SUCHE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Kultur und Wissen
Wie Frankreichs Kapitaleliten im 2. Weltkrieg vom deutschen zum US-amerikanischen Schutzherrn wechselten
Oben und unten im Imperialismus
Werner Rügemer interviewt die französische Historikerin Annie Lacroix-Riz
"Der französische Imperialismus... hat sich daran gewöhnt, sich auf fremde Schutzherren zu verlassen, auf stärkere imperialistische Mächte, entweder auf Deutschland oder auf die USA... Zwischen 1940 und 1944 war es so: zunächst die Vormundschaft Deutschlands, dann die Koexistenz zwischen den beiden Großmächten Deutschland und USA, danach der Wechsel zu den USA... In gewissem Sinne hatten die USA und de Gaulle gleiche Interessen, nämlich den Vorrang des Privateigentums. Aber, was den USA überhaupt nicht passte: De Gaulle wollte Frankreich als unabhängige Nation erhalten, einschließlich seiner Kolonien. Er wollte auch keinen dominierenden Einfluss US-amerikanischer Banken und Konzerne... Mit de Gaulle traf die imperialistische US-Klasse... zum ersten Mal auf eine politisch eigenständige Persönlichkeit, die großen Rückhalt in der Bevölkerung hatte..." Das sind Äußerungen aus dem Interview mit der französischen Historikerin Annie Lacroix-Riz.
In Ihrem neuen Buch „Die französischen Eliten zwischen 1940 und 1944 – von der Kollaboration mit Deutschland zur Allianz mit den USA“ beschreiben Sie den Wechsel der französischen Kapitaleliten von der deutschen zur amerikanischen Vormundschaft. Warum ist das auch heute aufschlussreich?
Gegenüber dem selbstbewussten Bild Frankreichs, das gern gepflegt wird, ergibt sich aus der Geschichte etwas ganz anderes: Der französische Imperialismus fühlt sich stark, hat aber Schwächen. Er hat sich daran gewöhnt, sich auf fremde Schutzherren zu verlassen, auf stärkere imperialistische Mächte, entweder auf Deutschland oder auf die USA. (1) In den Krisen und Kriegen Frankreichs etablierte sich die eine oder die andere dieser Mächte – sie konnten aber auch koexistieren. Zwischen 1940 und 1944 war es so: zunächst die Vormundschaft Deutschlands, dann die Koexistenz zwischen den beiden Großmächten Deutschland und USA, danach der Wechsel zu den USA.
Anfangs des 2. Weltkriegs waren die französischen Eliten überzeugt, dass das Deutsche Reich siegen wird und man unter ihm das „Neue Europa“ mitgestalten wird. Aber schon Mitte 1941 verstand man sehr schnell, dass der deutsche Blitzkrieg gegen die Sowjetunion nicht funktionieren wird. Während die Vichy-Regierung noch exzellent mit der deutschen Besatzung kollaborierte ebenso wie französische Banken und Konzerne mit ihren deutschen Geschäftspartnern, Arisierungen inklusive (2) – da schaute man schon nach dem neuen Schutzherrn aus. Man nahm an, dass die USA wie schon im 1. Weltkrieg erst abwarten, dann intervenieren und siegen werden.
Sie beschreiben die fünf Abteilungen der französischen Elite: rechtsextreme bis faschistische Politiker, Journalisten, Generäle und auch Bischöfe, dann vor allem die wichtigste Abteilung, die Bank- und Konzernelite. Für letztere verwenden Sie den Begriff „Synarchen“: Wer waren diese Leute?
Zu Justiz, Polizei und zur Résistance wurden nach dem 2. Weltkrieg viele Recherchen angestellt, auch juristische Ermittlungen wegen Hochverrats, etwa gegen den Staatschef von Vichy, Marschall Henri Pétain. Aber die anderen Eliten, insbesondere die katholische Kirche und noch viel mehr die Synarchen sind ein wirkliches Tabu in Frankreich. Die Synarchie ist eine kleine Gruppe, 1922 gegründet von zunächst zwölf wirtschaftlich Mächtigen. Dazu gehörten Banker der Société Générale, vor allem der Bank Worms - eine große Bank mit internationalen Aktivitäten, verbunden mit vielen Konzernen wie Air France, Lyonnaise des Eaux, Saint Gobain. (3) Ebenso gehörten dazu die Chefs von Renault und der Banque d‘ Indochine, die in den asiatischen Kolonien Frankreichs den Finanzverkehr unter sich hatte. Diese Gruppe hatte ein Programm: Liquidierung der Republik.
Überall im Imperialismus war es während der 1920er Jahre ähnlich: Die demokratischen Republiken entsprachen nicht den Interessen des Kapitals. Auch in Deutschland hasste das sehr konzentrierte Kapital die Weimarer Republik, obwohl hier die klassische Rechte und eine versöhnlerische Sozialdemokratie regierten.
In Frankreich hassten die Synarchen die Republik aus ganz ähnlichen Gründen: Wichtige Entscheidungen dauern zu lange, den Lohnabhängigen und allen nichtmonopolistischen Anspruchsberechtigten werden zu viele Sicherheiten gegeben, die Steuern sind zu hoch, die Linke ist zu stark. Deshalb unterstützten die französischen Eliten – wie auch die in anderen imperialistischen Staaten, USA, Deutschland, Großbritannien, Italien, Belgien – von Anfang an den Machtantritt von Mussolinis Faschisten (1922).
Die Gruppe der Synarchen erweiterte sich schrittweise, sodass 1940 ihr Kern aus etwa 30 Personen bestand. Dazu gehörten dann auch z.B. der Chef der Vereinigung der Kohlebergwerke, Henri Peyerimhoff, Eugène Schneider und die Familie de Wendel von der Stahlindustrie, Eugène Schuller von L’Oréal, Alfred Pose von der Banque Nationale de Commerce et de l‘ Industrie (BNCI). Aus dem Umkreis der Synarchen kamen mehrere Minister der Kollaborations-Regierung von Vichy. Dazu habe ich tausende Dokumente in Washington, Berlin und Paris ausgewertet. Darüber herrscht in Frankreich tödliches Schweigen.
Die kapitalistischen Eliten in Frankreich beteiligten sich seit 1919 auch am gemeinsamen Kreuzzug gegen die Sowjetunion und gegen die Linke. Wie entwickelte sich dieser Kreuzzug?
Der Hass auf die Sowjetunion war eine pathologische Obsession im gesamten imperialistischen Lager. Sie nimmt in jedem Staat eine etwas andere Gestalt an. Alle haben seit 1917 den Ehrgeiz, die Sowjetunion auszulöschen. Alle modernen Industrien und Banken hatten im zaristischen Russland investiert. Und die Sowjetunion ist ein riesiges Territorium und war zudem eine Art Motor für eine ganz andere Entwicklung.
Der Kampf gegen die Sowjetunion wurde durch die Siegermächte des 1. Weltkriegs angeführt. Die militärische Invasion 1918 bis 1920 durch die USA, Großbritannien, Frankreich, Polen und kleinere Staaten, auch durch Japan, erwies sich allerdings schnell als Misserfolg. Der ideologische Kreuzzug ging aber weiter, Schreckensszenarien wurden erfunden. Und seit den 1930er Jahren, seit Ausbruch der Weltwirtschaftskrise, gab es im internationalen Imperialismus die Vorstellung: Deutschland wird die Sache mit der Sowjetunion regeln. Das Hitlerregime hatte ihre Vernichtung zum Programm gemacht. 1939 wurde die Sowjetunion nach der Appeasement-Politik innerhalb von zwei Wochen aus der Völker-Gemeinschaft verbannt. Es entstand eine „Heilige Allianz“, die der Sowjetunion die Schlinge um den Hals legen wird.
Wer war in den USA aktiv, um Frankreich ab 1941 auf ihre Seite zu ziehen?
Der gesamte Staatsapparat war beteiligt, Außenministerium, Handelsministerium, Verteidigungsministerium, Geheimdienst. Der Sonderbeauftragte von US-Präsident Franklin Roosevelt für Nordafrika, Robert Murphy, richtete zunächst in den Kolonien zusammen mit den Generälen des Vichy-Regimes und französischen Unternehmern reaktionäre Verwaltungen ein. Juden, Résistance und Kommunisten wurden weiter verfolgt, in der Sahara wurden KZ angelegt. (4) Das US-Militär unter General Dwight Eisenhower übernahm den Oberbefehl über das französische Militär, das der Vichy-Regierung unterstand und in den nordafrikanischen Kolonien Frankreichs Algerien, Marokko, dann auch Tunesien stationiert war.
Von der Schweizer Hauptstadt Bern aus dirigierte der Wall Street-Anwalt Allen Dulles nicht nur den US-Geheimdienst Office of Strategic Services (OSS), sondern auch die Interessen von Wall Street-Banken wie J.P. Morgan und Chase und von Industriegruppen. Alle hatten das Ziel, wie schon während des 1. Weltkrieges und danach, sich auf Dauer in Europa festzusetzen, es für Waren und Investitionen zu öffnen. Dulles vertrat gleichzeitig auch die Interessen deutscher Konzerne.
Sie betonen die Rolle der katholischen Kirche und des Vatikan, nicht nur für die Regime von Mussolini, Hitler und Franco. (5) Sie beschreiben auch die Rolle französischer Bischöfe wie des Pariser Kardinals Emmanuel Suhard für die Kollaboration mit Synarchen und der deutschen Besatzung. Sie beschreiben die Aktivitäten des New Yorker Kardinals Francis Spellman und des US-Botschafters Myron Taylor beim Vatikan. Warum waren katholische Kirche und Vatikan auch für die USA so wichtig?
Der Vatikan war in der europäischen Moderne lange Zeit der ideologische Arm des Habsburger Reiches und seiner internationalen Expansion. (6) Der Vatikan war immer eine hochpolitische Institution und damit übrigens lange Zeit auch der wichtigste Geheimdienst.
Im 19. Jahrhundert machte man sich im Vatikan klar, dass das Habsburger Reich zu Ende ging. (7) Deshalb weitete er seine Stellung besonders im aufstrebenden Deutschen Reich aus. Die Allianz entwickelte sich definitiv mit dem 1. Weltkrieg. 1919 unterstützte Papst Benedikt XV. die territorialen Ansprüche Deutschlands, etwa auch den Anschluss der katholischen Donaumonarchie Österreich-Ungarn.
Auch die protestantisch geprägten US-Eliten spürten Anfang des 20. Jahrhunderts die Notwendigkeit, sich mit der katholischen Kirche zu verbünden: Erstens wegen des Einflusses auf die dem spanischen Kolonialreich abgejagten Kolonien. (8) Zweitens wollten die USA als Siegermacht des 1. Weltkriegs auch Einfluss in Europa gewinnen, hier kontrollierte die katholische Kirche in zahlreichen Staaten das Leben und Denken der Mehrheitsbevölkerungen von der Geburt bis zum Tod. Die USA wollten sich auf diesen enormen ideologischen Einflussagenten stützen. Der Vatikan war im ganzen 20. Jahrhundert mit den imperialistischen Mächten verbunden, in allen Dimensionen und Phasen ihrer internationalen Expansion.
Roosevelt schickte 1939 mit Kriegsbeginn in Europa keinen geringeren als Myron Taylor als Botschafter an den Heiligen Stuhl. Taylor war damals einer der wichtigsten US-Industriellen: Als Chef des größten Stahlkonzerns US Steel war er auch eng mit dessen Großaktionär, der Bank Morgan, verbunden. (9)
Warum bekämpften die französischen wie die US-amerikanischen Eliten den General Charles de Gaulle, den Exponenten des „Freien Frankreich“? Er kam doch aus dem hochbürgerlichen und adligen Milieu und war politisch rechts und antikommunistisch eingestellt?
In gewissem Sinne hatten die USA und de Gaulle gleiche Interessen, nämlich den Vorrang des Privateigentums. Aber, was den USA überhaupt nicht passte: De Gaulle wollte Frankreich als unabhängige Nation erhalten, einschließlich seiner Kolonien. Er wollte auch keinen dominierenden Einfluss US-amerikanischer Banken und Konzerne.
Die Amerikaner wollten auf keinen Fall, dass de Gaulle eine zukünftige französische Regierung führte. Sie schlossen ihn und seine Truppen 1942 von der Landung der alliierten Truppen in Nordafrika aus. Roosevelt und Churchill arbeiteten in den nordafrikanischen Kolonien Frankreichs lieber mit den antisemitischen und antikommunistischen Generälen zusammen.
Mit de Gaulle traf die imperialistische US-Klasse aber zum ersten Mal auf eine politisch eigenständige Persönlichkeit, die großen Rückhalt in der Bevölkerung hatte, in Frankreich, aber auch in den asiatischen Kolonien Vietnam, Laos und Kambodscha. Die Erfahrung der USA bei ihren Eroberungen war ja bisher eine andere: Man herrscht umso wirkungsvoller, je mehr man sich auf einheimische Eliten stützt, die sich kompromittiert haben – sie sind in ihrem Volk verhasst, nach ihrer Niederlage von Strafe bedroht und müssen sich deshalb auf einen mächtigen Vormund stützen. Aber de Gaulle erkannte auch: Er kann nur mit den Eliten regieren, hinter denen die USA stehen.
Wie ging de Gaulle mit der Résistance, der Linken, den Kommunisten um?
Es ist ein Paradox. Er hatte als einziger hochrangiger Politiker und Militär 1940 sofort Nein gegen die deutsche Besatzung und gegen den Waffenstillstand gesagt. Da de Gaulle von den USA so weit wie möglich ausgeschaltet wurde, er aber die Geschicke Frankreichs bestimmen wollte, stützte er sich auf andere Kräfte, die er aber nicht mochte, erstens auf die Sowjetunion und deren vorrückende Rote Armee und zweitens auf die französische Résistance. Entgegen allem, was man erzählt, war die Résistance wesentlich eine der Arbeiter und der Kommunisten. Ich habe darüber viel geforscht. Zum Beispiel zeigen das die Wochen- und Zweimonatsberichte der Pariser Polizei 1941.
Die französische Bevölkerung hasste und verachtete die deutschen Besatzer und die Vichy-Regierung, sodass de Gaulle durch einen sehr breiten Konsens getragen wurde, obwohl es ein brüchiger Konsens war. Die einzige feste Unterstützung de Gaulles in Frankreich waren die Kommunisten. Die sozialistische Partei SFIO war nach der Befreiung Frankreichs 1944 mehr von den USA abhängig als jede rechte Partei. Aber de Gaulle wollte nicht die kommunistische Unterstützung. Er war ein Mann der Privilegierten, aber in deren Kreisen ziemlich isoliert. (10)
Annie Lacroix-Riz, geb. 1947, emeritierte Professorin für Geschichte der Gegenwart (Université Paris VII Denis Diderot). www.historiografie.info
Auswahl von Veröffentlichungen, die bisher nicht ins Deutsche übersetzt wurden:
Le choix de la défaite: les élites francaises dans les années 1930 (Die Wahl der Niederlage: Die französischen Eliten in den 1930er Jahren), erweiterte Ausgabe 2013, 679 Seiten
Industriels et banquiers sous l‘ occupation. La collaboration économique avec le Reich et Vichy (Industrielle und Banker unter der Besatzung. Die ökonomische Zusammenarbeit mit dem Deutschen Reich und der Vichy-Regierung), erweiterte Ausgabe 2013, 815 Seiten
Le Vatican, l‘ Europe et le Reich – de la première guerre mondiale à la guerre froide (Der Vatikan, Europa und das Deutsche Reich – vom Ersten Weltkrieg bis zum Kalten Krieg), 1996, 720 Seiten
Les élites francaises entre 1940 et 1944. De la collaboration avec l‘ Allemagne à l’ alliance américaine (Die französischen Eliten 1940 – 1944. Von der Kollaboration mit Deutschland zur Allianz mit den USA), 2016, 496 Seiten
Aux origines du carcan européen 1900–1960. La France sous l‘ influence allemande et américaine (Die Anfänge der europäischen Zwangsjacke 1900–1960. Frankreich unter deutschem und US-amerikanischem Einfluss), 2016, 165 Seiten
Fussnoten:
1 Unterwerfung 1870 durch Preußen/Deutschland und preußische Hilfe bei der Niederschlagung der Kommune; 1919 Rückhalt durch die USA, die nach dem 1. Weltkrieg mit dem Versailler Vertrag deutsche Reparationen an Frankreich durchsetzten.
2 So produzierten etwa Renault und Citroen für die deutsche Wehrmacht; so lieferte die Bank Crédit Lyonnais wie die anderen französischen Banken Wertpapiere von Juden an das deutsche Devisenschutzkommando aus.
3 Die Verantwortlichen der Banque Worms wie auch der anderen Konzerne und Banken wurden nach 1944 nicht zur Rechenschaft gezogen. Dafür sorgte wie in der Bundesrepublik Deutschland auch die Siegermacht USA.
4 Die kommunistische Partei wurde schon 1939 unter dem Ministerpräsidenten und Appeasement-Politiker Edouard Daladier verboten.
5 Die Lateranverträge von 1929 konstituierten den Vatikan als unabhängigen Staat, machten den Katholizismus in Italien zur Staatsreligion und legten Entschädigungen für frühere Enteignungen vatikanischen Eigentums fest. Das Konkordat Hitlers von 1933 legte den Treueeid der katholischen Bischöfe auf das Deutsche Reich fest, ebenso die Anerkennung des Vatikans als unabhängiger Staat, den katholischen Religionsunterricht und die Militärseelsorge. Der Vatikan anerkannte das Franco-Regime in Spanien sofort nach dessen Sieg über die Republik.
6 Zum Habsburger Reich gehörten seit dem Mittelalter auch die spanischen Kolonien in Mittel- und Südamerika, später bestand die Donaumonarchie vor allem aus Österreich, Böhmen und Ungarn.
7 Der Vatikan stellte sich nachfeudal auf den Kapitalismus ein; Papst Leo XIII. verkündete 1891 die Enzyklika „De rerum novarum“; darin wird das Privateigentum als gottgewollt bezeichnet, das der Staat gegen den Sozialismus unerbittlich verteidigen soll. Sozialismus ist die neue „Pest“.
8 1898 bis 1902 eroberten die USA die katholisch geprägten Kolonien Spaniens: Kuba, Puerto Rico und die Philippinen, danach weitere mittelamerikanische und karibische Staaten.
9 Taylor blieb gleichzeitig nominell Chef von United Steel bis 1956. Spellman war seit 1925 US-Attaché im Vatikan; der enge Vertraute von US-Präsident Roosevelt wurde 1939 von Papst Pius XV. zum Erzbischof von New York und zum US-Militärerzbischof ernannt; über Spellman lief ein großer Teil der heimlichen US-Finanzierung des Vatikans.
10 Die USA mussten zulassen, dass de Gaulle nach der Befreiung Frankreichs die Provisorische Regierung führte. Er führte das Frauenwahlrecht und soziale Sicherungssysteme ein, mit der Sowjetunion schloss er einen Hilfs- und Freundschaftsvertrag. Gleichzeitig drängte er die kommunistische Partei an den Rand und wurde nach diesem „Erfolg“ 1946 durch US-geförderte Parteien selbst abgelöst. Erst 1959 wurde er in der Krise des französischen Kolonialsystems Präsident, blieb dies bis 1969 und konnte Frankreich nur relativ und nur kurzfristig aus der US-Vormundschaft lösen.
Erstveröffentlichung in lunapark21, Ausgabe 34, Sommer 2016 (grexit, brexit, x-it?), lunapark21.net
Online-Flyer Nr. 573 vom 03.08.2016
Wie Frankreichs Kapitaleliten im 2. Weltkrieg vom deutschen zum US-amerikanischen Schutzherrn wechselten
Oben und unten im Imperialismus
Werner Rügemer interviewt die französische Historikerin Annie Lacroix-Riz
"Der französische Imperialismus... hat sich daran gewöhnt, sich auf fremde Schutzherren zu verlassen, auf stärkere imperialistische Mächte, entweder auf Deutschland oder auf die USA... Zwischen 1940 und 1944 war es so: zunächst die Vormundschaft Deutschlands, dann die Koexistenz zwischen den beiden Großmächten Deutschland und USA, danach der Wechsel zu den USA... In gewissem Sinne hatten die USA und de Gaulle gleiche Interessen, nämlich den Vorrang des Privateigentums. Aber, was den USA überhaupt nicht passte: De Gaulle wollte Frankreich als unabhängige Nation erhalten, einschließlich seiner Kolonien. Er wollte auch keinen dominierenden Einfluss US-amerikanischer Banken und Konzerne... Mit de Gaulle traf die imperialistische US-Klasse... zum ersten Mal auf eine politisch eigenständige Persönlichkeit, die großen Rückhalt in der Bevölkerung hatte..." Das sind Äußerungen aus dem Interview mit der französischen Historikerin Annie Lacroix-Riz.
In Ihrem neuen Buch „Die französischen Eliten zwischen 1940 und 1944 – von der Kollaboration mit Deutschland zur Allianz mit den USA“ beschreiben Sie den Wechsel der französischen Kapitaleliten von der deutschen zur amerikanischen Vormundschaft. Warum ist das auch heute aufschlussreich?
Gegenüber dem selbstbewussten Bild Frankreichs, das gern gepflegt wird, ergibt sich aus der Geschichte etwas ganz anderes: Der französische Imperialismus fühlt sich stark, hat aber Schwächen. Er hat sich daran gewöhnt, sich auf fremde Schutzherren zu verlassen, auf stärkere imperialistische Mächte, entweder auf Deutschland oder auf die USA. (1) In den Krisen und Kriegen Frankreichs etablierte sich die eine oder die andere dieser Mächte – sie konnten aber auch koexistieren. Zwischen 1940 und 1944 war es so: zunächst die Vormundschaft Deutschlands, dann die Koexistenz zwischen den beiden Großmächten Deutschland und USA, danach der Wechsel zu den USA.
Anfangs des 2. Weltkriegs waren die französischen Eliten überzeugt, dass das Deutsche Reich siegen wird und man unter ihm das „Neue Europa“ mitgestalten wird. Aber schon Mitte 1941 verstand man sehr schnell, dass der deutsche Blitzkrieg gegen die Sowjetunion nicht funktionieren wird. Während die Vichy-Regierung noch exzellent mit der deutschen Besatzung kollaborierte ebenso wie französische Banken und Konzerne mit ihren deutschen Geschäftspartnern, Arisierungen inklusive (2) – da schaute man schon nach dem neuen Schutzherrn aus. Man nahm an, dass die USA wie schon im 1. Weltkrieg erst abwarten, dann intervenieren und siegen werden.
Sie beschreiben die fünf Abteilungen der französischen Elite: rechtsextreme bis faschistische Politiker, Journalisten, Generäle und auch Bischöfe, dann vor allem die wichtigste Abteilung, die Bank- und Konzernelite. Für letztere verwenden Sie den Begriff „Synarchen“: Wer waren diese Leute?
Zu Justiz, Polizei und zur Résistance wurden nach dem 2. Weltkrieg viele Recherchen angestellt, auch juristische Ermittlungen wegen Hochverrats, etwa gegen den Staatschef von Vichy, Marschall Henri Pétain. Aber die anderen Eliten, insbesondere die katholische Kirche und noch viel mehr die Synarchen sind ein wirkliches Tabu in Frankreich. Die Synarchie ist eine kleine Gruppe, 1922 gegründet von zunächst zwölf wirtschaftlich Mächtigen. Dazu gehörten Banker der Société Générale, vor allem der Bank Worms - eine große Bank mit internationalen Aktivitäten, verbunden mit vielen Konzernen wie Air France, Lyonnaise des Eaux, Saint Gobain. (3) Ebenso gehörten dazu die Chefs von Renault und der Banque d‘ Indochine, die in den asiatischen Kolonien Frankreichs den Finanzverkehr unter sich hatte. Diese Gruppe hatte ein Programm: Liquidierung der Republik.
Überall im Imperialismus war es während der 1920er Jahre ähnlich: Die demokratischen Republiken entsprachen nicht den Interessen des Kapitals. Auch in Deutschland hasste das sehr konzentrierte Kapital die Weimarer Republik, obwohl hier die klassische Rechte und eine versöhnlerische Sozialdemokratie regierten.
In Frankreich hassten die Synarchen die Republik aus ganz ähnlichen Gründen: Wichtige Entscheidungen dauern zu lange, den Lohnabhängigen und allen nichtmonopolistischen Anspruchsberechtigten werden zu viele Sicherheiten gegeben, die Steuern sind zu hoch, die Linke ist zu stark. Deshalb unterstützten die französischen Eliten – wie auch die in anderen imperialistischen Staaten, USA, Deutschland, Großbritannien, Italien, Belgien – von Anfang an den Machtantritt von Mussolinis Faschisten (1922).
Die Gruppe der Synarchen erweiterte sich schrittweise, sodass 1940 ihr Kern aus etwa 30 Personen bestand. Dazu gehörten dann auch z.B. der Chef der Vereinigung der Kohlebergwerke, Henri Peyerimhoff, Eugène Schneider und die Familie de Wendel von der Stahlindustrie, Eugène Schuller von L’Oréal, Alfred Pose von der Banque Nationale de Commerce et de l‘ Industrie (BNCI). Aus dem Umkreis der Synarchen kamen mehrere Minister der Kollaborations-Regierung von Vichy. Dazu habe ich tausende Dokumente in Washington, Berlin und Paris ausgewertet. Darüber herrscht in Frankreich tödliches Schweigen.
Die kapitalistischen Eliten in Frankreich beteiligten sich seit 1919 auch am gemeinsamen Kreuzzug gegen die Sowjetunion und gegen die Linke. Wie entwickelte sich dieser Kreuzzug?
Der Hass auf die Sowjetunion war eine pathologische Obsession im gesamten imperialistischen Lager. Sie nimmt in jedem Staat eine etwas andere Gestalt an. Alle haben seit 1917 den Ehrgeiz, die Sowjetunion auszulöschen. Alle modernen Industrien und Banken hatten im zaristischen Russland investiert. Und die Sowjetunion ist ein riesiges Territorium und war zudem eine Art Motor für eine ganz andere Entwicklung.
Der Kampf gegen die Sowjetunion wurde durch die Siegermächte des 1. Weltkriegs angeführt. Die militärische Invasion 1918 bis 1920 durch die USA, Großbritannien, Frankreich, Polen und kleinere Staaten, auch durch Japan, erwies sich allerdings schnell als Misserfolg. Der ideologische Kreuzzug ging aber weiter, Schreckensszenarien wurden erfunden. Und seit den 1930er Jahren, seit Ausbruch der Weltwirtschaftskrise, gab es im internationalen Imperialismus die Vorstellung: Deutschland wird die Sache mit der Sowjetunion regeln. Das Hitlerregime hatte ihre Vernichtung zum Programm gemacht. 1939 wurde die Sowjetunion nach der Appeasement-Politik innerhalb von zwei Wochen aus der Völker-Gemeinschaft verbannt. Es entstand eine „Heilige Allianz“, die der Sowjetunion die Schlinge um den Hals legen wird.
Wer war in den USA aktiv, um Frankreich ab 1941 auf ihre Seite zu ziehen?
Der gesamte Staatsapparat war beteiligt, Außenministerium, Handelsministerium, Verteidigungsministerium, Geheimdienst. Der Sonderbeauftragte von US-Präsident Franklin Roosevelt für Nordafrika, Robert Murphy, richtete zunächst in den Kolonien zusammen mit den Generälen des Vichy-Regimes und französischen Unternehmern reaktionäre Verwaltungen ein. Juden, Résistance und Kommunisten wurden weiter verfolgt, in der Sahara wurden KZ angelegt. (4) Das US-Militär unter General Dwight Eisenhower übernahm den Oberbefehl über das französische Militär, das der Vichy-Regierung unterstand und in den nordafrikanischen Kolonien Frankreichs Algerien, Marokko, dann auch Tunesien stationiert war.
Von der Schweizer Hauptstadt Bern aus dirigierte der Wall Street-Anwalt Allen Dulles nicht nur den US-Geheimdienst Office of Strategic Services (OSS), sondern auch die Interessen von Wall Street-Banken wie J.P. Morgan und Chase und von Industriegruppen. Alle hatten das Ziel, wie schon während des 1. Weltkrieges und danach, sich auf Dauer in Europa festzusetzen, es für Waren und Investitionen zu öffnen. Dulles vertrat gleichzeitig auch die Interessen deutscher Konzerne.
Sie betonen die Rolle der katholischen Kirche und des Vatikan, nicht nur für die Regime von Mussolini, Hitler und Franco. (5) Sie beschreiben auch die Rolle französischer Bischöfe wie des Pariser Kardinals Emmanuel Suhard für die Kollaboration mit Synarchen und der deutschen Besatzung. Sie beschreiben die Aktivitäten des New Yorker Kardinals Francis Spellman und des US-Botschafters Myron Taylor beim Vatikan. Warum waren katholische Kirche und Vatikan auch für die USA so wichtig?
Der Vatikan war in der europäischen Moderne lange Zeit der ideologische Arm des Habsburger Reiches und seiner internationalen Expansion. (6) Der Vatikan war immer eine hochpolitische Institution und damit übrigens lange Zeit auch der wichtigste Geheimdienst.
Im 19. Jahrhundert machte man sich im Vatikan klar, dass das Habsburger Reich zu Ende ging. (7) Deshalb weitete er seine Stellung besonders im aufstrebenden Deutschen Reich aus. Die Allianz entwickelte sich definitiv mit dem 1. Weltkrieg. 1919 unterstützte Papst Benedikt XV. die territorialen Ansprüche Deutschlands, etwa auch den Anschluss der katholischen Donaumonarchie Österreich-Ungarn.
Auch die protestantisch geprägten US-Eliten spürten Anfang des 20. Jahrhunderts die Notwendigkeit, sich mit der katholischen Kirche zu verbünden: Erstens wegen des Einflusses auf die dem spanischen Kolonialreich abgejagten Kolonien. (8) Zweitens wollten die USA als Siegermacht des 1. Weltkriegs auch Einfluss in Europa gewinnen, hier kontrollierte die katholische Kirche in zahlreichen Staaten das Leben und Denken der Mehrheitsbevölkerungen von der Geburt bis zum Tod. Die USA wollten sich auf diesen enormen ideologischen Einflussagenten stützen. Der Vatikan war im ganzen 20. Jahrhundert mit den imperialistischen Mächten verbunden, in allen Dimensionen und Phasen ihrer internationalen Expansion.
Roosevelt schickte 1939 mit Kriegsbeginn in Europa keinen geringeren als Myron Taylor als Botschafter an den Heiligen Stuhl. Taylor war damals einer der wichtigsten US-Industriellen: Als Chef des größten Stahlkonzerns US Steel war er auch eng mit dessen Großaktionär, der Bank Morgan, verbunden. (9)
Warum bekämpften die französischen wie die US-amerikanischen Eliten den General Charles de Gaulle, den Exponenten des „Freien Frankreich“? Er kam doch aus dem hochbürgerlichen und adligen Milieu und war politisch rechts und antikommunistisch eingestellt?
In gewissem Sinne hatten die USA und de Gaulle gleiche Interessen, nämlich den Vorrang des Privateigentums. Aber, was den USA überhaupt nicht passte: De Gaulle wollte Frankreich als unabhängige Nation erhalten, einschließlich seiner Kolonien. Er wollte auch keinen dominierenden Einfluss US-amerikanischer Banken und Konzerne.
Die Amerikaner wollten auf keinen Fall, dass de Gaulle eine zukünftige französische Regierung führte. Sie schlossen ihn und seine Truppen 1942 von der Landung der alliierten Truppen in Nordafrika aus. Roosevelt und Churchill arbeiteten in den nordafrikanischen Kolonien Frankreichs lieber mit den antisemitischen und antikommunistischen Generälen zusammen.
Mit de Gaulle traf die imperialistische US-Klasse aber zum ersten Mal auf eine politisch eigenständige Persönlichkeit, die großen Rückhalt in der Bevölkerung hatte, in Frankreich, aber auch in den asiatischen Kolonien Vietnam, Laos und Kambodscha. Die Erfahrung der USA bei ihren Eroberungen war ja bisher eine andere: Man herrscht umso wirkungsvoller, je mehr man sich auf einheimische Eliten stützt, die sich kompromittiert haben – sie sind in ihrem Volk verhasst, nach ihrer Niederlage von Strafe bedroht und müssen sich deshalb auf einen mächtigen Vormund stützen. Aber de Gaulle erkannte auch: Er kann nur mit den Eliten regieren, hinter denen die USA stehen.
Wie ging de Gaulle mit der Résistance, der Linken, den Kommunisten um?
Es ist ein Paradox. Er hatte als einziger hochrangiger Politiker und Militär 1940 sofort Nein gegen die deutsche Besatzung und gegen den Waffenstillstand gesagt. Da de Gaulle von den USA so weit wie möglich ausgeschaltet wurde, er aber die Geschicke Frankreichs bestimmen wollte, stützte er sich auf andere Kräfte, die er aber nicht mochte, erstens auf die Sowjetunion und deren vorrückende Rote Armee und zweitens auf die französische Résistance. Entgegen allem, was man erzählt, war die Résistance wesentlich eine der Arbeiter und der Kommunisten. Ich habe darüber viel geforscht. Zum Beispiel zeigen das die Wochen- und Zweimonatsberichte der Pariser Polizei 1941.
Die französische Bevölkerung hasste und verachtete die deutschen Besatzer und die Vichy-Regierung, sodass de Gaulle durch einen sehr breiten Konsens getragen wurde, obwohl es ein brüchiger Konsens war. Die einzige feste Unterstützung de Gaulles in Frankreich waren die Kommunisten. Die sozialistische Partei SFIO war nach der Befreiung Frankreichs 1944 mehr von den USA abhängig als jede rechte Partei. Aber de Gaulle wollte nicht die kommunistische Unterstützung. Er war ein Mann der Privilegierten, aber in deren Kreisen ziemlich isoliert. (10)
Annie Lacroix-Riz, geb. 1947, emeritierte Professorin für Geschichte der Gegenwart (Université Paris VII Denis Diderot). www.historiografie.info
Auswahl von Veröffentlichungen, die bisher nicht ins Deutsche übersetzt wurden:
Le choix de la défaite: les élites francaises dans les années 1930 (Die Wahl der Niederlage: Die französischen Eliten in den 1930er Jahren), erweiterte Ausgabe 2013, 679 Seiten
Industriels et banquiers sous l‘ occupation. La collaboration économique avec le Reich et Vichy (Industrielle und Banker unter der Besatzung. Die ökonomische Zusammenarbeit mit dem Deutschen Reich und der Vichy-Regierung), erweiterte Ausgabe 2013, 815 Seiten
Le Vatican, l‘ Europe et le Reich – de la première guerre mondiale à la guerre froide (Der Vatikan, Europa und das Deutsche Reich – vom Ersten Weltkrieg bis zum Kalten Krieg), 1996, 720 Seiten
Les élites francaises entre 1940 et 1944. De la collaboration avec l‘ Allemagne à l’ alliance américaine (Die französischen Eliten 1940 – 1944. Von der Kollaboration mit Deutschland zur Allianz mit den USA), 2016, 496 Seiten
Aux origines du carcan européen 1900–1960. La France sous l‘ influence allemande et américaine (Die Anfänge der europäischen Zwangsjacke 1900–1960. Frankreich unter deutschem und US-amerikanischem Einfluss), 2016, 165 Seiten
Fussnoten:
1 Unterwerfung 1870 durch Preußen/Deutschland und preußische Hilfe bei der Niederschlagung der Kommune; 1919 Rückhalt durch die USA, die nach dem 1. Weltkrieg mit dem Versailler Vertrag deutsche Reparationen an Frankreich durchsetzten.
2 So produzierten etwa Renault und Citroen für die deutsche Wehrmacht; so lieferte die Bank Crédit Lyonnais wie die anderen französischen Banken Wertpapiere von Juden an das deutsche Devisenschutzkommando aus.
3 Die Verantwortlichen der Banque Worms wie auch der anderen Konzerne und Banken wurden nach 1944 nicht zur Rechenschaft gezogen. Dafür sorgte wie in der Bundesrepublik Deutschland auch die Siegermacht USA.
4 Die kommunistische Partei wurde schon 1939 unter dem Ministerpräsidenten und Appeasement-Politiker Edouard Daladier verboten.
5 Die Lateranverträge von 1929 konstituierten den Vatikan als unabhängigen Staat, machten den Katholizismus in Italien zur Staatsreligion und legten Entschädigungen für frühere Enteignungen vatikanischen Eigentums fest. Das Konkordat Hitlers von 1933 legte den Treueeid der katholischen Bischöfe auf das Deutsche Reich fest, ebenso die Anerkennung des Vatikans als unabhängiger Staat, den katholischen Religionsunterricht und die Militärseelsorge. Der Vatikan anerkannte das Franco-Regime in Spanien sofort nach dessen Sieg über die Republik.
6 Zum Habsburger Reich gehörten seit dem Mittelalter auch die spanischen Kolonien in Mittel- und Südamerika, später bestand die Donaumonarchie vor allem aus Österreich, Böhmen und Ungarn.
7 Der Vatikan stellte sich nachfeudal auf den Kapitalismus ein; Papst Leo XIII. verkündete 1891 die Enzyklika „De rerum novarum“; darin wird das Privateigentum als gottgewollt bezeichnet, das der Staat gegen den Sozialismus unerbittlich verteidigen soll. Sozialismus ist die neue „Pest“.
8 1898 bis 1902 eroberten die USA die katholisch geprägten Kolonien Spaniens: Kuba, Puerto Rico und die Philippinen, danach weitere mittelamerikanische und karibische Staaten.
9 Taylor blieb gleichzeitig nominell Chef von United Steel bis 1956. Spellman war seit 1925 US-Attaché im Vatikan; der enge Vertraute von US-Präsident Roosevelt wurde 1939 von Papst Pius XV. zum Erzbischof von New York und zum US-Militärerzbischof ernannt; über Spellman lief ein großer Teil der heimlichen US-Finanzierung des Vatikans.
10 Die USA mussten zulassen, dass de Gaulle nach der Befreiung Frankreichs die Provisorische Regierung führte. Er führte das Frauenwahlrecht und soziale Sicherungssysteme ein, mit der Sowjetunion schloss er einen Hilfs- und Freundschaftsvertrag. Gleichzeitig drängte er die kommunistische Partei an den Rand und wurde nach diesem „Erfolg“ 1946 durch US-geförderte Parteien selbst abgelöst. Erst 1959 wurde er in der Krise des französischen Kolonialsystems Präsident, blieb dies bis 1969 und konnte Frankreich nur relativ und nur kurzfristig aus der US-Vormundschaft lösen.
Erstveröffentlichung in lunapark21, Ausgabe 34, Sommer 2016 (grexit, brexit, x-it?), lunapark21.net
Online-Flyer Nr. 573 vom 03.08.2016