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Kultur und Wissen
Mutter-Tochter-Filmkomödie „Von Frau zu Frau“
Allzu überfürsorglich
Von Franziska Finke
Die Story: Als von Männern enttäuschte Frau und überfürsorgliche Mutter sowie Meisterbäckerin mischt sich Daphne permanent ein, in das Leben ihrer drei erwachsenen Töchter: die Psychologin Maggie (gespielt von Lauren Graham), Mae (Piper Perabo) und Milly (Mandy Moore). Besonders gelten ihre Sorgen Milly, der Jüngsten, die zwar mit ihrem eigenen Catering-Unternehmen erfolgreich ist, in Liebesdingen jedoch auf ganzer Linie versagt und fast schon resigniert hat.
Tricksen, Kuppeln, Daten
Für Daphne heißt dies eins: Ihre Tochter braucht einen Lover und zwar den richtigen. Deshalb schaltet Daphne, natürlich nur zum Besten ihrer Tochter, aber auch ohne ihr Wissen, eine Kontaktanzeige im Internet. Beim „Bewerbungsgespräch“ tritt die versammelte Freakgemeinde der Stadt an, darunter findet sich ein Top-Kandidat in Person des aalglatten, ehrgeizigen und pedantischen Jungarchitekten Jason (gespielt von Tom E. Scott). Da schlägt das Mutterherz höher, es sieht so aus, als sei der Prinz gefunden, und es wird getrickst, bis ein erstes, scheinbar spontanes Treffen zwischen Milly und Jason arrangiert ist. Alles könnte nun wie am Schnürchen laufen, genau so, wie es sich Daphne ausgedacht hat, wäre da nicht noch ein zweiter selbsternannter Kandidat, der unkonventionelle, feinfühlige Blues- und Rock-Musiker Johnny (Gabriel Macht), übrigens auch mit Vorleben und einem wilden kleinen Sohn. Johnny hat zufällig von der mütterlichen Aktion Wind bekommen und will ebenfalls Millys Herz erobern, allerdings im Alleingang. Und dann entwickelt Milly sogar ein bisschen Geschmack am Abenteuer und darf zuweilen an der mal heimlichen, mal offenen Liebe nippen.
Klischees und Hysterie
Leider hält diese Komödie nicht, was sie verspricht. Die absolute Kontrolle dreier und besonders einer jüngsten Tochter durch eine vom Leben verletzte Supermutter und Überkameradin ist ein Thema, das auf der Linie anderer Komödien mit einer Besetzung aus jüngeren und älteren Stars liegt, wie in Produktionen mit Jane Fonda, Jack Nicholson, auch wieder Diane Keaton („Something’s Gotta to Give“), Robert de Niro, Dustin Hoffman und Barbara Streisand. Das Potential des Themas zwischen Emanzipation und Lebenslust quer durch alle Generationen wird diesmal aber nicht so recht ausgereizt. Dabei ist das Motto gar nicht so übel: „Warum Mütter alles besser wissen... und Töchter trotzdem machen, was sie wollen.“
Allgegenwärtige Hochzeitstorten und ohne entscheidende Gespräche
Bild: „Von Frau zu Frau“
Trotzdem aber bleibt der Plot irgendwie stecken: Klischeebeladen und überzeichnet hangeln sich die Charaktere mehr schlecht als recht durch das magere Drehbuch, das sich zwischen Drastik und Sensibilität nicht recht entscheiden kann. Irgendwann ist die Rechnung klar: Daphne braucht ebenfalls wieder einen Mann und Milly einen, der nicht von Muttern vorgefiltert wurde. Mandy Moore ist zwar als junger Widerpart der Keaton ein vitales Darstellersternchen, jedoch derzeit als Sängerin und Boutiquen-Label-Trägerin weitaus erfolgreicher. Einzig Diane Keaton sticht in dieser Besetzung der leicht überdreht über Sex und die Welt vor sich hinblubbernden Ladies hervor. Allerdings durch eine unkontrollierte, hysterische und vor allem nervtötende Strampel-Performance, die im Zentrum des Films immer wieder massiv stört.
Nervenzusammenbrüche im Vorschulzeitalter
Für wirkliche komödiantische Dramatik und differenzierten Witz wie in Pedro Almodóvars „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ oder hintersinnige Seelen-Analyse wie in Ingmar Bergman oder in gereiften Woody-Allen-Filmen haben weder Figuren noch Schauspieler genügend Individualität und Geist. Drehbuch und Film werden den Plastiktouch der allgegenwärtigen Hochzeitstorten nicht los: Die entscheidenden Gespräche über Leben und Liebe zwischen Mutter und Tochter bleiben im Vorschulalter stecken, ohne komisch oder bedeutungsvoll zu wirken. Auch Millys parallele Affären mit beiden Bewerbern, die doch immerhin von heftiger Lebenslust künden könnten, werden brav am Rande abgehandelt, egal, ob unerkannt von der Supermama eingefädelt oder vom Töchterchen selbst riskiert. Das moralische Übermutter-Auge scheint allgegenwärtig zu sein. Die Schwestern haben kaum Bezug zur Handlung, sie sind nur ein niedlicher Begleitchor, genauso wie Johnnys verhaltensauffälliger Sohn aus früherer Ehe.
Slapstickeinlagen und Wurzelbehandlung
Zentrale Sitcom-Gags beschränken sich auf unbeholfene Slapstickeinlagen, dabei nicht einmal so gekonnt peinlich wie im Klamauk von „American Pie“. Von nicht-abstellbaren Internet-Pornofilmen und dem aufgeregten Hund, über Torten im Gesicht, dem harmlosen und auch noch stummen Mutter-Tochter-Orgasmus-Krisen-Dialog bis zu statisch aufgeladenen Luftballons, die an Hinterteilen festkleben, und den verquirlten Beinen bei Daphnes Liebesspiel mit ihrem neuen Lover im Finale bleibt dem Zuschauer nichts erspart. Aber all das ist nicht sexy, sondern irgendwie aseptisch, asexuell und flach. Angeblich entstand die Idee zum Film im Wartezimmer einer Zahnarztpraxis, als eine Mutter ihr Rezept zum Verkuppeln ihrer Tochter verriet. Tatsächlich hat „Von Frau zu Frau“ viel mit einer Wurzelbehandlung gemein – man ist froh, wenn es endlich vorbei ist. (CH)
„Von Frau zu Frau“ startet ab Donnerstag, 2. August 2007, im Kino.
Online-Flyer Nr. 106 vom 01.08.2007
Mutter-Tochter-Filmkomödie „Von Frau zu Frau“
Allzu überfürsorglich
Von Franziska Finke
Die Story: Als von Männern enttäuschte Frau und überfürsorgliche Mutter sowie Meisterbäckerin mischt sich Daphne permanent ein, in das Leben ihrer drei erwachsenen Töchter: die Psychologin Maggie (gespielt von Lauren Graham), Mae (Piper Perabo) und Milly (Mandy Moore). Besonders gelten ihre Sorgen Milly, der Jüngsten, die zwar mit ihrem eigenen Catering-Unternehmen erfolgreich ist, in Liebesdingen jedoch auf ganzer Linie versagt und fast schon resigniert hat.
Tricksen, Kuppeln, Daten
Für Daphne heißt dies eins: Ihre Tochter braucht einen Lover und zwar den richtigen. Deshalb schaltet Daphne, natürlich nur zum Besten ihrer Tochter, aber auch ohne ihr Wissen, eine Kontaktanzeige im Internet. Beim „Bewerbungsgespräch“ tritt die versammelte Freakgemeinde der Stadt an, darunter findet sich ein Top-Kandidat in Person des aalglatten, ehrgeizigen und pedantischen Jungarchitekten Jason (gespielt von Tom E. Scott). Da schlägt das Mutterherz höher, es sieht so aus, als sei der Prinz gefunden, und es wird getrickst, bis ein erstes, scheinbar spontanes Treffen zwischen Milly und Jason arrangiert ist. Alles könnte nun wie am Schnürchen laufen, genau so, wie es sich Daphne ausgedacht hat, wäre da nicht noch ein zweiter selbsternannter Kandidat, der unkonventionelle, feinfühlige Blues- und Rock-Musiker Johnny (Gabriel Macht), übrigens auch mit Vorleben und einem wilden kleinen Sohn. Johnny hat zufällig von der mütterlichen Aktion Wind bekommen und will ebenfalls Millys Herz erobern, allerdings im Alleingang. Und dann entwickelt Milly sogar ein bisschen Geschmack am Abenteuer und darf zuweilen an der mal heimlichen, mal offenen Liebe nippen.
Klischees und Hysterie
Leider hält diese Komödie nicht, was sie verspricht. Die absolute Kontrolle dreier und besonders einer jüngsten Tochter durch eine vom Leben verletzte Supermutter und Überkameradin ist ein Thema, das auf der Linie anderer Komödien mit einer Besetzung aus jüngeren und älteren Stars liegt, wie in Produktionen mit Jane Fonda, Jack Nicholson, auch wieder Diane Keaton („Something’s Gotta to Give“), Robert de Niro, Dustin Hoffman und Barbara Streisand. Das Potential des Themas zwischen Emanzipation und Lebenslust quer durch alle Generationen wird diesmal aber nicht so recht ausgereizt. Dabei ist das Motto gar nicht so übel: „Warum Mütter alles besser wissen... und Töchter trotzdem machen, was sie wollen.“
Allgegenwärtige Hochzeitstorten und ohne entscheidende Gespräche
Bild: „Von Frau zu Frau“
Trotzdem aber bleibt der Plot irgendwie stecken: Klischeebeladen und überzeichnet hangeln sich die Charaktere mehr schlecht als recht durch das magere Drehbuch, das sich zwischen Drastik und Sensibilität nicht recht entscheiden kann. Irgendwann ist die Rechnung klar: Daphne braucht ebenfalls wieder einen Mann und Milly einen, der nicht von Muttern vorgefiltert wurde. Mandy Moore ist zwar als junger Widerpart der Keaton ein vitales Darstellersternchen, jedoch derzeit als Sängerin und Boutiquen-Label-Trägerin weitaus erfolgreicher. Einzig Diane Keaton sticht in dieser Besetzung der leicht überdreht über Sex und die Welt vor sich hinblubbernden Ladies hervor. Allerdings durch eine unkontrollierte, hysterische und vor allem nervtötende Strampel-Performance, die im Zentrum des Films immer wieder massiv stört.
Nervenzusammenbrüche im Vorschulzeitalter
Für wirkliche komödiantische Dramatik und differenzierten Witz wie in Pedro Almodóvars „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ oder hintersinnige Seelen-Analyse wie in Ingmar Bergman oder in gereiften Woody-Allen-Filmen haben weder Figuren noch Schauspieler genügend Individualität und Geist. Drehbuch und Film werden den Plastiktouch der allgegenwärtigen Hochzeitstorten nicht los: Die entscheidenden Gespräche über Leben und Liebe zwischen Mutter und Tochter bleiben im Vorschulalter stecken, ohne komisch oder bedeutungsvoll zu wirken. Auch Millys parallele Affären mit beiden Bewerbern, die doch immerhin von heftiger Lebenslust künden könnten, werden brav am Rande abgehandelt, egal, ob unerkannt von der Supermama eingefädelt oder vom Töchterchen selbst riskiert. Das moralische Übermutter-Auge scheint allgegenwärtig zu sein. Die Schwestern haben kaum Bezug zur Handlung, sie sind nur ein niedlicher Begleitchor, genauso wie Johnnys verhaltensauffälliger Sohn aus früherer Ehe.
Slapstickeinlagen und Wurzelbehandlung
Zentrale Sitcom-Gags beschränken sich auf unbeholfene Slapstickeinlagen, dabei nicht einmal so gekonnt peinlich wie im Klamauk von „American Pie“. Von nicht-abstellbaren Internet-Pornofilmen und dem aufgeregten Hund, über Torten im Gesicht, dem harmlosen und auch noch stummen Mutter-Tochter-Orgasmus-Krisen-Dialog bis zu statisch aufgeladenen Luftballons, die an Hinterteilen festkleben, und den verquirlten Beinen bei Daphnes Liebesspiel mit ihrem neuen Lover im Finale bleibt dem Zuschauer nichts erspart. Aber all das ist nicht sexy, sondern irgendwie aseptisch, asexuell und flach. Angeblich entstand die Idee zum Film im Wartezimmer einer Zahnarztpraxis, als eine Mutter ihr Rezept zum Verkuppeln ihrer Tochter verriet. Tatsächlich hat „Von Frau zu Frau“ viel mit einer Wurzelbehandlung gemein – man ist froh, wenn es endlich vorbei ist. (CH)
„Von Frau zu Frau“ startet ab Donnerstag, 2. August 2007, im Kino.
Online-Flyer Nr. 106 vom 01.08.2007