NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 22. Dezember 2024  

Fenster schließen

Sport
Fifa geht es nur um Fußball
Skandal!
Von Hermann

Eigentlich sollte sich André Heller freuen. So kommt er doch noch in der allerheißesten Phase der WM-Vorbereitungen zu einem freien Tag. Den könnte er schön nutzen. Eine Dampferfahrt auf der Spree wäre doch nett. Und Peter Gabriel (nicht Petr Gabriel, den Abwehrspieler von Bielefeld, sondern den Musiker) kann er gleich mitnehmen, denn der hat auch am 7. Juni frei. Eigentlich wollten die beiden an diesem Tag eine große Sause im Olympiastadion zu Berlin veranstalten, aber daraus wird jetzt nichts.

Sportliche Quadriga"Skandal! FIFA sagt unsere WM-Gala ab" erregt sich da die BILDzeitung und hat eine schreckliche Vorahnung: Die feinste Sportveranstaltung, die Deutschland, ja die ganze Welt je gesehen hat, wird mit einer "20-Minuten-Mini-Feier" vor dem Spiel Deutschland gegen Costa Rica eröffnet. "Was für eine FIFA-Blamage". Wie soll denn das bitte gehen? Dass die bisherigen Weltmeisterschaften auch ohne Eröffnungs-Gala ganz ansehnlich über die Bühne gingen, kann kein Argument sein: hier geht es um den Ruf des Gastgeberlandes. Und dem kulturellen Rahmenprogramm den Höhepunkt zu nehmen, das grenzt schon an Barbarei.

Offiziell machen sich die feinen Herrn Kunstbanausen in Zürich Sorgen um den Rasen im Berliner Stadion. Denn wenn die geplanten 5.000 freiwilligen Darsteller aus Berlin und Brandenburg mit ihren 10.000 Füßen bei der Gala über das Grün getänzelt sind, hat der danach neu verlegte Rasen bis zum ersten Gruppenspiel nicht genügend Zeit zum Anwachsen. Die Kosten der Eröffnungsfeier von 25 Millionen Euro sollen bei der Absage keine Rolle gespielt haben. André Heller habe ja schon zu Beginn der Planungen angekündigt, dass der "Spaß nicht billig werde". Und die Tatsache, dass die Eintrittskarten (Preis 100 bis 750 Euro) sich eher schleppend verkaufen (bislang 5.000 Stück) hat sicherlich auch nichts mit der Gräueltat des Weltfußballverbands zu tun. Deprimiert musste der Aktionskünstler der Herzen zur Kenntnis nehmen, dass für die FIFA "der Fußball wohl doch im Vordergrund steht". Na so eine Frechheit. Erst so tun, als würde die WM in Deutschland nur stattfinden, damit im Hause Heller keine Langeweile aufkommt und dann ein derart aufgesetztes Interesse am Sport vorgaukeln. Die können was erleben.

Gala unterm Brandenburger Tor?Wir sind nämlich Deutschland, und wir wissen, wie man gebührend eine Veranstaltung dieser Größe eröffnet. Zwei Möglichkeiten stehen da offen: Zum einen könnte die "20-Minuten-Mini-Feier" aufgebläht werden, damit André Heller und Peter Gabriel zusätzlich darin Platz finden. So hätte man auch die Gewissheit, dass das Haus voll sein wird und sogar der ein oder andere Fußballfan der künstlerischen Erzählung der WM-Historie beiwohnt. Und so würde auch gewährleistet, dass die freiwilligen Akteure doch zu ihrem Auftritt kommen und nicht weiterhin auf den Straßen Brandenburgs rumlungern.

Apropos Brandenburg: das gleichnamige Tor mit der sportlichen Quadriga ist der zweite Alternativvorschlag für die Durchführung der Gala. Wahrscheinlich auch der sicherste, denn man weiß bei Deutschen Stadien ja nie, ob man diese auch am Stück wieder verlässt, wie uns die Stiftung Warentest weismachen will. Noch eine Organisation, die sich die Sabotage unserer Vorfreude auf die Fahnen geschrieben hat. Aber die sollen uns noch kennen lernen. Um es mit Tina York zu sagen: "Wir lassen uns das Singen nicht verbieten".

Einer wird sich aber über die Absage gefreut haben: Thomas Meißner. Denn der ist der Platzwart im Berliner Olympiastadion. Der hat dann etwas mehr Ruhe vor den Spielen in der Hauptstadt. Vielleicht findet er ja sogar die Zeit, André Heller und Peter Gabriel die Sehenswürdigkeiten seiner Stadt auf der Dampferfahrt zu zeigen.

Foto 1: Sportliche Quadriga
Foto 2: Gala unterm Brandenburger Tor?

Fotos: NRhZ-Archiv


Online-Flyer Nr. 27  vom 17.01.2006



Startseite           nach oben