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Aktueller Online-Flyer vom 01. November 2024  

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Aktuelles
Eine Warnung
Warum die EU kein Staat werden darf
Von Volker Reusing

Volker Reusing warnt anlässlich der bevorstehenden Wahlen zum EU-(Schein-)Parlament vor Tendenzen, die EU zu einem Staat werden zu lassen. Er analysiert insbesondere den VERTRAG ÜBER DIE EUROPÄISCHE UNION (EUV) (1) - auch als Vertrag von Lissabon bekannt - und den VERTRAG ÜBER DIE ARBEITSWEISE DER EUROPÄISCHEN UNION (AEUV) (2). Diese Verträge ebnen den Weg zu Militarismus und Krieg sowie zum Ausverkauf der Mitgliedsstaaten. Er sieht diese Tendenzen auch in Äußerungen der früher beim European Council on Foreign Relations (ECFR) und später beim European Democracy Lab tätigen Prof. Dr. Ulrike Guerot - so in ihrem 2016 erschienenen Buch "Warum Europa eine Republik werden muss – eine politische Utopie", aber auch in aktuellen Äußerungen von ihr. Es folgt eine von Volker Reusing zusammengestellte Stoffsammlung zu diesem Themenkomplex.

EU-Recht mit Blankettnormen (Gummivorschriften) zum Krieg
  • Im EU-Vertrag sind „militärische Missionen“ für „Werte“ und „Interessen“ verankert (Art. 42 Abs. 5 EUV). Das bedeutet Krieg im Namen der Werte der EU (gem. Art. 2 EUV Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie). Aus Sicht des EU-Rechts ist damit die Möglichkeit geschaffen, in alle Staaten einzumarschieren, soweit die EU Interesse daran hat. (Diese Werte werden überall mehr oder weniger verletzt.)
  • Desweiteren ebnet der EU-Vertrag den Weg zu Kriegseinsätzen („militärische Missionen“) zur „Krisenbewältigung“ (Art. 43 Abs. 1 EUV) (zur Einmischung in gewaltsame Konflikte anderer Staaten, die noch nicht bis zum Krieg eskaliert sind)
  • Innerhalb des EU-Rechts gibt es kein eigenes Angriffskriegsverbot, welches die Anwendung dieser Blankettnormen für Angriffskriege verhindern würde.
Wer setzt dem Grenzen?
  • Angriffskriegsverbot (Art. 2 Abs. 4 Uno-Charta)
  • Menschenrechte der Uno ordnen sich der Uno-Charta unter (Art. 29 Nr. 3 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR)) (damit sie nicht gegen den Frieden missbraucht werden können)
  • Angriffskriegsverbot und Verbot der Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker (Art. 26 Grundgesetz (GG))
  • mit der unantastbaren Menschenwürde jedes einzelnen Deutschen verbundenes unantastbares Friedensgebot (Art. 1 Abs. 2 GG)
  • völkerstrafrechtliches Angriffskriegsverbot (Art. 8 bis Röm. Statut des IstGH)
  • Art. 53 Wiener Vertragsrechtskonvention (WVRK), wonach internationale Verträge vollständig nichtig sind, wenn sie mit „ius cogens“ (dazu gehören u. a. Uno-Charta, universelle Menschenrechte, Völkerstrafrecht, Haager und Genfer Konventionen) unvereinbare Vorschriften enthalten; vorrangig vor Nichtigkeitsfeststellung ist aber Vorgabe einer „ius cogens“ konform einschränkenden Auslegung
  • Bei Nichtigkeit des EUV durch Art. 53 WVRK wäre die EU aufgelöst, weil auf Art. 1 EUV ihre Existenz beruht.
Ausverkauf der Mitgliedsstaaten
  • Art. 14 AEUV verlangt die Vergabe der gesamten Daseinsvorsorge („Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“) der Mitgliedsstaaten an privat
  • Art. 2 von Protokoll 26 zu EUV und AEUV verlangt die Vergabe so gut wie aller hoheitlicher Institutionen („nichtwirtschaftliche Dienste von allgemeinem Interesse“) an privat
  • Kredite vom ESM an strenge Auflagen der Troika gebunden (Art. 3 ESM-Vertrag, Art. 136 Abs. 3 AEUV), wobei eine Strenge wie beim IWF gemeint ist (Ecofin-Resolution SN 2564/1/10 vom 09.05.2010)
  • Kreditauflagen von IWF und Weltbank sind Hauptgrund Nr. 2 für den Hunger in der Welt (Nr. 69 des Berichts von Prof. Dr. Jean Ziegler, damals UN-Sonderberichterstatter für das Menschenrecht auf Nahrung, vom 07.02.2001, Az. E/CN.4/2001/53); zu Zerstörung der Sozialsysteme und zahllose Tote durch deren Auflagen siehe z. B. „Globalization of Poverty and the New World Order“ (Prof. Dr. Michel Chossudovsky, Global Research) und „Adjustment with a Human Face“ (UNICEF)
  • Führung der Troika steht heute unter WEF-Einfluss: IWF-Chefin Kristalina Georgieva und EZB-Chefin Christine Lagarde sind im WEF-Stiftungsrat, EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen war es
Wer setzt dem Grenzen?
  • Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG)
  • grundrechtsgleiches Recht auf den Funktionsvorbehalt (Art. 33 Abs. 4 GG), d. h. grundsätzliches Verbot der Vergabe hoheitlicher Institutionen an privat
  • zahlreiche soziale universelle Menschenrechte der Uno vor allem im Uno-Sozialpakt, wie z. B. Nahrung (Art. 11), Gesundheit (Art. 12), Wohnung (Art. 11), Existenzminimum (Art. 11), soziale Sicherheit (Art. 9), Arbeit für Selbständige und für Arbeitnehmer (Art. 6), Bildung (Art. 13)
  • Art. 53 Wiener Vertragsrechtskonvention ( WVRK), wonach internationale Verträge vollständig nichtig sind, wenn sie mit „ius cogens“ (dazu gehören u. a. Uno-Charta, universelle Menschenrechte, Völkerstrafrecht, Haager und Genfer Konventionen) unvereinbare Vorschriften enthalten; vorrangig vor Nichtigkeitsfeststellung ist aber Vorgabe einer „ius cogens“ konform einschränkenden Auslegung
  • Bei Nichtigkeit des AEUV durch Art. 53 WVRK wäre die EU ziemlich handlungsunfähig.
Aber was ist nun vorrangig, und was würde bei Staatswerdung der EU geschehen?
  • Heute besteht eine Rangkonkurrenz zwischen EU-Recht, Grundgesetz und den wichtigsten Verträgen der Uno.
  • Wenn die EU zum Staat würde, dann stünde das EU-Recht unangefochten an erster Stelle, da sich die Uno-Charta den nationalen verfassungsmäßigen Ordnungen unterordnet. Geplant ist das incl. der Blankettvorschriften für Kriege und für Vergabe von Daseinsvorsorge und hoheitliche Institutionen an privat, vgl. den alten EU-Verfassungsentwurf
  • Die EU würde aus ihrer Sicht zu einem Staat, wenn sie eine Verfassung bekäme. Dabei sollen bei dem von Prof. Dr. Ulrike Guerot (früher beim ECFR, später beim European Democracy Lab) die bisherigen Mitgliedsstaaten aufgelöst werden, und deren Provinzen dann im Gegenzug für einen teilweisen Schuldenerlass Provinzen der aus der EU zu schaffenden Europäischen Republik werden („Warum Europa eine Republik werden muss – eine politische Utopie“, Prof. Dr. Ulrike Guerot, Piper Taschenbuch Verlag [2016]). Bestrebungen gegen die Staatlichkeit des Bundes (Art. 20 Abs. 1 GG) sind in Deutschland zu beobachten (§§3, 4 BVerfSchG).
Rangfolge aus Sicht der Uno
  1. nationale verfassungsmäßige Ordnung (wg. Souveränität, Art. 2 Abs. 1 Uno-Charta)
  2. Uno-Charta (Art. 103 Uno-Charta)
  3. universelle Menschenrechte sowie Genfer und Haager Konventionen des humanitären Kriegsvölkerrechts, Völkerstrafrecht (Art. 1 Nr. 2 Uno-Charta, Art. 28 und 29 Nr. 3 AEMR, IGH-Gutachten 08.07.1996 „ius cogens“)
  4. alles übrige Völkerrecht (Art. 27 WVRK)
  5. einfache Gesetze
Rangfolge aus Sicht des Grundgesetzes
  1. direkt oder indirekt von Ewigkeitsgarantie (Art. 79 (3) GG geschützter Teil des GG, d. h. Alle Inhalte von Art. 1 GG und Art. 20 GG sowie i. V. m. Art. 19 Abs. 2 GG die Wesensgehalte aller außerhalb von Art. 1 und Art. 20 stehenden Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte
  2. grundlegende Verträge der EU und Rest des GG (Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG)
  3. alles übrige Völkerrecht
  4. einfache Gesetze
Rangfolge aus Sicht des EU-Rechts heute
  1. EU-Primärrecht (EUV, AEUV, Protokolle + Erklärungen in den Anhängen dazu) (Art. 1 EUV, Art. 51 EUV, Erkl. 17)
  2. EU-Grundrechte (davon viele der sozialen unverbindlich und Recht auf Leben lückenhaft, Art. 52 EU-GR-Charta)
  3. EU-Sekundärrecht (Richtlinien, Verordnungen, Empfehlungen, Meinungen)
  4. nationale Verfassungen
  5. alles übrige Völkerrecht
  6. einfache Gesetze
Vorrang EG-Recht erstmals in EUGH-Urteil Costa/ENEL (Az. 6/64 ), damals ohne Rechtsgrundlage

Rangfolge nach Urteilen zu Lissabon-Vertrag und zu Vorratsdatenspeicherung
  1. Strukturprinzipien (Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Sozialstaatsgebot, Förderalismus) sowie Menschenwürde jeweils unantastbar; und mit unantastbarem Wesensgehalt übrige Grundrechte, grundrechtsgleiche Rechte, abgeleitete Grundrechte
  2. Staatsaufträge (Friedensgebot (Art. 1 (2) GG), europ. Integration (Art. 23 GG); früher: deutsche Wiedervereinigung)
  3. EU-Primärrecht (bis auf GASP)
  4. Rest des GG
  5. Uno-Charta
  6. universelle Menschenrechte, Genfer + Haager Konventionen
  7. EU-Sekundärrecht
  8. übriges Völkerrecht (incl. GASP) (Anm.: incl. IWF-Recht, NATO-Recht, WTO-Recht, intergouv. Verträge rund um die EU)
  9. Sekundärrecht zu übrigem Völkerrecht
  10. einfache Gesetze
Was das Lissabon-Urteil vom 30.06.2009 für den Frieden gebracht hat
  • erstmalige Anerkennung des Friedensgebots (Art. 1 Abs. 2 GG) als mit der europäischen Integration (Art. 23 GG) gleichrangigem Staatsauftrag (beide mit Rang unterhalb der Grundrechte und Strukturprinzipien, aber oberhalb des EU-Rechts) (Rn. 219+390)
  • GASP muss vom Rang normales Völkerrecht bleiben (Rn. 255+390), darf nicht auf den Rang des übrigen EU-Primärrechts gehoben werden
  • keine Kampfeinsätze in internationalen Bündnissen ohne gültige Bündnisfallklausel (Art. 24 Abs. 2 GG); EU-Bündnisfallklausel (Art. 42 Abs. 7 EUV) ohne Beschluss Europ. Rat + Ratifikation gem. Art. 42 Abs. 2 UAbs. 1 EUV nicht gültig (Rn. 254+390)
  • Parlamentsvorbehalt (Art. 115a GG) auch bei allen Auslandseinsätzen, bei denen mit Kampfhandlungen zu rechnen ist (Rn. 382), auch bei der GASP (Rn. 254+255+381+387+388 Lissabon-Urteil)

Fußnoten:

1 VERTRAG ÜBER DIE EUROPÄISCHE UNION (KONSOLIDIERTE FASSUNG)
Amtsblatt der Europäischen Union C 326/13, 26.10.2012
https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:2bf140bf-a3f8-4ab2-b506-fd71826e6da6.0020.02/DOC_1&format=PDF

2 VERTRAG ÜBER DIE ARBEITSWEISE DER EUROPÄISCHEN UNION (KONSOLIDIERTE FASSUNG)
Amtsblatt der Europäischen Union C 326/47, 26.10.2012
https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:12012E/TXT:de:PDF

Online-Flyer Nr. 826  vom 21.02.2024



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