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Krieg und Frieden
Bericht über das historische Treffen im Krefelder Seidenweberhaus am 15. und 16. November 1980
...daß Friede werde, bevor es zu spät ist
Von Michael Höhn
Michael Höhn, Pfarrer im Ruhestand und Erstunterzeichner des "Neuen Krefelder Appells – Den Kriegstrebern in den Arm fallen!" vom November 2021 war auch 1980 Erstunterzeichner, als es schon einmal darum ging, den Kriegstreibern in den Arm zu fallen, und als es gelang, mit dem Krefelder Appell Millionen Unterschriften zu sammeln. Für die wöchentlich erscheinende "Deutsche Volkszeitung" (DVZ) hat er einen Bericht über das historische Treffen im Krefelder Seidenweberhaus am 15. und 16. November 1980 entstehen lassen, in dem er energisch betont, "dass nie zuvor in den letzten Jahren Menschen aus den unterschiedlichsten Richtungen und Weltanschauungen in einem Punkt so einig waren und das auch öffentlich zum Ausdruck brachten, wie hier." Inzwischen haben die Strategen des Krieges dazugelernt. Sie haben wesentliche Schaltstellen bis hinein in "linke" Parteien und Protestbewegungen mit ihren Kräften besetzt – mit dem Ziel, ein breites Bündnis über ideologische Grenzen hinweg nicht noch einmal entstehen zu lassen. In demagogischer Weise diffamieren sie, grenzen sie aus und versuchen Menschen gegeneinander aufzubringen. Nachfolgend gibt die NRhZ den Artikel von Pfarrer Michael Höhn erneut wieder - als Mahnung in einer vergleichbar bedrohlichen, wenn auch teils andersartigen Situation, das Spiel der Demagogen nicht mitzuspielen und die Kräfte des Widerstands zu bündeln.
Erwartet hatte ich 300. Dann waren es 800 geworden. Junge und alte Menschen waren darunter, Arbeiter und Offiziere, Christen und Atheisten. Wie weit sie auch sonst voneinander entfernt sein mochten, dies eine verband sie, als sie sich am 15. und 16. November in Krefeld zusammenfanden: der Atomtod bedroht uns alle – keine Atomraketen in Europa. Diese Motto hing nicht nur an der Stirnseite des Saales im Krefelder Seidenweberhaus, das war überall zu spüren – in den Gesprächen im Foyer, in den fünf Arbeitskreisen dann am Sonntag.
Doch an den Anfang zurück: Vor wenigen Wochen hatte ein Kreis von Initiatoren – so but gemischt in der politischen Couleur wie wohl selten zuvor – zu diesem offenen und öffentlichen Meinungsaustausch aufgerufen. Gewerkschaftsfunktionäre unterschrieben den ersten Aufruf ebenso wie Bundestagsabgeordnete, Wissenschaftler, Künstler, Journalisten und eine große Anzahl Pfarrer. Viele von ihnen waren dann auch zu dem Forum erschienen. Begeistert applaudierten sie dem Nestor der westdeutschen Friedensbewegung, Pastor Martin Niemöller, der sich unmittelbar nach Oberst a.D. Josef Weber zu Wort meldete.
„Sehen die Politiker eigentlich die Gefahren?“ so fragte er. Und er fügte hinzu: „Macht es denen schwer, die an den Schalthebeln der Macht sirzen.“ Martin Niemöller meinte damit die Regierenden in unserem Land, die offenbar nichts wichtigeres zu tun haben, als den Brüsseler Beschluß vom Dezember 1979 endlich in die Tat umzusetzen und neue amerikanische Atomraketen und Marschflugkörper in unserem Land und in Europa zu stationieren.
Es war uns Mitgliedern des Initiativkreises „Christen für die Abrüstung“ wichtig, zu erfahren, dass selbst Offiziere wie der mutige und so oft deswegen angefeindete Generalmajor a.D. Gert Bastian diesen „Nachrüstungsbeschluß“ als „fortwährendes Übel“ ansehen. Eine Nachrüstung sei militärisch nicht notwendig! Ein Bildwort ist mir besonders im Ohr geblieben. Bastian brauchte es im Blick auf den so genannten Doppelcharakter dieses NATO-Beschlusses, der sowohl ja zu den Raketen als auch zu Verhandlungen sage. „Wie vertrauensbildend muß es wirken, wenn mit der einen Hand der Ölzweig gereicht wird, während die andere Hand den Revolver auf einen richtet?“ Und der Generalmajor a.D. forderte nicht nur die Anwesenden auf, dafür zu sorgen, dass „das öffentliche Bewusstsein den Spielraum der Aufrüster einengen“ müsse. Und er fuhr fort „Lieber sollte die Bundesregierung das Risiko einer einseitigen Vorleistung in Kauf nehmen – falls das überhaupt ein Risiko ist – als die Vernichtung der Welt.“
Mir fiel dabei ein, dass die Sowjetunion bereits 20.000 Soldaten und 1000 Panzer aus der DDR abgezogen hatte. Mir ist nicht bekannt, dass sie für diese Vorleistung etwas gefordert hätte. Ich erinnere mich auch an das „Wort zum Sonntag“ von Pastor Heinrich Albertz, in dem er bedauerte, dass nicht der Westen es gewesen sei, der diesen wichtigen ersten Schritt zur Vertrauensbildung tat. Nach dem Generalmajor a.D. sprach der Gesamtbetriebsratsvorsitzende einer Krefelder Textilfabrik, Peter Tümmers, von der immer größer werdenden Bereitschaft der Kollegen in den Betrieben, den Atomkrieg zu verhindern und den Frieden zu bewahren. „Sie wollen nicht zusehen, wenn die Früchte ihrer Arbeit durch einen Atomkrieg bedroht werden.“ Die Kollegen wollten auch den „Gürtel nicht enger schnallen für Raketen“. Das hätten die Beschlüsse der Gewerkschaftstage der IG Druck, der Gewerkschaft HBV und der IG Metall zum Problem Abrüstung eindeutig gezeigt. Und es stand dem Arbeitervertreter gut an, als er sagte: „Betroffen zu sein genügt nicht! Besorgt zu sein ist nicht genug! Jetzt muß gehandelt werden!“
Die Politologin Petra Kelly sah trotz des Wettrüstens hoffnungsvolle Anzeichen bei der Zusammenarbeit zwischen der Ökologie- und Friedensbewegung auch in unserem Land. Als eine der Vorsitzenden der „Grünen“ rief sie aus: „Wir können nicht trennen zwischen Reaktoren und Bomben.“
Allen im Saal war klar, dass damit ein wichtiger Schritt zwischen zwei wichtigen Bewegungen in der BRD aufeinander zugetan war. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Thüsing nahm die Regierung in die Verantwortung, als er sagte: „Schmidt und seine Regierung werden beweisen müssen, dass sie zum Frieden stehen.“ Aus dieser Verpflichtung dürfe sie nicht entlassen werden. Ähnlich wie bei der AKW-Bewegung müsse auch in diesem lebenswichtigen Fall über massenhafte Diskussionen ein starker Druck auf Bonn erzeugt werden.
Zwei niederländische Sprecher, der General a.D. van Meyenfeldt und der Europaabgeordnete Wim Albers machten deutlich, dass die bundesdeutsche Friedensbewegung in ihrer Sorge nicht allein steht, sondern auch im europäischen Ausland wichtige Verbündete hat. Dass diese Sorge einen sehr realen Kern hat, belegte Albers mit dem Hinweis: die Bundesregierung habe bereits angeboten, die Raketen, die die Niederlande nicht stationieren wollen, zusätzlich in der Bundesrepublik aufzunehmen.
Den Gesamtzusammenhang des „Nachrüstungsbeschlusses“ als Teil der US-Strategie machte Professor Dr. Gerhard Kade deutlich. Die USA wollten zu ihren alten Weltherrschaftsplänen zurückkehren und auch in Zukunft die Rolle des Weltgendarmen spielen. Im Blick auf die Bundesregierung sagte Kade, sie könne „nicht auf Dauer ungestraft von Frieden reden und sich zugleich als Musterschüler der NATO aufführen.“
Zum Schluß der Podiumsrunde am Samstagabend warnte Professor Dr. Karl Bechert eindringlich vor der Gefahr eines Atomkrieges. „Der Nachrüstungsbeschluß ist das Todesurteil für uns.“ Professor Bechert war lange Jahre Mitglied des Bundestages und Vorsitzender des Atomausschusses. Der Beifall der 800 wollte nicht enden, als er zum Schluß ausrief: „Wehrt euch! Verweigert den Gehorsam! Habt keine Angst vor den Autoritäten, sondern richtet euch danach, was recht und richtig ist!“
Die fünf Diskussionsrunden am Sonntag nahmen die Anstöße aller Redner auf und vertieften sie in freimütigen und intensiven Diskussionen.
Was war nun das Besondere an diesem Forum? Ich meine – und ich habe es zwischen den Zeilen bereits angedeutet – dass nie zuvor in den letzten Jahren Menschen aus den unterschiedlichsten Richtungen und Weltanschauungen in einem Punkt so einig waren und das auch öffentlich zum Ausdruck brachten, wie hier. Vom Befürworter der Bundeswehr bis hin zum konsequenten Pazifisten waren sie alle da. Und sie waren alle der Meinung, dass die größte Bedrohung der Menschheit gegenwärtig in der Stationierung der neuen Atomraketen in Europa zu sehen sei. Sie alle einte die feste Entschlossenheit, dies zu verhindern.
Vielleicht ist es an dieser Stelle gut, die Christen und Kirchen in unserem Land zu erinnert an einen Appell, den der Rat der EKiD am 21. Mai 1954 an die Weltchristenheit richtete. Darin heißt es unter andrem:
„Die Entwicklung der Atomwaffen erfüllt die evangelischen Christen in Deutschland und in anderen Ländern… mit schwerere Sorge. Es werden jetzt Waffen hergestellt, die die Massenvernichtung menschlichen Lebens bezwecken und gegen deren Wirkung sich schließlich niemand mehr zu schützen vermag. Damit werden kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den Völkern zu einem Schauspiel unmenschlicher und grauenvoller Verwüstungen… In solcher Lage kann die Christenheit nicht stumm und untätig bleiben. Um der Verantwortung willen, die ihr von Gott auferlegt ist, muß sie alle, denen hier Macht und Einfluß gegeben ist, dazu aufrufen, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten… Wir bitten die Leitungen aller christlichen Kirchn… sich in dem Gebet zu Gott zu vereinigen, dass die jetzige Bedrohung alles menschlichen Lebens und aller menschlichen Zukunft gebannt und dass Friede werde, bevor es zu spät ist.“
Laßt uns unsere Schwestern und Brüder in den Gemeinden und Kirchenleitungen ermutigen, stärker als bisher für den Frieden und damit gegen die todbringenden Atomraketen in unserem Land anzutreten. Die Lage hat sich seit diesem Wort der EKiD vor 27 Jahren erheblich verschärft durch den „Nachrüstungsbeschluß“. Es ist höchste Zeit, dass wir Christen gemeinsam mit der weltweiten Friedensbewegung unseren Mund unüberhörbar auftun, damit endlich Friede werde, bevor es zu spät ist.
Hier - damit endlich Friede werde, bevor es zu spät ist - den "Neuen Krefelder Appells - Den Kriegstreibern in den Arm fallen!" online unterzeichnen: https://peaceappeal21.de
Online-Flyer Nr. 785 vom 26.01.2022
Bericht über das historische Treffen im Krefelder Seidenweberhaus am 15. und 16. November 1980
...daß Friede werde, bevor es zu spät ist
Von Michael Höhn
Michael Höhn, Pfarrer im Ruhestand und Erstunterzeichner des "Neuen Krefelder Appells – Den Kriegstrebern in den Arm fallen!" vom November 2021 war auch 1980 Erstunterzeichner, als es schon einmal darum ging, den Kriegstreibern in den Arm zu fallen, und als es gelang, mit dem Krefelder Appell Millionen Unterschriften zu sammeln. Für die wöchentlich erscheinende "Deutsche Volkszeitung" (DVZ) hat er einen Bericht über das historische Treffen im Krefelder Seidenweberhaus am 15. und 16. November 1980 entstehen lassen, in dem er energisch betont, "dass nie zuvor in den letzten Jahren Menschen aus den unterschiedlichsten Richtungen und Weltanschauungen in einem Punkt so einig waren und das auch öffentlich zum Ausdruck brachten, wie hier." Inzwischen haben die Strategen des Krieges dazugelernt. Sie haben wesentliche Schaltstellen bis hinein in "linke" Parteien und Protestbewegungen mit ihren Kräften besetzt – mit dem Ziel, ein breites Bündnis über ideologische Grenzen hinweg nicht noch einmal entstehen zu lassen. In demagogischer Weise diffamieren sie, grenzen sie aus und versuchen Menschen gegeneinander aufzubringen. Nachfolgend gibt die NRhZ den Artikel von Pfarrer Michael Höhn erneut wieder - als Mahnung in einer vergleichbar bedrohlichen, wenn auch teils andersartigen Situation, das Spiel der Demagogen nicht mitzuspielen und die Kräfte des Widerstands zu bündeln.
Erwartet hatte ich 300. Dann waren es 800 geworden. Junge und alte Menschen waren darunter, Arbeiter und Offiziere, Christen und Atheisten. Wie weit sie auch sonst voneinander entfernt sein mochten, dies eine verband sie, als sie sich am 15. und 16. November in Krefeld zusammenfanden: der Atomtod bedroht uns alle – keine Atomraketen in Europa. Diese Motto hing nicht nur an der Stirnseite des Saales im Krefelder Seidenweberhaus, das war überall zu spüren – in den Gesprächen im Foyer, in den fünf Arbeitskreisen dann am Sonntag.
Doch an den Anfang zurück: Vor wenigen Wochen hatte ein Kreis von Initiatoren – so but gemischt in der politischen Couleur wie wohl selten zuvor – zu diesem offenen und öffentlichen Meinungsaustausch aufgerufen. Gewerkschaftsfunktionäre unterschrieben den ersten Aufruf ebenso wie Bundestagsabgeordnete, Wissenschaftler, Künstler, Journalisten und eine große Anzahl Pfarrer. Viele von ihnen waren dann auch zu dem Forum erschienen. Begeistert applaudierten sie dem Nestor der westdeutschen Friedensbewegung, Pastor Martin Niemöller, der sich unmittelbar nach Oberst a.D. Josef Weber zu Wort meldete.
„Sehen die Politiker eigentlich die Gefahren?“ so fragte er. Und er fügte hinzu: „Macht es denen schwer, die an den Schalthebeln der Macht sirzen.“ Martin Niemöller meinte damit die Regierenden in unserem Land, die offenbar nichts wichtigeres zu tun haben, als den Brüsseler Beschluß vom Dezember 1979 endlich in die Tat umzusetzen und neue amerikanische Atomraketen und Marschflugkörper in unserem Land und in Europa zu stationieren.
Es war uns Mitgliedern des Initiativkreises „Christen für die Abrüstung“ wichtig, zu erfahren, dass selbst Offiziere wie der mutige und so oft deswegen angefeindete Generalmajor a.D. Gert Bastian diesen „Nachrüstungsbeschluß“ als „fortwährendes Übel“ ansehen. Eine Nachrüstung sei militärisch nicht notwendig! Ein Bildwort ist mir besonders im Ohr geblieben. Bastian brauchte es im Blick auf den so genannten Doppelcharakter dieses NATO-Beschlusses, der sowohl ja zu den Raketen als auch zu Verhandlungen sage. „Wie vertrauensbildend muß es wirken, wenn mit der einen Hand der Ölzweig gereicht wird, während die andere Hand den Revolver auf einen richtet?“ Und der Generalmajor a.D. forderte nicht nur die Anwesenden auf, dafür zu sorgen, dass „das öffentliche Bewusstsein den Spielraum der Aufrüster einengen“ müsse. Und er fuhr fort „Lieber sollte die Bundesregierung das Risiko einer einseitigen Vorleistung in Kauf nehmen – falls das überhaupt ein Risiko ist – als die Vernichtung der Welt.“
Mir fiel dabei ein, dass die Sowjetunion bereits 20.000 Soldaten und 1000 Panzer aus der DDR abgezogen hatte. Mir ist nicht bekannt, dass sie für diese Vorleistung etwas gefordert hätte. Ich erinnere mich auch an das „Wort zum Sonntag“ von Pastor Heinrich Albertz, in dem er bedauerte, dass nicht der Westen es gewesen sei, der diesen wichtigen ersten Schritt zur Vertrauensbildung tat. Nach dem Generalmajor a.D. sprach der Gesamtbetriebsratsvorsitzende einer Krefelder Textilfabrik, Peter Tümmers, von der immer größer werdenden Bereitschaft der Kollegen in den Betrieben, den Atomkrieg zu verhindern und den Frieden zu bewahren. „Sie wollen nicht zusehen, wenn die Früchte ihrer Arbeit durch einen Atomkrieg bedroht werden.“ Die Kollegen wollten auch den „Gürtel nicht enger schnallen für Raketen“. Das hätten die Beschlüsse der Gewerkschaftstage der IG Druck, der Gewerkschaft HBV und der IG Metall zum Problem Abrüstung eindeutig gezeigt. Und es stand dem Arbeitervertreter gut an, als er sagte: „Betroffen zu sein genügt nicht! Besorgt zu sein ist nicht genug! Jetzt muß gehandelt werden!“
Die Politologin Petra Kelly sah trotz des Wettrüstens hoffnungsvolle Anzeichen bei der Zusammenarbeit zwischen der Ökologie- und Friedensbewegung auch in unserem Land. Als eine der Vorsitzenden der „Grünen“ rief sie aus: „Wir können nicht trennen zwischen Reaktoren und Bomben.“
Allen im Saal war klar, dass damit ein wichtiger Schritt zwischen zwei wichtigen Bewegungen in der BRD aufeinander zugetan war. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Thüsing nahm die Regierung in die Verantwortung, als er sagte: „Schmidt und seine Regierung werden beweisen müssen, dass sie zum Frieden stehen.“ Aus dieser Verpflichtung dürfe sie nicht entlassen werden. Ähnlich wie bei der AKW-Bewegung müsse auch in diesem lebenswichtigen Fall über massenhafte Diskussionen ein starker Druck auf Bonn erzeugt werden.
Zwei niederländische Sprecher, der General a.D. van Meyenfeldt und der Europaabgeordnete Wim Albers machten deutlich, dass die bundesdeutsche Friedensbewegung in ihrer Sorge nicht allein steht, sondern auch im europäischen Ausland wichtige Verbündete hat. Dass diese Sorge einen sehr realen Kern hat, belegte Albers mit dem Hinweis: die Bundesregierung habe bereits angeboten, die Raketen, die die Niederlande nicht stationieren wollen, zusätzlich in der Bundesrepublik aufzunehmen.
Den Gesamtzusammenhang des „Nachrüstungsbeschlusses“ als Teil der US-Strategie machte Professor Dr. Gerhard Kade deutlich. Die USA wollten zu ihren alten Weltherrschaftsplänen zurückkehren und auch in Zukunft die Rolle des Weltgendarmen spielen. Im Blick auf die Bundesregierung sagte Kade, sie könne „nicht auf Dauer ungestraft von Frieden reden und sich zugleich als Musterschüler der NATO aufführen.“
Zum Schluß der Podiumsrunde am Samstagabend warnte Professor Dr. Karl Bechert eindringlich vor der Gefahr eines Atomkrieges. „Der Nachrüstungsbeschluß ist das Todesurteil für uns.“ Professor Bechert war lange Jahre Mitglied des Bundestages und Vorsitzender des Atomausschusses. Der Beifall der 800 wollte nicht enden, als er zum Schluß ausrief: „Wehrt euch! Verweigert den Gehorsam! Habt keine Angst vor den Autoritäten, sondern richtet euch danach, was recht und richtig ist!“
Die fünf Diskussionsrunden am Sonntag nahmen die Anstöße aller Redner auf und vertieften sie in freimütigen und intensiven Diskussionen.
Was war nun das Besondere an diesem Forum? Ich meine – und ich habe es zwischen den Zeilen bereits angedeutet – dass nie zuvor in den letzten Jahren Menschen aus den unterschiedlichsten Richtungen und Weltanschauungen in einem Punkt so einig waren und das auch öffentlich zum Ausdruck brachten, wie hier. Vom Befürworter der Bundeswehr bis hin zum konsequenten Pazifisten waren sie alle da. Und sie waren alle der Meinung, dass die größte Bedrohung der Menschheit gegenwärtig in der Stationierung der neuen Atomraketen in Europa zu sehen sei. Sie alle einte die feste Entschlossenheit, dies zu verhindern.
Vielleicht ist es an dieser Stelle gut, die Christen und Kirchen in unserem Land zu erinnert an einen Appell, den der Rat der EKiD am 21. Mai 1954 an die Weltchristenheit richtete. Darin heißt es unter andrem:
„Die Entwicklung der Atomwaffen erfüllt die evangelischen Christen in Deutschland und in anderen Ländern… mit schwerere Sorge. Es werden jetzt Waffen hergestellt, die die Massenvernichtung menschlichen Lebens bezwecken und gegen deren Wirkung sich schließlich niemand mehr zu schützen vermag. Damit werden kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den Völkern zu einem Schauspiel unmenschlicher und grauenvoller Verwüstungen… In solcher Lage kann die Christenheit nicht stumm und untätig bleiben. Um der Verantwortung willen, die ihr von Gott auferlegt ist, muß sie alle, denen hier Macht und Einfluß gegeben ist, dazu aufrufen, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten… Wir bitten die Leitungen aller christlichen Kirchn… sich in dem Gebet zu Gott zu vereinigen, dass die jetzige Bedrohung alles menschlichen Lebens und aller menschlichen Zukunft gebannt und dass Friede werde, bevor es zu spät ist.“
Laßt uns unsere Schwestern und Brüder in den Gemeinden und Kirchenleitungen ermutigen, stärker als bisher für den Frieden und damit gegen die todbringenden Atomraketen in unserem Land anzutreten. Die Lage hat sich seit diesem Wort der EKiD vor 27 Jahren erheblich verschärft durch den „Nachrüstungsbeschluß“. Es ist höchste Zeit, dass wir Christen gemeinsam mit der weltweiten Friedensbewegung unseren Mund unüberhörbar auftun, damit endlich Friede werde, bevor es zu spät ist.
Hier - damit endlich Friede werde, bevor es zu spät ist - den "Neuen Krefelder Appells - Den Kriegstreibern in den Arm fallen!" online unterzeichnen: https://peaceappeal21.de
Online-Flyer Nr. 785 vom 26.01.2022