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Erneuter Widerstand gegen zweifelhafte Rekrutierungen
„Helm ab, Hirn rein"
Von Hans-Dieter Hey
Denn an diesem Tag kam die Bundeswehr unter massivem Polizeischutz wieder zur Kölner Arbeitsagentur, um Rekruten anzuwerben. Wegen der zahlreichen Auslandseinsätze kommt es offensichtlich zu Engpässen, und der Nachwuchs scheint langsam aus zu gehen. Die Zahl der nachträglich verweigernden Soldaten soll um 40 Prozent gestiegen sein. Während diese Nachricht bei den Kriegsgegnern sicher Freude auslöst, haben sich Regierungsstellen fragwürdige Anwerbemethoden für eine Ausbildung in der Bundeswehr einfallen lassen. Sie lassen die Umworbenen im Wesentlichen über die Risiken unaufgeklärt.
Beim Ködern verlässt sich die Bundeswehr auf ihr Werbeportal im Internet: „Karriere mit Zukunft. Als Soldatin oder Soldat in den Streitkräften erwarten Sie interessante und abwechslungsreiche Aufgaben mit hohen Anforderungen". Vieles jedoch bleibt für die Interessenten im Dunkeln.
Widerstand gegen Ausbildungsziele
Quelle: H.-D. Hey, arbeiterfotografie.com
Arge-Chef Josef Ludwig: Kein Druck auf Jugendliche erlaubt
Erstens – so die Kriegsgegner – sei die Bundeswehr kein normaler Ausbildungsbetrieb und zweitens Soldatsein kein normaler Beruf, weil Ziel der Ausbildung letztlich immer noch das Töten von Menschen sei. Seit längerer Zeit meldet deshalb „Bundeswehr wegtreten" in Köln – aber inzwischen auch in Aachen, Berlin, Bielefeld, Görlitz oder Weimar – verstärkt Widerstand gegen die Rekrutierungen in den Arbeitsagenturen an. Den bekam in Wuppertal kürzlich Stabsoberbootsmann Heinrichs in Form einer Torte mit dem Ruf der Spenderin: „Bundeswehr wegtorten!" zu spüren.
Die Formen zivilen Widerstandes sind äußerst erfindungsreich – wie die Rebel Clown Army seit einiger Zeit zeigt – und das öffentliche Interesse daran steigt stark. Offenbar hat sich der zivile Einsatz gelohnt: Zeitweise wurde die Bundeswehr nur dadurch von den Arbeitsagenturen wieder ausgeladen. Inzwischen mussten allerdings – offensichtlich auf Druck aus Berlin – die Rekrutierungen in den Agenturen wieder aufgenommen werden.
Clownerie als erfolgreicher ziviler Widerstand
Quelle: H.-D. Hey, arbeiterfotografie.com
Nach Bekundungen betroffener Jugendlicher waren die Vorstellungsrunden mit der Bundeswehr in Köln früher nicht ganz freiwillig, sondern erfolgten unter Androhung von Konsequenzen im Falle der Nichtteilnahme. Josef Ludwig, Chef der Kölner Arbeitsagentur, erklärte jedoch am 28. Juni gegenüber der NRhZ: „Druck auf die Jugendlichen von Seiten der Arbeitsagentur hat garantiert nicht stattgefunden." Nach Kenntnis der NRhZ existiert heute eine Anweisung der Arbeitsagentur, dass die Teilnahme an diesen Vorstellungsrunden freiwillig ist und kein Druck erfolgen darf. Nach der Aufregung, die es darüber in der Vergangenheit gegeben hat, sicher ein kleiner Erfolg der Widerständler.
Verantwortungsvolle Obhut zum Töten?
Quelle: H.-D. Hey, arbeiterfotografie.com
Quälereien als „Spiel"
Die Forderungen nach einem Ende der Rekrutierungen in den Arges begründet „Bundeswehr wegtreten" auch mit den inneren Zuständen in der Bundeswehr, „der man junge Menschen nicht in verantwortliche Obhut geben kann" – so ein Mitglied der Gruppe. Sie beruft sich dabei auf die Berichte der Wehrbeauftragten der Bundeswehr. Demnach finden seelisch und körperlich gewaltsame Übergriffe von Vorgesetzten und Mitsoldaten, Belästigungen, Quälereien und Beleidigungen statt. Auch gewisse sadistische Rituale wie das Nierenspiel werden in den gängigen Medien weitgehend verschwiegen: Man schlägt sich gegenseitig auf die Nieren, bis ein „Mitspieler" umfällt. Einem Soldaten musste daraufhin die Niere entfernt werden.
Bei derlei hirnlosen „Spielen" ist man in der Bundeswehr wohl erfindungsreich. Offensichtlich sind auch bei einigen Truppenteilen die Verehrung von Kriegsverbrechern, offener Rassismus und der Hitlergruß an der Tagesordnung. Die Jungdemokraten haben eine mangelnde ethische Ausrichtung und Qualifizierung ausgemacht und fordern deshalb auf einer Postkarte „Helm ab, Hirn rein!" Einem normalen Ausbildungsbetrieb wäre bei ähnlichen Vorgängen von der Industrie- und Handelskammer längst die Ausbildungslizenz entzogen worden. Dieser Gefahr ist die Bundeswehr anscheinend nicht ausgesetzt.
Jungdemokraten kämpfen gegen Militarisierung
Quelle: Jungdemokraten, Gestaltung: warenform/a.forgacs
Nicht nur gegen die Ausbildung von Jugendlichen wendet sich „Bundeswehr wegtreten", sondern auch gegen die Teilnahme von deutschen Soldaten an völkerrechtswidrigen Kriegseinsätzen. Sie fordert Soldaten dazu auf, sich mit einer vorsorglichen Erklärung an den Bundesminister für Verteidigung, Dr. Franz Josef Jung, persönlich zu wenden, um sich gegen derartige Einsätze und Befehle zu wehren. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungs- und des Bundesverfassungsgerichtes sei der Einsatz der Bundeswehr nur rechtmäßig, wenn er weder gegen deutsches Recht noch gegen das Völkerrecht verstößt.
Erfolgreich wurde dies bereits durch Oberstleutnant Jürgen Rose vorexerziert, der sich mit einer solchen vorsorglichen Erklärung gewehrt hatte und deshalb an einem Auslandseinsatz nicht teilnehmen musste. Lesen Sie dazu auch das Interview in der NRhZ 87. (PK)
Online-Flyer Nr. 102 vom 04.07.2007
Erneuter Widerstand gegen zweifelhafte Rekrutierungen
„Helm ab, Hirn rein"
Von Hans-Dieter Hey
Denn an diesem Tag kam die Bundeswehr unter massivem Polizeischutz wieder zur Kölner Arbeitsagentur, um Rekruten anzuwerben. Wegen der zahlreichen Auslandseinsätze kommt es offensichtlich zu Engpässen, und der Nachwuchs scheint langsam aus zu gehen. Die Zahl der nachträglich verweigernden Soldaten soll um 40 Prozent gestiegen sein. Während diese Nachricht bei den Kriegsgegnern sicher Freude auslöst, haben sich Regierungsstellen fragwürdige Anwerbemethoden für eine Ausbildung in der Bundeswehr einfallen lassen. Sie lassen die Umworbenen im Wesentlichen über die Risiken unaufgeklärt.
Beim Ködern verlässt sich die Bundeswehr auf ihr Werbeportal im Internet: „Karriere mit Zukunft. Als Soldatin oder Soldat in den Streitkräften erwarten Sie interessante und abwechslungsreiche Aufgaben mit hohen Anforderungen". Vieles jedoch bleibt für die Interessenten im Dunkeln.
Widerstand gegen Ausbildungsziele
Quelle: H.-D. Hey, arbeiterfotografie.com
Arge-Chef Josef Ludwig: Kein Druck auf Jugendliche erlaubt
Erstens – so die Kriegsgegner – sei die Bundeswehr kein normaler Ausbildungsbetrieb und zweitens Soldatsein kein normaler Beruf, weil Ziel der Ausbildung letztlich immer noch das Töten von Menschen sei. Seit längerer Zeit meldet deshalb „Bundeswehr wegtreten" in Köln – aber inzwischen auch in Aachen, Berlin, Bielefeld, Görlitz oder Weimar – verstärkt Widerstand gegen die Rekrutierungen in den Arbeitsagenturen an. Den bekam in Wuppertal kürzlich Stabsoberbootsmann Heinrichs in Form einer Torte mit dem Ruf der Spenderin: „Bundeswehr wegtorten!" zu spüren.
Die Formen zivilen Widerstandes sind äußerst erfindungsreich – wie die Rebel Clown Army seit einiger Zeit zeigt – und das öffentliche Interesse daran steigt stark. Offenbar hat sich der zivile Einsatz gelohnt: Zeitweise wurde die Bundeswehr nur dadurch von den Arbeitsagenturen wieder ausgeladen. Inzwischen mussten allerdings – offensichtlich auf Druck aus Berlin – die Rekrutierungen in den Agenturen wieder aufgenommen werden.
Clownerie als erfolgreicher ziviler Widerstand
Quelle: H.-D. Hey, arbeiterfotografie.com
Nach Bekundungen betroffener Jugendlicher waren die Vorstellungsrunden mit der Bundeswehr in Köln früher nicht ganz freiwillig, sondern erfolgten unter Androhung von Konsequenzen im Falle der Nichtteilnahme. Josef Ludwig, Chef der Kölner Arbeitsagentur, erklärte jedoch am 28. Juni gegenüber der NRhZ: „Druck auf die Jugendlichen von Seiten der Arbeitsagentur hat garantiert nicht stattgefunden." Nach Kenntnis der NRhZ existiert heute eine Anweisung der Arbeitsagentur, dass die Teilnahme an diesen Vorstellungsrunden freiwillig ist und kein Druck erfolgen darf. Nach der Aufregung, die es darüber in der Vergangenheit gegeben hat, sicher ein kleiner Erfolg der Widerständler.
Verantwortungsvolle Obhut zum Töten?
Quelle: H.-D. Hey, arbeiterfotografie.com
Quälereien als „Spiel"
Die Forderungen nach einem Ende der Rekrutierungen in den Arges begründet „Bundeswehr wegtreten" auch mit den inneren Zuständen in der Bundeswehr, „der man junge Menschen nicht in verantwortliche Obhut geben kann" – so ein Mitglied der Gruppe. Sie beruft sich dabei auf die Berichte der Wehrbeauftragten der Bundeswehr. Demnach finden seelisch und körperlich gewaltsame Übergriffe von Vorgesetzten und Mitsoldaten, Belästigungen, Quälereien und Beleidigungen statt. Auch gewisse sadistische Rituale wie das Nierenspiel werden in den gängigen Medien weitgehend verschwiegen: Man schlägt sich gegenseitig auf die Nieren, bis ein „Mitspieler" umfällt. Einem Soldaten musste daraufhin die Niere entfernt werden.
Bei derlei hirnlosen „Spielen" ist man in der Bundeswehr wohl erfindungsreich. Offensichtlich sind auch bei einigen Truppenteilen die Verehrung von Kriegsverbrechern, offener Rassismus und der Hitlergruß an der Tagesordnung. Die Jungdemokraten haben eine mangelnde ethische Ausrichtung und Qualifizierung ausgemacht und fordern deshalb auf einer Postkarte „Helm ab, Hirn rein!" Einem normalen Ausbildungsbetrieb wäre bei ähnlichen Vorgängen von der Industrie- und Handelskammer längst die Ausbildungslizenz entzogen worden. Dieser Gefahr ist die Bundeswehr anscheinend nicht ausgesetzt.
Jungdemokraten kämpfen gegen Militarisierung
Quelle: Jungdemokraten, Gestaltung: warenform/a.forgacs
Nicht nur gegen die Ausbildung von Jugendlichen wendet sich „Bundeswehr wegtreten", sondern auch gegen die Teilnahme von deutschen Soldaten an völkerrechtswidrigen Kriegseinsätzen. Sie fordert Soldaten dazu auf, sich mit einer vorsorglichen Erklärung an den Bundesminister für Verteidigung, Dr. Franz Josef Jung, persönlich zu wenden, um sich gegen derartige Einsätze und Befehle zu wehren. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungs- und des Bundesverfassungsgerichtes sei der Einsatz der Bundeswehr nur rechtmäßig, wenn er weder gegen deutsches Recht noch gegen das Völkerrecht verstößt.
Erfolgreich wurde dies bereits durch Oberstleutnant Jürgen Rose vorexerziert, der sich mit einer solchen vorsorglichen Erklärung gewehrt hatte und deshalb an einem Auslandseinsatz nicht teilnehmen musste. Lesen Sie dazu auch das Interview in der NRhZ 87. (PK)
Online-Flyer Nr. 102 vom 04.07.2007