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Drohende neue Zwangsmaßnahmen gegen die Hambacher Forst-Schützer
Polizei und Behörden schützen RWE
Von Schattenblick
"Naturvernichtung im großen Stil" - so überschrieb die Bürger- und Bürgerinnen-Initiative "Buirer für Buir" ihre jüngste Pressemitteilung zu den Vorgängen im Hambacher Forst [1], in der sie die in den zurückliegenden Wochen durchgeführte Zerstörung weiterer wertvoller Baumbestände kritisierte und klarstellte, daß die nach wie vor bevorstehenden Rodungsarbeiten zugunsten von RWE nicht nur in "moralischer und ökologischer Sicht verwerflich, sondern auch juristisch anfechtbar" seien [1].
"Wir sind tief erschüttert über die Gnadenlosigkeit, mit der hier vor Ort Menschen und Natur Gewalt angetan wird. Für uns Bürger ist es schon längst nicht mehr nachvollziehbar, dass RWE sich einfach so über Recht und Gesetz stellen kann und keiner den Konzern daran hindert oder dafür belangt. Mit solchen Aktionen und den immer wiederkehrenden Störmaßnahmen gegen die friedlichen Demonstranten auf der besetzten Wiese verspielt RWE letztes Vertrauen und Akzeptanz."
Über Letzteres ließe sich juristisch streiten, unterliegt doch jeder Eingriff einer öffentlichen Gewalt dem Übermaßverbot, was nichts anderes bedeutet, als daß er nicht unverhältnismäßig sein darf. Juristisch gesprochen kann es also keine rechtmäßige, aber unverhältnismäßige Verwaltungsanordnung geben. Da die Entscheidungskompetenz für eine solche Verhältnismäßigkeitsentscheidung jedoch ihrerseits bei einer staatlichen Gewalt, nämlich im Klagefall der Verwaltungsgerichtsbarkeit liegt, steht zu erwarten, daß der Stärkere sich so oder so Recht zu verschaffen versteht - auch wenn dies dem Empfinden der Betroffenen und all jener Menschen, die davon überzeugt sind, daß ein friedlicher Protest gegen die auch in rechtlicher Hinsicht höchst umstrittene Abholzung eines so wertvollen und großen Waldes kein Unrecht sein könne, nicht entspricht.
RWE-Braunkohle Tagebau Hambach
Fußnoten:
[1] Naturvernichtung im großen Stil. RWE vernichtete ohne geltende Rechtsgrundlage weitere große Teile des Hambacher Forstes. Pressemitteilung der Bürger_inneninitiative "Buirer für Buir" vom 27. Dezember 2012
http://www.buirerfuerbuir.de/frame.html
Online-Flyer Nr. 388 vom 09.01.2013
Drohende neue Zwangsmaßnahmen gegen die Hambacher Forst-Schützer
Polizei und Behörden schützen RWE
Von Schattenblick
"Naturvernichtung im großen Stil" - so überschrieb die Bürger- und Bürgerinnen-Initiative "Buirer für Buir" ihre jüngste Pressemitteilung zu den Vorgängen im Hambacher Forst [1], in der sie die in den zurückliegenden Wochen durchgeführte Zerstörung weiterer wertvoller Baumbestände kritisierte und klarstellte, daß die nach wie vor bevorstehenden Rodungsarbeiten zugunsten von RWE nicht nur in "moralischer und ökologischer Sicht verwerflich, sondern auch juristisch anfechtbar" seien [1].
BUND klagt gegen RWE und stoppt Baumrodung zumindest vorläufig
Quelle: BUND
Wie die Bürger- und Bürgerinnen-Initiative weiter berichtete, wurden seit Mitte November nach der mit einem massiven Polizeieinsatz von über 600 Beamten durchgeführten Räumung des von Braunkohlegegnern und -gegnerinnen besetzten Waldstücks etwa 80 Hektar gerodet. Dadurch wurde ein weiteres großes Gebiet dieses in seiner Struktur mehrere tausend Jahre alten Waldes unwiederbringlich zerstört. "Und wären die Waldbesetzer nicht gewesen, wäre wohl noch ein viel größerer Baumbestand dem Braunkohletagebau zum Opfer gefallen", so Andreas Büttgen von der Buirer Initiative [1].
In die Auseinandersetzungen zwischen den Gegnern und Gegnerinnen der Wald- und Landschaftszerstörungen zugunsten des Braunkohleabbaus und der kommerziellen Betreiber und der politischen bzw. behördlichen Wegbereiter dieser euphemistisch mit "Energiegewinnung" titulierten Technologie war in den zurückliegenden Tagen und Wochen eine relative Ruhe eingekehrt, nachdem der Versuch der Ordnungskräfte, eine im Anschluß an die Räumung der Waldbesetzung auf einem in Privatbesitz befindlichen und an den Wald angrenzenden Grundstück durchgeführte "Wiesenbesetzung" aufzulösen, fehlgeschlagen war. Diese Polizeiaktion hatte in der Festnahme des Grundstückseigentümers gegipfelt.
Bechsteinfledermaus – durch RWE-Tagebau vom Aussterben bedroht
Quelle: www.natur-lexikon.com
Gegen die Umweltschützer und -schützerinnen, die das nun zumindest in Ansätzen bereits gerodete Waldstück durch ihre im April 2012 begonnene Protestaktion beschützen wollten, wurden Strafanzeigen gestellt, die allerdings, wie der WDR unter Bezugnahme auf die zuständige Kölner Staatsanwaltschaft berichtete, noch nicht über den "Status der polizeilichen Bearbeitung" hinausgekommen seien [2]. Dies gibt Anlaß zu der Vermutung, daß die rechtliche Handhabe gegen die Aktivisten und Aktivistinnen des nicht nur in der Region, sondern bundesweit anwachsenden Braunkohlewiderstands im Zusammenhang mit den Ereignissen im Hambacher Forst selbst bei bereitwilligster staatsanwaltschaftlicher Auslegung mehr als dürftig zu sein scheint.
Nach Angaben der Buirer Bürger- und Bürgerinnen-Initiative ist der durch die Klage des BUND bewirkte Rodungsstop allerdings für etliche Baumriesen zu spät gekommen. Auf ihrer Webseite [1] wurde der Fall eines solchen Giganten im engsten Wortsinn fototechnisch dokumentiert.
Allem Anschein nach ist das Ansehen des Energieriesen RWE, der als Besitzer und Betreiber des Braunkohletageabbaus verantwortlich zeichnet für all das, was immer mehr Menschen nicht nur in dieser Region aufbringt, durch die jüngsten Ereignisse in Verknüpfung mit dem nicht nur von Umweltschützern, Anwohnern und Unterstützern als rabiat empfundenen Vorgehen der Polizei noch weiter gesunken. So erklärte Andreas Büttgen von der Buirer Initiative [1]:
"Wir sind tief erschüttert über die Gnadenlosigkeit, mit der hier vor Ort Menschen und Natur Gewalt angetan wird. Für uns Bürger ist es schon längst nicht mehr nachvollziehbar, dass RWE sich einfach so über Recht und Gesetz stellen kann und keiner den Konzern daran hindert oder dafür belangt. Mit solchen Aktionen und den immer wiederkehrenden Störmaßnahmen gegen die friedlichen Demonstranten auf der besetzten Wiese verspielt RWE letztes Vertrauen und Akzeptanz."
Buirer Bürger protestieren
Quelle: http://www.buirerfuerbuir.de
Foto: Hubert Perschke
Wie die Bewohner und Bewohnerinnen des aktuellen Wiesencamps gegenüber dem WDR freimütig berichteten, hätten nicht alle Menschen in der Umgebung Verständnis für ihre nach wie vor nicht aufgegebenen Bemühungen, das weitere Abholzen der Bäume im Hambacher Forst zu verhindern. Viele hätten bereits resigniert, weshalb die Campierenden viel Mühe darauf verwendeten, mit den Menschen zu sprechen und zu argumentieren und sie zu ermutigen. Praktisch seien sie zudem vollauf damit beschäftigt, sich in dem Wiesencamp einen möglichst witterungsgeschützten Unterschlupf herzurichten, weshalb sie damit begonnen hätten, Gruben auszuheben, um sich einen Windschutz zu schaffen. Viele Menschen aus der Nachbarschaft zeigten ihre Solidarität auch auf ganz praktische Weise, spendeten Nahrungsmittel, Baumaterialen oder einfach nur Geld. "Sogar kleine Geschenke hatten sie für uns", berichtete einer der Aktivisten, Moritz, gegenüber dem WDR [2].
Wie die Bewohner und Bewohnerinnen des aktuellen Wiesencamps gegenüber dem WDR freimütig berichteten, hätten nicht alle Menschen in der Umgebung Verständnis für ihre nach wie vor nicht aufgegebenen Bemühungen, das weitere Abholzen der Bäume im Hambacher Forst zu verhindern. Viele hätten bereits resigniert, weshalb die Campierenden viel Mühe darauf verwendeten, mit den Menschen zu sprechen und zu argumentieren und sie zu ermutigen. Praktisch seien sie zudem vollauf damit beschäftigt, sich in dem Wiesencamp einen möglichst witterungsgeschützten Unterschlupf herzurichten, weshalb sie damit begonnen hätten, Gruben auszuheben, um sich einen Windschutz zu schaffen. Viele Menschen aus der Nachbarschaft zeigten ihre Solidarität auch auf ganz praktische Weise, spendeten Nahrungsmittel, Baumaterialen oder einfach nur Geld. "Sogar kleine Geschenke hatten sie für uns", berichtete einer der Aktivisten, Moritz, gegenüber dem WDR [2].
Ungemach droht den der Kälte und weiteren Unwägsamkeiten trotzenden zumeist jungen Leuten auf dem Wiesencamp jedoch noch von ganz anderer Seite. Sie hatten den zunächst gescheiterten polizeilichen Räumungsversuch als Erfolg gewertet, doch nun scheint eine abermalige Eskalation bevorzustehen. Auch wenn derzeit keine Aktionen im Wald unternommen werden, scheint dieses Widerstandscamp den Betreibern und Behörden ein Dorn im Auge zu sein. Allem Anschein nach wurde nun, nach womöglich längerem Suchen, eine rechtliche Handhabe gefunden, um ein abermaliges polizeiliches Vorgehen, sei es direkt gegen die Wiesenbesetzung oder den Grundstücksbesitzer, zu ermöglichen bzw. zu rechtfertigen.
Als die Polizei das Camp räumen wollte, nahm sie als Ersten den herbeigeeilten 64-jährigen Grundstücksbesitzer Kurt Claßen fest.
Kurz vor Weihnachten, mit einem Schreiben der zuständigen Kreisverwaltung Düren vom 20. Dezember 2012, wurde dem Grundstücksbesitzer eine Ordnungsverfügung angekündigt, in der er "unter Androhung eines Zwangsmittels" aufgefordert werden würde, "für die Räumung Ihrer Parzelle von baulichen Anlagen, die zum Aufenthalt geeignet sind, Sorge zu tragen" sowie "die Errichtung derartiger baulicher Anlagen auf Ihrem Grundstück zukünftig zu unterbinden." [3] Bis zum 10. Januar 2012 wurde ihm die Gelegenheit eingeräumt, sich zu dem ihm drohenden Erlaß einer solchen Ordnungsverfügung zu äußern.
Der Dürener Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) nahm umgehend zu dieser behördlichen Ankündigung, der er die Verhältnismäßigkeit absprach, wie folgt Stellung [4]:
"Da der Eigentümer das Camp auf seinem Grundstück billigt, begründet der Kreis Düren die Räumungsandrohung mit einem Verstoß gegen das Baugesetz. Mit einer solchen Androhung einer Ordnungsverfügung zwei Tage vor Weihnachten macht Landrat Spelthahn sich lächerlich. Die Androhung mag formal korrekt sein, aber mit Sicherheit ist sie nicht verhältnismäßig."
Oliver Krischer schloß seine Pressemitteilung mit der an den Landrat gerichteten Empfehlung, anstatt mit Ordnungsverfügungen zu arbeiten, sich dem politischen Hintergrund dieses Konfliktes zu stellen, den der Bundestagsabgeordnete folgendermaßen formulierte [4]:
"Ist es im 21. Jahrhundert vor dem Hintergrund des Klimawandels noch verantwortbar, ganze Landschaften und Wälder zu zerstören einschließlich aller Folgen wie Bergschäden, Feinstaub etc., um die Kohle in Kraftwerken mit Wirkungsgraden deutlich unter 50% ineffizient zu verbrennen, obwohl die Energieversorgung heute auch anders organisiert werden könnte?"
Die unmittelbare Lebensgefahr für die Bäume scheint, wenn auch zunächst nur vorübergehend, abgewendet worden zu sein durch die Klage des BUND gegen die Rechtmäßigkeit der erteilten Rodungsgenehmigungen. Nach Angaben eines RWE-Sprechers würden deshalb die Rodungsarbeiten ruhen [2].
Die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, um nicht zu sagen Kämpfe um diese Frage ruhen jedoch keineswegs, sondern scheinen, ganz im Gegenteil, vor einer weiteren Eskalationsstufe zu stehen. Ausgelöst wurde dies, wie zu vermuten steht, durch die Unbeugsamkeit der zumeist jungen Braunkohlegegner und -gegnerinnen, die ein ermutigendes Beispiel geben für die vielen, nicht minder mit der derzeitigen Energie- und Umweltpolitik zutiefst unzufriedenden Mitbürger und Mitbürgerinnen.
RWE-Braunkohle Tagebau Hambach
Foto: Johannes Fasolt
Der Hambacher Forst war und ist einer der naturwüchsigsten Wälder Mitteleuropas, der schon seit 12.000 Jahren ununterbrochen existiert, was hier so gut wie einmalig ist. Er könnte als letzter Urwald Mitteleuropas bezeichnet werden. [5]. Der Hambacher Forst war einst 5.500 Hektar groß, der größte Wald der Region zwischen Köln und den Niederlanden. Heute stehen nur noch 1.100 Hektar. Der Rest ist RWE und dem Braunkohletagebau Hambach zum Opfer gefallen. Wenn RWE nicht gestoppt wird, wird das Gleiche auch mit den verbliebenen Restflächen passieren. Dabei geht es aber nicht nur um den Wald, sondern auch um Klima, Gesundheit, Umsiedlung und die Frage: Wer entscheidet?
Das Rheinische Braunkohlerevier, dessen Teil der Hambacher Tagebau ist, ist der größte Einzelemittend von CO2 in Europa. Es produziert so viel Feinstaub wie der gesamte Autoverkehr in Deutschland nicht. Bis nach Köln und dem gesamten Ruhrpott hat das extreme gesundheitliche Auswirkungen – zumal der Feinstaub radioaktiv ist. Nicht nur der Wald kommt für den Tagebau weg, sondern auch ganze Dörfer. Bei der Umsiedlung zeigt sich das Herrschaftssystem ohne das der Kohleabbau nicht möglich wäre von der hässlichsten Seite.(PK)
Weitere Informationen:
http://hambacherforst.blogsport.de/
Weitere Informationen:
http://hambacherforst.blogsport.de/
Fußnoten:
[1] Naturvernichtung im großen Stil. RWE vernichtete ohne geltende Rechtsgrundlage weitere große Teile des Hambacher Forstes. Pressemitteilung der Bürger_inneninitiative "Buirer für Buir" vom 27. Dezember 2012
http://www.buirerfuerbuir.de/frame.html
[2] Aktivisten kämpfen weiter gegen Rodung: Im neuen Camp der Waldbesetzer. Bericht von Robert Franz, WDR, 27.12.2012,
http://www1.wdr.de/themen/politik/hambacherforst212.html
http://www1.wdr.de/themen/politik/hambacherforst212.html
[3] Die diesen Vorfall betreffenden Dokumente können im PDF-Format auf der Webseite der Bürger_inneninitiative "Buirer für Buir" heruntergeladen werden
http://www.buirerfuerbuir.de
http://www.buirerfuerbuir.de
[4] Ordnungsverfügung gegen Camp der Tagebaugegner: Landrat Spelthahn macht sich lächerlich. Pressemitteilung von Oliver Krischer, Mitglied des Deutschen Bundestages, Bündnis 90/Die Grünen, vom 23. Dezember 2012
Diesen Beitrag haben wir mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der Online-Zeitung Schattenblick, www.schattenblick.de übernommen.
NRhZ-Artikel und ein Video zum Thema:
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=17672Online-Flyer Nr. 388 vom 09.01.2013