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Erklärung von 11. November 2019
Gegen den Putsch in Bolivien – Solidarität mit Evo Morales!
Von der Leitung der Kommunistischen Partei (Schweiz)

"In der Absicht, mit der Abhängigkeit von Rohstoffexporten Schluss zu machen und eine größere Unabhängigkeit von der internationalen Warenproduktionskette zu erreichen, war die bolivianische Regierung auch im Begriff, zur Nationalisierung der Produktion von Lithium-Batterien zu schreiten. Im Rahmen der Vorbereitung des gegenwärtigen 'regime change' machten sich einige Organisationen des Maximal-Ökologismus zu Werkzeugen der 'grünen' Reform des Kapitalismus und inszenierten Proteste gegen die von Evo Morales verfochtene Politik der Energiesouveränität." Und: "Die 'Schuld' der Regierung von Evo bestand darin, die nationale Souveränität gegenüber der an Washington und an die westlichen multinationalen Konzerne verkauften bolivianischen Oligarchie verteidigt, die Sache der gerechten Umverteilung des Reichtums vertreten und das Land auf den Weg des Multipolarismus und der lateinamerikanischen Integration gelenkt zu haben." So heißt es in der einen Tag nach der Entmachtung des bolivianischen Präsidenten Evo Morales veröffentlichten Erklärung der Kommunistischen Partei (Schweiz). Die NRhZ dokumentiert die Erklärung in vollem Wortlaut.


Evo, Du bist nicht allein (Quelle: partitocomunista.ch)

1. Unter Drohung der Armee wurde der Präsident des Vielvölkerstaates Bolivien, Genosse Evo Morales, gestern gezwungen, seinen Rücktritt einzureichen, wie desgleichen der Vizepräsident Genosse Alvaro Garcia Linera. Es handelt sich um einen Staatsstreich, der nach den typischen Vorgaben der US-amerikanischen Einmischung und der Strategie des “regime change” erfolgt, und den wir als Schweizer Kommunisten scharf verurteilen.

2. Nach aller Destabilisierung und Versuchen zur Delegitimierung Evos, der natürlich – gleich allen Gegnern der Vereinigten Staaten – als “Diktator” dargestellt wird, entfesselt die vom US-amerikanischen Imperialismus und einigen fingiert humanitären europäischen NGOs unterstützte, subversive extreme Rechte nunmehr schwerwiegende Gewalttaten gegen die Sozialisten, die Kommunisten, die indigene Urbevölkerung und die Staatsbeamten, die in diesen Jahren dem Andenland eine bedeutende soziale, ökonomische und partizipative Entwicklung ermöglicht haben.

3. Ebenfalls angegriffen wurden die kubanische und die venezolanische Botschaft, das Leben der Botschafter in Gefahr gebracht, auch weil die nationale Polizei ein Einschreiten zu ihrem Schutz verweigert, was nebenbei ihre Verachtung für das internationale Recht und die Wiener Konvention zeigt. Ihnen, die außer Diplomaten auch Genossen von seltener internationalistischer Großzügigkeit sind, gelten unser Gedanken der Solidarität.

4. Die “Schuld” der Regierung von Evo bestand darin, die nationale Souveränität gegenüber der an Washington und an die westlichen multinationalen Konzerne verkauften bolivianischen Oligarchie verteidigt, die Sache der gerechten Umverteilung des Reichtums vertreten und das Land auf den Weg des Multipolarismus und der lateinamerikanischen Integration gelenkt zu haben.

5. Die Indikatoren der sozialen Entwicklung Boliviens seit Evos Regierungsantritt sind erheblich: seit 2005 ist die Armut mehr als halbiert worden, wie ebenso die Arbeitslosigkeit. Der Analphabetismus ist verschwunden. Das volkswirtschaftliche Wachstum hält sich stabil oberhalb von 4 Prozent, und verbessert hat sich auch der Gini-Koeffizient, der die Ungleichheit der Verteilung des Reichtums misst. Der Prozess der Nationalisierung der Ölvorkommen hat es zudem erlaubt, dass 80 Prozent der Profite aus der Erdölgewinnung in der Hand des Staates verbleiben, um gewaltige Eingriffe auf sozialem Gebiet zu finanzieren.

6. In der Absicht, mit der Abhängigkeit von Rohstoffexporten Schluss zu machen und eine grössere Unabhängigkeit von der internationalen Warenproduktionskette zu erreichen, war die bolivianische Regierung auch im Begriff, zur Nationalisierung der Produktion von Lithium-Batterien zu schreiten. Im Rahmen der Vorbereitung des gegenwärtigen 'regime change' machten sich einige Organisationen des Maximal-Ökologismus zu Werkzeugen der 'grünen' Reform des Kapitalismus und inszenierten Proteste gegen die von Evo Morales verfochtene Politik der Energiesouveränität.

7. Die oligarchische Elite des Landes, die mit multinationalen Unternehmen und US-Imperialismus zusammengearbeitet hat, hat nicht nur ihren eigenen Rassismus gezeigt, der es ablehnt, einen Indio und überdies Sozialisten zum Präsidenten zu haben, sondern auch, wie total fremd ihr die Regeln der Demokratie sind. Angesichts der Wahlniederlage und der Dialogbereitschaft von Evo hat sie es vorgezogen, zur gewaltsamen Aktion überzugehen, um die verfassungsmäßige Ordnung des Landes umzustürzen.

8. In Bolivien herrscht derzeit ein Machtvakuum: alle Schlüsselrollen, welche die Verfassung für den Fall der Nachfolge des Präsidenten vorsieht, sind tatsächlich vakant. Niemand kann in diesem Augenblick verfassungsgemäß Regierungsaufgaben übernehmen: die Minister sind zum Gang ins Exil gezwungen, um nicht ermordet zu werden, und in dieser Lage wird die Existenz des Staates selbst zur Diskussion gestellt. Trotzdem hat die imperialistische Regierung der Vereinigten Staaten – natürlich – entschieden, die Putschisten anzuerkennen. Das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat seinerseits ein inhaltlich schwaches Pressecommuniqué verbreitet, in welchem die Putschisten – die mit Gewalt den Rücktritt aller höchsten Staatsdiener erzwungen haben – aufgefordert werden, wieder “demokratisch” zu werden.

9. Die humanitäre Tradition und die Neutralität verlangen von der Schweiz etwas ganz anderes als das, was man vom EDA liest: vor allem, dass man sich vergewissert, ob die körperliche Unversehrtheit von Präsident Evo Morales und seinen Regierungsbeamten gewahrt ist; ob die diplomatischen Garantien geschützt werden und ob Asylrecht gewährleistet ist, sofern es von einem beliebigen bolivianischen Staatsangehörigen und insbesondere von abgesetzten Ministern und verfolgten AktivistInnen beantragt wird.


Übersetzung aus dem Italienischen:
http://www.partitocomunista.ch/?p=3131


Siehe auch:

Post aus Lateinamerika zum Lithium-Putsch in Bolivien
Da musste unbedingt etwas geschehen, und dann geschah etwas
Von Hartmut Barth-Engelbart
NRhZ 726 vom 20.11.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26366

Warum Evo Morales fiel?
Lirum Larum Löffelstil
Von Hartmut Barth-Engelbart
NRhZ 726 vom 20.11.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26365

Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS): ein Instrument der interventionistischen Außenpolitik der Vereinigten Staaten
Bolivien im Fokus der Weltaufmerksamkeit
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait
NRhZ 726 vom 20.11.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26368

Elektro-Mobilität: aktuelle Entwicklungen in China
Bis 2020 fünf Millionen Elektroautos auf den Straßen Chinas?
Von Georges Hallermayer
NRhZ 726 vom 20.11.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26364

Die Karikatur der Woche
Tesla will eine Fabrik bei Berlin eröffnen
Von Kostas Koufogiorgos
NRhZ 726 vom 20.11.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26370



Online-Flyer Nr. 726  vom 20.11.2019



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