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Sport
Erinnerungsfotos mit dem Taschentelefon beim Fußball.
Ford Scorpio nebst Strickpulli
Von Hermann
In der Regel ist die Umgebung zu laut für mich, um das Klingeln zu hören, und selbst wenn das einmal ausnahmsweise der Fall sein sollte, macht es mir der Krach um mich herum unmöglich, den Ausführungen des Gesprächspartners zu folgen. Dennoch pule ich immer häufiger mein Telefon hervor, und zwar um in den Genuss einer anderen Funktion als der primären zu kommen: ich fotografiere. Zu gerne mache ich mit meinem Taschentelefon Erinnerungsfotos beim Fußball.
Schlimme Digitalkamerazeiten: die unscharfen Heimfans in Altonas Adolf-Jäger-Kampfbahn. An ihren Vereinsfarben trifft sie keine Schuld.
Foto: Herrmann
Natürlich ist das Ergebnis häufig von minderer Qualität, aber ich habe schon vor geraumer Zeit aufgehört, einen Fotoapparat am Mann zu führen, und zwar aus dem Grunde, dass ich, nachdem ich bereits lange brauchte, mich an die seltsame Haltung zu gewöhnen, zu der man durch die digitale Fotografie gezwungen wird - wir sind ja damit groß geworden, dass man durch den Sucher durchguckt, um zu erkennen, was abgelichtet werden soll, heute wird mit beinahe ausgestreckten Armen fotografiert, einer Körperhaltung, die allerdings schnell an Kuriosität verlor - feststellen musste, dass meine Bilder in der Regel beschissen aussehen. Häufig zu dunkel, manchmal unscharf und meistens verwackelt. Das kann mir allerdings nicht die Laune verhageln, ich habe das einfach als gottgegebene Tatsache akzeptiert. Dabei ist meine Familie reich gesegnet an hervorragenden Fotografen: mein Onkel gibt Fotokurse, mein Vater macht sehr gefällige Aufnahmen und meine Schwester ist gar eine Koryphäe auf dem Gebiet. Ich nicht. Dafür fahre ich besser Auto als mein Vater und kann mehr Bier trinken als meine Schwester. Jeder sollte seine Talente frühzeitig erkennen und beginnen, das Beste daraus zu machen.
Verwackelt, düster, unscharf, alles in einem Bild. FC-Ultras bewirken Spielunterbrechung in der Regionalligapartie gegen Düsseldorf.
Foto: Herrmann
Aus diesen Erfahrungen heraus beschloss ich, dass die Fotofunktion meines Telefons den Ansprüchen meines fotografischen Niveaus vollständig genügt, da die Ergebnisse in der Regel das Papier der Abzüge nicht wert wären. Und scheinbar kamen viele zu einer ähnlichen Erkenntnis, denn das Mobiltelefon ist um mich herum ein gefragter Gehilfe zum Festhalten erlebter Eindrücke. Als ich letzte Saison den Borussia-Park verließ, entbrannte am Ausgang des Gästeblocks eine gepflegte Keilerei, und sofort eilten beherzte junge Männer aus allen Richtungen zum Ort des Geschehens. Aber nicht um aktiv einzugreifen, wie das noch vor wenigen Jahren der Fall gewesen wäre, sondern um die Auseinandersetzung und den logischerweise darauf folgenden Polizeieinsatz unter zu Zuhilfenahme ihrer Telefone auf Video festzuhalten.
Mal ein gelungenes Bild. Grund: Bei der Aufnahme halte ich den Apparat nicht in meinen Händen. Fazit: Die Kamera leistet ohne mich bessere Arbeit.
Foto: Herrmann
Das Filmen mit dem Handy wird mein Herz wohl nie erobern und die Vorstellung, dass überall Jugendliche lauern und nur darauf warten, dass ich mich mit betrunkenem Kopf peinlich aufführe, um davon ein Video aufzunehmen, um dieses dann Tags darauf auf dem Hof ihrer Realschule weiterzugeben, macht mich schon etwas bange. Bald müssen wir uns neben dem Überwachungsstaat auch noch vor dem Überwachungsbürger vorsehen.
Eigentlich ist es nur sehr schwer möglich, sich in einer größeren Gruppe von Fußballfans lächerlich zu machen, denn die Grenzen von Anstand, Geschmack und Scham verlaufen im Stadion schon sehr anders als in der Parallelgesellschaft, die neben dem Verein existiert. Andererseits muss man großes Mitleid haben mit dem vollgekotzten Schalke-Fan, dessen Foto im Internet große Kreise zog (falls jemand nicht weiß, was gemeint ist, es genügt inzwischen bei der google-Bildersuche "Schalke" einzugeben, um auf besagtes Bild zu stoßen, aus ästhetischen Gründen wird an dieser Stelle kein Direktlink angeboten). Vielleicht ist dieser Mann ja im realen Leben Cellolehrer, Butler oder Restaurantkritiker. Einmal nicht aufgepasst, ein paar Sauerländer Pils zuviel, in misslicher Lage fotografiert werden und schon ist es Essig mit der Karriere, obwohl Ähnliches wahrscheinlich schon jedem passiert ist, der sich eingehend mit Alkohol beschäftigt, wenn auch als weniger plakatives Arrangement.
Handyfoto des Stadions am Rande des Universums. Nach gefühlten zwei Stunden im Shuttle-Bus ist der Borussia-Park erreicht.
Foto: Herrmann
Ich musste dieser Tage an einen alten Bekannten aus der Schulzeit denken, nennen wir ihn Jupp (Name dem Autor bekannt), der mir nicht nur durch seine unbändige Liebe zu gleich drei Kölner Vereinen (FC, Fortuna und KEC) sondern vor allem durch die Tatsache in Erinnerung blieb, dass er sich einst, als er scheinbar der sterilen Autogrammkarten seiner Stars überdrüssig wurde, mit einer Polariodkamera vor dem Geißbockheim Stellung bezog und das Fotografieren der Spieler dann auf dem Parkplatz selber erledigte. Auf das so entstandene Sofortbild ließ er sich dann ein Autogramm geben und trug auf diese Weise eine Sammlung von Fotos zusammen, die eigentlich alle dasselbe Motiv zeigen: einen stark gefönten jungen Mann, der eine Sporttasche in seinen Kofferraum lädt und dabei einen recht unansehnlichen Pullover trägt. Hier muss angemerkt werden, dass sich das Beschriebene Ende der achtziger Jahre zutrug, zu dieser Zeit wälzten Fußballprofis noch keine Modejournale, sondern wurden artig von ihren Spielerfrauen eingekleidet. Oder eher von deren Müttern, denn das immergleiche Pullovermodel auf Jupps Bildern könnte den Namen "Schwiegermutters Liebling" tragen.
5 Liter Kölsch reichen genau vom Ehrenfelder Bahnhof bis zur Bahnhaltestelle an der Arena auf Schalke, handvermessen von diesem jungen Mann. Aus Karrieregründen wurden die Gesichter der Beteiligten unkenntlich gemacht.
Foto: Herrmann
Letztes Jahr traf ich Jupp vor dem Spiel der FC Amateure gegen Fortuna Düsseldorf. Da wir uns lange nicht mehr gesehen haben, vergaß ich mich nach dem Verbleib der Parkplatz-Polaroids zu erkundigen. Vielleicht gibt es für solche Bilder eine Sammlerszene. Es wäre interessant zu erfahren, ob in dieser Szene der Wert eines Bildes dann nach dem gezeigten Menschen, oder dem abgelichteten Kofferraum bemessen wird. Falls Jupp eins seiner Bilder unter der Artikelbezeichnung "Handsigniertes Polaroid von Bodo Illgner" veräußert, könnte es in bestimmten Sammlerkreisen vielleicht als "Polaroid eines Kofferraums eines Ford Scorpio, davor ein Typ mit unsäglichem Strickpullover" einen weitaus höheren Ertrag erzielen.
Eine themenbezogene Sammlung von Fußballerfotografien könnte ein schönes Hobby sein. Wie wäre es mit Kickern in Alltagskleidung mit bandagierten Berufsverletzungen? Per Mertesacker und Phlipp Lahm hätten bei der WM einen attraktiven Einstieg in die Sammelleidenschaft ermöglicht. Ein weiteres häufiges Motiv wäre der Fußballspieler mit Kulturbeutel unter dem Arm. Bekannt geworden ist das Beautycase des Sportlers vor allen Dingen in der Achselhöhle Oliver Kahns, in der Boulevardpresse seinerzeit als "Fremdgehtäschchen" abgetan, doch wer wie ich ein begeisterter `Sport im Westen´-Gucker ist, weiß, das der Kulturbeutel unter vielen Armen eine Heimstatt gefunden hat. Denn Kamerateams des WDR lungern scheinbar häufiger an trainingsfreien Tagen auf den Parkplätzen von Geschäftsstellen und Vereinsheimen rum, streiten sich mit Jupp vermutlich um die besten Plätze und warten auf das Erscheinen eines besonderen Spielers, der aus besonderem Anlass an seinem freien Tag bei der Vereinsführung vorsprechen muss, um dann anschließend kommentarlos an den WDR-Leuten vorbeizugehen und in seinen schicken Sportwagen steigt. Natürlich nicht ohne vorher seinen Kulturbeutel auf den Beifahrersitz zu pfeffern.
Die legendäre Südkurve des legendären Müngersdorfer Stadions des legendären 1.FC Köln, auf Taschentelefon aufgenommen beim legendären Blitzturnier Anfang August. Und ganz nebenbei das Hintergrundbild meines Handys.
Foto: Herrmann
Da sehe ich Handlungsbedarf für die Spielergewerkschaft. Sind die Herren Kicker inzwischen derart verarmt, dass sie sich für ihren Arbeitsplatz keinen zweiten Satz Hygieneartikel leisten können? Oder haben sie im Wellnessbereich keine Möglichkeiten, ihre teuren Duftwässerchen wegzuschließen und die Kollegen Sportskameraden klauen wie die Raben? Ich möchte mich jedenfalls nicht abends im Fernseher mit Pflegeartikeln unter dem Arm selbst anschauen müssen. Womöglich noch mit einem von der Schwiegermutter geschenkten Kulturbeutel. Ich bin da aber auch sehr empfindlich. Ich möchte auch kein Foto von mir mit vollgekotztem Schalke-Trikot im Internet wissen. Mit einem FC-Trikot wäre das natürlich etwas anderes...
Online-Flyer Nr. 60 vom 05.09.2006
Erinnerungsfotos mit dem Taschentelefon beim Fußball.
Ford Scorpio nebst Strickpulli
Von Hermann
In der Regel ist die Umgebung zu laut für mich, um das Klingeln zu hören, und selbst wenn das einmal ausnahmsweise der Fall sein sollte, macht es mir der Krach um mich herum unmöglich, den Ausführungen des Gesprächspartners zu folgen. Dennoch pule ich immer häufiger mein Telefon hervor, und zwar um in den Genuss einer anderen Funktion als der primären zu kommen: ich fotografiere. Zu gerne mache ich mit meinem Taschentelefon Erinnerungsfotos beim Fußball.
Schlimme Digitalkamerazeiten: die unscharfen Heimfans in Altonas Adolf-Jäger-Kampfbahn. An ihren Vereinsfarben trifft sie keine Schuld.
Foto: Herrmann
Natürlich ist das Ergebnis häufig von minderer Qualität, aber ich habe schon vor geraumer Zeit aufgehört, einen Fotoapparat am Mann zu führen, und zwar aus dem Grunde, dass ich, nachdem ich bereits lange brauchte, mich an die seltsame Haltung zu gewöhnen, zu der man durch die digitale Fotografie gezwungen wird - wir sind ja damit groß geworden, dass man durch den Sucher durchguckt, um zu erkennen, was abgelichtet werden soll, heute wird mit beinahe ausgestreckten Armen fotografiert, einer Körperhaltung, die allerdings schnell an Kuriosität verlor - feststellen musste, dass meine Bilder in der Regel beschissen aussehen. Häufig zu dunkel, manchmal unscharf und meistens verwackelt. Das kann mir allerdings nicht die Laune verhageln, ich habe das einfach als gottgegebene Tatsache akzeptiert. Dabei ist meine Familie reich gesegnet an hervorragenden Fotografen: mein Onkel gibt Fotokurse, mein Vater macht sehr gefällige Aufnahmen und meine Schwester ist gar eine Koryphäe auf dem Gebiet. Ich nicht. Dafür fahre ich besser Auto als mein Vater und kann mehr Bier trinken als meine Schwester. Jeder sollte seine Talente frühzeitig erkennen und beginnen, das Beste daraus zu machen.
Verwackelt, düster, unscharf, alles in einem Bild. FC-Ultras bewirken Spielunterbrechung in der Regionalligapartie gegen Düsseldorf.
Foto: Herrmann
Aus diesen Erfahrungen heraus beschloss ich, dass die Fotofunktion meines Telefons den Ansprüchen meines fotografischen Niveaus vollständig genügt, da die Ergebnisse in der Regel das Papier der Abzüge nicht wert wären. Und scheinbar kamen viele zu einer ähnlichen Erkenntnis, denn das Mobiltelefon ist um mich herum ein gefragter Gehilfe zum Festhalten erlebter Eindrücke. Als ich letzte Saison den Borussia-Park verließ, entbrannte am Ausgang des Gästeblocks eine gepflegte Keilerei, und sofort eilten beherzte junge Männer aus allen Richtungen zum Ort des Geschehens. Aber nicht um aktiv einzugreifen, wie das noch vor wenigen Jahren der Fall gewesen wäre, sondern um die Auseinandersetzung und den logischerweise darauf folgenden Polizeieinsatz unter zu Zuhilfenahme ihrer Telefone auf Video festzuhalten.
Mal ein gelungenes Bild. Grund: Bei der Aufnahme halte ich den Apparat nicht in meinen Händen. Fazit: Die Kamera leistet ohne mich bessere Arbeit.
Foto: Herrmann
Das Filmen mit dem Handy wird mein Herz wohl nie erobern und die Vorstellung, dass überall Jugendliche lauern und nur darauf warten, dass ich mich mit betrunkenem Kopf peinlich aufführe, um davon ein Video aufzunehmen, um dieses dann Tags darauf auf dem Hof ihrer Realschule weiterzugeben, macht mich schon etwas bange. Bald müssen wir uns neben dem Überwachungsstaat auch noch vor dem Überwachungsbürger vorsehen.
Eigentlich ist es nur sehr schwer möglich, sich in einer größeren Gruppe von Fußballfans lächerlich zu machen, denn die Grenzen von Anstand, Geschmack und Scham verlaufen im Stadion schon sehr anders als in der Parallelgesellschaft, die neben dem Verein existiert. Andererseits muss man großes Mitleid haben mit dem vollgekotzten Schalke-Fan, dessen Foto im Internet große Kreise zog (falls jemand nicht weiß, was gemeint ist, es genügt inzwischen bei der google-Bildersuche "Schalke" einzugeben, um auf besagtes Bild zu stoßen, aus ästhetischen Gründen wird an dieser Stelle kein Direktlink angeboten). Vielleicht ist dieser Mann ja im realen Leben Cellolehrer, Butler oder Restaurantkritiker. Einmal nicht aufgepasst, ein paar Sauerländer Pils zuviel, in misslicher Lage fotografiert werden und schon ist es Essig mit der Karriere, obwohl Ähnliches wahrscheinlich schon jedem passiert ist, der sich eingehend mit Alkohol beschäftigt, wenn auch als weniger plakatives Arrangement.
Handyfoto des Stadions am Rande des Universums. Nach gefühlten zwei Stunden im Shuttle-Bus ist der Borussia-Park erreicht.
Foto: Herrmann
Ich musste dieser Tage an einen alten Bekannten aus der Schulzeit denken, nennen wir ihn Jupp (Name dem Autor bekannt), der mir nicht nur durch seine unbändige Liebe zu gleich drei Kölner Vereinen (FC, Fortuna und KEC) sondern vor allem durch die Tatsache in Erinnerung blieb, dass er sich einst, als er scheinbar der sterilen Autogrammkarten seiner Stars überdrüssig wurde, mit einer Polariodkamera vor dem Geißbockheim Stellung bezog und das Fotografieren der Spieler dann auf dem Parkplatz selber erledigte. Auf das so entstandene Sofortbild ließ er sich dann ein Autogramm geben und trug auf diese Weise eine Sammlung von Fotos zusammen, die eigentlich alle dasselbe Motiv zeigen: einen stark gefönten jungen Mann, der eine Sporttasche in seinen Kofferraum lädt und dabei einen recht unansehnlichen Pullover trägt. Hier muss angemerkt werden, dass sich das Beschriebene Ende der achtziger Jahre zutrug, zu dieser Zeit wälzten Fußballprofis noch keine Modejournale, sondern wurden artig von ihren Spielerfrauen eingekleidet. Oder eher von deren Müttern, denn das immergleiche Pullovermodel auf Jupps Bildern könnte den Namen "Schwiegermutters Liebling" tragen.
5 Liter Kölsch reichen genau vom Ehrenfelder Bahnhof bis zur Bahnhaltestelle an der Arena auf Schalke, handvermessen von diesem jungen Mann. Aus Karrieregründen wurden die Gesichter der Beteiligten unkenntlich gemacht.
Foto: Herrmann
Letztes Jahr traf ich Jupp vor dem Spiel der FC Amateure gegen Fortuna Düsseldorf. Da wir uns lange nicht mehr gesehen haben, vergaß ich mich nach dem Verbleib der Parkplatz-Polaroids zu erkundigen. Vielleicht gibt es für solche Bilder eine Sammlerszene. Es wäre interessant zu erfahren, ob in dieser Szene der Wert eines Bildes dann nach dem gezeigten Menschen, oder dem abgelichteten Kofferraum bemessen wird. Falls Jupp eins seiner Bilder unter der Artikelbezeichnung "Handsigniertes Polaroid von Bodo Illgner" veräußert, könnte es in bestimmten Sammlerkreisen vielleicht als "Polaroid eines Kofferraums eines Ford Scorpio, davor ein Typ mit unsäglichem Strickpullover" einen weitaus höheren Ertrag erzielen.
Eine themenbezogene Sammlung von Fußballerfotografien könnte ein schönes Hobby sein. Wie wäre es mit Kickern in Alltagskleidung mit bandagierten Berufsverletzungen? Per Mertesacker und Phlipp Lahm hätten bei der WM einen attraktiven Einstieg in die Sammelleidenschaft ermöglicht. Ein weiteres häufiges Motiv wäre der Fußballspieler mit Kulturbeutel unter dem Arm. Bekannt geworden ist das Beautycase des Sportlers vor allen Dingen in der Achselhöhle Oliver Kahns, in der Boulevardpresse seinerzeit als "Fremdgehtäschchen" abgetan, doch wer wie ich ein begeisterter `Sport im Westen´-Gucker ist, weiß, das der Kulturbeutel unter vielen Armen eine Heimstatt gefunden hat. Denn Kamerateams des WDR lungern scheinbar häufiger an trainingsfreien Tagen auf den Parkplätzen von Geschäftsstellen und Vereinsheimen rum, streiten sich mit Jupp vermutlich um die besten Plätze und warten auf das Erscheinen eines besonderen Spielers, der aus besonderem Anlass an seinem freien Tag bei der Vereinsführung vorsprechen muss, um dann anschließend kommentarlos an den WDR-Leuten vorbeizugehen und in seinen schicken Sportwagen steigt. Natürlich nicht ohne vorher seinen Kulturbeutel auf den Beifahrersitz zu pfeffern.
Die legendäre Südkurve des legendären Müngersdorfer Stadions des legendären 1.FC Köln, auf Taschentelefon aufgenommen beim legendären Blitzturnier Anfang August. Und ganz nebenbei das Hintergrundbild meines Handys.
Foto: Herrmann
Da sehe ich Handlungsbedarf für die Spielergewerkschaft. Sind die Herren Kicker inzwischen derart verarmt, dass sie sich für ihren Arbeitsplatz keinen zweiten Satz Hygieneartikel leisten können? Oder haben sie im Wellnessbereich keine Möglichkeiten, ihre teuren Duftwässerchen wegzuschließen und die Kollegen Sportskameraden klauen wie die Raben? Ich möchte mich jedenfalls nicht abends im Fernseher mit Pflegeartikeln unter dem Arm selbst anschauen müssen. Womöglich noch mit einem von der Schwiegermutter geschenkten Kulturbeutel. Ich bin da aber auch sehr empfindlich. Ich möchte auch kein Foto von mir mit vollgekotztem Schalke-Trikot im Internet wissen. Mit einem FC-Trikot wäre das natürlich etwas anderes...
Online-Flyer Nr. 60 vom 05.09.2006