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Scharping, Wessels, Ruhrbania & PPP – ein Werkstattgespräch
In Mülheim haftet und zahlt nur die Stadt
Von Lothar Reinhard
Fi.Minister Helmut Linssen
Foto: www.nrw.de
Das Werkstattseminar zu PPP fand im Telekom- bzw. DeTelmmobilien-Gebäude im Brehmviertel in Düsseldorf statt. Veranstalter die Rudolf-Scharping-Consulting (RSBK), die u.a. Kommunen und private Firmen zu PPP berät.
Stargast Firma Wessels
Als Stargast mit dabei auch die holländische Firma Wessels, die davon berichtete, wie sie in Eindhoven das riesige innenstadtnahe Phillips-Gelände zusammen mit der Stadt entwickelt. Bei dem so genannten „Strijp" entwickelte Phillips zusammen mit Wessels für 27 Hektar einen Masterplan, und die gemeinsame CoKG aus Stadt und Wessels kaufte danach das Gelände auf, das nun Stück für Stück entwickelt wird.
Als die Wessels-Vertreter dann das von uns klar abgelehnte Mülheimer Ruhrbania-Projekt (siehe NRhZ 91, 97, 98,100) damit vergleichen wollten, ging das ziemlich daneben. In Mülheim fragt man sich, was die Wessels-Tochter Reggeborgh in der Projektentwicklungsgesellschaft überhaupt soll, da doch der B-Plan fertig ist und für jedes Baufeld auch noch zusätzlich ein Investoren-Wettbewerb stattfinden soll. In der EU-Ausschreibung sollte doch der Private die Baureifmachung der höchst problematischen Grundstücke (Gartendenkmal, Landesstraße, Rathausteil, Bücherei und Gesundheitshaus beseitigen sowie nicht stadteigene Gelände von AOK und Ex-Arbeitsamt erwerben und verlagern) vorfinanzieren.
Mülheims Umweltdezernentin Helga Sander wirbt für das PPP-Projekt „Ruhrbania“ | Foto: www.ruhrbania.de
Welch gleichberechtigte "Partnerschaft"!
Das aber tut die Wessels-Tochter Reggeborgh nicht und hätte wohl sonst auch keiner getan! In Mülheim haftet und zahlt nur die Stadt! Welch gleichberechtigte „Partnerschaft" per PPP! Richtigerweise nannten die Wessels-Vertreter dann Ruhrbania auch nur noch die „Operation am offenen Herzen der Stadt Mülheim." Dazu, dass die Stadt Mülheim ganz alleine jedes Finanzrisiko trägt, sagten sie nichts.
Der Banker, der die sogenannte Forfaitierung (Ankauf von Forderungen unter Verzicht auf einen Rückgriff gegen den Verkäufer bei Zahlungsausfall) vorstellen sollte, kam leider nicht. Dieser groß angekündigte Programmpunkt fiel also einfach ersatzlos weg. Dafür versuchte ein anderer Banker der Euro Hyp die Vorteile von SWAPS und Derivaten den etwa zwanzig Vertretern verschiedener Städte näher zu bringen.
Interessant auch ein Firmenvertreter, der PPP auch im mittelständischen Bereich schmackhaft machen wollte, obwohl die üblichen Finanz- und Wirtschaftsberater immer eine Mindestsumme von 20 Mio. Euro für PPP angeben, damit es sich rentieren kann. Seine Unterscheidung in „unechtes" PPP (Planung, Bau und Finanzierung über Forfaitierung) und „echtes" PPP (Planung, Bau Finanzierung als Projektfinanzierung, Unterhaltung und Betrieb) sollte man jedenfalls aufgreifen!
Lukrative neue Geschäftsfelder
Es gehe darum, dass PPP „schneller, preiswerter und effizienter" sei, und um die Frage, wer in der PPP-Partnerschaft was am besten kann. Der Vorwurf, „PPP sei nur eine raffinierte Methode der Finanzierung auf Umwegen", sei falsch und beruhe auf Missverständnissen. So leitete Scharping, der mal Ministerpräsident und 1994 sogar SPD-Kanzlerkandidat war, das Seminar ein. Als besonders gelungenes Beispiel nannte er die Schulen im Landkreis Offenbach. Schüler seien motivierter, Vandalismus geringer und Lehrer sowie Eltern identifizierten sich mehr mit ihren Schulen. Das wäre ohne PPP nicht zu erreichen gewesen, weil die Sanierung sich wegen der Haushaltslage über 20 Jahre hingestreckt hätte, wie der Landrat Herrn Scharping angeblich klar gemacht hatte.
Rudolf Scharping – nicht nur PPP-Propagandist, sondern auch Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer | Foto: Heidas
Fazit: Insgesamt ist die erklärte Zuversicht, die Scharping & Co (genau wie andere gut daran verdienende Beraterfirmen auch) verbreiten, dass mit „PPP“ alles für alle Seiten besser und billiger wird, ein deutliches Indiz, dass es vor allem um lukrative neue Geschäftsfelder bestimmter Firmen geht, nicht aber um das Gemeinwohl, das bei der Daseinsvorsorge bekanntlich im Vordergrund stehen soll. (PK)
Online-Flyer Nr. 102 vom 04.07.2007
Scharping, Wessels, Ruhrbania & PPP – ein Werkstattgespräch
In Mülheim haftet und zahlt nur die Stadt
Von Lothar Reinhard
Fi.Minister Helmut Linssen
Foto: www.nrw.de
Das Werkstattseminar zu PPP fand im Telekom- bzw. DeTelmmobilien-Gebäude im Brehmviertel in Düsseldorf statt. Veranstalter die Rudolf-Scharping-Consulting (RSBK), die u.a. Kommunen und private Firmen zu PPP berät.
Stargast Firma Wessels
Als Stargast mit dabei auch die holländische Firma Wessels, die davon berichtete, wie sie in Eindhoven das riesige innenstadtnahe Phillips-Gelände zusammen mit der Stadt entwickelt. Bei dem so genannten „Strijp" entwickelte Phillips zusammen mit Wessels für 27 Hektar einen Masterplan, und die gemeinsame CoKG aus Stadt und Wessels kaufte danach das Gelände auf, das nun Stück für Stück entwickelt wird.
Als die Wessels-Vertreter dann das von uns klar abgelehnte Mülheimer Ruhrbania-Projekt (siehe NRhZ 91, 97, 98,100) damit vergleichen wollten, ging das ziemlich daneben. In Mülheim fragt man sich, was die Wessels-Tochter Reggeborgh in der Projektentwicklungsgesellschaft überhaupt soll, da doch der B-Plan fertig ist und für jedes Baufeld auch noch zusätzlich ein Investoren-Wettbewerb stattfinden soll. In der EU-Ausschreibung sollte doch der Private die Baureifmachung der höchst problematischen Grundstücke (Gartendenkmal, Landesstraße, Rathausteil, Bücherei und Gesundheitshaus beseitigen sowie nicht stadteigene Gelände von AOK und Ex-Arbeitsamt erwerben und verlagern) vorfinanzieren.
Mülheims Umweltdezernentin Helga Sander wirbt für das PPP-Projekt „Ruhrbania“ | Foto: www.ruhrbania.de
Welch gleichberechtigte "Partnerschaft"!
Das aber tut die Wessels-Tochter Reggeborgh nicht und hätte wohl sonst auch keiner getan! In Mülheim haftet und zahlt nur die Stadt! Welch gleichberechtigte „Partnerschaft" per PPP! Richtigerweise nannten die Wessels-Vertreter dann Ruhrbania auch nur noch die „Operation am offenen Herzen der Stadt Mülheim." Dazu, dass die Stadt Mülheim ganz alleine jedes Finanzrisiko trägt, sagten sie nichts.
Der Banker, der die sogenannte Forfaitierung (Ankauf von Forderungen unter Verzicht auf einen Rückgriff gegen den Verkäufer bei Zahlungsausfall) vorstellen sollte, kam leider nicht. Dieser groß angekündigte Programmpunkt fiel also einfach ersatzlos weg. Dafür versuchte ein anderer Banker der Euro Hyp die Vorteile von SWAPS und Derivaten den etwa zwanzig Vertretern verschiedener Städte näher zu bringen.
Interessant auch ein Firmenvertreter, der PPP auch im mittelständischen Bereich schmackhaft machen wollte, obwohl die üblichen Finanz- und Wirtschaftsberater immer eine Mindestsumme von 20 Mio. Euro für PPP angeben, damit es sich rentieren kann. Seine Unterscheidung in „unechtes" PPP (Planung, Bau und Finanzierung über Forfaitierung) und „echtes" PPP (Planung, Bau Finanzierung als Projektfinanzierung, Unterhaltung und Betrieb) sollte man jedenfalls aufgreifen!
Lukrative neue Geschäftsfelder
Es gehe darum, dass PPP „schneller, preiswerter und effizienter" sei, und um die Frage, wer in der PPP-Partnerschaft was am besten kann. Der Vorwurf, „PPP sei nur eine raffinierte Methode der Finanzierung auf Umwegen", sei falsch und beruhe auf Missverständnissen. So leitete Scharping, der mal Ministerpräsident und 1994 sogar SPD-Kanzlerkandidat war, das Seminar ein. Als besonders gelungenes Beispiel nannte er die Schulen im Landkreis Offenbach. Schüler seien motivierter, Vandalismus geringer und Lehrer sowie Eltern identifizierten sich mehr mit ihren Schulen. Das wäre ohne PPP nicht zu erreichen gewesen, weil die Sanierung sich wegen der Haushaltslage über 20 Jahre hingestreckt hätte, wie der Landrat Herrn Scharping angeblich klar gemacht hatte.
Rudolf Scharping – nicht nur PPP-Propagandist, sondern auch Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer | Foto: Heidas
Fazit: Insgesamt ist die erklärte Zuversicht, die Scharping & Co (genau wie andere gut daran verdienende Beraterfirmen auch) verbreiten, dass mit „PPP“ alles für alle Seiten besser und billiger wird, ein deutliches Indiz, dass es vor allem um lukrative neue Geschäftsfelder bestimmter Firmen geht, nicht aber um das Gemeinwohl, das bei der Daseinsvorsorge bekanntlich im Vordergrund stehen soll. (PK)
Online-Flyer Nr. 102 vom 04.07.2007