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Medien
NATO-Gipfel: Demonstration "Trump not welcome" am 24.5.2017 in Brüssel
Die Demonstration, die dennoch stattfand
Von Ullrich Mies

Mehrere mediale Großereignisse liefen soeben parallel: Der Trump-Besuch in der belgischen Hauptstadt, der NATO-Gipfel vom 25.-26. Mai 2017, die Eröffnung des neuen NATO-Hauptquartiers in Brüssel und der Kirchentag in Berlin mit dem Auftritt von US-Ex-Präsident Obama und der noch nicht Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel. Interessant ist einmal wieder die Koinzidenz der Ereignisse – oder weniger geschraubt ausgedrückt – wie sich die Medienmeute auf besondere Weise als Claqueurshaufen des Herrschaftsbetriebes fest etabliert hat. Sie berichten in aller Regel einfach nicht über das, was dem Herrschaftsbetrieb nicht genehm ist. Und so fiel die parallele Anti-NATO und Anti-Trump-Demonstration in Brüssel, zu der unzählige Organisationen aufgerufen hatten und die die kostspieligen Herrschaftstheateraufführungen flankierten, medial zumeist ganz einfach aus. Getreu dem Motto: worüber wir nicht berichten, das hat es auch nicht gegeben.


Protest in Brüssel anläßlich des NATO-Gipfels (Fotos: Ullrich Mies)

Die friedliche Demonstration mit etwa 12.000 Teilnehmern am 24.05.2017 fand bei schönstem Wetter statt. Die unterschiedlichsten Gruppen führten eine große Vielzahl politischer Botschaften auf Schildern und Transparenten mit, einige outeten die NATO als North Atlantic Terror Organization, andere forderten Investitionen in Frieden, statt in Kriege. Lautstarke Anti-Trumpisten klagten den Rassismus an und forderten Hilfe für Flüchtlinge, Akteure flankierten die Demonstration mit Theater-, Gesangs- und Trommeleinlagen. Auch die Aachener „Unbelehrbaren für Frieden und Völkerverständigung“ waren mit Ihren provokativen Schildern vor Ort u.a.:


Die Unbelehrbaren in Brüssel beim Protest anläßlich des NATO-Gipfels

NATO-Fake-News mit der Abbildung eines Tortendiagramms über die realen Ausgabenproportionen zwischen NATO und Russland; auf einem Schild wurden die USA aufgefordert zunächst die gelagerten Atomwaffen „zu verbrauchen“, bevor neue beschafft werden. Die Botschaft eines weiteren Schildes jedoch überstieg die intellektuelle Kapazität einer Teilnehmerin des Demonstrationszuges: Es zeigte die deutsche Kriegsministerin mit Pickelhaube, die mit dem Finger auf den Betrachter weist: „Make Germany great again! We want you for EU-Army“. „Das finde ich aber gar nicht gut, dass Ihr jetzt Frauen in die Armee schicken wollt“. Das Aachener Antikriegsbündnis trat mit einem großen Transparent in Erscheinung, Aufschrift: „No NATO — No EU-Army — No War — No Capitalism“.


Die Unbelehrbaren und das Aachener Antikriegsbündnis in Brüssel beim Protest anläßlich des NATO-Gipfels

Ein versprengtes Häuflein schwarz-Vermummter, die ersichtlich unfähig waren, eine politische Botschaft zu transportieren, ließ es mal so richtig krachen und so detonierten mehrere schwere Böller oder sie fackelten den ein oder anderen Papierkorb ab. Knall- und Qualmchargen in Aktion: Agents provocateurs der Polizei hätten es nicht besser machen können. Aber die Demonstranten ließen sich nicht provozieren und die Polizei hielt sich gänzlich im Hintergrund. Einige Soldaten mit automatischen Waffen im Anschlag, einige entspannt auf Balkonen, zeigten die Richtung der militarisierten innenpolitischen Entwicklung der EU an, die in Belgien bereits Realität ist.

Nur wenige Medien berichteten: Mit Ausnahme des grundgelaufenen „Flaggschiffs der Demokratie“ – DER SPIEGEL –, Fehlanzeige. Nicht das Wochenblatt für den Oberstudienrat –  DIE ZEIT –, nicht die Süddeutsche Zeitung, auch nicht die FAZ – das Blatt hinter dem früher auch schonmal ein kluger Leserkopf steckte–, nicht die TAZ – das Parteiblatt der GRÜNEN –, sahen sich genötigt, ihrer Informationspflicht nachzukommen. Ein eher peinlicher Artikel im Deutschlandfunk ergänzte das Bild, wie sich mediale Nachrichtenunterdrücker Demokratie im öffentlichen Raum vorstellen.

Sämtlich NATO-Zentralorgane für den begeisterten Transatlantiker? Für Außenstehende vielleicht schwer verständlich, aber leider nur zu deutlich: die immer eindeutigere Verweigerungshaltung der Medienberichterstattung in Deutschland. Zur Medienkompetenz gehört selbstverständlich auch die Berichterstattung über oppositionelle Ereignisse. Nicht nur die Leitartikel des ganz großen transatlantischen Medienkartells gleichen wie ein Ei dem anderen. Wer an zentrale Steuerung und koordinierte Nachrichtenunterdrückung glaubt, ist aber eindeutig „Verschwörungstheoretiker“.

Im Klartext: Das, was den Herrschaftsfraktionen nicht in ihren Kram passt, darüber wird in aller Regel gar nicht mehr berichtet. Die Großdemonstration in Brüssel hat für sie mehrheitlich nicht stattgefunden. Die breite Öffentlichkeit soll auch gar nicht erfahren, dass es außer der Herrschaftssicht noch eine andere Wirklichkeit gibt – zumal dann, wenn diese Sicht erheblich mehr mit den Realitäten übereinstimmt als die verordnete Sicht der Wahrheitsministerien. Die Herrschaftsmedien können sich Demokratie nicht mehr leisten: Sie verkaufen Textprodukte an „Demokratie-Kunden“. Damit liegen sie auf Linie mit den marktradikalen Herrschaftsarchitekten, die zurzeit damit befasst sind, die Reste der Demokratie gänzlich zu entsorgen.


Siehe auch:

Fotogalerie zur Demonstration "Trump not welcome" anlässlich des NATO-Gipfels 2017
Soros marschiert durch Brüssel
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
NRhZ 615 vom 31.05.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23858

Online-Flyer Nr. 615  vom 31.05.2017



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