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Medien
Eine lockere Folge von Leserbriefen und Kommentaren
Hajos Einwürfe
Von Hajo Kahlke

Ist der so genannte Mauerfall vor allem ein historischer Sieg des Kapitalismus? Hat Evo Morales den Staatsstreich legalisiert? Das sind Fragen, die in "Hajos Einwürfen" zum Thema gemacht sind. Die Neue Rheinische Zeitung versteht sich im Verbund mit der Vierteljahresschrift DAS KROKODIL als ein Forum, das zum Nachdenken anregen, eingefahrene, verkrustete Denkstrukturen aufbrechen bzw. der bewusst lancierten Desorientierung des Denkapparats – besonders der Linken – entgegenwirken will. Hajos kurze Texte sollen dazu ihren Beitrag leisten. Die Neue Rheinische Zeitung bringt deshalb in loser Folge von ihm verfasste Leserbriefe und Kommentare, die bei den Angeschriebenen nur selten das Licht der Öffentlichkeit erblicken.


Mauerfall: vor allem ein historischer Sieg des Kapitalismus?

In seinem Editorial meint der ACE-Vorsitzende Stefan Heimlich, dass der November historisch auch ein Monat großer Freude sei, und zwar wegen des Mauerfalls. Das entspricht dem einschlägigen, nun auf allen Kanälen verkündeten, Jubel-Narrativ - und blendet aus, dass dieser Mauerfall vor allem auch für einen historischen Sieg des Kapitalismus steht, mit der Folge einer dann enorm verschärften sozialen Ungleichheit und drastisch verstärkter imperialistischer Kriegsinterventionen.

Nein, der einzige 9. November, dessen man wirklich mit großer Freude gedenken kann, ist vielmehr der von 1918, als mutige Arbeiter und Soldaten dem blutigen Treiben der Hohenzollern-Sippschaft definitiv ein Ende setzten, und damit zehntausende, wenn nicht hunderttausende Menschen retteten, die anderenfalls von Seiner Majestät auch noch in den gleichermaßen schrecklichen wie verlogenen "Tod fürs Vaterland" gejagt worden wären.

Leserbrief zum Editorial "Der November - ein besonderer Monat", in "ACE LENKRAD", 11/2019


Staatsstreich legalisiert?

Natürlich: Der Kampf geht weiter! - wie es im Vorspann zur Hauptüberschrift "Solidarität mit Bolivien" heißt. Der übliche Trostspruch bei Niederlagen, der dennoch Sinn machen kann. Hier jedoch stellt sich die Frage, wie ein Kampf, gemeint ist offensichtlich der gegen die Kräfte des nun erfolgten reaktionären Staatsstreichs, "weitergehen" soll, bei dem nicht ersichtlich erscheint, dass er denn überhaupt begonnen, oder genauer, aufgenommen worden wäre:

Morales' Anhänger, so scheint es zumindest, waren in keiner Weise bereit, sich dem gewaltsam, allerdings ohne Waffen, wütenden reaktionären Mob irgendwie in den Weg zu stellen. Und in der einschlägig reichen Geschichte Lateinamerikas gab es wohl nur wenige Staatschefs, die sich dann so leicht aus dem Amt putschen ließ wie jetzt Evo Morales: Die bloße Rücktritts-Forderung seitens der Polizei- und Armee-Führung war für den Präsidenten Boliviens Grund genug, dieser Forderung auch umgehend nachzukommen.

Verfassungsmäßige Ordnung hin, Amtseid her... Kann man das wirklich als "erzwungenen" Rücktritt bezeichnen, also einen aufgrund unmittelbar zwingender Gewaltanwendung, oder muss man das nicht eher als Rücktritt aus vorausseilendem Gehorsam, ja, aus Furcht, ansehen? Das Fatale an Morales' Erklärung seines "Rücktritts" ist, dass er damit nicht nur an seiner illegitimen Entmachtung selbst mitwirkte, und für die Staatsstreich-Akteure quasi die Arbeit erledigte, sondern dass er mit dieser seiner letzten Amtshandlung als Präsident den gegen ihn gerichteten Staatsstreich auch noch legalisierte...

Leserbrief zum Artikel "Der Kampf geht weiter! Solidarität mit Bolivien! Evo Morales von Militär und Polizei zum Rücktritt gezwungen. Berlin und Brüssel billigen Staatsstreich" von Andre Scheer in "junge Welt" vom 12.11.2019, Seite 1

Online-Flyer Nr. 725  vom 13.11.2019



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