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Kolbfabrik in der Kölner Helmholtzstrasse vorerst nicht geräumt
"Marmor, Stein und Eisen bricht"
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Am frühen Morgen des 3. Juni 2013 war nach etwa eineinhalb Stunden der Sturm von Justiz und Exekutive auf die "Kultur- und Kunstfabrik" in der Kölner Kolbhalle, und ihre Künstler und Bewohner in der Ehrenfelder Helmholtzstraße beendet. Die angedrohte Räumung blieb vorerst aus. Die Gerichtsvollzieher und zwei Hundertschaften Polizei mit Wasserwerfer, der dezent in einer Nebenstraße geparkt wurde, zogen ab. Die Künstler und viele als Zeugen herbei gebetene Gäste waren daran interessiert, über die Lage zu verhandeln. „Marmor, Stein und Eisen bricht“, sangen Anwesende zu Gitarrenklängen. Gewalt war präsent, gab sich aber ohne Helm und Protektoren locker in Anbetracht der Tatsache, dass dem Vollstreckungstitel des Amtsgerichts Köln bzw. der Art der Zustellung einige Formfehler zugrunde lagen. Das Urteil ging davon aus, dass das Gelände als Gewerbegebiet anzusehen sei. Daher erfolgte die Räumungsfristsetzung in einem zu kurz bemessenen Zeitraum. Außerdem war das Vollstreckungsurteil nicht allen Bewohnern zugestellt worden.
Mobilisierung von Freunden der Kolbfabrik, der Kölner Kultur- und Kunstfabrik in der Helmholtzstrasse, gegen die drohende Räumung
Alle Fotos: arbeiterfotografie.com
Eingang zur Kölner Kolbfabrik am Vorabend der drohenden Räumung
Kolbfabrik – Ort der Kunst seit mehr als 20 Jahren
Kolbfabrik – Ort für ungewöhnlich tiefgehende Gespräche
Kolbfabrik – Ort des Lebens und künstlerischen Schaffens
Marcus Krips am Vorabend der drohenden Räumung
Halteverbot ab Sonntag, dem 2. Juni 2013 – am Vorabend der drohenden Räumung
Uli Schulz am Vorabend der drohenden Räumung
Montag, 3. Juni 2013, am frühen Morgen – zwei Hundertschaften Polizei sind eingetroffen
Polizei, Gerichtsvollzieher, Bewohner und Freunde in der Kolbhalle
Montag, 3. Juni 2013, am frühen Morgen
Gespannte Atmosphäre in der Kolbhalle
Polizei in der Kolbhalle
Gitarrenklänge durchdringen die gespannte Atmosphäre
Die Gerichtsvollzieher lassen sich die Wohnräume der auf dem Kolb-Gelände lebenden Künstler zeigen
Gitarrenklänge durchdringen die gespannte Atmosphäre
Die Gerichtsvollzieher lassen sich die Wohnräume der auf dem Kolb-Gelände lebenden Künstler zeigen
Gitarrenklänge durchdringen die gespannte Atmosphäre
Michael Reinker, Vorsitzender des die Kolbfabrik betreibenden Vereins „Wir selbst“ verhandelt mit den Gerichtsvollziehern
Michael Reinker, Vorsitzender des Vereins „Wir selbst“
Der Räumungsbefehl basierte auf falschen Voraussetzungen – Gerichtvollzieher und das Polizei-Aufgebot ziehen ab
Bewohner und Freunde der Kolbfabrik atmen auf
Bewohner und Freunde der Kolbfabrik atmen auf
In der Kolbhalle
Bewohner Kolbfabrik zeigen demonstrativ ihre Mietverträge
An der Außenmauer der Kolbfabrik
Das Leben geht weiter – die Halle ist erfüllt von dem Lied "Marmor, Stein und Eisen bricht“
Außenmauer der Kolbfabrik
"Marmor, Stein und Eisen bricht“
Außenmauer der Kolbfabrik
Köln braucht Orte der Kreativität und Kommunikation wie die Kolbfabrik
„Menschen schaffen Kunst. Kunst ist Kultur. Kultur ist der fabelhafte Kern einer zivilisierten Gesellschaft. Aber eine Gesellschaft ohne Kunst und Humor verroht und verrottet von innen heraus. Mehr Kunst und Künste!“ Das schrieb Roman Schlikow als Kommentar zur angedrohten Räumung der Kolbfabrik im Februar 2013 in die Liste von thepetitionsite, einer offenen Petition, die sich an die Stadt Köln richtet. Der Wortlaut der Petition fasst zusammen: „Die Stadt Köln hat das Gelände der Kolb Fabrik vor 23 Jahren speziell für die Bedürfnisse der Künstler modifiziert, doch hat sie ihnen seit 2000 des öfteren Steine in den Weg gelegt. Sie zeigte sich unkooperativ und hielt Zusagen oftmals nicht ein. Ein Kölner Richter widersetzte sich nun Berichten zu Folge den Beschlüssen des Oberlandesgerichtes und des Landgerichtes mit einem scheinbar eigenmächtigen Urteil für eine Räumung… Trotz Berufung gegen das eigenmächtige Urteil will die Stadt nun räumen. Der Richter akzeptierte nicht den Wohnmietvertrag, deutete ihn um in einen Gewerbemietvertrag...“
Kölner Kunstbrache
Weiter: „Doch es geht hier nicht um ein Gebäude: Das soziale Gefüge und eine wirkliche Stätte der Begegnung zwischen den Nationen unserer Stadt wird hier massiv angetastet. Die Kolbfabrik Artist Community bietet einen breiten Fundus an historischen Restaurationsobjekten und Filmrequisiten, u.a. den ältesten Zirkus Wagen Kölns. Auch traditionelle Holzbauwagenkunst wird hier betrieben. Unter den Kunstobjekten und Installationen befinden sich u.a. einzigartige kinetische Kunstwerke. Stark frequentierte Kunstveranstaltungen machten die Kolbfabrik stets zu einem fantastischen Ort: Das Labyrinth, Das Marsprojekt, Das Sommerbluttheater, Auftritte von Jazzlegenden Helge Schneider und Frank Köllges, sowie zahlreiche kostenlose Kunst- und Kulturveranstaltungen. Dieser Ort darf den Kölnern und ihren Gästen nicht weggenommen werden!!!“
Kölner Sozialbrache
Und weiter: „Dass diese ehrlichen und bescheidenen Künstler der Kolb Fabrik nun vertrieben werden sollen, ist unangemessen, bereichern sie doch unsere Stadt durch ihre Kunst, Gedanken und durch die Freiräume, die sie schaffen. Wir brauchen nicht noch mehr Wohnblöcke von anonymen Investoren! Köln braucht echte, gelebte Kunst und Orte der Begegnung zwischen den Kulturen!!!!“
Über tausend Unterschriften zeichnen die inzwischen geschlossene Petition, die durchaus erneuert werden könnte. Von Klaus dem Geiger bis Enno Stahl versammeln sich Stimmen gegen die Räumung – und damit den sozialen Umbau. Die mit forcierten sozialen Konflikten einhergehenden Bandagen werden deutlich in der Springerstiefelpresse des folgenden Tages der nicht erfolgten Räumung: „Ist das Sperrmüll oder Kunst“ lautet die süffisante Frage eines möglicherweise inkompetenten Redakteurs. Hass und Hetze im besten 68er-Springer-Stil: „Kommune“, „Schmarotzer“, verächtlich machen. „Sperrmüll“ ist nicht artgerecht. Womöglich entartet? Das ist beste Schützenhilfe in einem Objekt von herausragendem Stellenwert für Köln, zu dem sich die Chefpressesprecher Marcus Strunk vom Amtsgericht und Gregor Timmer von der Stadt Köln um 6 Uhr in der Frühe des 3. Juni 2013 vor Ort einfanden.
Kölner Brachflächen und Noch-Nicht-Brachflächen
Stichwort: Strukturwandel. Bau dir eine Brache. Wenn noch keine Brachfläche vorhanden ist, dann wird eine geschaffen. So zu beobachten nicht nur bei Kolb, auch bei Bürgerzentren Alte Feuerwache und Stollwerck mit exquisiter Stadt-Grundstückslage. Weiterhin der Abriss städtischer Bäder in Nippes und Bickendorf. Und, wichtig: Verhindere, dass „Brachflächen“ unter „Wert“ genutzt werden. Trifft zu auf Kolb, Bürgerzentren, Bauwagenplätze, KALKberg und weitere „Objekte“. „Weiche Standortfaktoren“ wie Umwelt, Kultur, Freizeitmöglichkeit, gar soziale Kommunikation außerhalb von Konsumtempeln rangieren im Wirtschafts-Roulette an hinterster Stelle.
Zuständig für „Strukturwandel“ ist die ehemals kommunale, 2009 aus der LEG Landesentwicklungsgesellschaft privatisiert hervorgegangene „NRW Urban Service GmbH“ in Dortmund, mit Geschäftsführer Rolf Heyer. So hat „das Geographische Institut der RUB (Ruhr-Universität Bochum) einen Schlüsselakteur des Strukturwandels zum Honorarprofessor berufen.“ Heyers Antrittsvorlesung 2012 befasste sich mit „Flächenrecycling in Boom- und Krisenzeiten“. Seit 2012 ist „das Pilotprojekt“ NRW-Flächenpool am Start. Ein „Instrument zur Brachflächenmobilisierung durch eine dialogorientierte Erarbeitung von Entwicklungsperspektiven“, das betrieben wird durch NRW.URBAN und die BahnflächenEntwicklungsGesellschaft NRW mbH (BEG NRW) mit Sitz in Essen „in enger Kooperation“ mit dem Ministerium für Bauen und Verkehr NRW. Gepriesenes Erfolgsinstrument ist „Eigentumswechsel als Startschuss für weitere Entwicklung“. Und Vorteil für die Kommune seien „Hohe Reaktivierungswahrscheinlichkeit wichtiger Flächenpotenziale“ wenn ein „Neutraler Dritter den Prozess in die Hand“ nimmt.
Kölner Stadt-Versteinerung
Richtig verstanden? Dialogorientierte Schlüsselakteure forcieren den Strukturwandel und den Umbau. „Flächen wieder zu nutzen und innen statt außen zu entwickeln, ist erklärtes flächenpolitisches Ziel der Landesregierung NRW.“ „Freiflächenbedarf“ sei im „erforderlichen Maß zu begrenzen.“ Von „Meilensteinen“ ist die Rede (den Begriff „Quantensprung“ benutzte der SPD-Politiker Scharping anlässlich der ersten deutschen Kriegsbeteiligung nach 1945).
Zurück zum Fokus Kolb und Stadt Köln. Petitionsunterzeichner Jens Lockmann empfiehlt: „Hmm, ich glaube, es ist besser, was Gutes zu machen (wie es u.a. in der Kolbhalle getan wird), als dass man was Gutes kaputt macht – selbst wenn es aus 'guten' Gründen getan wird (zudem diese Gründe in Anbetracht der Urteile seehr fadenscheinig wirken). Köln würde, insbesondere von offizieller Seite, deutlich mehr nach-Gutem-Streben gut tun...“ Ob diese Wünsche nach einer verhinderbaren – auch symbolischen – Stadt-Versteinerung Gehör finden, könnte eine Frage für Michael Nadler sein, der, mit wirtschaftswissenschaftlichem Studium an der Universität zu Köln seit September 2010 an der neu gegründeten Fakultät Raumplanung an der Technischen Universität Dortmund den Lehrstuhl Immobilienentwicklung leitet, in dessen Forschungsbereich der in den USA favorisierte Ansatz des „Real Estate Finance & Investment“ im Vordergrund steht. – Fragen über Fragen.
Hinweise:
Petition für den Erhalt der Kolbhalle
http://www.thepetitionsite.com/770/449/228/koeln-verjagt-kuenstler-stoppt-die-raeumung-der-kolbhallekolbfabrik-artist-community/
Kolbhalle Art Biotop – Video vom Urban Media Festival 2011
http://rootsnroutes.eu/video-id1409
Pilotprojekt zur Brachflächenmobilisierung von NRW.URBAN und BahnflächenEntwicklungsGesellschaft NRW mbH (BEG NRW)
http://www.nrw-flaechenpool.de/DAS-VERFAHREN.153.0.html
Online-Flyer Nr. 410 vom 12.06.2013
Kolbfabrik in der Kölner Helmholtzstrasse vorerst nicht geräumt
"Marmor, Stein und Eisen bricht"
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Am frühen Morgen des 3. Juni 2013 war nach etwa eineinhalb Stunden der Sturm von Justiz und Exekutive auf die "Kultur- und Kunstfabrik" in der Kölner Kolbhalle, und ihre Künstler und Bewohner in der Ehrenfelder Helmholtzstraße beendet. Die angedrohte Räumung blieb vorerst aus. Die Gerichtsvollzieher und zwei Hundertschaften Polizei mit Wasserwerfer, der dezent in einer Nebenstraße geparkt wurde, zogen ab. Die Künstler und viele als Zeugen herbei gebetene Gäste waren daran interessiert, über die Lage zu verhandeln. „Marmor, Stein und Eisen bricht“, sangen Anwesende zu Gitarrenklängen. Gewalt war präsent, gab sich aber ohne Helm und Protektoren locker in Anbetracht der Tatsache, dass dem Vollstreckungstitel des Amtsgerichts Köln bzw. der Art der Zustellung einige Formfehler zugrunde lagen. Das Urteil ging davon aus, dass das Gelände als Gewerbegebiet anzusehen sei. Daher erfolgte die Räumungsfristsetzung in einem zu kurz bemessenen Zeitraum. Außerdem war das Vollstreckungsurteil nicht allen Bewohnern zugestellt worden.
Mobilisierung von Freunden der Kolbfabrik, der Kölner Kultur- und Kunstfabrik in der Helmholtzstrasse, gegen die drohende Räumung
Alle Fotos: arbeiterfotografie.com
Eingang zur Kölner Kolbfabrik am Vorabend der drohenden Räumung
Kolbfabrik – Ort der Kunst seit mehr als 20 Jahren
Kolbfabrik – Ort für ungewöhnlich tiefgehende Gespräche
Kolbfabrik – Ort des Lebens und künstlerischen Schaffens
Marcus Krips am Vorabend der drohenden Räumung
Halteverbot ab Sonntag, dem 2. Juni 2013 – am Vorabend der drohenden Räumung
Uli Schulz am Vorabend der drohenden Räumung
Montag, 3. Juni 2013, am frühen Morgen – zwei Hundertschaften Polizei sind eingetroffen
Polizei, Gerichtsvollzieher, Bewohner und Freunde in der Kolbhalle
Montag, 3. Juni 2013, am frühen Morgen
Gespannte Atmosphäre in der Kolbhalle
Polizei in der Kolbhalle
Gitarrenklänge durchdringen die gespannte Atmosphäre
Die Gerichtsvollzieher lassen sich die Wohnräume der auf dem Kolb-Gelände lebenden Künstler zeigen
Gitarrenklänge durchdringen die gespannte Atmosphäre
Die Gerichtsvollzieher lassen sich die Wohnräume der auf dem Kolb-Gelände lebenden Künstler zeigen
Gitarrenklänge durchdringen die gespannte Atmosphäre
Michael Reinker, Vorsitzender des die Kolbfabrik betreibenden Vereins „Wir selbst“ verhandelt mit den Gerichtsvollziehern
Michael Reinker, Vorsitzender des Vereins „Wir selbst“
Der Räumungsbefehl basierte auf falschen Voraussetzungen – Gerichtvollzieher und das Polizei-Aufgebot ziehen ab
Bewohner und Freunde der Kolbfabrik atmen auf
Bewohner und Freunde der Kolbfabrik atmen auf
In der Kolbhalle
Bewohner Kolbfabrik zeigen demonstrativ ihre Mietverträge
An der Außenmauer der Kolbfabrik
Das Leben geht weiter – die Halle ist erfüllt von dem Lied "Marmor, Stein und Eisen bricht“
Außenmauer der Kolbfabrik
"Marmor, Stein und Eisen bricht“
Außenmauer der Kolbfabrik
Köln braucht Orte der Kreativität und Kommunikation wie die Kolbfabrik
„Menschen schaffen Kunst. Kunst ist Kultur. Kultur ist der fabelhafte Kern einer zivilisierten Gesellschaft. Aber eine Gesellschaft ohne Kunst und Humor verroht und verrottet von innen heraus. Mehr Kunst und Künste!“ Das schrieb Roman Schlikow als Kommentar zur angedrohten Räumung der Kolbfabrik im Februar 2013 in die Liste von thepetitionsite, einer offenen Petition, die sich an die Stadt Köln richtet. Der Wortlaut der Petition fasst zusammen: „Die Stadt Köln hat das Gelände der Kolb Fabrik vor 23 Jahren speziell für die Bedürfnisse der Künstler modifiziert, doch hat sie ihnen seit 2000 des öfteren Steine in den Weg gelegt. Sie zeigte sich unkooperativ und hielt Zusagen oftmals nicht ein. Ein Kölner Richter widersetzte sich nun Berichten zu Folge den Beschlüssen des Oberlandesgerichtes und des Landgerichtes mit einem scheinbar eigenmächtigen Urteil für eine Räumung… Trotz Berufung gegen das eigenmächtige Urteil will die Stadt nun räumen. Der Richter akzeptierte nicht den Wohnmietvertrag, deutete ihn um in einen Gewerbemietvertrag...“
Kölner Kunstbrache
Weiter: „Doch es geht hier nicht um ein Gebäude: Das soziale Gefüge und eine wirkliche Stätte der Begegnung zwischen den Nationen unserer Stadt wird hier massiv angetastet. Die Kolbfabrik Artist Community bietet einen breiten Fundus an historischen Restaurationsobjekten und Filmrequisiten, u.a. den ältesten Zirkus Wagen Kölns. Auch traditionelle Holzbauwagenkunst wird hier betrieben. Unter den Kunstobjekten und Installationen befinden sich u.a. einzigartige kinetische Kunstwerke. Stark frequentierte Kunstveranstaltungen machten die Kolbfabrik stets zu einem fantastischen Ort: Das Labyrinth, Das Marsprojekt, Das Sommerbluttheater, Auftritte von Jazzlegenden Helge Schneider und Frank Köllges, sowie zahlreiche kostenlose Kunst- und Kulturveranstaltungen. Dieser Ort darf den Kölnern und ihren Gästen nicht weggenommen werden!!!“
Kölner Sozialbrache
Und weiter: „Dass diese ehrlichen und bescheidenen Künstler der Kolb Fabrik nun vertrieben werden sollen, ist unangemessen, bereichern sie doch unsere Stadt durch ihre Kunst, Gedanken und durch die Freiräume, die sie schaffen. Wir brauchen nicht noch mehr Wohnblöcke von anonymen Investoren! Köln braucht echte, gelebte Kunst und Orte der Begegnung zwischen den Kulturen!!!!“
Über tausend Unterschriften zeichnen die inzwischen geschlossene Petition, die durchaus erneuert werden könnte. Von Klaus dem Geiger bis Enno Stahl versammeln sich Stimmen gegen die Räumung – und damit den sozialen Umbau. Die mit forcierten sozialen Konflikten einhergehenden Bandagen werden deutlich in der Springerstiefelpresse des folgenden Tages der nicht erfolgten Räumung: „Ist das Sperrmüll oder Kunst“ lautet die süffisante Frage eines möglicherweise inkompetenten Redakteurs. Hass und Hetze im besten 68er-Springer-Stil: „Kommune“, „Schmarotzer“, verächtlich machen. „Sperrmüll“ ist nicht artgerecht. Womöglich entartet? Das ist beste Schützenhilfe in einem Objekt von herausragendem Stellenwert für Köln, zu dem sich die Chefpressesprecher Marcus Strunk vom Amtsgericht und Gregor Timmer von der Stadt Köln um 6 Uhr in der Frühe des 3. Juni 2013 vor Ort einfanden.
Kölner Brachflächen und Noch-Nicht-Brachflächen
Stichwort: Strukturwandel. Bau dir eine Brache. Wenn noch keine Brachfläche vorhanden ist, dann wird eine geschaffen. So zu beobachten nicht nur bei Kolb, auch bei Bürgerzentren Alte Feuerwache und Stollwerck mit exquisiter Stadt-Grundstückslage. Weiterhin der Abriss städtischer Bäder in Nippes und Bickendorf. Und, wichtig: Verhindere, dass „Brachflächen“ unter „Wert“ genutzt werden. Trifft zu auf Kolb, Bürgerzentren, Bauwagenplätze, KALKberg und weitere „Objekte“. „Weiche Standortfaktoren“ wie Umwelt, Kultur, Freizeitmöglichkeit, gar soziale Kommunikation außerhalb von Konsumtempeln rangieren im Wirtschafts-Roulette an hinterster Stelle.
Zuständig für „Strukturwandel“ ist die ehemals kommunale, 2009 aus der LEG Landesentwicklungsgesellschaft privatisiert hervorgegangene „NRW Urban Service GmbH“ in Dortmund, mit Geschäftsführer Rolf Heyer. So hat „das Geographische Institut der RUB (Ruhr-Universität Bochum) einen Schlüsselakteur des Strukturwandels zum Honorarprofessor berufen.“ Heyers Antrittsvorlesung 2012 befasste sich mit „Flächenrecycling in Boom- und Krisenzeiten“. Seit 2012 ist „das Pilotprojekt“ NRW-Flächenpool am Start. Ein „Instrument zur Brachflächenmobilisierung durch eine dialogorientierte Erarbeitung von Entwicklungsperspektiven“, das betrieben wird durch NRW.URBAN und die BahnflächenEntwicklungsGesellschaft NRW mbH (BEG NRW) mit Sitz in Essen „in enger Kooperation“ mit dem Ministerium für Bauen und Verkehr NRW. Gepriesenes Erfolgsinstrument ist „Eigentumswechsel als Startschuss für weitere Entwicklung“. Und Vorteil für die Kommune seien „Hohe Reaktivierungswahrscheinlichkeit wichtiger Flächenpotenziale“ wenn ein „Neutraler Dritter den Prozess in die Hand“ nimmt.
Kölner Stadt-Versteinerung
Richtig verstanden? Dialogorientierte Schlüsselakteure forcieren den Strukturwandel und den Umbau. „Flächen wieder zu nutzen und innen statt außen zu entwickeln, ist erklärtes flächenpolitisches Ziel der Landesregierung NRW.“ „Freiflächenbedarf“ sei im „erforderlichen Maß zu begrenzen.“ Von „Meilensteinen“ ist die Rede (den Begriff „Quantensprung“ benutzte der SPD-Politiker Scharping anlässlich der ersten deutschen Kriegsbeteiligung nach 1945).
Zurück zum Fokus Kolb und Stadt Köln. Petitionsunterzeichner Jens Lockmann empfiehlt: „Hmm, ich glaube, es ist besser, was Gutes zu machen (wie es u.a. in der Kolbhalle getan wird), als dass man was Gutes kaputt macht – selbst wenn es aus 'guten' Gründen getan wird (zudem diese Gründe in Anbetracht der Urteile seehr fadenscheinig wirken). Köln würde, insbesondere von offizieller Seite, deutlich mehr nach-Gutem-Streben gut tun...“ Ob diese Wünsche nach einer verhinderbaren – auch symbolischen – Stadt-Versteinerung Gehör finden, könnte eine Frage für Michael Nadler sein, der, mit wirtschaftswissenschaftlichem Studium an der Universität zu Köln seit September 2010 an der neu gegründeten Fakultät Raumplanung an der Technischen Universität Dortmund den Lehrstuhl Immobilienentwicklung leitet, in dessen Forschungsbereich der in den USA favorisierte Ansatz des „Real Estate Finance & Investment“ im Vordergrund steht. – Fragen über Fragen.
Hinweise:
Petition für den Erhalt der Kolbhalle
http://www.thepetitionsite.com/770/449/228/koeln-verjagt-kuenstler-stoppt-die-raeumung-der-kolbhallekolbfabrik-artist-community/
Kolbhalle Art Biotop – Video vom Urban Media Festival 2011
http://rootsnroutes.eu/video-id1409
Pilotprojekt zur Brachflächenmobilisierung von NRW.URBAN und BahnflächenEntwicklungsGesellschaft NRW mbH (BEG NRW)
http://www.nrw-flaechenpool.de/DAS-VERFAHREN.153.0.html
Online-Flyer Nr. 410 vom 12.06.2013