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Die Kölner Oppenheim-Bank, ihre Steueroasen und die Süddeutsche Zeitung
Liebedienerei der Medien
Von Werner Rügemer
SZ – gilt bei Nostalgikern immer noch als kritisch
Die Bank Oppenheim ist die größte Privatbank Europas. Diese ständig wiederholte Selbstdarstellung entspricht durchaus der Wahrheit, ist aber auch das einzig zutreffende Faktum in einer PR-Kampagne, mit der die ansonsten so diskrete Bank („Wir sind diskret, geheimer als geheim“) sich gegenwärtig der Öffentlichkeit aufdrängt. Anlaß sind einige Probleme, die der feinen Bank mit ihren nur etwa 8.000 sehr vermögenden Kunden diskret, aber heftig unter den Nägeln brennen.
Warum von Köln nach Luxemburg?
Da sind Strafanzeigen gegen Bankmanager wegen Kursmanipulation und Insidergeschäften. Da sind Schadenersatzforderungen von Kunden, die vor Gericht gingen, weil sie sich falsch informiert glauben und Verluste bei Immobilienanlagen erlitten. Da ist die hohe Beteiligung an der Düsseldorfer Bank IKB, wo Oppenheim, sonst gegen jegliche staatliche Einmischung polemisierend, gern an den rettenden Steuergeldern mitprofitiert. Da ist die Abzockerei bei dem Privatisierungsprojekt „Kölner Messehallen“, bei dem die Europäische Kommission auf Unwirksamkeit des Vertrages pocht. Da sind noch weitere Gerichtsverfahren im Busch. Da taucht auch die Frage auf, was der 2007 vollzogene juristische Umzug der Bank vom über 200jährigen Traditionssitz in Köln nach Luxemburg bedeutet. Und da tauchen auch Fragen auf, aus Anlaß der gegenwärtig bekannt werdenden, massenhaften Steuerhinterziehung mithilfe von Stiftungen in Liechtenstein („Fall Zumwinkel“ und etwa 2.000 weitere Fälle): ob die Bank Oppenheim, die ja mit Topmanagern und Unternehmern ein ähnliches Klientel bedient, auch in Steueroasen tätig ist?
Frankfurter Rundschau
Doch anstatt diesen Fragen sachlich nachzugehen, üben sich sogenannte renommierte Medien in Liebedienerei. Daß die Börsenzeitung hier vorangeht, ist weniger verwunderlich. Daß aber die Frankfurter Rundschau nun in Jubel über den Oppenheim-Chef Matthias Graf von Krockow als den „zurzeit erfolgreichsten deutschen Bankier“ ausbricht („Graf Krockow packt aus“ 31.7.2008) und ihm das Image des einzig glaubwürdigen Kapitalismus-Kritikers verleiht („Man kann nicht mit fremder Leute Geld große Spielcasinos betreiben“) , ist schon etwas anderes, könnte man jedenfalls meinen - vor allem, weil nicht dargestellt wird, womit diese Erfolge erzielt werden. Die Bank Oppenheim betreibt ja mithilfe des Geldes anderer Leute - etwa des Geldes der Verlegerfamilie Neven DuMont, von Karstadt/Arcandor-Chef Middelhoff und Karstadt/Arcandor-Hauptaktionärin Schickedanz - durchaus selbst solche „großen Spielcasinos“ - etwa bei filzgestützten Abzockerei-Projekten wie Karstadt-Immobilien, KölnArena und Kölner Messehallen.
SZ-Redakteur eingeseift
Im Folgenden sei genauer auf die Süddeutsche Zeitung eingegangen. Sie, die bei Nostalgikern mit einem irgendwie kritischen Image behaftet ist, brachte am 21.7.2008 ein ganzseitiges Interview unter dem Titel „Für uns spielen Steueroasen keine Rolle – Privatbankier Baron Christopher von Oppenheim über Liechtenstein, altes und neues Geld und warum Deutsche weniger spenden als Amerikaner“. Ich schrieb dazu einen Leserbrief. Darin sind in aller Kürze einige Informationen aufgeführt, die der Interviewer Caspar Dohmen sich als journalistische Grunddaten eigentlich selbst hätte verschaffen müssen, wenn er denn vorgehabt hätte, sich vom angehimmelten Baron nicht kalt abservieren zu lassen. Aber er hat sich einseifen lassen - sehenden Auges, ungewollt-naiv, bestellt, angeordnet oder wie auch immer, das ist im Ergebnis gleichgültig.
Christopher Karl Freiherr von Oppenheim (Mitte), NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (links neben ihm) und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (rechts) beim „Wirtschaftsgespräch 2007“
Quelle: www.mediendatenbank.nrw.de
Die von mir angeführten Informationen sind nichts Geheimes, sondern sind in Geschäftsberichten der Bank, ihrer Tochterfirmen und im Handelsregister von Luxemburg für jeden Laien, der ein paar Minuten im Internet surft, ohne jeglichen Rechercheaufwand zu finden. Der Leserbrief beschränkt sich auf die Frage, wie die Bank Oppenheim in Steuer- und Finanzoasen im allgemeinen tätig ist. Die vom SZ-Interviewer zustimmend aufgenommenen Antworten des Barons etwa, der es im Interesse der „Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland“ als sehr hilfreich ansieht, dass Löhne und Gehälter weniger gestiegen sind als Kapitaleinkommen, bleiben hier unkommentiert.
Leserbrief – nicht veröffentlicht
Als nach Wochen bei der SZ anfragte, ob sie denn nicht den Mut habe, den ihr nun lange vorliegenden Leserbrief zu veröffentlichen, antwortete Leserbrief-Redakteur Sowein zunächst am 8. August mit dem Hinweis „Sie irren, das sollte heute erscheinen, die fertige Seite ist aber gestern Nachmittag aus technischen Gründen "gekillt" worden. Bitte gedulden Sie sich noch bis Montag…“. Am Montag, 11. August, erschien der Brief allerdings auch nicht. Diesmal mit der „Befürchtung“ des Redakteurs, dies könne zu einer „Millionenklage“ führen. Auf einen Nachweis der Fakten, den ich ihm anbot, ging er nicht ein, sondern antwortete am Dienstag, 12. August: „Meine Berufserfahrung sagt mir: Wenn jemand konsequent derart aggressiv ist, ist an der Sache etwas faul. Schade um die viele Zeit, die ich in die Bearbeitung Ihres Textes habe investieren müssen…“. Hier ist er also nun im Wortlaut. Vielleicht lesen ja auch einige SZ-LeserInnen die NRhZ.
Leserbrief im Wortlaut:
Christopher von Oppenheim behauptet, dass Steueroasen für die größte Privatbank Europas „überhaupt keine Rolle spielen“. Damit will er die Öffentlichkeit offensichtlich auf dreiste Art für dumm verkaufen. Der Staat Luxemburg, wohin die Bank Oppenheim 2007 von Köln ihren juristischen Sitz verlegt hat, ist selbst eine typische und zudem sehr bedeutsame Steueroase. Sie ist es etwa durch die Ausnahmen, die der EU-Vorbildstaat wie die Schweiz und Belgien bei der Europäischen Richtlinie zur Besteuerung von Zinseinkünften herausgehandelt hat, wozu übrigens auch der deutsche Finanzminister seine Zustimmung gab. Zu diesen Ausnahmeregelungen gehört z.B., dass Luxemburger Finanzakteure den Heimatfinanzämtern nicht die Namen der Steuerpflichtigen zu nennen brauchen. Auch die lasche Finanzaufsicht, das gesetzlich verankerte Bankgeheimnis sind typische Merkmale einer Steuer- bzw. Finanzoase.
Eine Vorstufe zur Sitzverlagerung der Bank Oppenheim nach Luxemburg war der 2005 getätigte Kauf des Luxemburger Finanzdienstleisters Services Généraux de Gestion S.A. (SGG). Dieses nun 100prozentige Tochterunternehmen, spezialisiert auf das „Domizilierungsgeschäft“ (Einrichtung und Verwaltung von Unternehmensmänteln), bietet Oppenheim-Kunden „massgeschneiderte Finanzlösungen zur Vermögensstrukturierung“. Jeder und jede kann im zuletzt erschienenen Geschäftsbericht der Bank Oppenheim nachlesen, dass die Bank inzwischen weitere SGG-Filialen unterhält, und zwar vorzugsweise in weiteren Steuer- und Finanzoasen: so z.B. in Vaduz/Liechtenstein, Genf/Schweiz, Nicosia/Zypern, Tortola, Port Louis/Mauritius und Panama City.
Weitere Tochterunternehmen in Finanzoasen unterhält die Bank z.B. auf den Cayman Islands (Pramerica Alpha Fixed Income Opportunity Fund Cayman I; Azimuth Capital Preservation Fund II), in Wilmington/Delaware (Sal. Oppenheim Corporate Finance North America Holding LLC), zahlreiche etwa in Dublin. In Liechtenstein hält die Bank über die Cavall AG eine Bankbeteiligung usw.
Es geht selbstverständlich nicht nur um Steuern, das Dienstleistungsangebot von Finanzoasen ist wesentlich breiter. Das sieht man etwa an der Bankbeteiligung über Liechtenstein oder an der Holding in Delaware, in der Oppenheim ihre US-Beteiligungen bündelt. Der Baron sagt, dass die vom Interviewer angesprochene Niederlassung der Oppenheim-Tochter BHF-Bank in der Finanzoase Jersey (englische Kanalinsel) in diesem Jahr aufgelöst wurde. Das mag zutreffen. Allerdings hat die Bank ihre Präsenz in Jersey anderweitig kräftig ausgeweitet. So kaufte etwa die Oppenheim-Tochtergesellschaft Triton, spezialisiert auf den Private Equity-Aufkauf lukrativer Mittelstandsunternehmen, die größte Fensterbaufirma in Deutschland, WERU. Zu deren Verwaltung und Gewinnabschöpfung unterhält Triton in Luxemburg die WERU Luxco S.a.r.l., die wiederum – das gehört zu diesem ebenso professionellen wie infantilen Versteckspiel – von der Briefkastenfirma Triton Managers Limited mit Sitz in St. Hélier in der Finanzoase Jersey verwaltet wird; Triton Managers tritt wiederum als General Partner der 11 (elf!) Briefkastenfirmen The Triton Fund L.P. No. 1 bis Triton Fund No. 11 mit Sitz ebenfalls in Jersey auf und handelt schließlich im Namen der Briefkastenfirma Brederode International S.a.r.l., die ihren Sitz in Luxemburg hat. „Für uns spielen Steueroasen keine Rolle“? Wer kann schöner die Wahrheit verdrehen? Und wer läßt sich dümmer einseifen als die Süddeutsche Zeitung?
Der Baron, einer der vier persönlich haftenden Gesellschafter der Bank, läßt sich in dem Interview noch mit der feinfühligen Bemerkung zitieren: „Mit dem Begriff Steueroasen kann ich eigentlich nichts anfangen. Es gibt einen Wettbewerb zwischen Ländern um Investitionen.“ Das bedeutet: Steuer- und Finanzoasen werden einfach nicht als solche bezeichnet, sondern nur als solche genutzt. Welcher Staat bietet mehr Geheimhaltung, niedrigere Steuersätze, eine kapitalfreundlichere Justiz, weniger Amts- und Rechtshilfe bei Wirtschaftskriminalität? Dieser „Wettbewerb“ um das niedrigste Rechts- und Steuerniveau wird von der Bank so intensiv genutzt wie möglich. Das bedeutet wiederum: je intensiver sie es tut und je mehr andere Banken das natürlich auch tun und je mehr Kleinstaaten wie Luxemburg das unterstützen, desto mehr höhlen sie den Rechts- und Steuerstandard der klassischen Demokratien aus.
So trägt die Bank Oppenheim in besonderem Maße dazu bei, dass das Niveau der Finanzoasen zum allgemeinen, globalen Standard wird. Und die Süddeutsche Zeitung hilft mit, um dieser Moral, die gewiss mit der infantiler Diebe und gewissenloser Hehler konkurrieren kann, liebedienerisch und dumm zur Normalität zu verhelfen. (PK)
Warum wir den Kölner Karls-Preis gestiftet haben, können Sie in der NRhZ-Ausgabe 156 lesen. Die Preisverleihung findet am 22. August ab 17.30 Uhr im Café Rosenow am Kölner Heumarkt 65 statt.
Bücher von Dr. Werner Rügemer:
COLONIA CORRUPTA,
"Heuschrecken" im öffentlichen Raum - Public Private Partnership - Anatomie eines globalen Finanzinstruments,
Der Bankier - 2. geschwärzte Übergangsausgabe bis zur gerichtlichen Entscheidung,
Cross-Border-Leasing,
Die Berater, Privatisierung in Deutschland - Eine Bilanz
Online-Flyer Nr. 160 vom 20.08.2008
Die Kölner Oppenheim-Bank, ihre Steueroasen und die Süddeutsche Zeitung
Liebedienerei der Medien
Von Werner Rügemer
SZ – gilt bei Nostalgikern immer noch als kritisch
Die Bank Oppenheim ist die größte Privatbank Europas. Diese ständig wiederholte Selbstdarstellung entspricht durchaus der Wahrheit, ist aber auch das einzig zutreffende Faktum in einer PR-Kampagne, mit der die ansonsten so diskrete Bank („Wir sind diskret, geheimer als geheim“) sich gegenwärtig der Öffentlichkeit aufdrängt. Anlaß sind einige Probleme, die der feinen Bank mit ihren nur etwa 8.000 sehr vermögenden Kunden diskret, aber heftig unter den Nägeln brennen.
Warum von Köln nach Luxemburg?
Da sind Strafanzeigen gegen Bankmanager wegen Kursmanipulation und Insidergeschäften. Da sind Schadenersatzforderungen von Kunden, die vor Gericht gingen, weil sie sich falsch informiert glauben und Verluste bei Immobilienanlagen erlitten. Da ist die hohe Beteiligung an der Düsseldorfer Bank IKB, wo Oppenheim, sonst gegen jegliche staatliche Einmischung polemisierend, gern an den rettenden Steuergeldern mitprofitiert. Da ist die Abzockerei bei dem Privatisierungsprojekt „Kölner Messehallen“, bei dem die Europäische Kommission auf Unwirksamkeit des Vertrages pocht. Da sind noch weitere Gerichtsverfahren im Busch. Da taucht auch die Frage auf, was der 2007 vollzogene juristische Umzug der Bank vom über 200jährigen Traditionssitz in Köln nach Luxemburg bedeutet. Und da tauchen auch Fragen auf, aus Anlaß der gegenwärtig bekannt werdenden, massenhaften Steuerhinterziehung mithilfe von Stiftungen in Liechtenstein („Fall Zumwinkel“ und etwa 2.000 weitere Fälle): ob die Bank Oppenheim, die ja mit Topmanagern und Unternehmern ein ähnliches Klientel bedient, auch in Steueroasen tätig ist?
Frankfurter Rundschau
Doch anstatt diesen Fragen sachlich nachzugehen, üben sich sogenannte renommierte Medien in Liebedienerei. Daß die Börsenzeitung hier vorangeht, ist weniger verwunderlich. Daß aber die Frankfurter Rundschau nun in Jubel über den Oppenheim-Chef Matthias Graf von Krockow als den „zurzeit erfolgreichsten deutschen Bankier“ ausbricht („Graf Krockow packt aus“ 31.7.2008) und ihm das Image des einzig glaubwürdigen Kapitalismus-Kritikers verleiht („Man kann nicht mit fremder Leute Geld große Spielcasinos betreiben“) , ist schon etwas anderes, könnte man jedenfalls meinen - vor allem, weil nicht dargestellt wird, womit diese Erfolge erzielt werden. Die Bank Oppenheim betreibt ja mithilfe des Geldes anderer Leute - etwa des Geldes der Verlegerfamilie Neven DuMont, von Karstadt/Arcandor-Chef Middelhoff und Karstadt/Arcandor-Hauptaktionärin Schickedanz - durchaus selbst solche „großen Spielcasinos“ - etwa bei filzgestützten Abzockerei-Projekten wie Karstadt-Immobilien, KölnArena und Kölner Messehallen.
SZ-Redakteur eingeseift
Im Folgenden sei genauer auf die Süddeutsche Zeitung eingegangen. Sie, die bei Nostalgikern mit einem irgendwie kritischen Image behaftet ist, brachte am 21.7.2008 ein ganzseitiges Interview unter dem Titel „Für uns spielen Steueroasen keine Rolle – Privatbankier Baron Christopher von Oppenheim über Liechtenstein, altes und neues Geld und warum Deutsche weniger spenden als Amerikaner“. Ich schrieb dazu einen Leserbrief. Darin sind in aller Kürze einige Informationen aufgeführt, die der Interviewer Caspar Dohmen sich als journalistische Grunddaten eigentlich selbst hätte verschaffen müssen, wenn er denn vorgehabt hätte, sich vom angehimmelten Baron nicht kalt abservieren zu lassen. Aber er hat sich einseifen lassen - sehenden Auges, ungewollt-naiv, bestellt, angeordnet oder wie auch immer, das ist im Ergebnis gleichgültig.
Christopher Karl Freiherr von Oppenheim (Mitte), NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (links neben ihm) und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (rechts) beim „Wirtschaftsgespräch 2007“
Quelle: www.mediendatenbank.nrw.de
Die von mir angeführten Informationen sind nichts Geheimes, sondern sind in Geschäftsberichten der Bank, ihrer Tochterfirmen und im Handelsregister von Luxemburg für jeden Laien, der ein paar Minuten im Internet surft, ohne jeglichen Rechercheaufwand zu finden. Der Leserbrief beschränkt sich auf die Frage, wie die Bank Oppenheim in Steuer- und Finanzoasen im allgemeinen tätig ist. Die vom SZ-Interviewer zustimmend aufgenommenen Antworten des Barons etwa, der es im Interesse der „Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland“ als sehr hilfreich ansieht, dass Löhne und Gehälter weniger gestiegen sind als Kapitaleinkommen, bleiben hier unkommentiert.
Leserbrief – nicht veröffentlicht
Als nach Wochen bei der SZ anfragte, ob sie denn nicht den Mut habe, den ihr nun lange vorliegenden Leserbrief zu veröffentlichen, antwortete Leserbrief-Redakteur Sowein zunächst am 8. August mit dem Hinweis „Sie irren, das sollte heute erscheinen, die fertige Seite ist aber gestern Nachmittag aus technischen Gründen "gekillt" worden. Bitte gedulden Sie sich noch bis Montag…“. Am Montag, 11. August, erschien der Brief allerdings auch nicht. Diesmal mit der „Befürchtung“ des Redakteurs, dies könne zu einer „Millionenklage“ führen. Auf einen Nachweis der Fakten, den ich ihm anbot, ging er nicht ein, sondern antwortete am Dienstag, 12. August: „Meine Berufserfahrung sagt mir: Wenn jemand konsequent derart aggressiv ist, ist an der Sache etwas faul. Schade um die viele Zeit, die ich in die Bearbeitung Ihres Textes habe investieren müssen…“. Hier ist er also nun im Wortlaut. Vielleicht lesen ja auch einige SZ-LeserInnen die NRhZ.
Leserbrief im Wortlaut:
Christopher von Oppenheim behauptet, dass Steueroasen für die größte Privatbank Europas „überhaupt keine Rolle spielen“. Damit will er die Öffentlichkeit offensichtlich auf dreiste Art für dumm verkaufen. Der Staat Luxemburg, wohin die Bank Oppenheim 2007 von Köln ihren juristischen Sitz verlegt hat, ist selbst eine typische und zudem sehr bedeutsame Steueroase. Sie ist es etwa durch die Ausnahmen, die der EU-Vorbildstaat wie die Schweiz und Belgien bei der Europäischen Richtlinie zur Besteuerung von Zinseinkünften herausgehandelt hat, wozu übrigens auch der deutsche Finanzminister seine Zustimmung gab. Zu diesen Ausnahmeregelungen gehört z.B., dass Luxemburger Finanzakteure den Heimatfinanzämtern nicht die Namen der Steuerpflichtigen zu nennen brauchen. Auch die lasche Finanzaufsicht, das gesetzlich verankerte Bankgeheimnis sind typische Merkmale einer Steuer- bzw. Finanzoase.
Eine Vorstufe zur Sitzverlagerung der Bank Oppenheim nach Luxemburg war der 2005 getätigte Kauf des Luxemburger Finanzdienstleisters Services Généraux de Gestion S.A. (SGG). Dieses nun 100prozentige Tochterunternehmen, spezialisiert auf das „Domizilierungsgeschäft“ (Einrichtung und Verwaltung von Unternehmensmänteln), bietet Oppenheim-Kunden „massgeschneiderte Finanzlösungen zur Vermögensstrukturierung“. Jeder und jede kann im zuletzt erschienenen Geschäftsbericht der Bank Oppenheim nachlesen, dass die Bank inzwischen weitere SGG-Filialen unterhält, und zwar vorzugsweise in weiteren Steuer- und Finanzoasen: so z.B. in Vaduz/Liechtenstein, Genf/Schweiz, Nicosia/Zypern, Tortola, Port Louis/Mauritius und Panama City.
Weitere Tochterunternehmen in Finanzoasen unterhält die Bank z.B. auf den Cayman Islands (Pramerica Alpha Fixed Income Opportunity Fund Cayman I; Azimuth Capital Preservation Fund II), in Wilmington/Delaware (Sal. Oppenheim Corporate Finance North America Holding LLC), zahlreiche etwa in Dublin. In Liechtenstein hält die Bank über die Cavall AG eine Bankbeteiligung usw.
Es geht selbstverständlich nicht nur um Steuern, das Dienstleistungsangebot von Finanzoasen ist wesentlich breiter. Das sieht man etwa an der Bankbeteiligung über Liechtenstein oder an der Holding in Delaware, in der Oppenheim ihre US-Beteiligungen bündelt. Der Baron sagt, dass die vom Interviewer angesprochene Niederlassung der Oppenheim-Tochter BHF-Bank in der Finanzoase Jersey (englische Kanalinsel) in diesem Jahr aufgelöst wurde. Das mag zutreffen. Allerdings hat die Bank ihre Präsenz in Jersey anderweitig kräftig ausgeweitet. So kaufte etwa die Oppenheim-Tochtergesellschaft Triton, spezialisiert auf den Private Equity-Aufkauf lukrativer Mittelstandsunternehmen, die größte Fensterbaufirma in Deutschland, WERU. Zu deren Verwaltung und Gewinnabschöpfung unterhält Triton in Luxemburg die WERU Luxco S.a.r.l., die wiederum – das gehört zu diesem ebenso professionellen wie infantilen Versteckspiel – von der Briefkastenfirma Triton Managers Limited mit Sitz in St. Hélier in der Finanzoase Jersey verwaltet wird; Triton Managers tritt wiederum als General Partner der 11 (elf!) Briefkastenfirmen The Triton Fund L.P. No. 1 bis Triton Fund No. 11 mit Sitz ebenfalls in Jersey auf und handelt schließlich im Namen der Briefkastenfirma Brederode International S.a.r.l., die ihren Sitz in Luxemburg hat. „Für uns spielen Steueroasen keine Rolle“? Wer kann schöner die Wahrheit verdrehen? Und wer läßt sich dümmer einseifen als die Süddeutsche Zeitung?
Der Baron, einer der vier persönlich haftenden Gesellschafter der Bank, läßt sich in dem Interview noch mit der feinfühligen Bemerkung zitieren: „Mit dem Begriff Steueroasen kann ich eigentlich nichts anfangen. Es gibt einen Wettbewerb zwischen Ländern um Investitionen.“ Das bedeutet: Steuer- und Finanzoasen werden einfach nicht als solche bezeichnet, sondern nur als solche genutzt. Welcher Staat bietet mehr Geheimhaltung, niedrigere Steuersätze, eine kapitalfreundlichere Justiz, weniger Amts- und Rechtshilfe bei Wirtschaftskriminalität? Dieser „Wettbewerb“ um das niedrigste Rechts- und Steuerniveau wird von der Bank so intensiv genutzt wie möglich. Das bedeutet wiederum: je intensiver sie es tut und je mehr andere Banken das natürlich auch tun und je mehr Kleinstaaten wie Luxemburg das unterstützen, desto mehr höhlen sie den Rechts- und Steuerstandard der klassischen Demokratien aus.
So trägt die Bank Oppenheim in besonderem Maße dazu bei, dass das Niveau der Finanzoasen zum allgemeinen, globalen Standard wird. Und die Süddeutsche Zeitung hilft mit, um dieser Moral, die gewiss mit der infantiler Diebe und gewissenloser Hehler konkurrieren kann, liebedienerisch und dumm zur Normalität zu verhelfen. (PK)
Warum wir den Kölner Karls-Preis gestiftet haben, können Sie in der NRhZ-Ausgabe 156 lesen. Die Preisverleihung findet am 22. August ab 17.30 Uhr im Café Rosenow am Kölner Heumarkt 65 statt.
Bücher von Dr. Werner Rügemer:
COLONIA CORRUPTA,
"Heuschrecken" im öffentlichen Raum - Public Private Partnership - Anatomie eines globalen Finanzinstruments,
Der Bankier - 2. geschwärzte Übergangsausgabe bis zur gerichtlichen Entscheidung,
Cross-Border-Leasing,
Die Berater, Privatisierung in Deutschland - Eine Bilanz
Online-Flyer Nr. 160 vom 20.08.2008