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Kultur und Wissen
Interview mit Guns N’ Roses-Gitarrist Ron Thal
„Wie ein Piano, das einem auf den Kopf fällt“
Von Gerrit Wustmann

Gitarrenvirtuose Ron Thal, auch bekannt unter seinem Band- und Künstlernamen Bumblefoot, hat jüngst sein neues Soloalbum „Abnormal“ veröffentlicht. Er spielt Lead-Gitarre bei Guns N’ Roses, deren seit Mitte der Neunziger in Arbeit befindliches neues Album „Chinese Democracy“ zwar noch immer nicht vorliegt – im September erscheint mit dem Song „Shackler’s Revenge“ aber eine erste Auskopplung. Zeit für ein Interview!

Ron, du hast soeben Dein neues Album „Abnormal“ veröffentlicht, Du nimmst an der Kampagne Rock Against Diabetes teil, und ganz nebenbei bist du neben Robin Finck und Richard Fortus einer der drei Gitarristen einer der größten Rockbands der Welt. Wie fühlt sich das an?

Bumblefoot Bald Freak Music Foto: Chad Batka
Bumblefoot 2006
Foto: Bald Freak Music Foto: Chad Batka          
Arbeitsreich (lacht). Mann, ich verbringe zehn Stunden am Tag umgeben von zwei Computern und zwei Telefonen, schließe Vereinbarungen mit Händlern, gebe Interviews, versuche, mit jedem in Kontakt zu bleiben, dann renne ich ins Studio, mastere Alben und mache Musik für Fernsehshows. Dazu kommt die Organisationsarbeit für die Konzerte in Las Vegas, ich kümmere mich darum, dass es allen, die für RAD (Rock Against Diabetes) jammen, ebenfalls gut geht.


Manchmal, zu seltenen Gelegenheiten, komme ich sogar dazu, Gitarre zu spielen (lacht). So läuft es seit Monaten. Und ich bin wirklich aufgeregt wegen „Shackler’s Revenge“, das nächsten Monat erscheint – ein toller Song!

Du scheinst immer der entspannte Typ zu sein, der den engsten Kontakt zu den Fans pflegt...


Die Fans sind alles – es ist nicht schwer, sie wissen zu lassen, wie wichtig sie mir sind. Ich tue, was ich kann.

Kannst Du mehr über das Songwriting und Recording von „Abnormal“ erzählen?

"abnormal" cover bumblefoot
„Artwork" – obviously!
Das Cover von „Abnormal"      
Dieses Album kam aus dem Nichts und hat mich voll erwischt. So etwas geschieht öfter, für eine Weile bin ich „trocken“, schreiben keine Songs, und dann ist es wie ein Piano, das einem auf den Kopf fällt, all diese Musik kommt plötzlich angeflogen, Texte, Melodien, Guitar-Lines, Beats, Arrangements, alles. Ich rufe Dennis Leeflang (Schlagzeuger) an, und wir jammen, erstellen rohe Tracks, und über die folgenden Monate führt eins zum anderen. Dann kommen Mixing, Mastering, Artwork, Herstellung...

Bei diesem Album hatte ich einen anderen Ansatz als sonst: Ich habe die Gitarren ohne Verstärker aufgenommen und die Tracks erst später mit dem Verstärker bearbeitet. Auf diese Art hat man die reine Performance und kann alle Zeit, die man braucht, darauf verwenden, den richtigen Verstärker, das richtige Mikro zu finden. Auch beim Gesang habe ich etwas Neues ausprobiert. Anstatt die Songs Vers für Vers, Strophe für Strophe zu singen, sang ich das gesamte Album am Stück durch, ohne Pause, und das jeden Tag einen ganzen Monat lang. Am Ende wählte ich aus diesen Takes die besten Performances aus. Auf Youtube kann man sich Videos vom Aufnahmeprozess ansehen: www.youtube.com/bumblefoot

Wird es eine Tour zum Album geben, oder wartest du, bis „Guns“ wieder um die Welt reisen?


Ich bin noch nicht sicher, ob ich touren werde. Ich würde gerne, aber es gibt so viele Dinge zu erledigen, die ich aufgeschoben habe, und für die ich Zeit schaffen muss. Ich möchte eine Lern-DVD machen, mein eigenes Rezept für eine scharfe Sauce, all diese Dinge, die ich seit Jahren plane und langsam mal tun müsste, sonst tue ich es nie. Es gibt immer irgend etwas anderes zu tun, daher muss ich mir für diese Dinge Zeit freischaufeln.

Bumblefoot 2007 Sydney
Bald wieder auf Tour? (Foto 2007, Sydney | Quelle: bumblefoot.com)

Wie ist das Leben mit Guns N’ Roses? Soweit ich weiß war es Joe Satriani, der die Verbindung zwischen Dir und der Band aufgebaut hat...

Ja, das war 2004. Alles ist bestens.

Guns bekommen seit jeher schlechte Presse – das neue Lineup und die lange Arbeit an „Chinese Democracy“ geben Anlass zu allerlei Spekulationen. Hast du eine Botschaft an die „punks in the press“?


Die können ruhig weiterhin die Situation analysieren, das ist in Ordnung. Wir werden weiterhin Musik machen und um die Welt touren.

Im September veröffentlichen Guns and Roses den neuen Song „Shackler’s Revenge“. Kannst Du darüber etwas erzählen? Wird das ein Vorbote des neuen Albums sein?

In wenigen Wochen werdet ihr den Song hören... Er ist die erste vom aktuellen Lineup legitimierte Veröffentlichung – wir werden sehen, in welche Richtung sich die Dinge von dort aus entwickeln.

Das Interview führte Gerrit Wustmann. (CH)


GUNS N’ ROSES Diskographie:

    Live Like A Suicide (EP, 1986)
    Appetite For Destruction (1987)
    GN’R Lies (EP, 1988)
    Use Your Illusion I (1991)
    Use Your Illusion II (1991)
    The Spaghetti Incident? (1993)
    Live Era ’87-’93 (1999)
    Greatest Hits (2004)


„Chinese Democracy“:
Das Album, das für die einen ein Running Gag, für die anderen der Heilige Gral des Rock ist, entsteht seit Mitte der Neunziger und hat Berichten zufolge bisher mehr als 13 Millionen Dollar Produktionskosten verschlungen. Die Band hat seither rund 70 Songs geschrieben. Gastmusiker sind unter anderem Buckethead, Josh Freese, Brian May, Moby, Marco Beltrami, Sebastian Bach und zahlreiche weitere.

Bumblefoot 07 in Osaka Foto: Jarmo_Luukkonen Quelle:
Bumblefoot 07 in Osaka            
Foto: Jarmo Luukkonen
Quelle: bumblefoot.com
Einige Stücke, darunter der Titeltrack, There Was A Time, Better, Madagascar, The Blues, Rhiad & The Bedouins, IRS haben Guns N’ Roses während ihrer Welttourneen 2002 und 2006/2007 bereits live gespielt. Erstmals erwähnte Sänger Axl Rose den Albumtitel 1999. Ein Veröffentlichungstermin wurde erstmals für März 2007 bestätigt und dann wieder gekippt. Laut Keyboarder Dizzy Reed ist die Platte seit Frühjahr 2008 fertig – seitdem wird mit der Plattenfirma Geffen/Interscope/Universal über die Details der Veröffentlichung verhandelt.

Die Ankündigung der Auskopplung „Shackler’s Revenge“ wird von Insidern als Beginn der PR-Kampagne zum Album interpretiert – die Band hält sich mit Details bedeckt und kämpft mit über das Internet an die Öffentlichkeit gedrungenen Demoversionen mehrerer Stücke. Während die Chinese Democracy World Tour 2002 in Hong Kong eröffnet wurde, fiel nun die Fanseite www.chinesedemocracy.com der im Zuge von Olympia ausgeweiteten Internetzensur der chinesischen Behörden zum Opfer.


Online-Flyer Nr. 160  vom 20.08.2008



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