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Aktueller Online-Flyer vom 27. Dezember 2024  

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Glossen
Wenn Fanartikelexperten so richtig in Fahrt kommen
Aus der Mottenkiste
Von Hermann

Aus für Zeitzeugen nicht nachvollziehbaren Gründen erleben die 80er Jahre augenblicklich eine Renaissance. Zu erkennen ist diese an den blondierten Irokesen und Nackenspoilern, mit denen sich die Post-Tschernobyl- Generation völlig schamfrei auf die Straße traut. Aus ähnlich absurden Gründen scheint die Merchandisingabteilung des 1.FC Köln wieder tief in der Mottenkiste der 90er Jahre zu wühlen.
Für Außenstehende sei hier erklärt, dass in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts sämtliche größeren Fußballvereine alle Grenzen des guten Geschmacks und der Logik überwanden und jeden nur erdenklichen Gegenstand, der groß genug war, um mit einem Vereinslogo bedruckt zu werden, in ihren Fanartikelkatalog aufnahmen. Das könnte vielleicht schon bald wieder losgehen. Wehret den Anfängen!


„Einmal Hund rot-weiß bitte...!"
Foto: Tomas Caspers CC


Bahnhoftemperierter FC-Sekt?

 
Der Einladung zur Mitgliederversammlung des 1.Fußball-Club Köln 01/07 e.V. war eine postkartengroße Beilage beigefügt, die für zwei tolle neue Artikel im Kölner Fanartikelsortiment warb: den FC-Wein (Baden, Weißburgunder, Qualitätswein, trocken), sowie den edlen FC-Sekt (halbtrocken, trocken). Darauf haben die Sommeliers lange warten müssen, jetzt dürfen sie aber in die Hände klatschen und beginnen, die Qualitäts(schaum)weine einzulagern. Aber nicht zu weit hinten im Weinkeller, denn der Werbeflyer verspricht: „...für den FC-Sekt und den FC-Wein findet sich immer ein passender Anlass.“ Spiele wie das gegen Wehen zu Beispiel. Der geneigte Fußballfan könnte ja in stiller Vorfreude bei Auswärtsfahrten am Zielbahnhof ein Fläschchen Halbtrockenen im Schließfach deponieren. Sollte die Partie dann wider Erwarten verloren gehen, kann ein bahnhoftemperierter Sekt der Stimmung auch nicht weiter abträglich sein.
 
Aber so neu, wie die Werbung verspricht, sind die edlen Getränke mit Geißbockaufdruck in Wahrheit nicht. Zumindest den Sekt gab es in den 90er Jahren bereits im Angebot. Ich machte mich gleich auf die Suche nach einem alten Fanartikelkatalog. Leider erfolglos, mein guter Geschmack verbot mir damals wohl, das Druckerzeugnis länger als nötig aufzubewahren. Ich bin mir aber sicher, dass der Sekt auf einer Seite mit Krawatten, Krawattennadeln und Golfbällen feilgeboten wurde. Golfbälle waren seinerzeit auch ein populärer Merchandisingartikel. Wo der Glaube herkam, Fußballfans wären dankbare Abnehmer von Golfbällen, läßt sich heute vermutlich nicht mehr klären, aber es gab sie bei fast jedem Verein. Hätte es damals in Müngersdorf bereits einen Fanshop im Stadion gegeben, die Bälle hätten bestimmt reißenden Absatz gefunden. Der Verwendungszweck, der den kleinen Sportgeräten dann in der Nordkurve zugedacht worden wäre, hätte aber nur noch sehr entfernt mit Golf zu tun gehabt. Dartpfeile gab es damals nicht, die wären aber bestimmt an Spieltagen der Renner gewesen. So absurd ist diese Vorstellung gar nicht, wenn man an das in der BAFF-Publikation „Die 100 ‚schönsten’ Schikanen gegen Fußballfans“ abgebildete Teppichmesser mit ‚1.FC 05 Schweinfurt’-Aufdruck denkt.
 
Teigwaren mit Namen „Fankurve“
 
Es gab natürlich auch Fanartikel, deren Bezug zum Fußball nicht soviel böse Gedanken zuließ, weil er gar nicht gegeben war. Die Teigwaren mit Namen „Fankurve" und „La Ola" durften im Katalog keines Vereins, der etwas auf sich hielt, fehlen. Den Vogel schoss damals aber der Hamburger SV mit seiner Sitzgarnitur ab. Eine komplette Polstergruppe, bestehend aus einem Sofa und zwei Sesseln, in feinstem Blau gehalten, mit dezenten Rautenapplikationen versehen, gab es für eine beachtliche Summe Geld zu bestellen. Diese Sofagarnitur hätte hervorragend mit einem gekachelten Couchtisch harmoniert. Noch eine dunkle Wohnzimmerschrankwand dazu und eine Glasvitrine, in der Rennautomodelle verstauben – fertig ist die hanseatische Prekariatsbehausung. 
 

Foto: Tomas Caspers CC                      
Quelle: www.flickr.de
Vor gar nicht allzu langer Zeit bekam ich zum Geburtstag FC-Ringelblumenshampoo geschenkt. Diese Tube steht ungeöffnet in meinem Badezimmerregal neben einer Flasche St. Pauli-Duschgel. Ringelblumenshampoo und Fußball, das passt ebenso wenig zusammen wie Norwegische Fischer und Handcreme. Wann immer ich diese Werbung im Fernsehen sah, stellte ich mir einen kleinen, zarten Fischer vor, der auf hoher See einen nordischen Seebären nach etwas Creme fragt. Der arme Handcremesuchende wird doch bestimmt umgehend über Bord geworfen. Mit einem ähnlichen Fingerspitzengefühl schaffen es auch manche junge Frauen in den seltsamsten Situationen (Stadion, Punkkonzert, schwarzer Block) in die Runde zu fragen, ob zufällig jemand „einen Labello einstecken“ hat. Bringt man ihnen schonend bei, dass man nicht unbedingt der Zielgruppe der Lippenbalsamindustrie angehört, setzen sie noch einen drauf mit dem Angebot eines Halsbonbons. Obwohl ich ziemlich sicher weiß, dass Halsbonbon und Labello unter Rauchern und Trinkern nicht zu den elementarsten Bestandteilen des Lebens gehören, scheint es also andernorts doch einen Markt für diese Artikel zu geben. Und bedenkt man, dass sich die Verpackung hervorragend mit Vereinswappen bedrucken ließe, sehe ich hier ein geeignetes Betätigungsfeld für die Merchandising-Strategen. Im Übrigen gäbe eine Bonbondose auch ein hervorragendes Wurfgeschoss ab, würde sich also im Fanshop-Regal gut neben den Golfbällen machen.

Die Krönung: Schwarz-Weiß-Rot 

„Merchandising zur Kaiserzeit"
Foto: Hermann
Eingangs behauptete ich zwar, dass in den 90ern der Umgang mit Fanartikeln seine verantwortungsloseste Zeit hatte, aber die Krönung gelang dem 1.FC Köln vor grade einmal einer Spielzeit. Da traute ich meinen Augen nicht, als ich im Katalog ein Handtuch entdeckte, das drei dicke Längsstreifen aufwies. Einen roten, einen weißen und einen schwarzen. Klingt jetzt vielleicht wenig spektakulär, dreht man dieses Handtuch aber lediglich um neunzig Grad gegen den Uhrzeigersinn, ist es bestens geeignet, beim nächsten Mallorca-Urlaub den Tommies am Swimming Pool zu signalisieren, von welchem Kaiserreich der betreffende Liegestuhl annektiert wurde. Anscheinend fiel dieser kleine faux pas auch anderen auf: in der diesjährigen Kollektion ist besagtes Handtuch rot-weiß-rot gestreift. Das kann man drehen wie man will, schlimmstenfalls stellt es die Staatsflagge einer Alpenrepublik dar. Und damals, als Limahl schon mit blondiertem Irokesen doof aussah, war Österreich zwischenzeitlich sehr berühmt für seine Weine.

Der letzte Satz soll lediglich Kolumnistenprofessionalität beweisen und den Text mit einem geschickt gespannten Bogen schließen. (PK)

Online-Flyer Nr. 117  vom 17.10.2007



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