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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Kommentar
Kommentar vom Hochblauen
Wir sind die Guten – Mit Antisemitismuskeule und Israel-Lobby Wahlen gewinnen
Von Evelyn Hecht-Galinski

Was wir momentan erleben, übersteigt alles bisher da gewesene an Schmutz, Denunzierung, falschen Anschuldigungen und Schlägen gegen die Meinungsfreiheit. Da beklagen deutsche christliche Politiker und Kirchenfürsten die weltweiten Verfolgungen, unter denen Christen zu leiden haben, erwähnen aber mit keinem Wort die christlichen Palästinenser im illegal besetzten Palästina/Gaza. Christen im Gazastreifen wird es nicht erlaubt sein, heilige Städte wie Bethlehem und Jerusalem zu besuchen, um dort Weihnachten zu feiern. Christen aus Gaza erhalten nur die Erlaubnis der Besatzer für Reisen ins Ausland, z.B. nach Jordanien über die Allenby-Brücke, aber niemand darf in den "Jüdischen Staat" oder ins besetzte Westjordanland reisen. Wie üblich schiebt das Besatzer-Regime "Sicherheitsbedenken" als Grund für die Einschränkungen vor.

Auch 1000 Christen gefangen im Konzentrationslager Gaza


Unter einer Bevölkerung von etwa zwei Millionen Menschen im Konzentrationslager Gaza leben etwa 1000 Christen, die genauso gefangen sind wie ihre muslimischen Leidensgenossen. Die diesjährige Entscheidung ist ein weiterer Tabubruch. Immerhin durften im letzten Jahr fast 700 Christen aus Gaza mit Erlaubnis Jerusalem sowie Bethlehem, Nazareth und andere heilige Stätten besuchen. Während tausende Pilger und Touristen vom Besatzer-Regime willkommen geheißen werden, werden die palästinensischen Ureinwohner ausgesperrt. Wer andauernd die Lügen-Phrase von der "einzigen" Demokratie im Nahen Osten bemüht, sollte bestraft werden wegen solcher Fake-Propaganda. Die Religionsfreiheit im "Jüdischen Apartheidstaat" wird schon lange mit Füßen getreten und gilt nur für Juden. Dieses judaistische Regime versucht mit allen Mitteln, die Palästinenser mit immer wieder neuen Einschränkungen zu demütigen und ihre Freude an einem Treffen mit Familienmitgliedern zu den Weihnachtsfeierlichkeiten zu vereiteln, sowie freies Beten an allen Orten zu verbieten.

Wie die israelische Menschenrechtsgruppe Gisha betonte, ist das diesjährige Verbot nur mit einer immer schärferen Trennungspolitik zwischen dem Gazastreifen und dem Westjordanland zu sehen. Das Regime versucht mit allen Mitteln, diese Mauer der Trennung immer mehr zu verankern. Da hilft auch kein Beten, um diesem Regime zu trotzen, da helfen nur ausländischer Druck und Sanktionen. Hilfreich wäre es, wenn die Pilger und ausländischen Touristen, die an diese Stätten reisen, einmal darüber nachdenken würden, ob sie damit "Jesus eine Freude machen" oder nicht vielmehr mit ihrem unkritischen Besuch die Besatzer aufwerten und ihnen Devisen bringen, die diese dann wieder in Besatzung, Angriffe, Checkpoints und Mauern stecken können.

Deutschland im "Antisemitismus- und Klima-Rausch"

Wo bleibt die Solidarität der christlichen Politiker, Medien und Kirchen? Es ist eine Schande, wie sie ihre Brüder und Schwestern fallen lassen und vergessen. Wo bleibt der Protest des Papstes, der Kardinäle, Bischöfe und Gläubigen? Und warum schweigt Kanzlerin Merkel, die "Pfarrerstochter", der doch die Glaubensfreiheit so ein wichtiges Gut ist? Bei Palästina und deren bedrohten Christen (Muslimen sowieso!) hört ihr Glauben auf. Wahrscheinlich sind die vielen jüdischen Orden an der Brust so eine Last und die Staatsräson für den "Jüdischen Staat" so schwerwiegend, dass da kein Platz mehr für die Solidarität mit den Palästinensern ist. Würde dies alles in der Türkei passieren – dem Land, das während der Nazizeit so vielen Juden das Leben rettete – dass Christen nicht beten dürften und ausgesperrt wären, dann kann ich mir die mediale Hetze und den Shit Storm der Anti-Erdogan-Hetze ausmalen. Aber im "Judenstaat" ist alles erlaubt, schließlich dient alles nur der „Sicherheit“.

Deutschland befindet sich mittlerweile so im "Antisemitismus- und Klima-Rausch", dass es Hetze und Diffamierungen leicht haben, einen Weg in die Medien zu finden. Ein erschreckender Artikel über "Antisemitismus in der Türkei" veröffentlichte ausgerechnet die Frau, die als "IM" Victoria ihre erste Karriere machte. Es grenzt schon an ein "Weihnachtswunder", dass man diese Anetta Kahane überhaupt in die Türkei einreisen ließ. Damit hat sich bewiesen wie demokratisch die Türkei im Gegensatz zu Kahane ist. (1)(2)

GB: Mittels zionistischer Lügen über Corbyn den Torys zum Wahlsieg verholfen

Was sich allerdings in Großbritannien abspielte und wie mithilfe der jüdischen Lobby die Torys und Johnson die Wahl gewann, ist ein einziges Desaster. Der Jewish Chronicle, Jonathan Freedland vom Guardian, brachte Lügen über Corbyn aufs Papier, die eigentlich nicht ohne Konsequenzen bleiben sollten. Als dann noch der britische Oberrabbiner Ephraim Marvin die britischen Juden aufforderte, Corbyn nicht zu wählen, war das Maß voll. Verleumdung als zionistische Hasbara-Propaganda sind wir schon gewöhnt, aber so erfolgreich zu manipulieren, das macht Angst. So schnell fallen Menschen auf Populisten herein, und wenn sie dann noch in Form vom "Oberrabbiner" daherkommen, hat mich das an braune Zeiten in Deutschland erinnert, als deutsche Geistliche von der Kanzel gegen Juden und für Hitler predigten. Mit der "Antisemitismuskrise" der Labour-Partei wurde ein Popanz aufgebaut, der so lange andauern wird, bis alle pro-palästinensischen Mitglieder zum Schweigen gebracht worden sind. Als Dank brachte Johnson gleich eine neue Antisemitismusverordnung ins Parlament, ganz wie sein Freund Trump. Inzwischen warnt schon der Autor der umstrittenen „Antisemitismus-Definition“ (IHRA), des "Antisemitismus-Code", Kenneth Stern vor dessen Missbrauch durch "rechtsgerichtete Juden", die mit dieser neuen Waffe Kritik an Israel zu unterdrücken trachten. (3)(4)(5)(6)(7)(8)(9)

Dass Jeremy Corbyn als Nr.1 auf der berüchtigten "Antisemitismus-Liste" des Wiesenthal-Center erschien, damit konnte man rechnen. Als dann aber noch der deutsche UN-Botschafter Heusgen ins Visier dieser Liste auf Platz 7 landete, wurde es selbst der Bundesregierung zu bunt. Schließlich hatte Heusgen endlich einmal nach so vielen Enthaltungen nur die Anordnungen der Bundesregierung (und der USA) befolgt und in der UN gegen israelische Völkerrechtsverbrechen gestimmt. Sie stellte sich hinter Heusgen, übrigens auch der israelische Botschafter in Deutschland, dem die Geschichte so peinlich war, dass er sich ebenfalls hinter den "Kollegen" stellte. (10)(11)

Beim Schwingen der Antisemitismus-Keule mochten nun auch deutsche Medien nicht abseits stehen und stießen ins selbe Horn – wie z.B. Online-Spiegel am Wahltag, dem 12. Dezember. Unter dem Titel "Die dunkle Seite des roten Corbyn" setzte Alexander Sarovic seinen Lesern die Thesen der Israel-Lobby über das „Antisemitismusproblem“ von Labour zum Fraß vor – nur ein trauriges Beispiel unter vielen. Die dunkle Seite des Spiegels bekommen wir Woche für Woche vorgesetzt, wenn es hechelnd gegen die Türkei oder Russland geht. Der Skandal um Relotius ist uns noch gut im Gedächtnis. Mir scheint, dass der Spiegel nach einem sehr erfreulichen kritischen Bericht über den Israel-Lobbyismus in Deutschland inzwischen extremen Hasbara-Gegenwind bekam, dass er nun "geläutert" nur noch unkritisch und "Israel-Lobby-like" schreibt. (12)(13)(14)

Den Journalismus der Einseitigkeit und des Weglassens nicht dulden!

Es stehen uns schwere Zeiten bevor. In Zeiten von Antisemitismuskeulen als schlagkräftigen Wahlkampfhelfern war Großbritannien erst der Anfang. Demnächst kommt der Schmutz und der zionistische Korruptionsmief im "Jüdischen Staat" und dessen Wahlkampf, sowie die Trumpsche Politik, die diesen Schmutz in die Wahlkämpfe brachte und die zionistischen und populistischen Freunde beflügelte.

Trump hat es auch geschafft, dass – seit er Jerusalem zur Hauptstadt eines "Jüdischen Staats" erklärte – von dem zionistischen Besatzer-Regime 3.750 Palästinenser aus dem besetzten Jerusalem verhaftet wurden. Darunter waren 1.070 Kinder unter 18 Jahren, zusätzlich zu 171 Frauen und Mädchen, darunter, verletzte Frauen und Mütter – und das alles nur, weil sie ein friedliches „Sit-in“ in der Al-Aqsa-Moschee veranstaltet hatten. Wie ein Tsunami haben sich diese Verhaftungswellen über das besetzte Palästina verbreitet, auf alle Dörfer, Städte und Bezirke Jerusalems; beispiellos, und wie entfesselt seit der Unterstützung durch Trump. Was lesen wir davon in den deutschen Medien? NICHTS. Sie sind eben zu beschäftigt mit ihren Anti-Türkei-Erdogan-Recherchen, ihrer Hetze, sowie mit ihren Russland- und Putin-Diffamierungen, dass für solche brisanten Nachrichten keine Zeit mehr bleibt. Dieser Journalismus der Einseitigkeit und des Weglassens, der seiner Pflicht zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung nicht nachkommt, sollte uns alle wütend und nachdenklich machen.

Nicht von der Antisemitismuskeule der Israel-Lobby einschüchtern lassen!

Im Kampf für die Meinungsfreiheit und die Freiheit Palästinas müssen wir beherzt diejenigen, die mit der Antisemitismuskeule um sich schlagen, in die Schranken weisen. Es darf ihnen nicht weiter gelingen, hiermit von wirklich wichtigen politischen Themen abzulenken – wie die zionistische Besatzung, die Kriegsdrohungen gegen Iran, die anderen Bedrohungen wie Regime Change und US-Einflussnahme entgegen aller demokratischen Gepflogenheiten. Wir dürfen nicht nachlassen und uns vor allem nicht einschüchtern lassen, von der Antisemitismuskeule der Israel-Lobby.


Fußnoten:

(1) https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/antisemitismus-in-der-tuerkei-li.3287
(2) https://www.fr.de/meinung/tuerkei-tagung-antisemitismus-istanbul-13335884.html
(3) https://www.middleeastmonitor.com/20191126-uks-chief-rabbi-urges-voters-not-to-back-labours-jeremy-corbyn/
(4) https://www.middleeastmonitor.com/20191114-guardian-columnist-peddles-fake-news-to-accuse-corbyn-of-anti-semitism/
(5) https://www.middleeastmonitor.com/20191216-labours-anti-semitism-crisis-will-continue-until-all-pro-palestine-members-are-silenced/
(6) https://www.jpost.com//International/Boris-Johnson-to-pass-anti-BDS-law-official-says-611044
(7) https://www.theguardian.com/us-news/2019/dec/11/donald-trump-antisemitism-israel-colleges-order
(8) https://www.jpost.com//International/Boris-Johnson-to-pass-anti-BDS-law-official-says-611044
(9) https://www.middleeastmonitor.com/20191216-controversial-anti-semitism-code-being-weaponised-by-pro-israel-groups-warns-drafter/
(10) https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/berlin-vorwuerfe-gegen-christoph-heusgen-waren-grosser-fehler-16538459.html
(11) https://www.tagesspiegel.de/politik/vorwurf-des-antisemitismus-nach-israel-kritik-israels-botschafter-verteidigt-un-diplomaten-heusgen/25336388.html
(12) https://www.spiegel.de/politik/ausland/jeremy-corbyn-labour-der-parteichef-und-antisemitismus-a-1300722.html
(13) https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/fall-claas-relotius-abschlussbericht-der-aufklaerungskommission-a-1269110.html


Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom "Hochblauen", dem 1165 m hohen "Hausberg" im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt. (http://sicht-vom-hochblauen.de/) 2012 kam ihr Buch "Das elfte Gebot: Israel darf alles" heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro. Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten "Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik" ausgezeichnet.

Online-Flyer Nr. 730  vom 18.12.2019



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