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Globales
Sehr heikle Angelegenheit für Chile mit der Erfahrung von 17 Jahren einer der grausamsten Diktaturen in Lateinamerika
Anklage gegen Chiles Präsident und Ex-Innenminister wegen gravierender Menschenrechtsverletzungen
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Das chilenische Wochenmagazin "Cambio 21" (vom 13. bis 19. November 2019) gibt ein glaubwürdiges und äußerst beunruhigendes Bild von den in den letzten Wochen in Chile begangenen Menschenrechtsverletzungen, die auch von der BBC und der New York Times angeprangert werden. Im Folgenden die wichtigsten Meldungen und eigene Beobachtungen zusammengefasst: „Heute gibt es keine verschwundenen Gefangenen, aber es gibt Verstümmelungen, was vor allem die Augen von Demonstranten betreffen“, wie die angesehene US-Tageszeitung „The New York Times“ titelte. Bei den jüngsten Protesten in Chile gab es systematische Menschenrechtsverletzungen, die das Ergebnis eines gesellschaftlichen Aufruhrs waren, den niemand erahnte. Dies ist eine sehr heikle Angelegenheit für Chile mit der Erfahrung von 17 Jahren einer der grausamsten Diktaturen in Lateinamerika, während die Rechte aller Chilenen vom Staat ständig verletzt wurden.

Regierung von Sebastián Piñera und Rechte: Öffentliche Sicherheit wichtiger als Achtung der Menschenrechte

Die Regierung von Sebastián Piñera und fast die gesamte Rechte zeigen keine wirkliche Sorge um die Menschenrechte; für sie kommt es darauf an, dass das Land zur Normalität zurückkehrt. Für sie ist die öffentliche Sicherheit wichtiger als die Achtung der Menschenrechte. Die Art und Weise, wie nicht-letale Waffen eingesetzt wurden, scheint darauf hinzudeuten, dass die Anwendung von Gewalt übertrieben war und gegen die Anforderungen der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit verstieß, sagten Experten. In diesem Sinne lehnten sie alle Gewalttaten ab und ermahnten die Regierung in La Moneda: "Die chilenische Regierung ist nicht nur verpflichtet, die Menschenrechte zu achten, sondern auch die Menschen vor Gewalttaten zu schützen. Sie müssen Proteste zulassen, aber gleichzeitig diejenigen isolieren, die Gewalt anwenden und sicherstellen, dass alle Menschen im Land ihre Rechte wahrnehmen können.“

Der UNICEF-Vertreter im Land, Pablo Mefapopulos, sagte gegenüber der internationalen Agentur EFE: „Wir sind nicht nur besorgt über Verhaftungen, sondern auch über die Zunahme von Gewalt und Verletzungen der Rechte von Minderjährigen, Kindern und Jugendlichen. Sie nehmen ständig zu.“

Das Nationale Institut für Menschenrechte (INDH): „Unsere Mitarbeiter waren in Übereinstimmung mit unserem gesetzlichen Auftrag auf der Straße, auf Polizeistationen und in Krankenhäusern und haben in der Tat schwere, weit verbreitete und systematische Menschenrechtsverletzungen durch Staatsangestellte beobachtet."

Rekord an Anzahl Augenverletzungen durch Gummigeschosse

Der Präsident der Chilenischen Gesellschaft für Augenheilkunde, Dennis Cortés, verweist in seiner Erklärung vor der Menschenrechtskommission auf eine äußerst erschreckende Tatsache: "Die Anzahl der Augenverletzungen durch Gummigeschosse ist nicht nur ein Rekord in der Geschichte Chiles, sondern auch beispiellos in der Welt. Die Zahl ist auch sehr alarmierend, und wir führen diese Zahl leider an.“ Mit dem Ziel, die Verwendung dieser Geschosse zu verbieten, reichten einige Senatoren Verfassungsbeschwerde ein gegen den Innenminister Gonzalo Blumel, der für die Carabineros verantwortlich ist.

Heute ist bekannt, dass Pellets nicht nur aus Gummi bestehen, sondern auch Blei und andere Metalle enthalten. Fünf chilenische Berufungsgerichte fordern, dass diese Geschosse nicht länger eingesetzt werden.

Verhältnismäßige Anwendung von Gewalt

Der Grad der Beschädigung durch Gummigeschosse entspricht nicht den Vorschriften über die verhältnismäßige Anwendung von Gewalt. Sie sollten angesichts der sehr ernsten Verletzungen, die sie verursacht haben, nicht mehr erlaubt sein. Sie sind keineswegs abschreckend, sondern erhöhen die Wut der Bürger und ihre Aggressionsbereitschaft. Der Chef der Polizei (Carabineros), General Mario Rozas, reagierte zunächst ausweichend, ohne die Verwendung von Gummigeschossen (Pellets) endgültig auszuschließen! Der Innenminister Gonzalo Blumel reagierte nicht und entgegen allen Erwartungen an einen Innenminister, forderte er den Polizeichef nicht auf, sich der Zivilmacht unterzuordnen und sich an die gesetzlichen Bestimmungen zu halten. Erst am 20. November ordnete der Polizeichef an, Gummigeschosse vorläufig nicht weiterzuverwenden. Danach aber erlitt ein Student Schussverletzungen (TVN und Meganoticias 20.11.). Werden Polizisten jetzt mit scharfer Munition statt mit Gummigeschossen schießen?

Brutales Missverhältnis polizeilicher Gewalt gegen unbewaffnete Zivilisten

Wenn es darum geht, eine gefährliche Manifestation zu zerstreuen, empfehlen Mäßigung und Umsicht, in die Luft zu schießen, was allerdings bei friedlichen Kundgebungen und Demonstrationen nicht gegeben ist. In jedem Fall ist immer im Verhältnis zur Aggression zu reagieren, auch wenn die Waffe aus Gründen der legitimen Notwehr zum Einsatz kommt. In Chile stehen wir allerdings vor einem brutalen Missverhältnis polizeilicher Gewalt gegen unbewaffnete, wehrlose Zivilisten. Ein Zeuge beobachtete, dass Schüsse aus einem von Zivilisten gefahrenen Auto kamen, das von einer Polizeistreife geschützt wurde! Was ist da los in Chile, welche Kreise nutzen die berechtigten friedlichen Proteste für eigene, ganz andere Ziele?

Die alarmierende Zahl der Opfer von Augenverletzungen durch Gummigeschosse (inzwischen über 200!) scheint jedoch einige Risse innerhalb der Exekutive zu erzeugen. Gesundheitsminister Jaime Mañalich sagte in einem Radiointerview: "Die Zahl der Menschen mit Augenverletzungen ist brutal. Auch die Kulturministerin Consuelo Valdés hat kürzlich anerkannt, dass es in Chile einige "Menschenrechtsverletzungen" gibt und sagte, dass diese "weder akzeptabel noch gerechtfertigt sind".

Interamerikanische Menschenrechtskommission in Chile

Das Nationale Institut für Menschenrechte traf sich mit der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (19.11.19), um Maßnahmen zu koordinieren. Amnesty International wird sich auch mit Piñera (20.11.19) treffen. Die Organisation hat dem Präsidenten außerdem ein Dokument übermittelt, das die Menschenrechtsverletzungen aufführt (21.11.19). Auch die ehemalige Präsidentin Chiles Michelle Bachelet ermahnte die chilenische Regierung wegen der weit verbreiteten Verletzung der Menschenrechte im Land.(19.11.) Die BBC spricht dazu von "einer Epidemie, die die Regierung in Frage stellt".

Böse, unmenschliche Praktiken wie während der Pinochet-Diktatur 1973-1990

Der Fall des Studenten Gustavo Gatica ist dramatisch anklagend. Der junge Mann war auf der Plaza Italia unter den mehr als 100.000 Menschen, die sich dort am Freitag, den 8.11., friedlich versammelten. Alles lief gut, es herrschte Freude bei den Jugendlichen und Demonstranten, bis eine Gruppe von Carabineros auftauchte und ohne dass es gewalttätige Aktionen der Jugendlichen gab, auf sie und Gustavo mit Gummigeschossen feuerte. Diese Polizisten verstießen damit gegen alle Normen und Protokolle Chiles und der Welt. Der Anwalt der chilenischen Menschenrechtskommission, Cristián Cruz Coke, ist sich sicher, dass „wir offensichtlich mit schweren Verbrechen konfrontiert sind, die Menschenrechtsverletzungen darstellen. Es ist nicht notwendig, das Strafgesetzbuch zu kennen, um zu verstehen, dass es ein Verbrechen ist, eine am Boden liegende  Person zu treten, sie zu beschießen, mit mehreren Kugelschlägen zu verletzen, ihr aus nächster Nähe auf das Bein zu schießen, das weniger als zwei Meter von Militärbeamten entfernt ist.“ Es ist eine abscheuliche Perversität, die ein schlechtes Wesen einiger Staatsbediensteten offenbart, die sich in 17 Jahren Diktatur mit bösen, unmenschlichen Praktiken befasst haben. Innerhalb der Armee und der Polizei dominiert immer noch die gleiche Perversität, die ihre kriminelle Handlung während der Pinochet-Diktatur 1973-1990 charakterisierte. Es ist nicht angebracht, kriminelle Handlungen als "Exzesse" zu bezeichnen. Das Böse darf nicht ungestraft bleiben. Es ist unerlässlich, eine vollständige Erneuerung des Polizei- und Militärpersonals mit einer fundierten humanistischen Ausbildung durchzuführen. Es herrscht eine Atmosphäre der Dekadenz und Undiszipliniertheit mit mangelnder Kontrolle seitens des übergeordneten Kommandos, wenn Carabineros - anstelle von Klarnamen oder offiziellen Nummern - ihre Identifikation mit Spitznamen an ihren Uniformen angeben. Der Generalrechnungsprüfer der Republik gab der Institution 48 Stunden Zeit, um diese Unregelmäßigkeit zu korrigieren, die Sanktionen gegen die Uniformierten verdient, die bis zu 41 Tage Gefängnis betragen können.

Gleiche unverhältnismäßige Polizeigewalt jetzt in Bolivien

In Bolivien ist jetzt die gleiche unverhältnismäßige Polizeigewalt zu beobachten. Bemerkenswert ist auch das Dekret der selbsternannten Präsidentin Jeanine Añez, das die Streitkräfte von der strafrechtlichen Verantwortung für abgefeuerte Schüsse "als legitime Verteidigung" befreit, auch wenn die große Zahl der Opfer, Tote und Verwundete, völlig wehrlose, unbewaffnete Zivilisten sind, die sich nur mit Steinen verteidigen, da sie keine Waffen haben. Jeanine Añez ist bekannt dafür, dass sie eng mit der bolivianischen extremen Rechten und einer rassistischen, faschistischen und diskriminierenden weißen Minderheit verbunden ist.

School of the Americas der Vereinigten Staaten

Am Sonntag, den 17. September, starb ein 29-jähriger Junge bei einer friedlichen Demonstration an den Folgen von massivem Tränengas-Versprühungen aus einem Polizeifahrzeug. Das Rettungsteam wurde bei seiner Hilfeleistung des getroffenen Jungen, der ein Herz-Kreislaufproblem hatte, schwer behindert von Wasserwerfern und Tränengas aus nächster Nähe. Der junge Mann starb an einem akuten Lungenödem durch Tränengas. In Bolivien wird ein ähnlicher Fall eines Polizeiangriffs festgestellt, während der Rettungsdienst einen verwundeten Zivilisten behandelt, der in den Armen des Arztes starb durch einer von der Polizei abgefeuerten Kugel. Wir dürfen nicht vergessen, wo die Spitzen der Streitkräfte Lateinamerikas - Bolivien, Chile und Brasilien eingeschlossen – ausgebildet wurden, nämlich in der School of the Americas der Vereinigten Staaten, wo alle Arten von Brutalitäten gelehrt und geübt werden, wie sie bis heute in den schrecklichen Diktaturen und Scheindemokratien in allen diesen Ländern zu beobachten sind.

Strafanzeige gegen Präsident Piñera

Die chilenische Menschenrechtskommission werde eine Strafanzeige gegen Präsident Piñera, den ehemaligen Innenminister Andrés Chadwick und die wesentlichen zu identifizierenden Autoren von Rechtsverletzungen einreichen, sagte der Präsident der Organisation, Carlos Margotta.

Chiles Präsident mit historisch niedrigsten Umfragewerten an Unterstützung

Mit nur 9,1% an Unterstützung in einer Umfrage erhält der chilenische Präsident die verdiente Missbilligung mit einem historisch niedrigsten Wert für einen Präsidenten Chiles. Seine offenkundige Unfähigkeit, auf die Krise zu reagieren, der Mangel an Regierungsführung, hat seine Umfragewerte an Unterstützung von 17% auf 15%, dann auf 13% und jetzt auf 9% sinken lassen. Es ist eine Regierung, die spät reagiert, eine Regierung, die sich offensichtlich unwohl und unbehaglich mit den Forderungen der Menschen im Land fühlt. Seine wiederholt vorgetragenen Phrasen: Die Regierung ist "offen" für das Denken, die Regierung ist bereit zu "reden", d.h. sie gibt nie eine Lösung für die Missstände und Klagen, was nur weitere Wut bei den Chilenen provoziert. Die Menschen bleiben mobilisiert, denn die Regierung hat gezeigt, dass sie ungeheuer unfähig ist, die Tiefe der sozialen Krise zu verstehen, indem sie darauf bestand, sie als Problem der öffentlichen Ordnung zu behandeln und sogar völlig abwegig den Nationalen Sicherheitsrat (Cosena) einberief. Dies bedeutete einen riesigen Ansehensverlust für die Regierung von Piñera, so dass sie nur noch geringe 9 % an Zustimmung erhält.

Stellungnahme von Vertretern großer Parteien Chiles: Würdelose Christdemokraten

Der Senator der Sozialistischen Partei, Jaime Naranjo Ortiz, erklärte kürzlich der Öffentlichkeit die verfassungsmäßige Anschuldigung, die gegen Sebastián Piñera wegen "der Handlungen seiner Regierung, die die Ehre der Nation ernsthaft gefährdet haben, und wegen der offenen Verletzung der Verfassung und der Gesetze“ formalisiert wurde.

Es ist würdelos und beschämend, aber typisch für Christdemokraten in Chile, sich zurückzuziehen, um eine fundierte  verfassungsmäßige Anschuldigung, die von der aktuellen Verfassung selbst gedeckt ist, nicht öffentlich zu unterstützen. Die Christdemokraten  zeigen einmal mehr ihre Feigheit, ihren Mangel an Integrität und ihre völlige Loslösung von der dramatischen Realität, in der sich Chile als Folge des administrativen Missmanagements der amtierenden Regierung befindet.

Gewalt nicht Teil der sozialen Bewegung

Niemand will einen polarisierenden Streit um Ordnung, Sicherheit und eine "harte Hand", was nicht angemessen, gut oder wünschenswert wäre. Nach dem Erdbeben 2010 gab es viel Solidarität, aber es gab auch Plünderungen von Supermärkten und Kriminalität, die immer genau im Zuge von Katastrophen stattfinden. Die gegenwärtigen Proteste sind friedlich und die Forderungen sehr gerecht. Aber die Kriminalität nutzt diese Gelegenheit, um Vandalismus, Diebstahl und Plünderungen zu begehen. Diese Gewalt ist nicht Teil der sozialen Bewegung. Die Bürger gehen jeden Tag aus, um auf der Straße zu protestieren, weil sie Grundbedürfnisse haben, die keine Regierung bisher zu erfüllen vermochte. Die politische Klasse war dazu nicht in der Lage.

Rolle chilenischer Fernsehsender
Die chilenischen Redaktionen für Fernsehnachrichten arbeiten gemäß des Kommerzinteresses ihrer Privatsender, nämlich an erster Stelle hohe und steigende Einschaltquoten zu erzielen, um Werbeeinnahmen zu sichern und zu erhöhen. Dazu kommen die Szenen mit Demonstrierenden gegenüber brutal agierender Polizei , Rauch und Feuer mit vermummten Randalierern wie gerufen. Die Vandalen und brutal agierenden Polizisten dürfen sich auf den Bildschirmen wiederfinden, aber nur um die Werbeeinnahmen der Fernsehanstalten sicherzustellen. Das ist ein ausgesprochen perfides, kontraproduktives, unverantwortlich törichtes Vorgehen, immer wieder Rückblicke auf vergangene Gewalt-Szenen zu bringen wie die  Zerstörungen und Angriffe auf Metro-Stationen (18.10.), statt die Sendezeit für ausführliche Nachrichten des Tages zu nutzen.

Persönlichkeiten von unbestreitbarem moralischem Kaliber haben die Fernsehanstalten auf ihre große Verantwortung in der Nachrichtenpublikation hingewiesen. Die Aufmerksamkeit auf Gewalt zu lenken, diskreditiert den Sender, denn solches Fokussieren auf Gewalt kann zu weiterem kriminellen Vandalismus anspornen, nämlich zum Nachahmen herausfordern. Der Schwerpunkt sollte auf der Verhinderung neuer Gewalt und besonders von Angriffen auf Metrostationen liegen, die für den normalen Betrieb der Metro repariert werden. Dazu wäre es ratsam, an den Eingängen jeder dieser Stationen Polizisten zu postieren, um jede Zugang suchende Person zu kontrollieren und zu inspizieren. Damit würde ohne Repression jeder weitere Anschlag auf Metro-Einrichtungen friedlich unterbunden.

Drei Phasen der Krise

Die Krise durchläuft drei Phasen.
  1. Es wird zum Rücktritt von Piñera kommen müssen, weil er nicht die Kompetenz hat, um sich einem Problem zu stellen, das aus dem von ihm vertretenen Sektor kommt. Er ist in Situationen verwickelt, die Misstrauen wecken, er verfügt nicht über die Mittel, um die erforderlichen Veränderungen anzugehen, noch hat er den politischen Willen, die sozialen Rechte der derzeitigen Verfassung umzusetzen und neue soziale Rechte wie das Recht auf Wohnung und das Recht auf Arbeit einzuführen. Heute ist die erste wichtige Maßnahme der Rücktritt von Sebastián Piñera. Senator Alejandro Navarro (Mitglied der neuen linken Partei PAIS, vormals Mitglied der Sozialistischen Partei) bat Präsident Piñera, seinen Rücktritt zu erklären: „Wenn ihm Chile so wichtig ist, wie er so oft wiederholt, wenn er sein Land so liebt, wie er es in jeder Präsidentschaftskampagne erklärt hat, dann müsste er die Würde haben und einen Schritt zur Seite tun.“

  2. Es sind dringend Maßnahmen im Bereich Wirtschafts- und Sozialpolitik zu ergreifen: Renten, Arbeitseinkommen, Mindestgesundheitsversorgung, Altersversorgung und kostenfreie Schul- und Berufsausbildung. Auch ist mittelfristig das Überschuldungsproblem privater Haushalte anzugehen. Im Bereich der öffentlichen Gesundheit gibt es eine starke Bewegung gegen die knappe Finanzierung öffentlicher Krankenhäuser, was schwerwiegende Mängel an Ausstattung und Versorgung mit Arznei- und Verbrauchsmitteln bedeutet. Es kommt deshalb schon seit Jahren zur Verzögerung und unbefristeten Verschiebung einer Reihe von medizinischen Leistungen für die Bevölkerung. Die Dringlichkeit der Einspeisung von Ressourcen in öffentliche Krankenhäuser ist der Schlüssel zur Gewährleistung eines Minimums an qualitativ hochwertiger medizinischer Versorgung.

  3. Die Verfassung von 1980 aus der Zeit der Militärdiktatur muss endlich von einer neuen Verfassung abgelöst werden, die sich das gesamte chilenische Volk zu geben hat. Damit ist der „subsidiäre Staat“ (quasi Nachtwächterstaat) beendet und wird die aktive, regulatorische und soziale Rolle des Staates anerkannt, und die sozialen Rechte werden erweitert.

Rücktritt oder Amtsenthebung von Präsident Sebastián Piñera

Es ist nicht hinnehmbar, dass Präsident Piñera weiterhin umfassende soziale Maßnahmen blockiert und darauf besteht, den Konflikt mit seiner "Sicherheitsagenda" zu militarisieren und den Nationalen Sicherheitsrat (Cosena=Consejo de Seguridad Nacional de Chile)  wiederzubeleben. Den Rücktritt von Sebastián Piñera zu fordern und das Strafverfahren für seine Entlassung in Gang zu setzen, ist eine kategorische Notwendigkeit zum Wohle eines neuen Chiles mit Gerechtigkeit und sozialem Frieden innerhalb einer demokratischen Rechtsordnung.


Verfasst am 17.11.2019 unter Bezugnahme auf Meldungen und Kommentare zu den Vorgängen in Chile (Megavision, Canal13, TVN, actualidad.RT, DW, CNN Chile, BBC), Cambio21 vom 13. bis 19.11.2019

Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 727  vom 27.11.2019



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