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Arbeit und Soziales
Grenzenloses Armutswachstum
Die Bestimmung des Diskurses
Von Hans-Dieter Hey
Am 21.Mai verkündete 'Stern.de', der Armutsbericht sei nur aufgebauscht. Neoliberale Erklärungen, wie die von Michael Straubhaar, gutdotierter Direktor des HWWI in Hamburg, wurden zitiert: „In Deutschland ist die relative Armut nicht höher als in anderen Industrieländern." Vielleicht sehen wir im Vergleich zu den USA besser aus, weil es dort Landstriche gibt, die denen der „Dritten Welt" viel ähnlicher sind als einer Industrienation. Doch dass sich in Deutschland immer mehr Menschen aus Not den Müll aus Containern holen oder in Berlin das Essen in Armutsküchen nur noch per Losvergabe verteilt werden kann, interessiert Theoretiker wie Straubhaar nicht. Vom Stern als „Experte" zitiert, darf er dann auch Unsinn erzählen wie diesen: „Es ist ein eisernes Gesetz: Bei stetigem Wachstum öffnet sich die Verteilungsschere in Volkswirtschaften." Nach Straubhaars Lesart ist diese Entwicklung Ergebnis einer von Gott gewollten Wirtschaftsordnung und weniger des Sachverstandes, also zum Beispiel des Kräfteverhältnisses bei den Verteilungschancen von Wachstum und der Durchsetzungskraft von Gewerkschaften.
Arbeit für den Null-Lohn
Und dass der Stern gerade ihn zitiert, hat Gründe. Auch der Stern ist ein anzeigenfinanziertes Blatt, das zum Verlag Gruner und Jahr gehört. Der wiederum befindet sich zu 74,9 Prozent im Besitz von Bertelsmann, und der Bertelsmann-Konzern gehört zu den Global Players im weltweiten Mediengeschäft, die den öffentlichen Diskurs bestimmen. Hinzu kommt, dass die Bertelsmann-Stiftung es sich gut mit Steuergeldern bezahlen lässt, die „Deutschland-AG" mit Rat und Tat seit Jahren „reformerisch" umzukrempeln – mit den heute sichtbaren Armutsergebnissen. So war Bertelsmann mitverantwortlich für die Entwicklung des Desasters Hartz IV. Dieser Konzern bestimmt also weitgehend, was in diesem Lande gedacht werden soll und was nicht, und welcher politische Weg schließlich eingeschlagen wird.
Zu Wort kommt auch Johann Eekhoff, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln, der meint, die neue Armut sei gar nicht so schlimm. Der „Botschafter" der 'Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft' (INSM) war von 1998 bis 2000 Stellvertretender Vorsitzender der „Reformkommission Soziale Marktwirtschaft". Eines Gremiums also, das die sogenannten Reformen im Lande vorangetrieben hat, deren Ergebnisse heute von vielen beklagt werden. Und wie er eine neue Soziale Marktwirtschaft sieht, hatte er 2006 in „Die Berliner Republik" deutlich gemacht. Er plädierte für eine: „...vollständige Vertragsfreiheit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Selbst für einen Null-Lohn sollten Arbeitnehmer sich anbieten können und zugleich Transferleistungen beziehen." Gen au das ist heute vielfach Realität und Zeugnis der neuen „Armut durch Arbeit". Abgesehen davon, dass dies die Kräfteverhältnisse beim Aushandeln eines Lohnes ignoriert und moderner Sklavenhalterei Tür und Tor öffnet, bedeutet es das Ende der Gewerkschaften und damit der Demokratie. Und während die Vertreter des Neoliberalismus staatliche Eingriffe ablehnen, wird verlangt, dass der Staat die Löhne, die unterhalb des Existenzminimums liegen, aufstocken soll. Mindestlöhne, die die Existenz der Menschen sichern, werden dagegen abgelehnt, denn die müssten ja Arbeitgeber zahlen.
Gegeißelt werden stattdessen Sozialleistungstransfers wie Arbeitslosengeld II: „Auch wenn der Sozialstaat recht erfolgreich von oben nach unten umverteilt, warnen Experten vor einer Ausweitung der staatlichen Transfers". Dazu darf dann ein weiterer „Experte" etwas sagen: Prof. Dr. Michael Hüther, Leiter des Instituts der Deutschen Wirtschaft und ebenfalls Botschafter der INSM, der sich auch gern vom Fernsehen in Talk-Shows einladen lässt. „Zu einem gewissen Grad", so Hüther, „ist der Aufschrei schon geprägt von einer Gewöhnung an den Versorgungsstaat". Herr Hüther wäre allerdings zu korrigieren: Gewöhnt hat ich nämlich die Wirtschaft an die Wohltätigkeiten des Versorgungsstaats durch Steuerentlastung und Lohntransferzahlungen.
Nur ein Drittel hat demnächst existenzsichernde Arbeit
Ins Bild passt hier auch die Feststellung des Sachverständigenrates: „Das historisch gewachsene Konzept einer 'Entprivatisierung großer Lebensrisiken', die zugleich der Eigenverantwortung noch Raum lasse, werde in jüngster Zeit in Frage gestellt". Die „Fundamentalkritik am deutschen Sozialstaatsmodell" erwachse aus einer "...vermeintlich zunehmenden Verteilungsungerechtigkeit" und der Angst vor der "Zukunftsfähigkeit einer Arbeitsgesellschaft, die möglicherweise nie mehr Arbeit für alle wird bieten kann." Diese Situation ist inzwischen für 20 Prozent aller Beschäftigten Realität, die sich teils mit mehreren prekären Jobs an der Existenz entlang hangeln. Hierzu Gustav Horn, Leiter des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK): „Richtig ist, dass die Globalisierung in Deutschland besonders schlecht verarbeitet wird. Wir haben einen der größten Niedriglohnsektoren von allen westlichen Industrieländern". Zukunftsforscher machen uns klar, wo die Reise hingeht: Künftig wird nur noch ein Drittel der Menschen soviel Arbeit haben, dass sie davon existieren können.
Bilder ohne Worte
Fotos: arbeiterfotografie
Solche Zusammenhänge sind in den Mainstream-Medien in der Regel nicht zu finden. Anne Will brachte dazu vergangenen Sonntag ein Beispiel für journalistischen Supergau auf die Bildschirme. Umgeben von der dazwischenkeifenden Journalistin Rita Knobel-Ulrich, deren einziges Lebensziel außer der Verfassung von Reiseberichten es offensichtlich ist, eine Handvoll vermeintlich fauler Erwerbsloser bis in ihr Grab zu verfolgen, wurde deutlich gemacht, wie das Thema Armut zu diskutieren ist. „Hungern muss hier keiner – eine Gesellschaft redet sich arm" hieß der Titel der Sendung. Die gesellschaftlichen Zusammenhänge von Armut durch Arbeit oder Erwerbslosigkeit werden durch derlei populistisches und niveauloses Geplapper, begleitet vom Applaus der geballten politischen Dummheit im Publikum, nicht im Mindesten offengelegt. Es wird nicht diskutiert, dass die Soziale Marktwirtschaft, resp. der Sozialstaat, zerschlagen und die Handlungsfähigkeit des Staates unterminiert wird. Es wird nämlich nach diesem Armutsbericht 2008 eine neue, gigantische Entwertung von Überlebensansprüchen der Menschen in Gang gesetzt.
Von 1962 bis zum Jahre 2004 galt das Bundessozialhilfegesetz. Danach musste der Staat noch ein kulturelles Existenzminimum sicher stellen, das der Würde des Menschen entsprach. Es liegen inzwischen zahlreiche Fälle vor, in denen die Arbeitsagenturen Menschen auf 139 Euro für den Lebensunterhalt inclusive Strom heruntergekürzt haben. Nach dem Sozialhilfegesetz damals wäre allenfalls eine Kürzung 70 Prozent des Regelsatzes möglich gewesen. Der Grund: In den neuen Sozialgesetzbüchern wurde der Passus der Menschenwürde bewusst weggelassen. Zum Armutsbericht des Jahres 2005 war zu vernehmen, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich seit der rot-grünen Regierung 1998 weiter geöffnet habe und die Armut gewachsen sei. Damals hieß es, die Reformen der Jahre 2004 und 2005 (Agenda 2010 und Hartz IV) könnten noch nicht gegriffen haben. Nun – nach den „Reformen" – gibt es den neuen Bericht über die Lebenslagen in Deutschland, und die Lage ist viel dramatischer, als viele erwartet hatten. Politikern, die Entscheidungen mit solcher Tragweite und solchen Ergebnissen treffen, darf man nicht die Entscheidungen für die Zukunft eines Landes überlassen.
Es ist schier unglaublich, dass heute in einem der reichsten Länder der Welt nicht mehr darüber diskutiert wird, ob jemand ein menschenwürdiges Leben führen kann, in dem auch in prekären Lebenssituationen Kultur und Bildung möglich sind, sondern nur noch darüber, ob niemand hungert. Auf Betreiben von Kanzlerin Angela Merkel hat die Zweidrittelmehrheit von Rot-Grün-Schwarz im Bundesrat dem EU-Reformvertrag (Lissabon-Vertrag) zugestimmt. Wäre dieser Vertrag ratifiziert, würde damit das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes völlig außer Kraft gesetzt. Nun muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Das macht aber deutlich, welche Reise uns die sogenannten Volksvertreter zumuten.
Gestern wurde übrigens bekannt, dass Arbeitsminister Olav Scholz (SPD) 30 Milliarden Euro bei Hartz IV sparen soll. Eine Vorlage für den nächsten Armutsbericht? Und wird nach diesem Armutsbericht 2011 vielleicht diskutiert werden müssen, ob und wie viele Menschen gemessen an welchen statistischen Kriterien verhungert sind oder obdachlos wurden? (HDH)
Online-Flyer Nr. 148 vom 28.05.2008
Grenzenloses Armutswachstum
Die Bestimmung des Diskurses
Von Hans-Dieter Hey
Am 21.Mai verkündete 'Stern.de', der Armutsbericht sei nur aufgebauscht. Neoliberale Erklärungen, wie die von Michael Straubhaar, gutdotierter Direktor des HWWI in Hamburg, wurden zitiert: „In Deutschland ist die relative Armut nicht höher als in anderen Industrieländern." Vielleicht sehen wir im Vergleich zu den USA besser aus, weil es dort Landstriche gibt, die denen der „Dritten Welt" viel ähnlicher sind als einer Industrienation. Doch dass sich in Deutschland immer mehr Menschen aus Not den Müll aus Containern holen oder in Berlin das Essen in Armutsküchen nur noch per Losvergabe verteilt werden kann, interessiert Theoretiker wie Straubhaar nicht. Vom Stern als „Experte" zitiert, darf er dann auch Unsinn erzählen wie diesen: „Es ist ein eisernes Gesetz: Bei stetigem Wachstum öffnet sich die Verteilungsschere in Volkswirtschaften." Nach Straubhaars Lesart ist diese Entwicklung Ergebnis einer von Gott gewollten Wirtschaftsordnung und weniger des Sachverstandes, also zum Beispiel des Kräfteverhältnisses bei den Verteilungschancen von Wachstum und der Durchsetzungskraft von Gewerkschaften.
Arbeit für den Null-Lohn
Und dass der Stern gerade ihn zitiert, hat Gründe. Auch der Stern ist ein anzeigenfinanziertes Blatt, das zum Verlag Gruner und Jahr gehört. Der wiederum befindet sich zu 74,9 Prozent im Besitz von Bertelsmann, und der Bertelsmann-Konzern gehört zu den Global Players im weltweiten Mediengeschäft, die den öffentlichen Diskurs bestimmen. Hinzu kommt, dass die Bertelsmann-Stiftung es sich gut mit Steuergeldern bezahlen lässt, die „Deutschland-AG" mit Rat und Tat seit Jahren „reformerisch" umzukrempeln – mit den heute sichtbaren Armutsergebnissen. So war Bertelsmann mitverantwortlich für die Entwicklung des Desasters Hartz IV. Dieser Konzern bestimmt also weitgehend, was in diesem Lande gedacht werden soll und was nicht, und welcher politische Weg schließlich eingeschlagen wird.
Zu Wort kommt auch Johann Eekhoff, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln, der meint, die neue Armut sei gar nicht so schlimm. Der „Botschafter" der 'Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft' (INSM) war von 1998 bis 2000 Stellvertretender Vorsitzender der „Reformkommission Soziale Marktwirtschaft". Eines Gremiums also, das die sogenannten Reformen im Lande vorangetrieben hat, deren Ergebnisse heute von vielen beklagt werden. Und wie er eine neue Soziale Marktwirtschaft sieht, hatte er 2006 in „Die Berliner Republik" deutlich gemacht. Er plädierte für eine: „...vollständige Vertragsfreiheit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Selbst für einen Null-Lohn sollten Arbeitnehmer sich anbieten können und zugleich Transferleistungen beziehen." Gen au das ist heute vielfach Realität und Zeugnis der neuen „Armut durch Arbeit". Abgesehen davon, dass dies die Kräfteverhältnisse beim Aushandeln eines Lohnes ignoriert und moderner Sklavenhalterei Tür und Tor öffnet, bedeutet es das Ende der Gewerkschaften und damit der Demokratie. Und während die Vertreter des Neoliberalismus staatliche Eingriffe ablehnen, wird verlangt, dass der Staat die Löhne, die unterhalb des Existenzminimums liegen, aufstocken soll. Mindestlöhne, die die Existenz der Menschen sichern, werden dagegen abgelehnt, denn die müssten ja Arbeitgeber zahlen.
Gegeißelt werden stattdessen Sozialleistungstransfers wie Arbeitslosengeld II: „Auch wenn der Sozialstaat recht erfolgreich von oben nach unten umverteilt, warnen Experten vor einer Ausweitung der staatlichen Transfers". Dazu darf dann ein weiterer „Experte" etwas sagen: Prof. Dr. Michael Hüther, Leiter des Instituts der Deutschen Wirtschaft und ebenfalls Botschafter der INSM, der sich auch gern vom Fernsehen in Talk-Shows einladen lässt. „Zu einem gewissen Grad", so Hüther, „ist der Aufschrei schon geprägt von einer Gewöhnung an den Versorgungsstaat". Herr Hüther wäre allerdings zu korrigieren: Gewöhnt hat ich nämlich die Wirtschaft an die Wohltätigkeiten des Versorgungsstaats durch Steuerentlastung und Lohntransferzahlungen.
Nur ein Drittel hat demnächst existenzsichernde Arbeit
Ins Bild passt hier auch die Feststellung des Sachverständigenrates: „Das historisch gewachsene Konzept einer 'Entprivatisierung großer Lebensrisiken', die zugleich der Eigenverantwortung noch Raum lasse, werde in jüngster Zeit in Frage gestellt". Die „Fundamentalkritik am deutschen Sozialstaatsmodell" erwachse aus einer "...vermeintlich zunehmenden Verteilungsungerechtigkeit" und der Angst vor der "Zukunftsfähigkeit einer Arbeitsgesellschaft, die möglicherweise nie mehr Arbeit für alle wird bieten kann." Diese Situation ist inzwischen für 20 Prozent aller Beschäftigten Realität, die sich teils mit mehreren prekären Jobs an der Existenz entlang hangeln. Hierzu Gustav Horn, Leiter des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK): „Richtig ist, dass die Globalisierung in Deutschland besonders schlecht verarbeitet wird. Wir haben einen der größten Niedriglohnsektoren von allen westlichen Industrieländern". Zukunftsforscher machen uns klar, wo die Reise hingeht: Künftig wird nur noch ein Drittel der Menschen soviel Arbeit haben, dass sie davon existieren können.
Bilder ohne Worte
Fotos: arbeiterfotografie
Solche Zusammenhänge sind in den Mainstream-Medien in der Regel nicht zu finden. Anne Will brachte dazu vergangenen Sonntag ein Beispiel für journalistischen Supergau auf die Bildschirme. Umgeben von der dazwischenkeifenden Journalistin Rita Knobel-Ulrich, deren einziges Lebensziel außer der Verfassung von Reiseberichten es offensichtlich ist, eine Handvoll vermeintlich fauler Erwerbsloser bis in ihr Grab zu verfolgen, wurde deutlich gemacht, wie das Thema Armut zu diskutieren ist. „Hungern muss hier keiner – eine Gesellschaft redet sich arm" hieß der Titel der Sendung. Die gesellschaftlichen Zusammenhänge von Armut durch Arbeit oder Erwerbslosigkeit werden durch derlei populistisches und niveauloses Geplapper, begleitet vom Applaus der geballten politischen Dummheit im Publikum, nicht im Mindesten offengelegt. Es wird nicht diskutiert, dass die Soziale Marktwirtschaft, resp. der Sozialstaat, zerschlagen und die Handlungsfähigkeit des Staates unterminiert wird. Es wird nämlich nach diesem Armutsbericht 2008 eine neue, gigantische Entwertung von Überlebensansprüchen der Menschen in Gang gesetzt.
Von 1962 bis zum Jahre 2004 galt das Bundessozialhilfegesetz. Danach musste der Staat noch ein kulturelles Existenzminimum sicher stellen, das der Würde des Menschen entsprach. Es liegen inzwischen zahlreiche Fälle vor, in denen die Arbeitsagenturen Menschen auf 139 Euro für den Lebensunterhalt inclusive Strom heruntergekürzt haben. Nach dem Sozialhilfegesetz damals wäre allenfalls eine Kürzung 70 Prozent des Regelsatzes möglich gewesen. Der Grund: In den neuen Sozialgesetzbüchern wurde der Passus der Menschenwürde bewusst weggelassen. Zum Armutsbericht des Jahres 2005 war zu vernehmen, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich seit der rot-grünen Regierung 1998 weiter geöffnet habe und die Armut gewachsen sei. Damals hieß es, die Reformen der Jahre 2004 und 2005 (Agenda 2010 und Hartz IV) könnten noch nicht gegriffen haben. Nun – nach den „Reformen" – gibt es den neuen Bericht über die Lebenslagen in Deutschland, und die Lage ist viel dramatischer, als viele erwartet hatten. Politikern, die Entscheidungen mit solcher Tragweite und solchen Ergebnissen treffen, darf man nicht die Entscheidungen für die Zukunft eines Landes überlassen.
Es ist schier unglaublich, dass heute in einem der reichsten Länder der Welt nicht mehr darüber diskutiert wird, ob jemand ein menschenwürdiges Leben führen kann, in dem auch in prekären Lebenssituationen Kultur und Bildung möglich sind, sondern nur noch darüber, ob niemand hungert. Auf Betreiben von Kanzlerin Angela Merkel hat die Zweidrittelmehrheit von Rot-Grün-Schwarz im Bundesrat dem EU-Reformvertrag (Lissabon-Vertrag) zugestimmt. Wäre dieser Vertrag ratifiziert, würde damit das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes völlig außer Kraft gesetzt. Nun muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Das macht aber deutlich, welche Reise uns die sogenannten Volksvertreter zumuten.
Gestern wurde übrigens bekannt, dass Arbeitsminister Olav Scholz (SPD) 30 Milliarden Euro bei Hartz IV sparen soll. Eine Vorlage für den nächsten Armutsbericht? Und wird nach diesem Armutsbericht 2011 vielleicht diskutiert werden müssen, ob und wie viele Menschen gemessen an welchen statistischen Kriterien verhungert sind oder obdachlos wurden? (HDH)
Online-Flyer Nr. 148 vom 28.05.2008