erstes nahe, dass Venezuelas Nicolás Maduro ein Mann von gestern sei, „unfähig, sein Land in eine bessere Zukunft zu führen ... auch wenn inzwischen um die 50 Länder, darunter Deutschland und die USA, den jungen Oppositionsführer Guaidó als Interimspräsidenten anerkannt haben“. Das zeige zwar, „wie sehr Maduro international isoliert ist – aber das war auch schon vorher so. Außerdem halten Russland und China weiter an ihm fest. Solange das Militär Maduro nicht fallen lässt, hat die Opposition einen schweren Stand. Diktatoren haben ein großes Beharrungsvermögen, egal wie sehr die Bevölkerung leidet.“

Danach kommt Propaganda live gegen die venezolanische Regierung: Inflation, unerschwingliche Preise, „zu viele hier sind aufs Stehlen angewiesen“, das sei Alltag in Venezuela, dem sich nur die regierungstreue Oberschicht entziehen könne. „Und so haben sich wieder Zehntausende auf den Straßen von Caracas versammelt, um gegen die Regierung zu demonstrieren“. Ihr Hoffnungsträger sei Juan Guaidó. „Menschen verhungern ... und in den Krankenhäusern sterben sie, weil es keine Medikamente gibt“, sagt ein Mann. „Ich bete mein Lebtag zu Gott, dass er uns hilft“, sagt eine Frau.

Dass zahlreiche Länder Guaidó als Interimspräsidenten nicht anerkannt haben, dass die spanischstämmige venezolanische Oberschicht von Miami aus einen Regierungswechsel vorantreibt und dass ein großer Teil der Bevölkerung aufgrund der strangulierenden US-Sanktionen darbt und keine Medikamente bekommt, wird verschwiegen. Soweit die viel gepriesene ZDF-„Berichterstattung“ zu Venezuela.

Warum Deutschland künftig Flüssiggas aus den USA einführen und zwei Importterminals bauen will, erklärt eine andere Moderatorin: „Dabei geht es auch darum, die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas zu senken und die Amerikaner zu besänftigen.“ Und dann kommt der perfide Endspurt von Marietta Slomka, eine Litanei, die gerne auch Politiker wie Norbert Röttgen oder Annegret Kramp-Karrenbauer als Schandtaten der „bösartigen Russen“ in der Talkshow bei Anne Will vortragen: „Die Liste der Konflikte zwischen Russland und dem Westen ist lang geworden: Die Annexion der Krim und der Krieg in der Ostukraine, zu dem der Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 gehört, die Anschläge auf Kreml-Gegner in England, die Hacker-Angriffe in Deutschland und den USA, die Einflussnahme auf den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf, die systematische Verbreitung von Fake News und die Propaganda in westlichen Ländern durch Internettrolle und kreml-gelenkte Medien und schließlich der Ausstieg von Amerikanern und Russen aus dem INF-Abrüstungsabkommen.“

Danach wird noch eine „Charmeoffensive“ Russlands in Deutschland „mit unverfänglicher Kultur, Ballett, Folklore und klassischer Musik“ hämisch vorgestellt und schlechtgemacht: „Schon die deutsche Presse ist kritisch, aber erst recht die russischsprachigen Exilmedien wie der Berliner Fernsehsender Ost-West(3).“

Jetzt weiß der Fernsehzuschauer über Venezuela, Russland und amerikanisches Frackinggas Bescheid. Es hört sich alles recht vernünftig und logisch an, doch nichts ist hinterfragt, die Behauptungen sind nicht bewiesen. Und immer wieder stellt sich die Frage, ob die für derartige Sendungen Verantwortlichen, die sich über die Benennung als „Lügenpresse“ empören, wirklich das glauben, was sie verbreiten. Ein Land, das solche öffentlich-rechtlichen Nachrichtenmagazine hat, braucht zur Indoktrination und Verbreitung von Fake News keine anonymen Trolle im Internet.(4)

In einem Framing-Manual der ARD, einem internen Strategiepapier, heißt es: „Denn wir stiften sozialen Frieden und Verständigung durch das gemeinsame Rundfunkprogramm, das menschliches Wohlwollen, Freude an der Unterschiedlichkeit der Menschen und faires Miteinander in den Mittelpunkt stellt. Wir sichern demokratische Transparenz, Kontrolle und Freiheit jenseits des Informationschaos des Internet und mancher Kommerzmedien, indem wir Politik und Wirtschaft als unabhängige Beobachter auf die Finger schauen.“(5) Wer die Nachrichten des Deutschlandfunks hört oder Tagesschau, heute-journal usw. einschaltet, wird eines anderen belehrt. Der Herausgeber der NachDenkSeiten Albrecht Müller sagte zur angeblichen Seriosität der deutschen Medien: „Wenn ich heute in die Medien schaue, zum Beispiel Presseklub am Sonntag oder Anne Will auch am Sonntag, dann ist da wirklich ein systematischer Misstrauensaufbau zugange. Deswegen kann ich mich ja über dieses Wort, dass wir keine Lügenpresse hätten, nur wundern. Wir haben das, wir haben eine total manipulierende Medienlandschaft mit wenigen Ausnahmen.“(6)


Quellennachweise

(1) Vgl. RT Deutsch: Putin: Atomkriegsgefahr wird oft unterschätzt – sie ist nicht weniger akut als zu früheren Zeiten (Auszug aus der Jahrespressekonferenz vom 20.12.2018), www.youtube.com/watch?v=VMk8JuHNqVc (22.12.2018)
(2) Wer berichtet wie Marietta Slomka, wird hochgeehrt: 2002 wurde Slomka in der Kategorie Beste Moderation Information für den Deutschen Fernsehpreis und als Shooting Star für die Goldene Kamera nominiert. 2003 wurde sie erneut neben Claus Kleber (ZDF) und Peter Kloeppel (RTL) für den Deutschen Fernsehpreis in derselben Kategorie nominiert. 2013 erhielt das heute-journal den Deutschen Fernsehpreis für die Beste Informationssendung. 2015 bekam Slomka den Hans-Joachim-Friedrichs-Preis verliehen.
(3) OstWest ist ein privater, kremlkritischer Propagandasender in Berlin, der in russischer Sprache sendet, angeblich finanziert über Abonnements-Gebühren.
(4) Vgl. Gellermann/Klinkhammer/Bräutigam: Die Macht um acht: Der Faktor Tagesschau, Köln 2017
(5) Framing-Manual – Unser gemeinsamer, freier Rundfunk ARD, https://cdn.netzpolitik.org/wp-upload/2019/02/framing_gutachten_ard.pdf
(6) Westend Redezeit: Warum Frieden mit Russland, 10.12.2018, www.youtube.com/watch?v=GqPciPJMCqY (12.2.2019)


Wolfgang Bittner: Der neue West-Ost-Konflikt – Inszenierung einer Krise



Verlag zeitgeist, Klappenbroschur, 320 S., 20 Abb., 19,90 Euro, Höhr-Grenzhausen 2019


Der Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner lebt in Göttingen. 2017 erschien von ihm „Die Eroberung Europas durch die USA – Eine Strategie der Destabilisierung, Eskalation und Militarisierung“, und im März 2019 im Verlag zeitgeist der Roman „Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen“.


Klappentext: Bereits 1961 warnte der US-Präsident und ehemalige Generalstabschef Eisenhower vor den verhängnisvollen Verflechtungen des „militärisch-industriellen Komplexes“ mit der Politik der USA. „Wir dürfen“, so Eisenhower, „es nie zulassen, dass die Macht dieser Kombination unsere Freiheiten oder unsere demokratischen Prozesse gefährdet.“ Wenn wir uns die gegenwärtige politische Weltlage ansehen, wird deutlich, was Eisenhower meinte. Doch Wolfgang Bittner beschränkt sich nicht auf die jüngere Zeit, vielmehr geht er zurück auf eine mehr als ein Jahrhundert währende britisch-amerikanische und französische Imperialpolitik, der das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn zum Opfer gefallen sind, und die nach wie vor – ausgehend von Interessengruppen in den USA – Deutschland im Fadenkreuz hat. Sein Buch bietet eine Gesamtschau der globalen politischen Entwicklung im 20. Jahrhundert bis zur Gegenwart, von Europa über Nord- und Südamerika bis nach Asien. Bittner deckt die Hintergründe der Aggressions- und Interventionspolitik einer gewissenlosen Allianz unter Führung der USA mit der von ihr dominierten NATO auf. Der Autor stellt damit auch eine faktenreiche Argumentationshilfe in der längst fälligen Auseinandersetzung mit der akut drohenden Kriegsgefahr zur Verfügung.


Siehe auch:

Buch-Auszug 1
Europa – China – USA
Von Wolfgang Bittner
NRhZ 719 vom 18.09.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26215

Buch-Auszug 2
Imperialer Anspruch - Die Interventions- und Sanktionspolitik der USA
Von Wolfgang Bittner
NRhZ 721 vom 02.10.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26257

Filmclip
"Koblenz im Dialog" mit Wolfgang Bittner und Willy Wimmer am 16.9.2019
Wolfgang Bittner: "Der neue West-Ost-Konflikt" – Buchpremiere
Von Arbeiterfotografie
NRhZ 720 vom 25.09.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26242

Online-Flyer Nr. 722  vom 16.10.2019



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