SUCHE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Lokales
Interview mit Axel Köhler von der
Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)
Die CGB wurde 1983 gegründet. Ab wann und warum hast Du Dich daran beteiligt?
Ich gehöre zu den Gründungsmitgliedern. Nicht nur der Coordination gegen BAYER-Gefahren, sondern auch der Vorläufer-Initiative in Wuppertal, die sich 1978 gründete, weil ich als Anwohner in Wuppertal bei zwei großen Beinahe-Katastrophen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Meine Arbeit in der "Wuppertaler Bürgerinitiative gegen BAYER-Umweltgefährdung" allerdings machte mir sehr rasch klar, dass die Probleme, die wir mit BAYER hatten - Unfallgefahr, gefährliche Produktion, Wasser-/Luftverschmutzung etc. - nicht auf Wuppertal beschränkt sind.
Als es 1979 zu einer Katastrophe in Dormagen kam, haben wir begonnen, uns überregional zu vernetzen. Es entstand innerhalb der Wuppertaler Bürgerinitiative ein Arbeitskreis, der sich mit "Koordination" auswärtiger Initiativen an BAYER-Standorten beschäftigte. Zunächst allerdings nur in Deutschland.
Als dann Greenpeace 1980 in den Niederlanden Tanker blockierte, die BAYER-Gifte in die Nordsee kippen sollten, haben wir begonnen, uns international zu vernetzen. Unser Blick weitete sich, und wir lernten, dass BAYER in allen Ländern der Erde mit Werken und Tochtergesellschaften vertreten ist. Und dass es überall auf der Welt Probleme mit dem Konzern gibt und Widerstand gegen seine Praktiken. Im Jahr 1983 wurde die Arbeitsgruppe als eigenständige "Coordination gegen BAYER-Gefahren" - kurz CBG - aus der Wuppertaler Bürgerinitiative herausgelöst.
Welches waren Eure wichtigsten Erfolge?
Mir persönlich wichtig ist, dass wir weltweit den Menschen ein überzeugendes Beispiel geben, dass Widerstand und Gegenwehr gegen multinationale Konzerne nicht nur notwendig und möglich ist, sondern auch erfolgreich sein kann. Die Menschen sind oft resigniert und meinen: "Gegen die kann man sowieso nichts machen". Wir sind der lebendige Gegenbeweis. Wir machen den Menschen Mut, geben ihnen Hoffnung, vermitteln ihnen Knowhow. Unsere Internetseite in sieben Sprachen wird pro Woche mindestens 20.000-mal angesteuert. Unser Magazin "Stichwort BAYER" (SWB) erscheint viermal jährlich mit einer Abo-Auflage von mittlerweile fast 6.000 Exemplaren. Unser englischer Newsletter "Keycode BAYER" wird in aller Welt gelesen. Unsere SWB-Extra erscheinen mit Auflagen von 20- bis 50tausend Exemplaren. Wir kooperieren mit PartnerInnen in 56 Ländern. Wer sich im Internet über BAYER informiert, stösst zwangsläufig auch auf unsere Informationen. Selbst die internationalen Rating-Agenturen nutzen unsere Informationen.
Doch diese nationale und internationale Vernetzung innerhalb und außerhalb der BAYER-Werke ist nicht alles. Wir erzielen auch in der direkten Auseinandersetzung mit dem Konzern immer wieder Erfolge: Seit 15 Jahren kann der Konzern keine Aktionärsversammlung mehr nach eigenen Vorstellungen durchführen. Auf manchen Hauptversammlungen stellen Vertreter und internationale Gäste der CBG die Mehrheit der RednerInnen. Es reisten immer mehr KleinaktionärInnen an, um unsere Kritik live zu erleben. Als die Zahl der AktionärInnen auf mehr als 25.000 gestiegen war, zog der Konzern die Notbremse. Es gab keine "Präsente" mehr (Konsumenten-Produkte aus dem BAYER-Programm, Sonnencreme, Filme etc.). Die Zahl der Eintrittskarten pro Aktionär wurde dramatisch beschränkt. Essen und Trinken wurde auf trocken Brot und Mineralwasser heruntergesetzt (Üblicherweise gibt es auf Hauptversammlungen hochwertige Kost bis hin zu ganzen Menüs). Und trotzdem ist auch heute noch die BAYER-HV mit bis zu 9.000 TeilnehmerInnen eine der größten Konzern-HVs der Welt. Was den Konzern aber noch mehr schmerzt: Die Abstimmungen sind zwar geheim, aber rein rechnerisch stimmen die Mehrheit aller KleinaktionärInnen bei BAYER in den Abstimmungen regelmäßig mit uns, den KritikerInnen.
Nun mag mensch sagen, Aktionärsabstimmungen - zumal die Mehrheiten dank der Großaktionäre doch noch gesichert beim Konzern liegen - sind nicht so wichtig. Wir haben auch andere Erfolge. Nach mehrjährigen Auseinandersetzungen konnten wir beispielsweise in Taiwan den Bau einer hochgiftigen Chemieanlage von BAYER verhindern. Für den Konzern war dies eine 2,3 Mrd. Dollar schwere Schlüsselinvestition auf dem Sprung nach China, die wir gekippt haben - übrigens nicht ohne den Konzern in einer live-Diskussion im taiwanesischen Fernsehen vorgeführt zu haben. Das tat weh.
Oder: In Australien haben wir 1987 eine landesweite Volksabstimmung gewonnen. Der Bau eines BAYER-Pestizid-Werkes war bereits amtlich genehmigt. Der Widerstand wuchs. Die Regierung wollte gegenüber dem Multi das Gesicht nicht verlieren und kam auf die weltweit wohl einmalige Idee, eine Volksabstimmung entscheiden zu lassen. Die ging für BAYER in die Hose.
Übrigens haben wir auch einen herausragenden Sieg für die Pressefreiheit errungen. BAYER hat 1987 gegen uns geklagt, um uns die folgenden Sätze verbieten zu lassen: "In seiner grenzenlosen Sucht nach Gewinn und Profit verletzt BAYER demokratische Prinzipien und die Menschenrechte. Willfährige Politiker werden unterstützt und gefördert, missliebige Kritiker verfolgt und unter Druck gesetzt." Der Konzern gewann durch die Instanzen. Das Urteil bedeutete nicht nur für uns und unsere Arbeit das "Aus", sondern war auch für die Pressefreiheit in unserem Land eine Katastrophe. Jede freie Berichterstattung wäre nach dem Muster dieses Urteils unmöglich. Das war allen klar, denn unsere Verfahren wurden von den JuristInnen aller großen Sender und Verlage verfolgt und ausgewertet. Das führte aber leider nicht dazu, dass uns diese finanzstarken Verlage und Anstalten unterstützt hätten. Wir gingen zum Bundesverfassungsgericht. Und dort gewannen wir. Entsprechend wird heute das BVG-Urteil an den journalistischen Hochschulen als "Meilenstein der Verteidigung der Pressefreiheit" gelehrt. Uns hat das alles allerdings mehr als 100 Tsd. Euro gekostet, wir haben heute noch an den Schulden aus diesem Verfahren zu tragen.
Welche Folgen hatte Dein Engagement für Dich persönlich und für Deine Familie?
Ich war Anwohner in Wuppertal und wusste von BAYER nicht mehr als jeder Normalbürger. Erst als 1978 das Werk explodierte, wurde ich wach. Und zwar auch nicht sofort, sondern erst beim zweiten Mal 14 Tage später. Zusammen mit einer Freundin und einem Freund habe ich dann zu einer Bürgerversammlung eingeladen. Und das hat - das muss ich gestehen - mein Leben sehr verändert. Ich habe meine Horizonte in jeder Hinsicht erweitert; habe ökologisches Verständnis entwickelt; habe die Erkenntnis gewonnen, dass Geld nicht alles ist im Leben; habe gelernt, mich mit Konzernen anzulegen und auseinanderzusetzen; habe eingesehen, dass und wie die Konzerne die Welt und das Leben jedes und jeder Einzelnen steuern; musste erkennen, dass und wie die Konzerne hinter (fast) jeder Schweinerei auf unserem Planeten stecken; habe gelernt, dass die Konzerne nur gestürzt werden können, wenn das Profitsystem insgesamt gestürzt wird; vor allem wurde mir klar, welche herausragende Rolle der BAYER-Konzern im Verbund mit der chemischen Industrie Deutschlands und Europas dabei spielt. Und: Ich habe die tolle Frau bei dieser Arbeit kennen und schätzen gelernt, mit der ich heute noch zusammen bin und gemeinsame Kinder habe . Sie war - ebenso wie ich - eines der drei Gründungsmitglieder der Wuppertaler Bürgerinitiative.
Axel Köhler-Schnura - © cbgnetwork.org
Einen sehr wichtigen Schub für meine konzernkritische Arbeit haben übrigens diese vier Kinder , von denen eines ist leider früh gestorben ist, gegeben. Auch ich bin nur ein Mensch und habe mich manchmal gefragt, ob ich nicht aufhören soll mit all der mühevollen Arbeit in meiner Freizeit, neben Beruf und Familie? Es waren meine Kinder, die mich neu motivierten. Und zwar, als ich beispielsweise den Hautauschlag einer Tochter beim Arzt untersuchen ließ und dieser mir erklärte, dies käme von der Luftverschmutzung, da ließe sich nichts dran ändern. Da wurde mir meine konzernkritische Arbeit zur Verpflichtung meinen Kindern gegenüber. Ich möchte mir von ihnen und ihren Kindern später nicht vorhalten lassen, ich hätte nichts getan. Sollten meine Enkel mich fragen, dann möchte ich ohne jede Verlegenheit erzählen können, wie ich mich gewehrt habe. Ich habe als Angehöriger der Nachkriegsgeneration zu oft erleben müssen, wie enttäuschend die Ausflüchte und Entschuldigungen meiner Elterngeneration auf die Fragen ihrer Kinder nach ihrem Verhalten gegen die Nazis, die KZs und den Weltkrieg waren.
Welche Aufgaben, Probleme seht Ihr aktuell vor Euch?
Unser Hauptproblem ist die Finanzierung unserer Arbeit. Bereits zur Gründung im Jahr 1983 wurde uns vom Polizeipräsidenten Wuppertal schriftlich bestätigt, dass wir mit keinerlei Unterstützung zu rechnen hätten, wie sie andere Organisationen ganz selbstverständlich mittels öffentlicher Zuschüsse etc. erfahren. Entsprechend werden wir weder vom Staat noch von den Kirchen noch von sonst wem finanziell unterstützt. Obwohl übrigens alle - Kirchen, Gewerkschaften etc. - gern und umfangreich auf unsere Informationen und Kampfergebnisse zurückgreifen.
Wir erhalten nicht nur keine Förderung, wir werden auch als "radikal", "undemokratisch", "kommunistisch gesteuert" etc. diffamiert. Wir werden von Werkschutz und Verfassungsschutz beobachtet. Begründet wird dies alles damit, dass "wir einen Teilnehmer der freien Marktwirtschaft behindern" würden. Wie verwerflich!
Entsprechend müssen wir unsere gesamte Arbeit aus Beiträgen und Spenden finanzieren. Das macht uns zwar unabhängig, ist aber doch sehr schwierig. Immerhin werden in Deutschland nur ca. zwei Prozent aller Spenden für politische Zwecke gespendet. Und auch von diesem verschwindend geringen Betrag fließt wiederum nur ein kleiner Teil zu uns. Wir finden es Tag für Tag verwunderlich, dass wir unsere weltweite Arbeit mit derart geringen finanziellen Mitteln auf fast vollständig ehrenamtlicher Basis erfolgreich leisten.
Zum Januar dieses Jahres kamen gleich zwei Finanzkatastrophen hinzu: Der Tsunami hat wie ein gigantischer Staubsauger alle Gelder abgesaugt, und HARTZ IV und Massenarbeitslosigkeit sorgen ebenfalls für das Versiegen des Spendenflusses. Im Ergebnis sind unsere Spenden in diesem Jahr auf fast Null-Niveau abgesunken, immer mehr Mitglieder müssen wegen Geldmangel ihre Beitragszahlungen einstellen.
Uns droht wegen mangelnder Spenden und Beitragseinnahmen , was BAYER und die anderen Konzerne trotz vieler Anstrengungen nicht geschafft haben: Wir stehen vor dem Zusammenbruch, wenn der Geldfluss nicht wieder mit regelmäßigen Spenden und mehr Mitgliedsbeiträgen in Fluss kommt. Wir bitten dringend darum, Fördermitglied zu werden und/oder zu spenden:
eMail CBGnetwork@aol.com
Internet www.cbgnetwork.org/
GLS-Bank 8016 533 000
BLZ 430 609 67
International Bank Account Number/IBAN
DE88 4306 0967 8016 5330 00
International Bank Code/BIC
GENODEM1GLS
Online-Flyer Nr. 04 vom 25.08.2005
Interview mit Axel Köhler von der
Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)
Die CGB wurde 1983 gegründet. Ab wann und warum hast Du Dich daran beteiligt?
Ich gehöre zu den Gründungsmitgliedern. Nicht nur der Coordination gegen BAYER-Gefahren, sondern auch der Vorläufer-Initiative in Wuppertal, die sich 1978 gründete, weil ich als Anwohner in Wuppertal bei zwei großen Beinahe-Katastrophen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Meine Arbeit in der "Wuppertaler Bürgerinitiative gegen BAYER-Umweltgefährdung" allerdings machte mir sehr rasch klar, dass die Probleme, die wir mit BAYER hatten - Unfallgefahr, gefährliche Produktion, Wasser-/Luftverschmutzung etc. - nicht auf Wuppertal beschränkt sind.
Als es 1979 zu einer Katastrophe in Dormagen kam, haben wir begonnen, uns überregional zu vernetzen. Es entstand innerhalb der Wuppertaler Bürgerinitiative ein Arbeitskreis, der sich mit "Koordination" auswärtiger Initiativen an BAYER-Standorten beschäftigte. Zunächst allerdings nur in Deutschland.
Als dann Greenpeace 1980 in den Niederlanden Tanker blockierte, die BAYER-Gifte in die Nordsee kippen sollten, haben wir begonnen, uns international zu vernetzen. Unser Blick weitete sich, und wir lernten, dass BAYER in allen Ländern der Erde mit Werken und Tochtergesellschaften vertreten ist. Und dass es überall auf der Welt Probleme mit dem Konzern gibt und Widerstand gegen seine Praktiken. Im Jahr 1983 wurde die Arbeitsgruppe als eigenständige "Coordination gegen BAYER-Gefahren" - kurz CBG - aus der Wuppertaler Bürgerinitiative herausgelöst.
Welches waren Eure wichtigsten Erfolge?
Mir persönlich wichtig ist, dass wir weltweit den Menschen ein überzeugendes Beispiel geben, dass Widerstand und Gegenwehr gegen multinationale Konzerne nicht nur notwendig und möglich ist, sondern auch erfolgreich sein kann. Die Menschen sind oft resigniert und meinen: "Gegen die kann man sowieso nichts machen". Wir sind der lebendige Gegenbeweis. Wir machen den Menschen Mut, geben ihnen Hoffnung, vermitteln ihnen Knowhow. Unsere Internetseite in sieben Sprachen wird pro Woche mindestens 20.000-mal angesteuert. Unser Magazin "Stichwort BAYER" (SWB) erscheint viermal jährlich mit einer Abo-Auflage von mittlerweile fast 6.000 Exemplaren. Unser englischer Newsletter "Keycode BAYER" wird in aller Welt gelesen. Unsere SWB-Extra erscheinen mit Auflagen von 20- bis 50tausend Exemplaren. Wir kooperieren mit PartnerInnen in 56 Ländern. Wer sich im Internet über BAYER informiert, stösst zwangsläufig auch auf unsere Informationen. Selbst die internationalen Rating-Agenturen nutzen unsere Informationen.
Doch diese nationale und internationale Vernetzung innerhalb und außerhalb der BAYER-Werke ist nicht alles. Wir erzielen auch in der direkten Auseinandersetzung mit dem Konzern immer wieder Erfolge: Seit 15 Jahren kann der Konzern keine Aktionärsversammlung mehr nach eigenen Vorstellungen durchführen. Auf manchen Hauptversammlungen stellen Vertreter und internationale Gäste der CBG die Mehrheit der RednerInnen. Es reisten immer mehr KleinaktionärInnen an, um unsere Kritik live zu erleben. Als die Zahl der AktionärInnen auf mehr als 25.000 gestiegen war, zog der Konzern die Notbremse. Es gab keine "Präsente" mehr (Konsumenten-Produkte aus dem BAYER-Programm, Sonnencreme, Filme etc.). Die Zahl der Eintrittskarten pro Aktionär wurde dramatisch beschränkt. Essen und Trinken wurde auf trocken Brot und Mineralwasser heruntergesetzt (Üblicherweise gibt es auf Hauptversammlungen hochwertige Kost bis hin zu ganzen Menüs). Und trotzdem ist auch heute noch die BAYER-HV mit bis zu 9.000 TeilnehmerInnen eine der größten Konzern-HVs der Welt. Was den Konzern aber noch mehr schmerzt: Die Abstimmungen sind zwar geheim, aber rein rechnerisch stimmen die Mehrheit aller KleinaktionärInnen bei BAYER in den Abstimmungen regelmäßig mit uns, den KritikerInnen.
Nun mag mensch sagen, Aktionärsabstimmungen - zumal die Mehrheiten dank der Großaktionäre doch noch gesichert beim Konzern liegen - sind nicht so wichtig. Wir haben auch andere Erfolge. Nach mehrjährigen Auseinandersetzungen konnten wir beispielsweise in Taiwan den Bau einer hochgiftigen Chemieanlage von BAYER verhindern. Für den Konzern war dies eine 2,3 Mrd. Dollar schwere Schlüsselinvestition auf dem Sprung nach China, die wir gekippt haben - übrigens nicht ohne den Konzern in einer live-Diskussion im taiwanesischen Fernsehen vorgeführt zu haben. Das tat weh.
Oder: In Australien haben wir 1987 eine landesweite Volksabstimmung gewonnen. Der Bau eines BAYER-Pestizid-Werkes war bereits amtlich genehmigt. Der Widerstand wuchs. Die Regierung wollte gegenüber dem Multi das Gesicht nicht verlieren und kam auf die weltweit wohl einmalige Idee, eine Volksabstimmung entscheiden zu lassen. Die ging für BAYER in die Hose.
Übrigens haben wir auch einen herausragenden Sieg für die Pressefreiheit errungen. BAYER hat 1987 gegen uns geklagt, um uns die folgenden Sätze verbieten zu lassen: "In seiner grenzenlosen Sucht nach Gewinn und Profit verletzt BAYER demokratische Prinzipien und die Menschenrechte. Willfährige Politiker werden unterstützt und gefördert, missliebige Kritiker verfolgt und unter Druck gesetzt." Der Konzern gewann durch die Instanzen. Das Urteil bedeutete nicht nur für uns und unsere Arbeit das "Aus", sondern war auch für die Pressefreiheit in unserem Land eine Katastrophe. Jede freie Berichterstattung wäre nach dem Muster dieses Urteils unmöglich. Das war allen klar, denn unsere Verfahren wurden von den JuristInnen aller großen Sender und Verlage verfolgt und ausgewertet. Das führte aber leider nicht dazu, dass uns diese finanzstarken Verlage und Anstalten unterstützt hätten. Wir gingen zum Bundesverfassungsgericht. Und dort gewannen wir. Entsprechend wird heute das BVG-Urteil an den journalistischen Hochschulen als "Meilenstein der Verteidigung der Pressefreiheit" gelehrt. Uns hat das alles allerdings mehr als 100 Tsd. Euro gekostet, wir haben heute noch an den Schulden aus diesem Verfahren zu tragen.
Welche Folgen hatte Dein Engagement für Dich persönlich und für Deine Familie?
Ich war Anwohner in Wuppertal und wusste von BAYER nicht mehr als jeder Normalbürger. Erst als 1978 das Werk explodierte, wurde ich wach. Und zwar auch nicht sofort, sondern erst beim zweiten Mal 14 Tage später. Zusammen mit einer Freundin und einem Freund habe ich dann zu einer Bürgerversammlung eingeladen. Und das hat - das muss ich gestehen - mein Leben sehr verändert. Ich habe meine Horizonte in jeder Hinsicht erweitert; habe ökologisches Verständnis entwickelt; habe die Erkenntnis gewonnen, dass Geld nicht alles ist im Leben; habe gelernt, mich mit Konzernen anzulegen und auseinanderzusetzen; habe eingesehen, dass und wie die Konzerne die Welt und das Leben jedes und jeder Einzelnen steuern; musste erkennen, dass und wie die Konzerne hinter (fast) jeder Schweinerei auf unserem Planeten stecken; habe gelernt, dass die Konzerne nur gestürzt werden können, wenn das Profitsystem insgesamt gestürzt wird; vor allem wurde mir klar, welche herausragende Rolle der BAYER-Konzern im Verbund mit der chemischen Industrie Deutschlands und Europas dabei spielt. Und: Ich habe die tolle Frau bei dieser Arbeit kennen und schätzen gelernt, mit der ich heute noch zusammen bin und gemeinsame Kinder habe . Sie war - ebenso wie ich - eines der drei Gründungsmitglieder der Wuppertaler Bürgerinitiative.
Axel Köhler-Schnura - © cbgnetwork.org
Einen sehr wichtigen Schub für meine konzernkritische Arbeit haben übrigens diese vier Kinder , von denen eines ist leider früh gestorben ist, gegeben. Auch ich bin nur ein Mensch und habe mich manchmal gefragt, ob ich nicht aufhören soll mit all der mühevollen Arbeit in meiner Freizeit, neben Beruf und Familie? Es waren meine Kinder, die mich neu motivierten. Und zwar, als ich beispielsweise den Hautauschlag einer Tochter beim Arzt untersuchen ließ und dieser mir erklärte, dies käme von der Luftverschmutzung, da ließe sich nichts dran ändern. Da wurde mir meine konzernkritische Arbeit zur Verpflichtung meinen Kindern gegenüber. Ich möchte mir von ihnen und ihren Kindern später nicht vorhalten lassen, ich hätte nichts getan. Sollten meine Enkel mich fragen, dann möchte ich ohne jede Verlegenheit erzählen können, wie ich mich gewehrt habe. Ich habe als Angehöriger der Nachkriegsgeneration zu oft erleben müssen, wie enttäuschend die Ausflüchte und Entschuldigungen meiner Elterngeneration auf die Fragen ihrer Kinder nach ihrem Verhalten gegen die Nazis, die KZs und den Weltkrieg waren.
Welche Aufgaben, Probleme seht Ihr aktuell vor Euch?
Unser Hauptproblem ist die Finanzierung unserer Arbeit. Bereits zur Gründung im Jahr 1983 wurde uns vom Polizeipräsidenten Wuppertal schriftlich bestätigt, dass wir mit keinerlei Unterstützung zu rechnen hätten, wie sie andere Organisationen ganz selbstverständlich mittels öffentlicher Zuschüsse etc. erfahren. Entsprechend werden wir weder vom Staat noch von den Kirchen noch von sonst wem finanziell unterstützt. Obwohl übrigens alle - Kirchen, Gewerkschaften etc. - gern und umfangreich auf unsere Informationen und Kampfergebnisse zurückgreifen.
Wir erhalten nicht nur keine Förderung, wir werden auch als "radikal", "undemokratisch", "kommunistisch gesteuert" etc. diffamiert. Wir werden von Werkschutz und Verfassungsschutz beobachtet. Begründet wird dies alles damit, dass "wir einen Teilnehmer der freien Marktwirtschaft behindern" würden. Wie verwerflich!
Entsprechend müssen wir unsere gesamte Arbeit aus Beiträgen und Spenden finanzieren. Das macht uns zwar unabhängig, ist aber doch sehr schwierig. Immerhin werden in Deutschland nur ca. zwei Prozent aller Spenden für politische Zwecke gespendet. Und auch von diesem verschwindend geringen Betrag fließt wiederum nur ein kleiner Teil zu uns. Wir finden es Tag für Tag verwunderlich, dass wir unsere weltweite Arbeit mit derart geringen finanziellen Mitteln auf fast vollständig ehrenamtlicher Basis erfolgreich leisten.
Zum Januar dieses Jahres kamen gleich zwei Finanzkatastrophen hinzu: Der Tsunami hat wie ein gigantischer Staubsauger alle Gelder abgesaugt, und HARTZ IV und Massenarbeitslosigkeit sorgen ebenfalls für das Versiegen des Spendenflusses. Im Ergebnis sind unsere Spenden in diesem Jahr auf fast Null-Niveau abgesunken, immer mehr Mitglieder müssen wegen Geldmangel ihre Beitragszahlungen einstellen.
Uns droht wegen mangelnder Spenden und Beitragseinnahmen , was BAYER und die anderen Konzerne trotz vieler Anstrengungen nicht geschafft haben: Wir stehen vor dem Zusammenbruch, wenn der Geldfluss nicht wieder mit regelmäßigen Spenden und mehr Mitgliedsbeiträgen in Fluss kommt. Wir bitten dringend darum, Fördermitglied zu werden und/oder zu spenden:
eMail CBGnetwork@aol.com
Internet www.cbgnetwork.org/
GLS-Bank 8016 533 000
BLZ 430 609 67
International Bank Account Number/IBAN
DE88 4306 0967 8016 5330 00
International Bank Code/BIC
GENODEM1GLS
Online-Flyer Nr. 04 vom 25.08.2005