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Kommentar
Tibet gut, China böse – ist doch klar, oder?
Der Kampf der Hobby-Tibetologen
Von Volker Bräutigam
„Glaubt man den vielen Hobby-Tibetologen in Deutschland und weltweit, dann sind die Chinesen schuld. Während die chinesische Präsenz im heutigen Tibet unterschiedslos als übel, böse und schlecht verdammt wird, erscheint das „alte Tibet“, womit Tibet bis 1950 gemeint ist, als ein Paradies der Friedfertigkeit, des ökologischen Bewusstseins und der spirituellen Reife... Mit Verehrern des Dalai Lama zu diskutieren, ist schwierig. Allgemein argumentationsresistent und hartleibig bis zum totalen Autismus, verdächtigen sie jeden Kritiker ihres Gurus der Kollaboration mit den Chinesen. Schon ein leichtes Zupfen an dem schillernden Tuch aus Legenden, das die westliche Unterstützerszene über alles Tibetische gebreitet hat, ruft die empörtesten Reaktionen hervor (...)“, schrieb Marcus Hammerschmitt im Jahre 2001 über Colin Goldners „Dalai Lama – Fall eines Gottkönigs“ (Alibri Verlag Aschaffenburg, 1999)
So ist es.
Sakya Kloster in Tibet – ein aktuelles Tibetbild?
Foto: Luca Galuzzi
Zwei Drittel aller Deutschen halten den Dalai Lama für den weisesten Menschen auf diesem Planeten. Mit einem (unserem) Volk von Simpeln haben wir´s also zu tun. Ja, so sind wir und waren wir immer, schon bei Tacitus kommen wir als nur eingeschränkt Erkenntnisfähige vor. Das muss jeder berücksichtigen, der sich gegenwärtig kritisch über den Dalai Lama und die Ursachen der Gewalt in Tibet äußert. Er läuft Gefahr, mit Kübeln von hasserfüllten Repliken überschüttet zu werden. Die Autoren der Schmähschriften lassen zweierlei erkennen: Erstens, dass sie aufgrund ihrer Zeitungslektüre respektive ihres TV-Konsums ohnehin alles besser wissen und zweitens, dass man dieser Sorte Mensch gegenüber in jedem Fall verloren hat, weil man allein aufs verbale Argumentieren angewiesen ist.
Tibetischer Mönch in heftiger Diskussion
Foto: Luca Galuzzi
Gegen die ach so harmoniebestrebte Gemeinde der seelisch Ausgeglichenen und der Frieden Wollenden ist kein Kraut gewachsen. Zitat aus der ZEIT vom 18.3.: „Der Buddhismus gilt als friedfertig und undogmatisch, stressreduzierend und persönlichkeitsstabilisierend – kurzum: als ideale Religion postmoderner Individualisten. ...“ Größer kann der Unterschied zwischen Schein und Sein wohl kaum ausfallen. Lieber Kalle im Sauerkraut, ich danke Dir für Deine philosophischen Erkenntnisse, die auch mich davor bewahrten, zum postmodernen Individualisten nach den Vorstellungen der ZEIT zu verkommen, sondern mich zum hartgesottenen (rückständigen) Kommunisten machten!
Kürzlich las ich eine (wie mir schien) äußerst treffende Glosse über die „Aufstand-in-Tibet“-Fernsehberichterstattung, eine Glosse, in der die journalistische Aufbereitung der Nachrichten ungefähr so persifliert wurde: Wir sehen Bilder von einem schwarzen Kleinwagen, der auf einen Baum geprallt ist. Im Text dazu ist von einer weißen Limousine die Rede, die eine graue Wand gestreift habe; Sachkundige aus einer anderen Ortschaft, die angeblich ebenfalls schon einmal eine graue Wand gesehen haben, äußern sich zu den Möglichkeiten, das Streifen grauer Wände zu verhindern, wenn man sich nur bei den Fahrern grüner Autos erkundigt; Architektur-Experten wiederum werden interviewt zur Frage, ob blaue Wände nicht stabiler seien als graue und weniger oft von Fahrrädern gestreift werden, während andere Fachleute sich zur Frage äußern dürfen, ob rote Kinderwagen auf Holztreppen verkehrssicher sind, und ob man nicht als Gegenmaßnahme gegen die ständigen Unfälle an grauen Wänden diese gelb anstreichen sollte.
So ähnlich „informieren“ unsere elektronischen Massenmedien tatsächlich über den von Tibetern verursachten Gewaltausbruch in Tibet und den chinesischen Nachbarprovinzen sowie in den Nachbarstaaten Nepal und Indien. „Tagesschau“, „heute-journal“ & Co. zeigen Fotos und Videos und erwähnen Augenzeugenberichte, die allesamt übereinstimmend belegen, dass Tibeter Nicht-Tibeter angegriffen haben (unabhängig von deren Funktion und Nationalität), dass Tibeter gebrandschatzt und geprügelt haben – unter den Tätern sind sehr viele Mönche. Parallel zu den Bildern hören wir als gesprochene Nachrichten, wie übel die chinesische Gewalt und Unterdrückung sei.
Protestierende Tibeter vor Chinesischem Konsulat in San Fransisco
Foto: Monster Pete
Diese Gemeinde will nur eins ums Verrecken nicht wahrhaben: Dass die „Explosion“ in Tibet masterminded ist und keine organische Entwicklung. Sonst hätte es längst Aktionen vorweg gegeben, beispielsweise gegen die neue, angeblich ungeliebte Bahnverbindung nach Peking. Der Plan, China und Russland einzukreisen, kommt aus derselben Denkweise wie die nunmehrige Aufrüstung des Kosovo und Kroatiens: Viele kleine, arme und damit abhängige Länderchen schaffen. Diesen „helfen“ und sie dann zu eigenen Stützpunkten machen: Das ist die eigentliche, ungezählte Menschenleben gefährdende Strategie im Hintergrund. By the way, in der Tibet benachbarten chinesische Provinz Gansu, wo es ebenfalls von Tibetern hervorgerufenen Krawall gab, liegen reiche, noch unerschlossene Ölvorkommen.
Nun ja, aber Argumentieren ist, wie gesagt, manchmal vergebliche Liebesmüh.
Der Dalai Lama ist hierzulande fast so wichtig sie einstmals der Schah von Persien und seine kaiserliche Gattin Soraya, zu der in allen hiesigen Berichten stets angemerkt wurde, dass sie von Geburt ja doch Deutsche sei. In einer Umfrage der Zeitschrift GEO landete der stets freundlich lächelnde Dalai Lama vor vier Jahren unangefochten auf Platz eins – weit vor anderen Konkurrenten wie dem damaligen Papst Johannes Paul II., Nelson Mandela oder Stephen Hawking.
Ach, wären wir doch bereit, zu allen uns angedienten „Informationen“ die Gegenpositionen zu suchen, nachzufragen, anstatt mit dem Kopf zu nicken! Wären wir doch bereit, Quellen zu prüfen, bevor wir uns ihrer bedienen, zu zweifeln und Zweifel zu wecken! Wären wir doch nur bereit, keinesfalls den eigenen Irrtum auszuschließen!
Aber da ist wohl nicht nur die Göttin Pisa vor.
Angela Merkel übrigens betonte angesichts der „Nachrichten“ über Fernost, sie sei bereit, den Dalai Lama schon im Mai erneut in Berlin zu empfangen. Soviel zum Thema Verständigungsbereitschaft. Die Berliner Version davon wird uns noch mehr Freunde in der VR China bescheren. (CH)
Online-Flyer Nr. 140 vom 02.04.2008
Tibet gut, China böse – ist doch klar, oder?
Der Kampf der Hobby-Tibetologen
Von Volker Bräutigam
„Glaubt man den vielen Hobby-Tibetologen in Deutschland und weltweit, dann sind die Chinesen schuld. Während die chinesische Präsenz im heutigen Tibet unterschiedslos als übel, böse und schlecht verdammt wird, erscheint das „alte Tibet“, womit Tibet bis 1950 gemeint ist, als ein Paradies der Friedfertigkeit, des ökologischen Bewusstseins und der spirituellen Reife... Mit Verehrern des Dalai Lama zu diskutieren, ist schwierig. Allgemein argumentationsresistent und hartleibig bis zum totalen Autismus, verdächtigen sie jeden Kritiker ihres Gurus der Kollaboration mit den Chinesen. Schon ein leichtes Zupfen an dem schillernden Tuch aus Legenden, das die westliche Unterstützerszene über alles Tibetische gebreitet hat, ruft die empörtesten Reaktionen hervor (...)“, schrieb Marcus Hammerschmitt im Jahre 2001 über Colin Goldners „Dalai Lama – Fall eines Gottkönigs“ (Alibri Verlag Aschaffenburg, 1999)
So ist es.
Sakya Kloster in Tibet – ein aktuelles Tibetbild?
Foto: Luca Galuzzi
Zwei Drittel aller Deutschen halten den Dalai Lama für den weisesten Menschen auf diesem Planeten. Mit einem (unserem) Volk von Simpeln haben wir´s also zu tun. Ja, so sind wir und waren wir immer, schon bei Tacitus kommen wir als nur eingeschränkt Erkenntnisfähige vor. Das muss jeder berücksichtigen, der sich gegenwärtig kritisch über den Dalai Lama und die Ursachen der Gewalt in Tibet äußert. Er läuft Gefahr, mit Kübeln von hasserfüllten Repliken überschüttet zu werden. Die Autoren der Schmähschriften lassen zweierlei erkennen: Erstens, dass sie aufgrund ihrer Zeitungslektüre respektive ihres TV-Konsums ohnehin alles besser wissen und zweitens, dass man dieser Sorte Mensch gegenüber in jedem Fall verloren hat, weil man allein aufs verbale Argumentieren angewiesen ist.
Tibetischer Mönch in heftiger Diskussion
Foto: Luca Galuzzi
Kürzlich las ich eine (wie mir schien) äußerst treffende Glosse über die „Aufstand-in-Tibet“-Fernsehberichterstattung, eine Glosse, in der die journalistische Aufbereitung der Nachrichten ungefähr so persifliert wurde: Wir sehen Bilder von einem schwarzen Kleinwagen, der auf einen Baum geprallt ist. Im Text dazu ist von einer weißen Limousine die Rede, die eine graue Wand gestreift habe; Sachkundige aus einer anderen Ortschaft, die angeblich ebenfalls schon einmal eine graue Wand gesehen haben, äußern sich zu den Möglichkeiten, das Streifen grauer Wände zu verhindern, wenn man sich nur bei den Fahrern grüner Autos erkundigt; Architektur-Experten wiederum werden interviewt zur Frage, ob blaue Wände nicht stabiler seien als graue und weniger oft von Fahrrädern gestreift werden, während andere Fachleute sich zur Frage äußern dürfen, ob rote Kinderwagen auf Holztreppen verkehrssicher sind, und ob man nicht als Gegenmaßnahme gegen die ständigen Unfälle an grauen Wänden diese gelb anstreichen sollte.
So ähnlich „informieren“ unsere elektronischen Massenmedien tatsächlich über den von Tibetern verursachten Gewaltausbruch in Tibet und den chinesischen Nachbarprovinzen sowie in den Nachbarstaaten Nepal und Indien. „Tagesschau“, „heute-journal“ & Co. zeigen Fotos und Videos und erwähnen Augenzeugenberichte, die allesamt übereinstimmend belegen, dass Tibeter Nicht-Tibeter angegriffen haben (unabhängig von deren Funktion und Nationalität), dass Tibeter gebrandschatzt und geprügelt haben – unter den Tätern sind sehr viele Mönche. Parallel zu den Bildern hören wir als gesprochene Nachrichten, wie übel die chinesische Gewalt und Unterdrückung sei.
Protestierende Tibeter vor Chinesischem Konsulat in San Fransisco
Foto: Monster Pete
Diese Gemeinde will nur eins ums Verrecken nicht wahrhaben: Dass die „Explosion“ in Tibet masterminded ist und keine organische Entwicklung. Sonst hätte es längst Aktionen vorweg gegeben, beispielsweise gegen die neue, angeblich ungeliebte Bahnverbindung nach Peking. Der Plan, China und Russland einzukreisen, kommt aus derselben Denkweise wie die nunmehrige Aufrüstung des Kosovo und Kroatiens: Viele kleine, arme und damit abhängige Länderchen schaffen. Diesen „helfen“ und sie dann zu eigenen Stützpunkten machen: Das ist die eigentliche, ungezählte Menschenleben gefährdende Strategie im Hintergrund. By the way, in der Tibet benachbarten chinesische Provinz Gansu, wo es ebenfalls von Tibetern hervorgerufenen Krawall gab, liegen reiche, noch unerschlossene Ölvorkommen.
Nun ja, aber Argumentieren ist, wie gesagt, manchmal vergebliche Liebesmüh.
Der Dalai Lama ist hierzulande fast so wichtig sie einstmals der Schah von Persien und seine kaiserliche Gattin Soraya, zu der in allen hiesigen Berichten stets angemerkt wurde, dass sie von Geburt ja doch Deutsche sei. In einer Umfrage der Zeitschrift GEO landete der stets freundlich lächelnde Dalai Lama vor vier Jahren unangefochten auf Platz eins – weit vor anderen Konkurrenten wie dem damaligen Papst Johannes Paul II., Nelson Mandela oder Stephen Hawking.
Ach, wären wir doch bereit, zu allen uns angedienten „Informationen“ die Gegenpositionen zu suchen, nachzufragen, anstatt mit dem Kopf zu nicken! Wären wir doch bereit, Quellen zu prüfen, bevor wir uns ihrer bedienen, zu zweifeln und Zweifel zu wecken! Wären wir doch nur bereit, keinesfalls den eigenen Irrtum auszuschließen!
Aber da ist wohl nicht nur die Göttin Pisa vor.
Angela Merkel übrigens betonte angesichts der „Nachrichten“ über Fernost, sie sei bereit, den Dalai Lama schon im Mai erneut in Berlin zu empfangen. Soviel zum Thema Verständigungsbereitschaft. Die Berliner Version davon wird uns noch mehr Freunde in der VR China bescheren. (CH)
Online-Flyer Nr. 140 vom 02.04.2008