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Beschwerden gegen manipulierende Berichterstattung von ARD-aktuell mit ihrer Tagesschau
Gegen die Macht um Acht
Von Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer
ARD verbreitet in Sachen "Schere zwischen Arm und Reich" Regierungspropaganda statt Sachinformation, bietet Agitation statt Information über Venezuela und fungiert unentwegt als Lautsprecher von NATO und Bundesregierung. Darum geht es in dieser Woche bei den Programmbeschwerden, die Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer beim NDR-Rundfunkrat eingereicht haben. "Die ARD-Nachrichten sind der Taktgeber für die meisten Medien der Bundesrepublik Deutschland. Wer sich kritisch mit ihnen auseinandersetzt, der kritisiert den Kern des deutschen Journalismus. Die Tagesschau-Maschine ist weder verlässlich noch neutral und keinesfalls seriös. Sie ist nur wenig Anderes als eben fünfzehn Minuten Staatsfunk." So heißt es im Vorwort des im Mai 2017 erschienenen Buches "Die Macht um acht - Der Faktor Tagesschau" von Uli Gellermann, Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam. Die eingereichten Programmbeschwerden sind zu den "fünfzehn Minuten Staatsfunk" ein notwendiger Kontrapunkt.
Regierungspropaganda statt Sachinformation - Programmbeschwerde zu "Link-Tipp: #kurzerklärt: Nimmt die Ungleichheit in Deutschland zu?" vom 15.9.2017 ("tagesschau.de" und Nachtmagazin-Beitrag) - eingereicht am 18.9.2017
Sehr geehrte NDR-Rundfunkräte, die Quintessenz eines neuerlichen Musterfalls regierungsfrommer Propaganda, die sich zunächst eher objektiv und sachlich zu geben versucht, wird gleich am Anfang dieses Beitrags der ARD-aktuell dem Publikum verabreicht: „Die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland ist laut Statistik in den vergangenen Jahren nicht weiter auseinander gegangen. Sie hat sich aber auch nicht weiter geschlossen.“
Mit einem auf den ersten Blick nicht erkennbaren Trick gelangt tagesschau.de zu dieser realitätsfernen Bewertung der sozialen Kluft, die unsere Gesellschaft spaltet: Es werden jeweils die prozentualen Steigerungssätze der Einkommen der untersten 20 Prozent und der obersten 20 Prozent miteinander verglichen. Das vermeintlich objektive Ergebnis wird der Bevölkerung als Sedativ im Interesse der regierenden und für die tiefe soziale Kluft verantwortlichen Parteien kurz vor der Bundestagswahl verabreicht – eine journalistische Dreistigkeit der Sonderklasse.
Screenshot aus der website "tagesschau.de" mit dem Hinweis auf den Beitrag aus dem Nachtmagazin-Beitrag vom 15.9.2017, 1 Uhr, in dem es heißt: "Die berühmte Schere zwischen Arm und Reich: sie ist in den vergangenen Jahren bei Vermögen und Einkommen also nicht weiter aufgegangen. Aber: sie geht eben auch nicht weiter zu."
Wir wollen Sie hier gar nicht erst mit Volksweisheiten konfrontieren a la „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“, oder „Äpfel sind nicht mit Birnen zu vergleichen“. Schon ein paar wenige Argumente entlarven dieses Schauerstück:
Die Mitteilung „Die Hälfte der Deutschen mit den höheren Einkommen kommt auf rund 70 Prozent des gesamten Einkommens, die Hälfte mit den niedrigeren Einkommen auf 30 Prozent.“ ist an Plattheit und Dämlichkeit nur mit dem Spruch vergleichbar, dass der Mensch seine 37 Grad Körpertemperatur auch dann austarieren könne, wenn er gleichzeitig seinen Kopf in den Kühlschrank und den A... in den Ofen stecke. Billige Trickserei liegt vor, weil nicht mit konkreten Summen in Euro, sondern mit abstrakten Prozentsätzen argumentiert wird; Trickserei, weil man mit der willkürlichen Festlegung des (sehr langen) Betrachtungszeitraums erheblichen Einfluss auf das Ergebnis nimmt; Trickserei, weil nicht konkrete und abgestufte Netto-Einkünfte zum Vergleich herangezogen, sondern Durchschnittswerte dargeboten werden – obwohl doch zum Beispiel zu berücksichtigen gewesen wäre, wie viel stärker die Sozialversicherungsbeiträge die unteren Einkommensbezieher belasten als die oberen...
Screenshot aus dem Nachtmagazin-Beitrag mit der Aussage "Die Hälfte der Deutschen mit den höheren Einkommen kommt auf rund 70 Prozent des gesamten Einkommens, die Hälfte mit den niedrigeren Einkommen auf 30 Prozent."
Die ganze Willkür und Oberflächlichkeit der von ARD-aktuell angebotenen Statistik-Show wird ersichtlich, wenn Sie sich ins Gedächtnis rufen, dass es aufgrund lässiger deutscher Steuerpolitik zugunsten der Eliten keinerlei abgesicherte Erkenntnisse über die Höhe derer Vermögen gibt. Da wird mit mehr oder weniger seriösen Schätzungen gearbeitet, weil selbst dem Staat umfassende Einblicke fehlen, bzw. weil er im Falle der Eliten nicht mit derselben Akribie und Schärfe die Vermögenslage kontrolliert wie im Falle simpler Lohn und Gehaltsempfänger.
Für Interessierte an einem halbwegs sachgerechten Blick auf den Zustand unserer Gesellschaft hat die im Internet abrufbare „Vermögens- und Schuldenuhr“ bereits mehr Informationswert als der gesamte Beitrag der ARD-aktuell. (1)
Ohne Informationsgehalt ist auch die hier gebotene Darstellung der pauschalen durchschnittlichen Einkommen der jeweils reichsten und ärmsten 20 Prozent der Bevölkerung. Sie hat nur propagandistisches Gewicht. Die extrem breiten Vergleichsbänder, der vieljährige Zeitraum der Betrachtung und die in sich nivellierten Größen ergeben keinen steuer- und sozialpolitischen Gebrauchswert. Aussagekräftig wäre dagegen ein Vergleich der allerdings nur vage schätzbaren Einkommen plus der Vermögen des reichsten 1 Prozent der Bevölkerung mit den genau bekannten Einkommens- und Vermögensverhältnissen (bzw. der Verschuldung) der 10 Prozent unserer Bevölkerung am unteren Ende der sozialen Skala: Dem 1 Prozent der Superreichen werden Netto-Privatvermögen von insgesamt 4 Billionen (!) Euro zugeschrieben - bei unbekannter Höhe des laufend hinzu erworbenen Einkommens. Die 10 Prozent der Ärmsten sind mit rund 23 Milliarden Euro verschuldet (auch wir können Durchschnitt: 31 613 Euro waren es anno 2016 pro Person, laut Statistischem Bundesamt Wiesbaden.) (2)
Die zwischen beiden Gruppen liegende Kluft vertieft sich im Minutentakt. Und das ist das sozialpolitische Skandalon unserer Gegenwart. ARD-aktuell überspielt es mit einer Statistikshow – so markig vorgetragen wie gehaltlos in ihrer Aussage, die Merkels stereotypem „Deutschland geht es gut“ entspricht und ihr zuarbeitet.
Die Infamie des in Rede stehenden Beitrags der ARD-aktuell liegt nicht nur in der regierungsfrommen Liebedienerei mitten im Wahlkampf - seine dankbare Aufnahme bei Merkel, Schäuble, Zypries und Nahles darf als gesichert gelten - sondern auch darin, dass weiterhin mit der Plattitüde aufgewartet wird, mehr Bildung verhülfe zu besseren Jobs und Einkommensverhältnissen. Das ist angesichts ungezählter arbeitsloser bzw. nur prekär beschäftigter Akademiker eine Verhöhnung der gesamten Arbeitnehmerschaft, denn der Hinweis auf die fehlende Chancengleichheit in der Bildung aufgrund der krassen sozialen Ungleichheit macht den Beitrag nicht objektiver, solange die Ursachen, Verursacher und Nutznießer der Ungleichheit und sozialen Ungerechtigkeit nicht offen genannt werden.
Die Redaktion ARD-aktuell schloss bereits nach 18 Kommentaren aus dem Publikum die Kommentarfunktion auf tagesschau.de:
Wie unglaubwürdig und oberflächlich ARD-aktuell agiert, zeigt sich auch daran, dass auf Tagesschau.de vor gar nicht langer Zeit ganz andere Informationen z.B. zur Einkommenssituation zu lesen waren. So hieß es am 12.4.2017: "Auch komme der wirtschaftliche Aufschwung nicht bei allen an. So hätten die unteren 40 Prozent der Beschäftigten real weniger verdient als Mitte der 1990er-Jahre... Eine 'verfestigte Ungleichheit' weist der Bericht bei den Vermögen aus. Danach besitzen die reichsten zehn Prozent der Haushalte mehr als die Hälfte des gesamten Netto-Vermögens, die untere Hälfte dagegen nur ein Prozent". (3) Das waren zwar auch schon schöngeredete Aussagen und Zahlenspielereien, aber immerhin realitätsnäher als das, was die Gniffke-Qualitätsjournalisten jetzt in der Endphase des Wahlkampfes abzusondern wagen.
1 Quelle: http://www.vermoegensteuerjetzt.de/topic/21.vermoegensuhr.html
2 https://www.destatis.de...
3 https://www.tagesschau.de/inland/kabinett-205.html
Agitation statt Information über Venezuela - Programmbeschwerde zur Berichterstattung vom 26.9.2017 - eingereicht am 26.9.2017
Screenshot aus der website tageschau.de vom 26.9.2017
Sehr geehrte NDR-Rundfunkräte, aus dem Plan der USA, mittels Sanktionen und Unterstützung marodierender „Farbenrevolutionäre“ einen „regime change“ in Venezuela herbeizuzwingen, will und will einfach nichts werden. Folglich berichtet die transatlantisch getrimmte ARD-aktuell entweder gar nicht oder irreführend über das Land und seinen Präsidenten Maduro. Den lässt sie auch schon mal als Diktator abmalen, ein Höhepunkt feindseliger Agitation. Derzeit, in der letzten Septemberwoche, finden Sie mit der Suchmaschine auf tagesschau.de als aktuellsten Beitrag über die Lage in Venezuela den Artikel „Panzer und Propaganda“ vom 26. August. Er basiert – diese Propagandamethode ist alt und bewährt – weitgehend auf Behauptungen einer wünschenswert US-konformen „Expertin“.
Die Politologin Francine Jácome aus Caracas sieht die Merkmale einer Diktatur bereits erfüllt: Es gebe keine durch demokratische Wahlen legitimierten Institutionen mehr, das Regime mache immer mehr politische Gefangene und treibe die Militarisierung voran. ... Bei dem Militärmanöver gehe es darum, die verbliebenen Anhänger der sozialistischen Regierung zu binden. Das seien immerhin noch etwa 20 Prozent der Bevölkerung. ... [Die USA] sind noch [Venezuelas] größter Abnehmer von Erdöl und spülen das Geld in die Staatskasse ... (Quelle: tagesschau.de [http://www.tagesschau.de/ausland/venezuela-usa-105.html])
Eine sachgerechte Gegenmeinung zu dem Blödsinn, Maduro habe mindestens 80 Prozent der Bevölkerung gegen sich – qualifizierte Expertisen sind sogar im Mainstream zu finden – , holt ARD-aktuell für ihren Bericht „natürlich“ nicht ein; sie entlarvte ja sonst ihre Mär, dass die Krawall und Gewalt inszenierende Oberschicht Venezuelas eine breite Mehrheit der Bevölkerung hinter sich habe.
Der Stuss der „Expertin“ bietet allerdings einen schönen Übergang zum verständnisinnigen nächsten Abschnitt des Berichts. US-Präsident Trump habe die Sanktionen gegen Venezuela verschärft und neue Strafmaßnahmen verhängt. ARD-aktuell hinterfragt das nicht nach den imperialen US-Motiven. Wozu auch, die Äußerungen der „Expertin“ reichten ja als Einstimmung...
Sauberer Journalismus ist in dieser Hauptabteilung des NDR eben nicht mehr geboten. Unter anderem deshalb, weil Sie, die dazu berufenen Rundfunkräte, nicht weiter danach fragen.
Nachrichtenunterdrückung und Falschdarstellung: Urteilen Sie bitte selbst, was davon mit Blick auf das Informationsangebot der ARD-aktuell über Venezuela zutrifft: „Ölexporte in die USA sind von den Sanktionen allerdings nicht betroffen. Die USA sind der größte Abnehmer des wichtigsten venezolanischen Exportgutes“ heißt es in dem Beitrag wörtlich, gefolgt vom Zwischentitel „Venezuela braucht die USA“.
Die USA sind zwar noch der größte Abnehmer ursprünglich venezolanischen Öls auf dem gesamten amerikanischen Kontinent, nicht jedoch weltweit. Seit Anfang August hat der russische Konzern Rosneft Optionen auf einen Großteil der venezolanischen Ölproduktion der nächsten Jahre gekauft und damit faktisch die Vermarktung übernommen. Von ihm kaufen auch die USA. Das russische Engagement hat den Staatshaushalt Venezuelas dermaßen entlastet, dass die Regierung in Caracas eine Anhebung der Gehälter und Löhne um 40 (!) Prozent (vierzig) veranlassen konnte.
Kein Wort davon in der Tagesschau ...
Welche erheblichen Veränderungen sich auf dem Weltmarkt für Öl abspielen, geht aus einer weiteren, auch schon Wochen alten Information hervor, die ARD-aktuell ebenfalls mit Schweigen überging: Der chinesische Konzern CEFC China Energy hat 14,16 Prozent Unternehmensanteile an Rosneft gekauft, für umgerechnet mehr als 9 Milliarden Dollar. Damit sind langjährige Öl- und Gaslieferungen Russlands in die VR China verbunden. Ein historischer Vorgang, weil es sich um die erste Firmenverflechtung zwischen der VR China und Russlands im russischen Energiemarkt handelt und zeigt, wie rasant sich die Beziehungen zwischen den beiden Großmächten entwickeln. Da Rosneft auch in Indien engagiert ist, hat der riesige neue Deal Auswirkungen auf die belasteten Beziehungen zwischen China und Indien. (1)
Erhebliche geopolitische Veränderungen zeichnen sich hier ab. Die Qualitätsjournalisten in der ARD-aktuell setzen sich jedoch großzügig darüber hinweg, als ob solche Informationen das deutsche Publikum nichts angingen. Der zur Beitragszahlung gezwungene Kunde des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss sich solche Nachrichten bei der kommerziellen Konkurrenz holen – wieder einmal.
Hier, bitte: n-tv.de. Der Bericht auf n-tv ist übrigens auch schon einen Monat alt. (2)
Wie meilenweit sich ARD-aktuell mit seinen desinformativen Halbwahrheiten vom Programmauftrag und der Programmrichtlinien im Staatsvertrag über den NDR entfernt hat, ist hiermit abermals evident.
Werte NDR-Rundfunkräte, wir erwarten Ihre Standard-Antwort: dass Sie trotz „intensiver Diskussion und eingehender Beratung“ auch im vorliegenden Fall keine Staatsvertragsverletzung hätten erkennen können. Bzw. – Antwort nach Schablone B –, dass unsere Beschwerde gar keine Beschwerde sei, sondern lediglich eine Anregung, die Sie nicht weiter zu beraten brauchten und bloß an den Intendanten weitergereicht hätten. Erlauben Sie uns die Rückfrage: Machen Sie sich eigentlich klar, dass Ihre Honorare, Reisekostenpauschalen, das Futtern von exquisiten Knabberkeksen, der gereichte feine Tee beim Absitzen Ihrer Veranstaltungen und der Service des NDR für Sie ebenfalls von den Gebührenzahlern finanziert werden müssen?
1 Quelle: http://oilprice.com/Energy/Oil-Prices/Unknown-Oil-Gas-Deal-Just-Changed-The-Global-Energy-Balance.html
2 http://www.n-tv.de/wirtschaft/Venezuela-rueckt-naeher-an-Russland-heran-article19982700.html
Viel NATO-Lärm um nichts und Dr. Gniffke immer dabei - Programmbeschwerde pars pro toto zur Berichterstattung "Militärmanöver 'Sapad 2017' - Showdown in 'Weischnoria'" vom 14.09.2017 und "Russische Militärübung - Mega-Manöver als Machtdemonstration?" vom 07.09.2017 - eingereicht am 26.9.2017
Screenshot aus der website tageschau.de vom 14.09.2017
Screenshot aus der website tageschau.de vom 07.09.2017
Sehr geehrte Rundfunkräte des NDR, wie oft haben wir Ihnen schon Beschwerden vorgelegt, die Redaktion ARD-aktuell betreibe antirussische Feindbildpflege und Hetze? Sie haben für die transatlantische Schlagseite angeblich nie Anzeichen gefunden, was allerdings viel über die kritiklose und oberflächliche Art Ihrer Aufsichtsführung aussagt. Wir unternehmen unverdrossen einen weiteren Versuch zur Klärung:
Bereits lange vor Beginn des alle vier Jahre stattfindenden russisches Manövers „Sapad“, das diesmal gemeinsam mit dem Verbündeten Weißrussland auf dessen Staatsgebiet veranstaltet wurde, hat sich ARD-aktuell zum Lautsprecher der NATO und der Bundesregierung gemacht und sich nicht entblödet, sogar deren hysterische Übertreibungen ungeprüft und unwidersprochen weiterzureichen. Vorwurfsvoll-aggressiver Tenor: Russland führe „direkt an den Außengrenzen der EU“ (!) ein Großmanöver durch. Es stehe zu befürchten, dass russische Truppen dauerhaft in Weißrundland stationiert blieben. Hier einige Schlagzeilen und Zitate aus dem Bauchladen der ARD-aktuell:
„Dauerhafte Stationierung an den NATO-Grenzen“: Die NATO hat viele Eigenheiten, Grenzen gehören noch nicht dazu. Die Redaktion ARD-aktuell bedachte bei Verarbeitung solcher Dummheiten natürlich nicht, dass die NATO erst vor wenigen Wochen „direkt an der Außengrenze Russlands“ selbst ein großes Manöver veranstaltet hatte, an dem übrigens Bundeswehrsoldaten teilnahmen... Dass sämtliche „Befürchtungen“ westlicher Stellen, gleich ob NATO, Bundesregierung oder US-Militär geäußert, maßlos aufgebauschte Spekulationen waren – Russenangst schüren ist ein Passstück der antirussischen Hetze – , wurde nirgends kritisch angemerkt. Nach Belegen für die wüsten Behauptungen (100 000 russische Soldaten!) fragte und suchte ARD-aktuell gar nicht erst.
Das propagandistische Getöse ging selbst der für friedenspolitische Positionen nicht gerade bekannten ZEIT zu weit. Ihr einstiger Herausgeber und Chefredakteur Theo Sommer schrieb (3):
Nicht so ARD-aktuell. Dass man „Fehler zugeben und korrigieren“ müsse, behauptet Chefredakteur Dr. Gniffke zwar in der Hochglanzbroschüre „Wir im NDR“ für die Belegschaft des Senders. Da macht sich das gut. Taten folgen nicht daraus.
Sie, sehr geehrte Rundfunkräte, widmen sich Programmbeschwerden angeblich in „eingehender Beratung und in intensiver Diskussion“. Beachtliches kam dabei bisher nicht heraus. Vielleicht hilft ein bisschen Drücken?
1 Quellen u.a.: http://www.focus.de/politik/deutschland/spionage-report-und132agentin-90-60-90und147-im-tausch-fuer-cia-spion_aid_528633.html, https://en.wikipedia.org/wiki/Igor_Sutyagin
2 Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-09/russland-weissrussland-zapad-17-5vor8
3 Quelle u.a.: http://www.blacklistednews.com/NATO%27s_Fakenews_Russia_Scare_Increases_Defense_Waste/60963/0/38/38/Y/M.html
Online-Flyer Nr. 630 vom 27.09.2017
Beschwerden gegen manipulierende Berichterstattung von ARD-aktuell mit ihrer Tagesschau
Gegen die Macht um Acht
Von Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer
ARD verbreitet in Sachen "Schere zwischen Arm und Reich" Regierungspropaganda statt Sachinformation, bietet Agitation statt Information über Venezuela und fungiert unentwegt als Lautsprecher von NATO und Bundesregierung. Darum geht es in dieser Woche bei den Programmbeschwerden, die Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer beim NDR-Rundfunkrat eingereicht haben. "Die ARD-Nachrichten sind der Taktgeber für die meisten Medien der Bundesrepublik Deutschland. Wer sich kritisch mit ihnen auseinandersetzt, der kritisiert den Kern des deutschen Journalismus. Die Tagesschau-Maschine ist weder verlässlich noch neutral und keinesfalls seriös. Sie ist nur wenig Anderes als eben fünfzehn Minuten Staatsfunk." So heißt es im Vorwort des im Mai 2017 erschienenen Buches "Die Macht um acht - Der Faktor Tagesschau" von Uli Gellermann, Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam. Die eingereichten Programmbeschwerden sind zu den "fünfzehn Minuten Staatsfunk" ein notwendiger Kontrapunkt.
Regierungspropaganda statt Sachinformation - Programmbeschwerde zu "Link-Tipp: #kurzerklärt: Nimmt die Ungleichheit in Deutschland zu?" vom 15.9.2017 ("tagesschau.de" und Nachtmagazin-Beitrag) - eingereicht am 18.9.2017
Sehr geehrte NDR-Rundfunkräte, die Quintessenz eines neuerlichen Musterfalls regierungsfrommer Propaganda, die sich zunächst eher objektiv und sachlich zu geben versucht, wird gleich am Anfang dieses Beitrags der ARD-aktuell dem Publikum verabreicht: „Die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland ist laut Statistik in den vergangenen Jahren nicht weiter auseinander gegangen. Sie hat sich aber auch nicht weiter geschlossen.“
Mit einem auf den ersten Blick nicht erkennbaren Trick gelangt tagesschau.de zu dieser realitätsfernen Bewertung der sozialen Kluft, die unsere Gesellschaft spaltet: Es werden jeweils die prozentualen Steigerungssätze der Einkommen der untersten 20 Prozent und der obersten 20 Prozent miteinander verglichen. Das vermeintlich objektive Ergebnis wird der Bevölkerung als Sedativ im Interesse der regierenden und für die tiefe soziale Kluft verantwortlichen Parteien kurz vor der Bundestagswahl verabreicht – eine journalistische Dreistigkeit der Sonderklasse.
Screenshot aus der website "tagesschau.de" mit dem Hinweis auf den Beitrag aus dem Nachtmagazin-Beitrag vom 15.9.2017, 1 Uhr, in dem es heißt: "Die berühmte Schere zwischen Arm und Reich: sie ist in den vergangenen Jahren bei Vermögen und Einkommen also nicht weiter aufgegangen. Aber: sie geht eben auch nicht weiter zu."
Wir wollen Sie hier gar nicht erst mit Volksweisheiten konfrontieren a la „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“, oder „Äpfel sind nicht mit Birnen zu vergleichen“. Schon ein paar wenige Argumente entlarven dieses Schauerstück:
Die Mitteilung „Die Hälfte der Deutschen mit den höheren Einkommen kommt auf rund 70 Prozent des gesamten Einkommens, die Hälfte mit den niedrigeren Einkommen auf 30 Prozent.“ ist an Plattheit und Dämlichkeit nur mit dem Spruch vergleichbar, dass der Mensch seine 37 Grad Körpertemperatur auch dann austarieren könne, wenn er gleichzeitig seinen Kopf in den Kühlschrank und den A... in den Ofen stecke. Billige Trickserei liegt vor, weil nicht mit konkreten Summen in Euro, sondern mit abstrakten Prozentsätzen argumentiert wird; Trickserei, weil man mit der willkürlichen Festlegung des (sehr langen) Betrachtungszeitraums erheblichen Einfluss auf das Ergebnis nimmt; Trickserei, weil nicht konkrete und abgestufte Netto-Einkünfte zum Vergleich herangezogen, sondern Durchschnittswerte dargeboten werden – obwohl doch zum Beispiel zu berücksichtigen gewesen wäre, wie viel stärker die Sozialversicherungsbeiträge die unteren Einkommensbezieher belasten als die oberen...
Screenshot aus dem Nachtmagazin-Beitrag mit der Aussage "Die Hälfte der Deutschen mit den höheren Einkommen kommt auf rund 70 Prozent des gesamten Einkommens, die Hälfte mit den niedrigeren Einkommen auf 30 Prozent."
Die ganze Willkür und Oberflächlichkeit der von ARD-aktuell angebotenen Statistik-Show wird ersichtlich, wenn Sie sich ins Gedächtnis rufen, dass es aufgrund lässiger deutscher Steuerpolitik zugunsten der Eliten keinerlei abgesicherte Erkenntnisse über die Höhe derer Vermögen gibt. Da wird mit mehr oder weniger seriösen Schätzungen gearbeitet, weil selbst dem Staat umfassende Einblicke fehlen, bzw. weil er im Falle der Eliten nicht mit derselben Akribie und Schärfe die Vermögenslage kontrolliert wie im Falle simpler Lohn und Gehaltsempfänger.
Für Interessierte an einem halbwegs sachgerechten Blick auf den Zustand unserer Gesellschaft hat die im Internet abrufbare „Vermögens- und Schuldenuhr“ bereits mehr Informationswert als der gesamte Beitrag der ARD-aktuell. (1)
Ohne Informationsgehalt ist auch die hier gebotene Darstellung der pauschalen durchschnittlichen Einkommen der jeweils reichsten und ärmsten 20 Prozent der Bevölkerung. Sie hat nur propagandistisches Gewicht. Die extrem breiten Vergleichsbänder, der vieljährige Zeitraum der Betrachtung und die in sich nivellierten Größen ergeben keinen steuer- und sozialpolitischen Gebrauchswert. Aussagekräftig wäre dagegen ein Vergleich der allerdings nur vage schätzbaren Einkommen plus der Vermögen des reichsten 1 Prozent der Bevölkerung mit den genau bekannten Einkommens- und Vermögensverhältnissen (bzw. der Verschuldung) der 10 Prozent unserer Bevölkerung am unteren Ende der sozialen Skala: Dem 1 Prozent der Superreichen werden Netto-Privatvermögen von insgesamt 4 Billionen (!) Euro zugeschrieben - bei unbekannter Höhe des laufend hinzu erworbenen Einkommens. Die 10 Prozent der Ärmsten sind mit rund 23 Milliarden Euro verschuldet (auch wir können Durchschnitt: 31 613 Euro waren es anno 2016 pro Person, laut Statistischem Bundesamt Wiesbaden.) (2)
Die zwischen beiden Gruppen liegende Kluft vertieft sich im Minutentakt. Und das ist das sozialpolitische Skandalon unserer Gegenwart. ARD-aktuell überspielt es mit einer Statistikshow – so markig vorgetragen wie gehaltlos in ihrer Aussage, die Merkels stereotypem „Deutschland geht es gut“ entspricht und ihr zuarbeitet.
Die Infamie des in Rede stehenden Beitrags der ARD-aktuell liegt nicht nur in der regierungsfrommen Liebedienerei mitten im Wahlkampf - seine dankbare Aufnahme bei Merkel, Schäuble, Zypries und Nahles darf als gesichert gelten - sondern auch darin, dass weiterhin mit der Plattitüde aufgewartet wird, mehr Bildung verhülfe zu besseren Jobs und Einkommensverhältnissen. Das ist angesichts ungezählter arbeitsloser bzw. nur prekär beschäftigter Akademiker eine Verhöhnung der gesamten Arbeitnehmerschaft, denn der Hinweis auf die fehlende Chancengleichheit in der Bildung aufgrund der krassen sozialen Ungleichheit macht den Beitrag nicht objektiver, solange die Ursachen, Verursacher und Nutznießer der Ungleichheit und sozialen Ungerechtigkeit nicht offen genannt werden.
Die Redaktion ARD-aktuell schloss bereits nach 18 Kommentaren aus dem Publikum die Kommentarfunktion auf tagesschau.de:
- Am 15. September 2017 um 20:02 von Moderation
Liebe User, wegen der hohen Anzahl der Kommentare auf meta.tagesschau.de kann diese Meldung im Moment nicht kommentiert werden. Wir bitten um Ihr Verständnis.
Wie unglaubwürdig und oberflächlich ARD-aktuell agiert, zeigt sich auch daran, dass auf Tagesschau.de vor gar nicht langer Zeit ganz andere Informationen z.B. zur Einkommenssituation zu lesen waren. So hieß es am 12.4.2017: "Auch komme der wirtschaftliche Aufschwung nicht bei allen an. So hätten die unteren 40 Prozent der Beschäftigten real weniger verdient als Mitte der 1990er-Jahre... Eine 'verfestigte Ungleichheit' weist der Bericht bei den Vermögen aus. Danach besitzen die reichsten zehn Prozent der Haushalte mehr als die Hälfte des gesamten Netto-Vermögens, die untere Hälfte dagegen nur ein Prozent". (3) Das waren zwar auch schon schöngeredete Aussagen und Zahlenspielereien, aber immerhin realitätsnäher als das, was die Gniffke-Qualitätsjournalisten jetzt in der Endphase des Wahlkampfes abzusondern wagen.
1 Quelle: http://www.vermoegensteuerjetzt.de/topic/21.vermoegensuhr.html
2 https://www.destatis.de...
3 https://www.tagesschau.de/inland/kabinett-205.html
Agitation statt Information über Venezuela - Programmbeschwerde zur Berichterstattung vom 26.9.2017 - eingereicht am 26.9.2017
Screenshot aus der website tageschau.de vom 26.9.2017
Sehr geehrte NDR-Rundfunkräte, aus dem Plan der USA, mittels Sanktionen und Unterstützung marodierender „Farbenrevolutionäre“ einen „regime change“ in Venezuela herbeizuzwingen, will und will einfach nichts werden. Folglich berichtet die transatlantisch getrimmte ARD-aktuell entweder gar nicht oder irreführend über das Land und seinen Präsidenten Maduro. Den lässt sie auch schon mal als Diktator abmalen, ein Höhepunkt feindseliger Agitation. Derzeit, in der letzten Septemberwoche, finden Sie mit der Suchmaschine auf tagesschau.de als aktuellsten Beitrag über die Lage in Venezuela den Artikel „Panzer und Propaganda“ vom 26. August. Er basiert – diese Propagandamethode ist alt und bewährt – weitgehend auf Behauptungen einer wünschenswert US-konformen „Expertin“.
Die Politologin Francine Jácome aus Caracas sieht die Merkmale einer Diktatur bereits erfüllt: Es gebe keine durch demokratische Wahlen legitimierten Institutionen mehr, das Regime mache immer mehr politische Gefangene und treibe die Militarisierung voran. ... Bei dem Militärmanöver gehe es darum, die verbliebenen Anhänger der sozialistischen Regierung zu binden. Das seien immerhin noch etwa 20 Prozent der Bevölkerung. ... [Die USA] sind noch [Venezuelas] größter Abnehmer von Erdöl und spülen das Geld in die Staatskasse ... (Quelle: tagesschau.de [http://www.tagesschau.de/ausland/venezuela-usa-105.html])
Eine sachgerechte Gegenmeinung zu dem Blödsinn, Maduro habe mindestens 80 Prozent der Bevölkerung gegen sich – qualifizierte Expertisen sind sogar im Mainstream zu finden – , holt ARD-aktuell für ihren Bericht „natürlich“ nicht ein; sie entlarvte ja sonst ihre Mär, dass die Krawall und Gewalt inszenierende Oberschicht Venezuelas eine breite Mehrheit der Bevölkerung hinter sich habe.
Der Stuss der „Expertin“ bietet allerdings einen schönen Übergang zum verständnisinnigen nächsten Abschnitt des Berichts. US-Präsident Trump habe die Sanktionen gegen Venezuela verschärft und neue Strafmaßnahmen verhängt. ARD-aktuell hinterfragt das nicht nach den imperialen US-Motiven. Wozu auch, die Äußerungen der „Expertin“ reichten ja als Einstimmung...
Sauberer Journalismus ist in dieser Hauptabteilung des NDR eben nicht mehr geboten. Unter anderem deshalb, weil Sie, die dazu berufenen Rundfunkräte, nicht weiter danach fragen.
Nachrichtenunterdrückung und Falschdarstellung: Urteilen Sie bitte selbst, was davon mit Blick auf das Informationsangebot der ARD-aktuell über Venezuela zutrifft: „Ölexporte in die USA sind von den Sanktionen allerdings nicht betroffen. Die USA sind der größte Abnehmer des wichtigsten venezolanischen Exportgutes“ heißt es in dem Beitrag wörtlich, gefolgt vom Zwischentitel „Venezuela braucht die USA“.
Die USA sind zwar noch der größte Abnehmer ursprünglich venezolanischen Öls auf dem gesamten amerikanischen Kontinent, nicht jedoch weltweit. Seit Anfang August hat der russische Konzern Rosneft Optionen auf einen Großteil der venezolanischen Ölproduktion der nächsten Jahre gekauft und damit faktisch die Vermarktung übernommen. Von ihm kaufen auch die USA. Das russische Engagement hat den Staatshaushalt Venezuelas dermaßen entlastet, dass die Regierung in Caracas eine Anhebung der Gehälter und Löhne um 40 (!) Prozent (vierzig) veranlassen konnte.
Kein Wort davon in der Tagesschau ...
Welche erheblichen Veränderungen sich auf dem Weltmarkt für Öl abspielen, geht aus einer weiteren, auch schon Wochen alten Information hervor, die ARD-aktuell ebenfalls mit Schweigen überging: Der chinesische Konzern CEFC China Energy hat 14,16 Prozent Unternehmensanteile an Rosneft gekauft, für umgerechnet mehr als 9 Milliarden Dollar. Damit sind langjährige Öl- und Gaslieferungen Russlands in die VR China verbunden. Ein historischer Vorgang, weil es sich um die erste Firmenverflechtung zwischen der VR China und Russlands im russischen Energiemarkt handelt und zeigt, wie rasant sich die Beziehungen zwischen den beiden Großmächten entwickeln. Da Rosneft auch in Indien engagiert ist, hat der riesige neue Deal Auswirkungen auf die belasteten Beziehungen zwischen China und Indien. (1)
Erhebliche geopolitische Veränderungen zeichnen sich hier ab. Die Qualitätsjournalisten in der ARD-aktuell setzen sich jedoch großzügig darüber hinweg, als ob solche Informationen das deutsche Publikum nichts angingen. Der zur Beitragszahlung gezwungene Kunde des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss sich solche Nachrichten bei der kommerziellen Konkurrenz holen – wieder einmal.
Hier, bitte: n-tv.de. Der Bericht auf n-tv ist übrigens auch schon einen Monat alt. (2)
Wie meilenweit sich ARD-aktuell mit seinen desinformativen Halbwahrheiten vom Programmauftrag und der Programmrichtlinien im Staatsvertrag über den NDR entfernt hat, ist hiermit abermals evident.
Werte NDR-Rundfunkräte, wir erwarten Ihre Standard-Antwort: dass Sie trotz „intensiver Diskussion und eingehender Beratung“ auch im vorliegenden Fall keine Staatsvertragsverletzung hätten erkennen können. Bzw. – Antwort nach Schablone B –, dass unsere Beschwerde gar keine Beschwerde sei, sondern lediglich eine Anregung, die Sie nicht weiter zu beraten brauchten und bloß an den Intendanten weitergereicht hätten. Erlauben Sie uns die Rückfrage: Machen Sie sich eigentlich klar, dass Ihre Honorare, Reisekostenpauschalen, das Futtern von exquisiten Knabberkeksen, der gereichte feine Tee beim Absitzen Ihrer Veranstaltungen und der Service des NDR für Sie ebenfalls von den Gebührenzahlern finanziert werden müssen?
1 Quelle: http://oilprice.com/Energy/Oil-Prices/Unknown-Oil-Gas-Deal-Just-Changed-The-Global-Energy-Balance.html
2 http://www.n-tv.de/wirtschaft/Venezuela-rueckt-naeher-an-Russland-heran-article19982700.html
Viel NATO-Lärm um nichts und Dr. Gniffke immer dabei - Programmbeschwerde pars pro toto zur Berichterstattung "Militärmanöver 'Sapad 2017' - Showdown in 'Weischnoria'" vom 14.09.2017 und "Russische Militärübung - Mega-Manöver als Machtdemonstration?" vom 07.09.2017 - eingereicht am 26.9.2017
Screenshot aus der website tageschau.de vom 14.09.2017
Screenshot aus der website tageschau.de vom 07.09.2017
Sehr geehrte Rundfunkräte des NDR, wie oft haben wir Ihnen schon Beschwerden vorgelegt, die Redaktion ARD-aktuell betreibe antirussische Feindbildpflege und Hetze? Sie haben für die transatlantische Schlagseite angeblich nie Anzeichen gefunden, was allerdings viel über die kritiklose und oberflächliche Art Ihrer Aufsichtsführung aussagt. Wir unternehmen unverdrossen einen weiteren Versuch zur Klärung:
Bereits lange vor Beginn des alle vier Jahre stattfindenden russisches Manövers „Sapad“, das diesmal gemeinsam mit dem Verbündeten Weißrussland auf dessen Staatsgebiet veranstaltet wurde, hat sich ARD-aktuell zum Lautsprecher der NATO und der Bundesregierung gemacht und sich nicht entblödet, sogar deren hysterische Übertreibungen ungeprüft und unwidersprochen weiterzureichen. Vorwurfsvoll-aggressiver Tenor: Russland führe „direkt an den Außengrenzen der EU“ (!) ein Großmanöver durch. Es stehe zu befürchten, dass russische Truppen dauerhaft in Weißrundland stationiert blieben. Hier einige Schlagzeilen und Zitate aus dem Bauchladen der ARD-aktuell:
- Showdown in "Weischnoria"
Von der Leyen widerspricht Moskaus Angaben zu "Sapad"...: „bis zu 100 000 Soldaten“
Sapad: Verteidigung oder Angriff?
Mega-Manöver als Machtdemonstration?
Dauerhafte Stationierung an NATO-Grenzen?
die baltischen Russland-Anrainer und auch die Bundesverteidigungsministerin rechnen mit 100.000 Soldaten und sprechen von einer Drohgebärde
Ukraine fürchtet Angriff Russlands
„Dauerhafte Stationierung an den NATO-Grenzen“: Die NATO hat viele Eigenheiten, Grenzen gehören noch nicht dazu. Die Redaktion ARD-aktuell bedachte bei Verarbeitung solcher Dummheiten natürlich nicht, dass die NATO erst vor wenigen Wochen „direkt an der Außengrenze Russlands“ selbst ein großes Manöver veranstaltet hatte, an dem übrigens Bundeswehrsoldaten teilnahmen... Dass sämtliche „Befürchtungen“ westlicher Stellen, gleich ob NATO, Bundesregierung oder US-Militär geäußert, maßlos aufgebauschte Spekulationen waren – Russenangst schüren ist ein Passstück der antirussischen Hetze – , wurde nirgends kritisch angemerkt. Nach Belegen für die wüsten Behauptungen (100 000 russische Soldaten!) fragte und suchte ARD-aktuell gar nicht erst.
Das propagandistische Getöse ging selbst der für friedenspolitische Positionen nicht gerade bekannten ZEIT zu weit. Ihr einstiger Herausgeber und Chefredakteur Theo Sommer schrieb (3):
- Russland: Liebe Nato, entspann doch mal
Das Militärmanöver Sapad in Russland ist fast vorbei. Die Welt wird auch danach nicht untergegangen sein. Statt auf Panik sollte der Westen auf Kooperationen setzen....Die aufgeregten Gemüter, die uns seit einem halben Jahr weiszumachen suchten, die Militärübung der beiden in der Organisation des Vertrags über Kollektive Sicherheit verbündeten Staaten sei eine Art Auftakt zum Dritten Weltkrieg, haben wieder einmal grundlos Alarm geschlagen. [...] (2)
Das Manöver endete plangemäß am 20. September. Das russische Militär ist aus Weißrussland wieder abgezogen. Von der „russischen Gefahr“ für die „Außengrenzen der EU“ ist nichts übrig geblieben.
Nicht so ARD-aktuell. Dass man „Fehler zugeben und korrigieren“ müsse, behauptet Chefredakteur Dr. Gniffke zwar in der Hochglanzbroschüre „Wir im NDR“ für die Belegschaft des Senders. Da macht sich das gut. Taten folgen nicht daraus.
Sie, sehr geehrte Rundfunkräte, widmen sich Programmbeschwerden angeblich in „eingehender Beratung und in intensiver Diskussion“. Beachtliches kam dabei bisher nicht heraus. Vielleicht hilft ein bisschen Drücken?
1 Quellen u.a.: http://www.focus.de/politik/deutschland/spionage-report-und132agentin-90-60-90und147-im-tausch-fuer-cia-spion_aid_528633.html, https://en.wikipedia.org/wiki/Igor_Sutyagin
2 Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-09/russland-weissrussland-zapad-17-5vor8
3 Quelle u.a.: http://www.blacklistednews.com/NATO%27s_Fakenews_Russia_Scare_Increases_Defense_Waste/60963/0/38/38/Y/M.html
Online-Flyer Nr. 630 vom 27.09.2017