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Globales
Alfred von Oppenheim-Zentrum - "Thinktank" für Europapolitik Berlins
"Eine schlagkräftige Truppe"
Von Hans Georg

Mit einem neuen "Kompetenzzentrum" sucht Berlin im ersten Halbjahr 2007 Einfluss auf die öffentliche Debatte über die deutsche EU-Ratspräsidentschaft zu nehmen. Das bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) angesiedelte "Alfred von Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen" wolle die gesamte journalistische und wissenschaftliche "Verwertungskette" mit Informationen und Stellungnahmen bedienen, erklärt der Leiter der kürzlich eröffneten Einrichtung, Jan Techau.

Techau war zuvor im Verteidigungsministerium für die konzeptionelle Entwicklung der militärischen Propagandaarbeit zuständig; nach wie vor firmiert er als Ansprechpartner für von der Bundeswehr regelmäßig veranstaltete Kriegsberichterstatter-Lehrgänge. Finanziert wird das Oppenheim-Zentrum von der "Alfred Freiherr von Oppenheim-Stiftung", hinter der das Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim steht. Wegen der Firmenpolitik während der NS-Zeit ist das Kreditinstitut wiederholt Gegenstand öffentlicher Kritik gewesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkten Mitglieder der Oppenheim-Familie in einflussreichen Positionen an der Durchsetzung deutscher Interessen mittels der "europäischen Einigung" mit. Der Oppenheim-Esch-Fonds, an dem die größte Privatbank Europas beteiligt ist, sorgte in Köln für Schlagzeilen in der Kommunalpolitik - durch seine Beteiligung an der KölnArena und dem neuen Rathaus sowie aktuell im Zusammenhang mit dem Messebau-Skandal (siehe u.a. NRhZ 70, 65, 25).  
 

SPIEGEL  mit Frau Merkel einig
SPIEGEL  mit Frau Merkel einig
Foto: Hans-Dieter Hey



Gelungene Premiere

Das im September von der DGAP eingerichtete "Alfred von Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen" (AOZ) wurde erst vor wenigen Tagen offiziell eröffnet. Bereits im Vorfeld hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel dem neu gegründeten "Thinktank" nach US-Vorbild mit einer europapolitischen Grundsatzrede vor 650 geladenen Gästen "eine gelungene Premiere auf dem Parkett des politischen Berlins" verschafft, wie es im Veranstaltungsprotokoll der DGAP heißt.[1] Im Mittelpunkt der Rede stand die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU, die nach Auffassung der Kanzlerin Verfassungsrang erhalten soll. Als vorbildhaft lobte sie in diesem Zusammenhang das militärische Engagement Deutschlands in Afghanistan, das von einem "umfassenden Sicherheitsbegriff" geleitet sei und sich durch das "Zusammenwirken" militärischer, polizeilicher und entwicklungspolitischer Instrumente auszeichne. Deutschland könne sich nicht vor der Übernahme "weiterer Verantwortung in der Welt" drücken. Daher sei auch die EU gehalten, militärpolitisch "mit einer Stimme" zu sprechen, sagte Merkel.[2]
 
Schlagkräftige Truppe

Dem "Alfred von Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen" fällt die Aufgabe zu, entsprechende Debatten neu zu "beleben" und diese dann "öffentlich" und "realitätsnah" zu gestalten. Dazu habe man unter dem Dach der DGAP eine "schlagkräftige Truppe" versammelt, sagte der Leiter des Zentrums, Jan Techau, gegenüber dieser Redaktion. Ziel sei es letztlich, als "Kompetenzzentrum" die gesamte journalistische und wissenschaftliche "Verwertungskette" mit Informationen und "politischen Statements" zu bedienen, erklärte Techau weiter. Er verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der Medienarbeit. Vor seiner aktuellen Tätigkeit war er in den Jahren 2003 bis 2006 als Grundsatzreferent im Bundesverteidigungsministerium (BMVg) für "Medienkooperationen" und "Kommunikationskonzepte" der Bundeswehr verantwortlich. Zuvor hatte er selbst als "sicherheitspolitischer Korrespondent" im Presse- und Informationsstab des BMVg für die Verlautbarungsorgane der deutschen Streitkräfte gearbeitet.[3] Nach wie vor firmiert Techau als Ansprechpartner für Journalisten, die sich am UN-Ausbildungszentrum in Hammelburg (Bayern) von der Bundeswehr zu Kriegsberichterstattern ausbilden lassen wollen.[4]
 

Kostas Koufogiorgos
Karikatur: Kostas Koufogiorgos
www.koufogiorgos.de



Einflussreiches Kreditinstitut

Finanziert wird das "Alfred von Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen" von der "Alfred Freiherr von Oppenheim-Stiftung".[5] Beide sind nach dem 2005 verstorbenen Bankier aus der Oppenheim-Dynastie benannt, deren einflussreiches Kreditinstitut wegen seiner Firmenpolitik während der NS-Zeit wiederholt Gegenstand öffentlicher Kritik gewesen ist. Dem Bankhaus Sal. Oppenheim wird vorgeworfen, in die "Arisierung" jüdischen Besitzes in Luxemburg verstrickt gewesen zu sein. Das Unternehmen, das seit 1938 den Namen seines Teilhabers Pferdmenges führte, trug zudem 1941 fünf Prozent zu einem Gemeinschaftskredit mehrerer Banken für die "Textilhandelsgesellschaft" in Krakau bei; diese Firma betrieb ihrerseits die "Arisierung" von Textilfirmen jüdischer Inhaber und beutete Zwangsarbeiter aus. Harald Kühnen, einer der "Arisierungsspezialisten" der Dresdner Bank, der Hausbank der SS, war von 1950 bis zu seinem Tod 2002 in leitender Funktion bei der nun wieder unter der Bezeichnung Sal. Oppenheim firmierenden Privatbank tätig.[6]
 
Generationenübergreifendes Engagement

Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkten Mitglieder der Oppenheim-Familie in einflussreichen Positionen an der Durchsetzung deutscher Interessen mittels der "europäischen Einigung" mit. Der damalige Bankchef Friedrich Carl von Oppenheim gehörte zu den Gründungsmitgliedern der DGAP und firmierte von 1958 bis 1973 als Präsident der Europa-Union. Über die Europa-Union heißt es, sie sei eine Vorfeldorganisation des Auswärtigen Amtes und habe von dort Millionenbeträge aus Steuermitteln erhalten. Friedrich Carl von Oppenheims Sohn Alfred, der Namensgeber des kürzlich von der DGAP eingeweihten "Kompetenzzentrums", setzte die außenpolitischen Aktivitäten der Bankdynastie fort. "Von besonderem Interesse waren für ihn die Schnittstellen von Wirtschaft und Politik, so in der Kölner Industrie- und Handelskammer, deren Präsident er bis zuletzt war, und beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag, wo er das Amt des Vizepräsidenten innehatte", heißt es in einem Nachruf des Bankhauses.[7]

Alfred von Oppenheim stand zudem zwei Jahrzehnte lang der deutsch-französischen Handelskammer vor. Von 2003 bis zu seinem Tode im Jahr 2005 war er Präsident der DGAP. Der außenpolitische "Thinktank" kündigt jetzt an, mit dem Alfred von Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen die "Tradition des generationenübergreifenden Engagements der Kölner Familie Oppenheim für die europäische Einigung" fortzusetzen.[8] Mehr dazu finden Sie in Werner Rügemers Buch "Colonia Corrupta".

[1] Europapolitische Grundsatzrede der Bundeskanzlerin; www.dgap.org
[2] Die Rolle der EU auf der internationalen Bühne. Europapolitische Grundsatzrede von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Berlin, 08.11.2006
[3] Mitarbeiterporträt Jan Techau; www.dgap.org
[4] Das VN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr - Journalisten und Medienvertreter; www.vnausbildungszentrumbw.de
[5] Alfred von Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen - Förderer und Partner; www.dgap.org
[6] Brisante Falschheiten; Die Welt 04.08.2006
[7] Nachruf; www.oppenheim.de/gb2004de/01_nachruf/01.htm
[8] Alfred von Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen - Förderer und Partner; www.dgap.org

Siehe http://www.german-foreign-policy.com



Online-Flyer Nr. 71  vom 21.11.2006



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