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Aktueller Online-Flyer vom 18. Oktober 2025  

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Medien
WAZ-Zusammenarbeit mit dem WDR - der KStA würde wohl auch gern
Renditen kontra Meinungsvielfalt
Franz Kersjes

Zeitungs- und Zeitschriftenverleger sind empört über Pläne der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, künftig ihre Programme auch im Internet anzubieten. Sie fürchten das vorzeitige Ende ihrer bestehenden und künftigen Geschäftsmodelle. Da kommt wie so oft die Politik zu Hilfe.
Grund zum Feiern für Rüttgers und WAZ


Bodo Hombach – vom Politiker zum
WAZ-Chef
Quelle: BDZV
In Anwesenheit von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) vereinbarten der Westdeutsche Rundfunk - unter seiner Intendantin Monika Piel - und die Mediengruppe der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) - deren Geschäftsführer Bodo Hombach mal NRW-Wirtschaftsminister war - am 11. März Eckpunkte für eine Zusammenarbeit im Internet. Es ist die erste Online-Kooperation eines Verlagshauses und einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt. Das Modell sieht vor, dass Magazinbeiträge aus WDR-Sendungen wie „Aktuelle Stunde“ und „Lokalzeit“ eine Stunde nach Ausstrahlung im Internet in die WDR-Mediathek eingestellt werden und parallel dazu im Nachrichtenportal der WAZ (der Westen.de) abrufbar sind. Keine Auskunft geben die künftigen Partner über die Höhe der von der WAZ-Gruppe zu zahlenden Lizenzgebühr.

Überall in Deutschland reden Zeitungs- und Zeitschriftenverlage mit

Jürgen Rüttgers – kommt Verlegern zu Hilfe
Quelle: Landtag NRW
öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern. Laut einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft sind zwei Drittel der Internet-Portale der Tageszeitungen daran interessiert, Nachrichten und Magazinbeiträge von ARD und ZDF zu übernehmen. Die Süddeutsche Zeitung verhandelt mit dem ZDF, Focus mit dem Bayerischen Rundfunk, und der Kölner Monopolist Dumont Schauberg spricht angeblich auch mit dem WDR. Jedenfalls meldet der Kölner Stadt-Anzeiger erfreut: WDR-Intendantin Monika Piel habe im Zusammenhang mit der angekündigten Kooperation mit der WAZ unterstrichen, „der Sender sei offen für die Zusammenarbeit mit anderen Verlagen“.


Konstantin Neven DuMont – auch bald mit Frau Piel?
Quelle: M.Dumont Schauberg

Gesellschaftliche Bedürfnisse?

Die Aktivitäten der Verlage sollen offensichtlich verhindern, dass der öffentlich-rechtliche Programmauftrag bei der anstehenden Änderung des Rundfunkstaatsvertrages ausgeweitet wird. Dabei geht es vor allem um die Verbreitung von Texten und Fotos. Die Hürden zur Genehmigung neuer digitaler Angebote sind für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkbetriebe schon durch die EU-Kommission beachtlich. Die Sender müssen danach künftig unter anderem darlegen, dass ihre Internet-Angebote den gesellschaftlichen Bedürfnissen entsprechen, den publizistischen Wettbewerb stärken und finanziell in einem angemessenen Rahmen bleiben. Aber das reicht der privaten Konkurrenz nicht.

Der Verband der Privaten Rundfunk- und Telemedien (VPRT) übt heftige Kritik an der Zusammenarbeit von WDR und WAZ. Er droht mit einer Beschwerde bei der Rechtsaufsicht. Und auch RTL kündigte juristische Schritte an. Der Kölner Sender, der zum Bertelsmann-Konzern gehört, sieht sich durch die angekündigte öffentlich-rechtliche Konkurrenz in seinem eigenen Geschäftsmodell bedroht. RTL baut derzeit eine Agentur auf, die Eigenbeiträge für Internetseiten an Verlage verkaufen will. Erster Kunde ist dem Vernehmen nach die Rheinische Post in Düsseldorf.


Monika Piel – offen für Zusammenarbeit mit Verlagen
Quelle: WDR

Pressefreiheit und Meinungsvielfalt?

Bei all dem Gerangel um ertragreiche Geschäftsmodelle bleiben Pressefreiheit und Meinungsvielfalt zunehmend auf der Strecke. Medienkonzentration und wachsende Renditeorientierung gefährden publizistische Vielfalt und anspruchsvolle Programmqualität. Notwendig ist eine Neuregelung der deutschen Medienordnung, die Transparenz und demokratische Kontrolle durch die Einbeziehung gesellschaftlicher Gruppen gewährleistet. Statt die „Weiterentwicklung der Verlage zu Multimediahäusern“ politisch zu fördern, wie es Ministerpräsident Rüttgers verkündete, sollten sich Politiker für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger einsetzen. (PK)

Franz Kersjes war viele Jahre NRW-Landesvorsitzender der IG Medien und gibt jetzt die Welt der Arbeit-online heraus: www.weltderarbeit.de.

Online-Flyer Nr. 138  vom 19.03.2008



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