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Kultur und Wissen
Skulpturen und Zeichnungen in der Kudlek-van-der-Grinten Galerie in Köln
Jenseits von Raum und Zeit
Von Peter V. Brinkemper
Lemur, 2006
Foto: Fuchs
Luise Unger: Schwerelose Gebilde mit unendlich feinen Mustern
Luise Unger zitiert ein Motto von Oscar Wilde: „Das wahre Geheimnis der Welt ist das Sichtbare, nicht das Unsichtbare.“ Vielleicht passt dieses geflügelte Wort zu den aus Drahtgewebe eigens angefertigten halbtransparenten Objekten. Wie von der Materie befreit und doch mit komplexer Oberfläche und sich überlagernden Binnenstrukturen versehen, fangen diese schwerelosen Gebilde das Licht ein. Sie brechen es in unendlichen feinen Mustern (als Moiré-Effekt), die sich flüchtig aus den wechselnden Standpunkten des Beobachters ergeben.
„Panta Rhei, Alles Fließt", 2005
Foto: Fuchs
Die Skulpturen sind anthrazit oder auch tiefschwarz, sie wirken vor allem zunächst graphisch. Und doch kommt ihnen eine virtuelle Voluminosität zu: eine künstliche Art, den inneren und äußeren Raum anzudeuten, ihn zu konstruieren und ihn aus den kleinen Einheiten der Vernetzung durch sphärische Krümmung und Verzweigung zu erzeugen. In den aktuellen Arbeiten sind die Formen aus Edelstahldraht, Kupferdraht und Polyesterfaden – in einer gewagten Häkeltechnik – aus der Hand der Künstlerin entstanden. Auf diese Weise ergeben sich „vollplastische, rundum geschlossene Oberflächen“ (so die Kunstkritikerin Sabine Müller), architektonische Modelle, die dennoch mit einer entsprechenden Halbtransparenz den Einblick ermöglichen: auf das Innere, auf eingepuppte Formen oder die antipodischen Außenstrukturen und auch mit dem Hintergrund des spacigen Ausstellungsambientes wie in einem Mobile der Gattungen spielen.
„Dornen-Diagramm" (alle 2007, Graphit auf Bütten)
Foto: Unger/Alistaer Overbruck
Harald Fuchs: Exzessive Gratwanderungen zwischen Religion und moderner Physik
Harald Fuchs großformatige Zeichnungen sind im Kontext seiner exzessiven Gratwanderungen zwischen Wissenschaft und Kunst, Installationen und Bild, Experiment und Ritual, Fotografie und freier bildnerischer Tätigkeit zu verstehen. Fuchs bietet in seinen schwarzweißen Arbeiten Kondensate seiner Projekte und Ideen: Die abstrakte Bildwelt der modernen Physik mit ihren subatomaren Nebelkammern und ihren Teilchenbeschleunigern, die religiösen Symbole der großen Weltreligionen und die körpernahen Rituale der „Stammeskulturen“. Die Überlagerungen von statischen Bildprojektionen und die Aufzeichnungen von dynamischen Vorgängen, sei es das klassische Druck-und-Stoß-Modell der Billardkugeln oder die Erhitzung von Wasser und Fett, bis hin zur Zersprengung von Tropfenformationen. Jüngst hat er im Museum auf Schloss Moyland seine Überlegungen in eine Licht- und Klanginstallation überführt, die die Zuschauer in ein Medien- und Spiegellabyrinth rund um einen „Altar“ oder „Opfertisch“ führt, der dem Kernspalter Otto Hahn zugeordnet ist.
„Im Licht der veränderten Perspektive"
Foto: Unger/Alistaer Overbruck
Sprunghafte Gleichzeitigkeit und konstruktiver Kosmos
In den Zeichnungen von Harald Fuchs findet die verwirrend mehrdeutige Gleichzeitigkeit von Ideen, Systemen und Medien, die sprunghafte Assoziation und der Kampf zwischen Aufklärung und Mystizismus einen vorübergehenden Ruhepol. Fuchs will die dunkle Rückseite des technisch-wissenschaftlichen Fortschrittes augenblicksweise ans Licht zerren und die religiösen Ursprünge des Wissenschaftsglaubens unvergessen machen.
„Gestreute Partitur"
Foto: Unger/Alistaer Overbruck
Luise Unger setzt in ihren Arbeiten auf Reduktion und Konzentration, um aus der Entwicklung einer Form im Nahbereich zwischen Betrachter und Werk eine Welt in sich zu schaffen, die ihrer konstruktiven Anmut immer neue Schönheiten ausstrahlt. (CH)
Foto: Fuchs
Online-Flyer Nr. 108 vom 15.08.2007
Skulpturen und Zeichnungen in der Kudlek-van-der-Grinten Galerie in Köln
Jenseits von Raum und Zeit
Von Peter V. Brinkemper
Lemur, 2006
Foto: Fuchs
Luise Unger: Schwerelose Gebilde mit unendlich feinen Mustern
Luise Unger zitiert ein Motto von Oscar Wilde: „Das wahre Geheimnis der Welt ist das Sichtbare, nicht das Unsichtbare.“ Vielleicht passt dieses geflügelte Wort zu den aus Drahtgewebe eigens angefertigten halbtransparenten Objekten. Wie von der Materie befreit und doch mit komplexer Oberfläche und sich überlagernden Binnenstrukturen versehen, fangen diese schwerelosen Gebilde das Licht ein. Sie brechen es in unendlichen feinen Mustern (als Moiré-Effekt), die sich flüchtig aus den wechselnden Standpunkten des Beobachters ergeben.
„Panta Rhei, Alles Fließt", 2005
Foto: Fuchs
Die Skulpturen sind anthrazit oder auch tiefschwarz, sie wirken vor allem zunächst graphisch. Und doch kommt ihnen eine virtuelle Voluminosität zu: eine künstliche Art, den inneren und äußeren Raum anzudeuten, ihn zu konstruieren und ihn aus den kleinen Einheiten der Vernetzung durch sphärische Krümmung und Verzweigung zu erzeugen. In den aktuellen Arbeiten sind die Formen aus Edelstahldraht, Kupferdraht und Polyesterfaden – in einer gewagten Häkeltechnik – aus der Hand der Künstlerin entstanden. Auf diese Weise ergeben sich „vollplastische, rundum geschlossene Oberflächen“ (so die Kunstkritikerin Sabine Müller), architektonische Modelle, die dennoch mit einer entsprechenden Halbtransparenz den Einblick ermöglichen: auf das Innere, auf eingepuppte Formen oder die antipodischen Außenstrukturen und auch mit dem Hintergrund des spacigen Ausstellungsambientes wie in einem Mobile der Gattungen spielen.
„Dornen-Diagramm" (alle 2007, Graphit auf Bütten)
Foto: Unger/Alistaer Overbruck
Harald Fuchs: Exzessive Gratwanderungen zwischen Religion und moderner Physik
Harald Fuchs großformatige Zeichnungen sind im Kontext seiner exzessiven Gratwanderungen zwischen Wissenschaft und Kunst, Installationen und Bild, Experiment und Ritual, Fotografie und freier bildnerischer Tätigkeit zu verstehen. Fuchs bietet in seinen schwarzweißen Arbeiten Kondensate seiner Projekte und Ideen: Die abstrakte Bildwelt der modernen Physik mit ihren subatomaren Nebelkammern und ihren Teilchenbeschleunigern, die religiösen Symbole der großen Weltreligionen und die körpernahen Rituale der „Stammeskulturen“. Die Überlagerungen von statischen Bildprojektionen und die Aufzeichnungen von dynamischen Vorgängen, sei es das klassische Druck-und-Stoß-Modell der Billardkugeln oder die Erhitzung von Wasser und Fett, bis hin zur Zersprengung von Tropfenformationen. Jüngst hat er im Museum auf Schloss Moyland seine Überlegungen in eine Licht- und Klanginstallation überführt, die die Zuschauer in ein Medien- und Spiegellabyrinth rund um einen „Altar“ oder „Opfertisch“ führt, der dem Kernspalter Otto Hahn zugeordnet ist.
„Im Licht der veränderten Perspektive"
Foto: Unger/Alistaer Overbruck
Sprunghafte Gleichzeitigkeit und konstruktiver Kosmos
In den Zeichnungen von Harald Fuchs findet die verwirrend mehrdeutige Gleichzeitigkeit von Ideen, Systemen und Medien, die sprunghafte Assoziation und der Kampf zwischen Aufklärung und Mystizismus einen vorübergehenden Ruhepol. Fuchs will die dunkle Rückseite des technisch-wissenschaftlichen Fortschrittes augenblicksweise ans Licht zerren und die religiösen Ursprünge des Wissenschaftsglaubens unvergessen machen.
„Gestreute Partitur"
Foto: Unger/Alistaer Overbruck
Luise Unger setzt in ihren Arbeiten auf Reduktion und Konzentration, um aus der Entwicklung einer Form im Nahbereich zwischen Betrachter und Werk eine Welt in sich zu schaffen, die ihrer konstruktiven Anmut immer neue Schönheiten ausstrahlt. (CH)
Foto: Fuchs
Online-Flyer Nr. 108 vom 15.08.2007