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Recht im Alltag, Alltag des Rechts
BAFöG-Betrug?!
Von Eberhard Reinecke
Festgestellt worden waren die Fälle dadurch, dass über Anfragen beim Bundesamt für Finanzen die Ämter für Ausbildungsförderung Mitteilung darüber erhalten haben, ob und in welchem Umfang Studierende Freistellungsaufträge gestellt hatten. Diese von Datenschutzbeauftragten des Landes NRW abgelehnte Praxis wurde von den Gerichten ohne weiteres akzeptiert.
Erste BAFöG-Erhöhung seit 2001 - vielleicht zum WS 2008/09
Quelle: Asta RWTH Aachen
Anfang 2005 wurde so beispielhaft über eine Studentin berichtet, die angeblich über Vermögen von mehr als 30.000 Euro verfügt hatte und trotzdem BAFöG beantragt und erhalten hatte. Verschwiegen wurde in den Presseberichten allerdings, dass die Studentin dieses Geld nur für ihre Mutter verwaltet hatte, es also gar nicht ihr eigenes Vermögen war. Nunmehr – nach mehr als 2 ½ Jahren – hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die Berufung gegen das Urteil des VG Düsseldorf zugelassen. Es wird also eine neue Verhandlung geben. Das ist eigentlich auch selbstverständlich, denn strafrechtlich darf natürlich niemand Geld für sich selbst ausgeben, das er nur zur Verwaltung treuhänderisch erhalten hat.
Bei diesem „Betrug“ handelt sich keineswegs um einen Einzelfall. Fälle, in denen Eltern – oft nur zum Schein – Teile des Geldvermögens auf ihre Kinder übertragen, um den Zinsfreibetrag nutzen zu können, sind keineswegs selten. Während die Finanzgerichte in solchen Fällen hohe Anforderungen daran stellen, dass eine solche Übertragung auf Kinder tatsächlich anerkannt wird und die Zinseinkünfte oft trotz (scheinbarer) Übertragung den Eltern weiter zugerechnet werden, sehen es die Sozialbehörden zumindest dann anders, wenn das Geld auf eine bedürftige Person übertragen worden ist, der dann die Leistung verweigert werden kann. Das wird von den Ämtern für Ausbildungsförderung selbst in solchen Fällen so behandelt, in denen die Studierenden manchmal noch gar nichts von ihrem Vermögen wissen, weil z. B. die Großmutter auf den Namen der Studierenden ein Sparbuch angelegt hat. Anders sieht das allerdings der BGH: Solange die Oma das Sparbuch nicht aus der Hand gibt, hat das Enkelkind noch nichts erworben und kann das natürlich auch nicht ausgeben.
Während die Ämter für Ausbildungsförderung jede formale Übertragung an Studierende als wirksame Schenkung ansehen, maßen sie sich umgekehrt an, Schenkungen von Studierenden an ihre Eltern oder Geschwister für irrelevant zu erklären und zwar selbst dann, wenn die Schenkungen vor der Beantragung von BAFöG erfolgten.
Auch mit anderen Betrugsvorwürfen ist es häufig nicht weit her: Wer erst nach längerer Auseinandersetzung eine größere BAFöG-Nachzahlung erhalten hat, soll diese nach Auffassung der Rechtsprechung dann anschließend als Vermögen wieder einsetzen. Dasselbe gilt in Fällen, in denen Studierende neben dem Bezug von BAFöG zulässig erwerbstätig sind, ohne dass Einkommen auf BAFöG angerechnet wird. Wird z. B. dieses Einkommen dann zurückgelegt, so muss es bei Überschreiten des Freibetrages von z. Zt. 5.200,00 EUR (früher nur 6.000,00 DM) eingesetzt werden - man arbeitet also für den Staat (Stichwort: Leistung muss sich wieder lohnen).
Besonders hart trifft es „Betrüger“, die absehen können, dass sie in der Regelstudienzeit nicht fertig werden oder einen Fachrichtungswechsel durchgeführt haben. In diesen Fällen werden regelmäßig die letzten Semester nur noch als verzinsliches Bankdarlehen gefördert. Wer aber meint, er könne einen Teil seines Vermögens zurücklegen, um dieses Darlehen nicht aufnehmen zu müssen, wird enttäuscht werden. Sobald das Vermögen da ist, muss es für Förderung verbraucht werden, dann also auch für die Jahre, in denen man Zuschuss und unverzinsliches Darlehen bekommen hätte. Am Ende des Studiums ist dann eventuell nichts mehr da, es gibt keine Förderung mehr oder nur noch durch verzinsliches Bankdarlehen.
Nicht nur der SPIEGEL, auch die Tagespresse jagt BAFöG-Betrüger
Quelle: Spormann
Ebensowenig erkennen Gerichte Rücklagen für Auslandsaufenthalte an. Selbst wenn nach eindeutigen Untersuchungen des DAAD die Auslandszuschläge zum BAFöG völlig unzureichend sind, soll der Studierende selbst sehen, wie er die Lücke füllt. Auf keinen Fall darf er aber in den Semestern vor dem Auslandaufenthalt Vermögen zurücklegen und ansparen.
Es gibt also sicherlich gute Gründe, warum Studierende ihr Vermögen nicht angegeben haben. Insgesamt zeigt sich immer wieder, dass die Hatz gegen „BAFöG-Betrüger“ genauso wie gegen andere angebliche „Sozialbetrüger“ vor allen Dingen Verschärfungen der Überwachungen und Kürzungen von Leistungen vorbereiten soll. Gerade die hessische CDU sollte zu diesem Thema besser schweigen, hat sie doch große Erfahrung im Umgang mit dem Verschweigen von Vermögen. Im übrigen: Wer es wie die CDU gemacht hat, d.h. sein Vermögen ins Ausland gebracht und keinen Freistellungsauftrag gestellt hat, der konnte natürlich auch nicht auffallen. (PK)
Online-Flyer Nr. 117 vom 17.10.2007
Recht im Alltag, Alltag des Rechts
BAFöG-Betrug?!
Von Eberhard Reinecke
Festgestellt worden waren die Fälle dadurch, dass über Anfragen beim Bundesamt für Finanzen die Ämter für Ausbildungsförderung Mitteilung darüber erhalten haben, ob und in welchem Umfang Studierende Freistellungsaufträge gestellt hatten. Diese von Datenschutzbeauftragten des Landes NRW abgelehnte Praxis wurde von den Gerichten ohne weiteres akzeptiert.
Erste BAFöG-Erhöhung seit 2001 - vielleicht zum WS 2008/09
Quelle: Asta RWTH Aachen
Anfang 2005 wurde so beispielhaft über eine Studentin berichtet, die angeblich über Vermögen von mehr als 30.000 Euro verfügt hatte und trotzdem BAFöG beantragt und erhalten hatte. Verschwiegen wurde in den Presseberichten allerdings, dass die Studentin dieses Geld nur für ihre Mutter verwaltet hatte, es also gar nicht ihr eigenes Vermögen war. Nunmehr – nach mehr als 2 ½ Jahren – hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die Berufung gegen das Urteil des VG Düsseldorf zugelassen. Es wird also eine neue Verhandlung geben. Das ist eigentlich auch selbstverständlich, denn strafrechtlich darf natürlich niemand Geld für sich selbst ausgeben, das er nur zur Verwaltung treuhänderisch erhalten hat.
Bei diesem „Betrug“ handelt sich keineswegs um einen Einzelfall. Fälle, in denen Eltern – oft nur zum Schein – Teile des Geldvermögens auf ihre Kinder übertragen, um den Zinsfreibetrag nutzen zu können, sind keineswegs selten. Während die Finanzgerichte in solchen Fällen hohe Anforderungen daran stellen, dass eine solche Übertragung auf Kinder tatsächlich anerkannt wird und die Zinseinkünfte oft trotz (scheinbarer) Übertragung den Eltern weiter zugerechnet werden, sehen es die Sozialbehörden zumindest dann anders, wenn das Geld auf eine bedürftige Person übertragen worden ist, der dann die Leistung verweigert werden kann. Das wird von den Ämtern für Ausbildungsförderung selbst in solchen Fällen so behandelt, in denen die Studierenden manchmal noch gar nichts von ihrem Vermögen wissen, weil z. B. die Großmutter auf den Namen der Studierenden ein Sparbuch angelegt hat. Anders sieht das allerdings der BGH: Solange die Oma das Sparbuch nicht aus der Hand gibt, hat das Enkelkind noch nichts erworben und kann das natürlich auch nicht ausgeben.
Während die Ämter für Ausbildungsförderung jede formale Übertragung an Studierende als wirksame Schenkung ansehen, maßen sie sich umgekehrt an, Schenkungen von Studierenden an ihre Eltern oder Geschwister für irrelevant zu erklären und zwar selbst dann, wenn die Schenkungen vor der Beantragung von BAFöG erfolgten.
Auch mit anderen Betrugsvorwürfen ist es häufig nicht weit her: Wer erst nach längerer Auseinandersetzung eine größere BAFöG-Nachzahlung erhalten hat, soll diese nach Auffassung der Rechtsprechung dann anschließend als Vermögen wieder einsetzen. Dasselbe gilt in Fällen, in denen Studierende neben dem Bezug von BAFöG zulässig erwerbstätig sind, ohne dass Einkommen auf BAFöG angerechnet wird. Wird z. B. dieses Einkommen dann zurückgelegt, so muss es bei Überschreiten des Freibetrages von z. Zt. 5.200,00 EUR (früher nur 6.000,00 DM) eingesetzt werden - man arbeitet also für den Staat (Stichwort: Leistung muss sich wieder lohnen).
Besonders hart trifft es „Betrüger“, die absehen können, dass sie in der Regelstudienzeit nicht fertig werden oder einen Fachrichtungswechsel durchgeführt haben. In diesen Fällen werden regelmäßig die letzten Semester nur noch als verzinsliches Bankdarlehen gefördert. Wer aber meint, er könne einen Teil seines Vermögens zurücklegen, um dieses Darlehen nicht aufnehmen zu müssen, wird enttäuscht werden. Sobald das Vermögen da ist, muss es für Förderung verbraucht werden, dann also auch für die Jahre, in denen man Zuschuss und unverzinsliches Darlehen bekommen hätte. Am Ende des Studiums ist dann eventuell nichts mehr da, es gibt keine Förderung mehr oder nur noch durch verzinsliches Bankdarlehen.
Nicht nur der SPIEGEL, auch die Tagespresse jagt BAFöG-Betrüger
Quelle: Spormann
Ebensowenig erkennen Gerichte Rücklagen für Auslandsaufenthalte an. Selbst wenn nach eindeutigen Untersuchungen des DAAD die Auslandszuschläge zum BAFöG völlig unzureichend sind, soll der Studierende selbst sehen, wie er die Lücke füllt. Auf keinen Fall darf er aber in den Semestern vor dem Auslandaufenthalt Vermögen zurücklegen und ansparen.
Es gibt also sicherlich gute Gründe, warum Studierende ihr Vermögen nicht angegeben haben. Insgesamt zeigt sich immer wieder, dass die Hatz gegen „BAFöG-Betrüger“ genauso wie gegen andere angebliche „Sozialbetrüger“ vor allen Dingen Verschärfungen der Überwachungen und Kürzungen von Leistungen vorbereiten soll. Gerade die hessische CDU sollte zu diesem Thema besser schweigen, hat sie doch große Erfahrung im Umgang mit dem Verschweigen von Vermögen. Im übrigen: Wer es wie die CDU gemacht hat, d.h. sein Vermögen ins Ausland gebracht und keinen Freistellungsauftrag gestellt hat, der konnte natürlich auch nicht auffallen. (PK)
Online-Flyer Nr. 117 vom 17.10.2007