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Lokales
120 Ein-Euro-JobberInnen im Möbelverbund:
Die ARGE zerstört in Köln selbstverwaltete Betriebe
und Selbsthilfestrukturen
Von Sozialistische Selbsthilfe Köln (SSK)
Durch die Ein-Euro-Job-Pläne der Arbeitsgemeinschaft der Stadt Köln und der Agentur für Arbeit Köln (ARGE Köln) gefährdet sind zahlreiche selbst verwaltete Betriebe in Köln. Die Haltung der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM) dazu haben wir in unserem Flyer Nr. 6 am 3. September veröffentlicht. Hier zum gleichen Thema nun eine Presse-Erklärung der Sozialistischen Selbsthilfe Köln (SSK), deren politische Vorstellungen sich in wesentlichen Punkten von denen der SSM unterscheiden. Unsere LeserInnen können sich so selbst ein Bild von der Situation der Selbsthilfegruppen in Köln und von deren verschiedenen Positionen dazu machen - allerdings bisher leider nur in unserer "Neuen Rheinischen Zeitung", in den anderen Kölner Medien natürlich nicht.
Die Redaktion
SSK-Café mit Besuch aus der P19 - Foto: SSK
Die Kölner ARGE will in verschiedenen Projekten des Kölner "Möbelverbund" (Verbund gemeinnütziger Kölner Möbellager e.V.) 120 MAE-Stellen einrichten (Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung - besser bekannt als "1EURJobs"). Die Arbeitslosen sollen u.a. bei Umzügen und Entrümpelungen eingesetzt werden. Den Projekten entstehen für diese ArbeiterInnen keine Lohnkosten, und sie bekommen für die Arbeit der Arbeitslosen sogar noch zusätzliche Gelder von der ARGE ("Arbeitsgemeinschaft", der Zusammenschluss von Arbeitsamt und Sozialamt zwecks Verwaltung der EmpfängerInnen von Arbeitslosengeld 2). Von den Kunden brauchen diese Entrümpler dann nicht mehr viel zu verlangen - ist ja alles schon aus öffentlichen Geldern bezahlt. Die ARGE betreibt damit Lohndumping; die Löhne in diesem Bereich werden noch weiter gedrückt werden. Für Selbsthilfegruppen wie SSK und SSM könnte das ökonomisch das Ende bedeuten. Die ARGE schafft keine Arbeitsplätze, im Gegenteil: sie zerstört vorhandene.
Der SSK - Sozialistische Selbsthilfe Köln - besteht seit mehr als 30 Jahren als Wohn- und Arbeitskollektiv, als politisches Projekt und als Anlaufstelle. Diese Selbsthilfestruktur ist aus der Kritik an staatlicher Fürsorge entstanden, als Möglichkeit für die Opfer dieser "Fürsorge", sich gegen die Institutionen zu wehren und von ihnen unabhängig zu machen. Im SSK leben Menschen zusammen, die in der Hackordnung des Arbeitsmarktes nicht mithalten können oder nicht mitmachen wollen. Wir versuchen, die Arbeit in unserer eigenen Firma und das Zusammenleben so gleichberechtigt wie möglich zu organisieren, ohne Chefs und Zwang. Unseren Lebensunterhalt verdienen wir mit Umzügen, Entrümpelungen und dem Verkauf gebrauchter Sachen. Bisher ging die Rechnung auf: durch die Aufträge und den Verkauf kam genug Geld rein, um den SSK als Lebens- und Einkommensprojekt am Laufen zu halten, ohne staatliche Subventionierung.
In den letzten Jahren macht sich jedoch die verschärfte Konkurrenz bemerkbar. Immer mehr Menschen sehen sich gezwungen, ihre Arbeitskraft zu Hungerlöhnen zu verkaufen. Sie schleppen z.B. Möbel für 4 Euro pro Stunde. In den Straßen tauchen Werbezettel auf, die Umzüge zu Billigstpreisen anbieten. Immer häufiger springen Kunden nach unserem Kostenvoranschlag ab, weil andere das billiger machen. Und diese anderen sind nicht nur Private, die sich als Ich-AG durchschlagen, oder die KollegInnen aus anderen Ländern, die hier für paar Euro Stundenlohn ausgebeutet werden. Es sind zunehmend staatlich geförderte Projekte, die so billige Angebote machen können, weil die Lohnkosten vom Staat bezahlt werden. Früher wurden diese Projekte mit ABM- und HzA-Stellen ("Hilfe zur Arbeit", ABM für SozialhilfeempfängerInnen) subventioniert. Heute greifen sie nach den Ein-Euro-JobberInnen, die sie als Billigarbeitskräfte einsetzen, und die ihnen über die zusätzlichen Gelder ihre Sozialarbeiterstellen finanzieren.
Im Möbelverbund sind verschiedene Projekte zusammengeschlossen, die in diesem Bereich tätig sind. Das klingt nach sinnvoller Organisierung von Basisinitiativen. Ist es aber nicht. Dieser Verbund kam auf Betreiben der Stadt Köln zustande, die durch diese Vernetzung ihre Sozialhilfekosten reduzieren wollte. Sie beschloss 1997, dass SozialhilfeempfängerInnen keine neuen, sondern nur noch Gebrauchtmöbel bekommen sollten. Dazu wollte sie auf das Möbelangebot der Selbsthilfeprojekte zurückgreifen. Es gab große Pläne von Computervernetzung (um jeweils per Mausclick feststellen zu können, in welchem Möbellager das gesuchte Möbel gerade gebraucht vorrätig ist), und ein Second-Hand-Kaufhaus sollte eingerichtet werden. So weit ist es noch nicht gekommen. Sechs Möbellager sind zur Zeit dem Verbund angeschlossen. Außerdem wurde ein Recyclinghof eingerichtet, wo der von den Projekten angelieferte Sperrmüll für die Wiederverwertung sortiert wird. Nichts gegen Recycling - aber warum wurde hierfür nicht eine reguläre Abteilung bei den Abfallwirtschaftsbetrieben eingerichtet, mit tariflich bezahlten und abgesicherten Arbeitsplätzen? Die KollegInnen, die im Möbelverbund die Recycling-Arbeit machen, hatten zunächst HzA-Stellen, und heute 1EURJobs. Das heißt: wenig Lohn, keine Rechte, keine Perspektive.
SSK-Möbellager - Foto: SSK
Der Möbelverbund wurde von der Stadt Köln mit den Zielen gegründet, auf Kosten der SozialhilfeempfängerInnen zu sparen, und weitere Arbeitsplätze auf dem Zweiten Arbeitsmarkt zu schaffen. Wir sind dem Verbund nicht beigetreten, da wir beides ablehnen: die Hetze gegen SozialhilfeempfängerInnen genauso wie den Zweiten Arbeitsmarkt.
Die Leistungen des Sozialstaats sind und waren immer mit Arbeitszwang verbunden: wer seine Arbeitskraft nicht zur Verfügung stellt, wird ausgeschlossen. Alle paar Jahre werden Kampagnen gegen "Sozialschmarotzer" losgetreten, als Vorbereitung für weitere Kürzungen, die das Leben der Armen weiter beschneiden. Wer nicht arbeitet, soll schlecht essen und schlecht leben? In einem der reichsten Länder der Welt? Warum? Für weitere Kürzungen auf Kosten der Armen wollten wir uns und unser Möbellager nicht instrumentalisieren lassen. Der SSK hat im Gegenteil immer wieder Menschen unterstützt, die sich gegen das Sozialamt, gegen Kürzungen und Arbeitszwang gewehrt haben. Her mit dem schönen Leben - Alles für Alle! Das ist heute, unter den Bedingungen von "Hartz IV" umso dringender nötig. Die neu gegründete ARGE versucht, den Druck auf Arbeitslose so zu erhöhen, dass sie lieber "jede Arbeit annehmen" als sich weiterhin von den Behörden schikanieren zu lassen. Arbeitsplätze hat sie nicht zu vermitteln. Also hält sie die Arbeitslosen anders auf Trab: mit sinnlosen Bewerbungen, mit schikanösen "Trainingsmaßnahmen", oder eben mit 1EURJobs. Die schwächsten Gruppen werden gedemütigt und unter Druck gesetzt - als Warnung an alle anderen ArbeiterInnen, bloß nicht gegen Arbeitszeitverlängerung, Lohnkürzung und Prekärisierung aufzumucken.
Genau dazu dient auch der so genannte Zweite Arbeitsmarkt, den vor allem SozialarbeiterInnen gerne als Ausweg aus der Krise und "Hilfsangebot" darstellen. Mit dem Zweiten Arbeitsmarkt werden ArbeiterInnen zweiter Klasse geschaffen, mit weniger Lohn, ohne Rechte. Ob ABM, HzA oder MAE - alle diese Arbeitsmaßnahmen sind mit Zwang verbunden, denn hinter diesen "Angeboten" steht immer die Drohung, die Arbeitslosenunterstützung zu streichen. Mit diesen Maßnahmen setzt der Staat die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen auf breiter Front durch. Was zuerst nur für den staatlich finanzierten Arbeitsmarkt gilt, wird irgendwann zum Normalzustand und dann mit Gesetzesänderungen abgesegnet (man denke an die vielen Gesetzesänderungen zu Leiharbeit, Kündigungsfristen, Lohnfortzahlung, usw.). Die angeblich "zusätzlichen" Arbeiten des Zweiten Arbeitsmarktes führen tatsächlich zum Abbau bestehender Arbeitsplätze oder zur Verschlechterung der dortigen Bedingungen. Das Prinzip ist alt, aber es schlägt im Fall von Möbelverbund und SSK nun leider gegen uns zu.
SSK-Werkstatt - Foto: SSK
Bei den geplanten 120 MAE-Stellen treffen sich verschiedene Interessen. Die ARGE vergibt diese Jobs gerne in größeren Kontingenten, weil das für sie weniger Verwaltungsaufwand erfordert. Die Stadt fördert gerne den Möbelverbund, als Vorzeigeprojekt für Arbeitsbeschaffung und Recycling - gerade letzteres macht sich ja ganz gut in einer Stadt, wo das Image der PolitikerInnen nach den Korruptionsskandalen um den überdimensionierten Müllofen und die Privatisierung der Abfallwirtschaft doch einigen Schaden genommen hat. Und der Möbelverbund nimmt gerne das viele Geld und die vielen 1EURJobberInnen, die den Betreibern ihre Stellen sichern. Denn das funktioniert so: Die Projekte bekommen pro Monat und JobberIn 685 EUR und sollen von dem zusätzlichen Geld Stellen für die "Betreuung" und "Qualifizierung" der JobberInnen einrichten. Für Betreuerinnen, Anleiter oder Sozialarbeiter heißt das: feste Stellen mit BAT-Lohn.
Hier kommen eine Menge handfeste Interessen zusammen, und es geht um viel Geld (120 mal 685 EUR macht pro Jahr fast eine Million). Weniger gut kommen dabei die Arbeitslosen weg, die für 1EUR MAE ein halbes Jahr lang Möbel schleppen sollen - eine großartige Qualifizierung, die ihnen auf ihrem weiteren Weg durch den Arbeitsdschungel sicher von großem Nutzen sein wird... Und auf der Strecke bleiben könnten dabei die Selbsthilfegruppen, die dieselbe Arbeit seit Jahrzehnten selbst organisiert machen, ohne Betreuer und staatliche Gelder, aber dem Lohndumping durch soviel Fürsorge kaum gewachsen sein dürften.
Hier werden selbstverwaltete Betriebe mit öffentlichen Geldern in den Ruin getrieben.
Wir fordern die Stadt Köln auf, das Lohndumping durch die ARGE zu stoppen.
Das heißt: ARGE schließen - Weg mit dem Arbeitszwang!
SSK Salierring - Salierring 37/41 - Tel 21 31 75
SSK Ehrenfeld - Liebigstr. 25 - Tel 55 61 89
www.ssk-bleibt.de
Für Nachfragen: 0177-8156579
Online-Flyer Nr. 08 vom 14.09.2005
120 Ein-Euro-JobberInnen im Möbelverbund:
Die ARGE zerstört in Köln selbstverwaltete Betriebe
und Selbsthilfestrukturen
Von Sozialistische Selbsthilfe Köln (SSK)
Durch die Ein-Euro-Job-Pläne der Arbeitsgemeinschaft der Stadt Köln und der Agentur für Arbeit Köln (ARGE Köln) gefährdet sind zahlreiche selbst verwaltete Betriebe in Köln. Die Haltung der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM) dazu haben wir in unserem Flyer Nr. 6 am 3. September veröffentlicht. Hier zum gleichen Thema nun eine Presse-Erklärung der Sozialistischen Selbsthilfe Köln (SSK), deren politische Vorstellungen sich in wesentlichen Punkten von denen der SSM unterscheiden. Unsere LeserInnen können sich so selbst ein Bild von der Situation der Selbsthilfegruppen in Köln und von deren verschiedenen Positionen dazu machen - allerdings bisher leider nur in unserer "Neuen Rheinischen Zeitung", in den anderen Kölner Medien natürlich nicht.
Die Redaktion
SSK-Café mit Besuch aus der P19 - Foto: SSK
Die Kölner ARGE will in verschiedenen Projekten des Kölner "Möbelverbund" (Verbund gemeinnütziger Kölner Möbellager e.V.) 120 MAE-Stellen einrichten (Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung - besser bekannt als "1EURJobs"). Die Arbeitslosen sollen u.a. bei Umzügen und Entrümpelungen eingesetzt werden. Den Projekten entstehen für diese ArbeiterInnen keine Lohnkosten, und sie bekommen für die Arbeit der Arbeitslosen sogar noch zusätzliche Gelder von der ARGE ("Arbeitsgemeinschaft", der Zusammenschluss von Arbeitsamt und Sozialamt zwecks Verwaltung der EmpfängerInnen von Arbeitslosengeld 2). Von den Kunden brauchen diese Entrümpler dann nicht mehr viel zu verlangen - ist ja alles schon aus öffentlichen Geldern bezahlt. Die ARGE betreibt damit Lohndumping; die Löhne in diesem Bereich werden noch weiter gedrückt werden. Für Selbsthilfegruppen wie SSK und SSM könnte das ökonomisch das Ende bedeuten. Die ARGE schafft keine Arbeitsplätze, im Gegenteil: sie zerstört vorhandene.
Der SSK - Sozialistische Selbsthilfe Köln - besteht seit mehr als 30 Jahren als Wohn- und Arbeitskollektiv, als politisches Projekt und als Anlaufstelle. Diese Selbsthilfestruktur ist aus der Kritik an staatlicher Fürsorge entstanden, als Möglichkeit für die Opfer dieser "Fürsorge", sich gegen die Institutionen zu wehren und von ihnen unabhängig zu machen. Im SSK leben Menschen zusammen, die in der Hackordnung des Arbeitsmarktes nicht mithalten können oder nicht mitmachen wollen. Wir versuchen, die Arbeit in unserer eigenen Firma und das Zusammenleben so gleichberechtigt wie möglich zu organisieren, ohne Chefs und Zwang. Unseren Lebensunterhalt verdienen wir mit Umzügen, Entrümpelungen und dem Verkauf gebrauchter Sachen. Bisher ging die Rechnung auf: durch die Aufträge und den Verkauf kam genug Geld rein, um den SSK als Lebens- und Einkommensprojekt am Laufen zu halten, ohne staatliche Subventionierung.
In den letzten Jahren macht sich jedoch die verschärfte Konkurrenz bemerkbar. Immer mehr Menschen sehen sich gezwungen, ihre Arbeitskraft zu Hungerlöhnen zu verkaufen. Sie schleppen z.B. Möbel für 4 Euro pro Stunde. In den Straßen tauchen Werbezettel auf, die Umzüge zu Billigstpreisen anbieten. Immer häufiger springen Kunden nach unserem Kostenvoranschlag ab, weil andere das billiger machen. Und diese anderen sind nicht nur Private, die sich als Ich-AG durchschlagen, oder die KollegInnen aus anderen Ländern, die hier für paar Euro Stundenlohn ausgebeutet werden. Es sind zunehmend staatlich geförderte Projekte, die so billige Angebote machen können, weil die Lohnkosten vom Staat bezahlt werden. Früher wurden diese Projekte mit ABM- und HzA-Stellen ("Hilfe zur Arbeit", ABM für SozialhilfeempfängerInnen) subventioniert. Heute greifen sie nach den Ein-Euro-JobberInnen, die sie als Billigarbeitskräfte einsetzen, und die ihnen über die zusätzlichen Gelder ihre Sozialarbeiterstellen finanzieren.
Im Möbelverbund sind verschiedene Projekte zusammengeschlossen, die in diesem Bereich tätig sind. Das klingt nach sinnvoller Organisierung von Basisinitiativen. Ist es aber nicht. Dieser Verbund kam auf Betreiben der Stadt Köln zustande, die durch diese Vernetzung ihre Sozialhilfekosten reduzieren wollte. Sie beschloss 1997, dass SozialhilfeempfängerInnen keine neuen, sondern nur noch Gebrauchtmöbel bekommen sollten. Dazu wollte sie auf das Möbelangebot der Selbsthilfeprojekte zurückgreifen. Es gab große Pläne von Computervernetzung (um jeweils per Mausclick feststellen zu können, in welchem Möbellager das gesuchte Möbel gerade gebraucht vorrätig ist), und ein Second-Hand-Kaufhaus sollte eingerichtet werden. So weit ist es noch nicht gekommen. Sechs Möbellager sind zur Zeit dem Verbund angeschlossen. Außerdem wurde ein Recyclinghof eingerichtet, wo der von den Projekten angelieferte Sperrmüll für die Wiederverwertung sortiert wird. Nichts gegen Recycling - aber warum wurde hierfür nicht eine reguläre Abteilung bei den Abfallwirtschaftsbetrieben eingerichtet, mit tariflich bezahlten und abgesicherten Arbeitsplätzen? Die KollegInnen, die im Möbelverbund die Recycling-Arbeit machen, hatten zunächst HzA-Stellen, und heute 1EURJobs. Das heißt: wenig Lohn, keine Rechte, keine Perspektive.
SSK-Möbellager - Foto: SSK
Der Möbelverbund wurde von der Stadt Köln mit den Zielen gegründet, auf Kosten der SozialhilfeempfängerInnen zu sparen, und weitere Arbeitsplätze auf dem Zweiten Arbeitsmarkt zu schaffen. Wir sind dem Verbund nicht beigetreten, da wir beides ablehnen: die Hetze gegen SozialhilfeempfängerInnen genauso wie den Zweiten Arbeitsmarkt.
Die Leistungen des Sozialstaats sind und waren immer mit Arbeitszwang verbunden: wer seine Arbeitskraft nicht zur Verfügung stellt, wird ausgeschlossen. Alle paar Jahre werden Kampagnen gegen "Sozialschmarotzer" losgetreten, als Vorbereitung für weitere Kürzungen, die das Leben der Armen weiter beschneiden. Wer nicht arbeitet, soll schlecht essen und schlecht leben? In einem der reichsten Länder der Welt? Warum? Für weitere Kürzungen auf Kosten der Armen wollten wir uns und unser Möbellager nicht instrumentalisieren lassen. Der SSK hat im Gegenteil immer wieder Menschen unterstützt, die sich gegen das Sozialamt, gegen Kürzungen und Arbeitszwang gewehrt haben. Her mit dem schönen Leben - Alles für Alle! Das ist heute, unter den Bedingungen von "Hartz IV" umso dringender nötig. Die neu gegründete ARGE versucht, den Druck auf Arbeitslose so zu erhöhen, dass sie lieber "jede Arbeit annehmen" als sich weiterhin von den Behörden schikanieren zu lassen. Arbeitsplätze hat sie nicht zu vermitteln. Also hält sie die Arbeitslosen anders auf Trab: mit sinnlosen Bewerbungen, mit schikanösen "Trainingsmaßnahmen", oder eben mit 1EURJobs. Die schwächsten Gruppen werden gedemütigt und unter Druck gesetzt - als Warnung an alle anderen ArbeiterInnen, bloß nicht gegen Arbeitszeitverlängerung, Lohnkürzung und Prekärisierung aufzumucken.
Genau dazu dient auch der so genannte Zweite Arbeitsmarkt, den vor allem SozialarbeiterInnen gerne als Ausweg aus der Krise und "Hilfsangebot" darstellen. Mit dem Zweiten Arbeitsmarkt werden ArbeiterInnen zweiter Klasse geschaffen, mit weniger Lohn, ohne Rechte. Ob ABM, HzA oder MAE - alle diese Arbeitsmaßnahmen sind mit Zwang verbunden, denn hinter diesen "Angeboten" steht immer die Drohung, die Arbeitslosenunterstützung zu streichen. Mit diesen Maßnahmen setzt der Staat die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen auf breiter Front durch. Was zuerst nur für den staatlich finanzierten Arbeitsmarkt gilt, wird irgendwann zum Normalzustand und dann mit Gesetzesänderungen abgesegnet (man denke an die vielen Gesetzesänderungen zu Leiharbeit, Kündigungsfristen, Lohnfortzahlung, usw.). Die angeblich "zusätzlichen" Arbeiten des Zweiten Arbeitsmarktes führen tatsächlich zum Abbau bestehender Arbeitsplätze oder zur Verschlechterung der dortigen Bedingungen. Das Prinzip ist alt, aber es schlägt im Fall von Möbelverbund und SSK nun leider gegen uns zu.
SSK-Werkstatt - Foto: SSK
Bei den geplanten 120 MAE-Stellen treffen sich verschiedene Interessen. Die ARGE vergibt diese Jobs gerne in größeren Kontingenten, weil das für sie weniger Verwaltungsaufwand erfordert. Die Stadt fördert gerne den Möbelverbund, als Vorzeigeprojekt für Arbeitsbeschaffung und Recycling - gerade letzteres macht sich ja ganz gut in einer Stadt, wo das Image der PolitikerInnen nach den Korruptionsskandalen um den überdimensionierten Müllofen und die Privatisierung der Abfallwirtschaft doch einigen Schaden genommen hat. Und der Möbelverbund nimmt gerne das viele Geld und die vielen 1EURJobberInnen, die den Betreibern ihre Stellen sichern. Denn das funktioniert so: Die Projekte bekommen pro Monat und JobberIn 685 EUR und sollen von dem zusätzlichen Geld Stellen für die "Betreuung" und "Qualifizierung" der JobberInnen einrichten. Für Betreuerinnen, Anleiter oder Sozialarbeiter heißt das: feste Stellen mit BAT-Lohn.
Hier kommen eine Menge handfeste Interessen zusammen, und es geht um viel Geld (120 mal 685 EUR macht pro Jahr fast eine Million). Weniger gut kommen dabei die Arbeitslosen weg, die für 1EUR MAE ein halbes Jahr lang Möbel schleppen sollen - eine großartige Qualifizierung, die ihnen auf ihrem weiteren Weg durch den Arbeitsdschungel sicher von großem Nutzen sein wird... Und auf der Strecke bleiben könnten dabei die Selbsthilfegruppen, die dieselbe Arbeit seit Jahrzehnten selbst organisiert machen, ohne Betreuer und staatliche Gelder, aber dem Lohndumping durch soviel Fürsorge kaum gewachsen sein dürften.
Hier werden selbstverwaltete Betriebe mit öffentlichen Geldern in den Ruin getrieben.
Wir fordern die Stadt Köln auf, das Lohndumping durch die ARGE zu stoppen.
Das heißt: ARGE schließen - Weg mit dem Arbeitszwang!
SSK Salierring - Salierring 37/41 - Tel 21 31 75
SSK Ehrenfeld - Liebigstr. 25 - Tel 55 61 89
www.ssk-bleibt.de
Für Nachfragen: 0177-8156579
Online-Flyer Nr. 08 vom 14.09.2005